'Frauen und Töchter' - Seiten 247 - 337

  • :gruebel Als was schätzt Ihr die Krankheit von Mrs. Hamley ein? Habe ich das überlesen oder klagt sie irgendwann über Schmerzen? Mich wundert, dass sie mit Opiaten behandelt wurde. :umschau

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ich denke an irgendeine Art von Krebs bei Mrs. Hamley. Das wäre eine Erklärung für die zunehmende Schwäche. Andererseits wurden Opiate vermutlich damals verschrieben wie heutzutage Aspirin: Wenn man als Arzt nicht so Recht weiterwusste, aber der Patient offenkundig tatsächlich (schwer) krank war.

  • Im Film wird darüber auch gar nichts gesagt. Man sieht ihr nur an, dass sie krank ist.

    Vielleicht war das früher unschicklich, wenn man offen über seine Krankheit geredet hat? :gruebel

    Sasaornifee :eiskristall



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    "Wer seid ihr und was wollt ihr?" - Die unendliche Geschichte - Michael Ende


  • Ich denke eher, dass man es einfach auch oft gar nicht genau wusste...

    In dem Sinne von: ein Landarzt konnte vielleicht noch feststellen, dass die Nieren nicht mehr richtig arbeiten. Das Warum dürfte ohne heutige Untersuchungsmöglichkeiten aber fast immer im Dunkeln geblieben sein. (Nur, um ein beliebiges Beispiel zu nennen. Im Text wird nichts erwähnt)

  • Die kranke Mrs. Hamley ist mir vom Film noch gut in Erinnerung. Vor allem, dass man nichts über ihre Krankheit erfährt. Deshalb habe ich beim Lesen besonders darauf geachtet, ob Gaskell uns etwas über diese mysteriöse Krankheit berichtet.


    Bis zum 11. Kapitel (weiter bin ich bisher nicht gekommen) gibt es nur die Hinweise, die Gaskell schreibt, als sie Mrs. Hamley in die Geschichte einführt.


    Mrs. Hamley wird als zarte, elegante Londoner Dame beschrieben, die in ihrer Ehe sehr glücklich war,

    "obwohl Mrs. Hamley wahrscheinlich nicht chronisch krank geworden wäre, wenn ihr Gatte sich ein wenig mehr für ihre verschiedenen Interessen hätte begeistern können oder ihr die Gesellschaft von Menschen zugestanden hätte, die sie mit ihr teilten." (Ott, S.54)


    Mr. Hamley fuhr nicht mehr nach London

    "und obwohl er ihr die Reise nicht verbot, zeigte er so wenig Anteilnahme, wenn sie von ihren Erlebnissen erfüllt heimkam, daß sie die Lust daran verlor." (Ott, S.54)


    Dann kommt noch Mr. Hamleys fehlende Bildung, die ihn die Gesellschaft meiden lässt. Daher verzichtete Mrs. Hamley auf London und jegliche gesellschaftliche Vergnügen.

    "Er liebte seine Frau um so inniger, weil sie ihm solche Opfer brachte, sie aber, der treibenden Kraft beraubt, fing an zu kränkeln - nicht Eindeutiges, sie war nur nie richtig gesund." (Ott, S.55)


    Wenn es keine weiteren Hinweise gibt, könnte man behaupten, Mrs. Hamley ist seelisch verkümmert.


    Ich denke eher, dass man es einfach auch oft gar nicht genau wusste...

    In dem Sinne von: ein Landarzt konnte vielleicht noch feststellen, dass die Nieren nicht mehr richtig arbeiten. Das Warum dürfte ohne heutige Untersuchungsmöglichkeiten aber fast immer im Dunkeln geblieben sein. (Nur, um ein beliebiges Beispiel zu nennen. Im Text wird nichts erwähnt)


    Da die Autorin ja eine Krankheit hätte erfinden können, wenn sie wollte - schließlich hat sie den Charakter erfunden - finde ich Deine Erklärung, Lorelle, sehr einleuchtend. Früher gab es nicht die vielfältigen Möglichkeiten eine Diagnose zu stellen. Die Menschen waren es wohl gewohnt, meist nicht zu wissen, woran jemand litt. Ein prominentes Beispiel ist Jane Austen. Die Diagnose ihrer tödlich verlaufenden Krankheit haben Ärzte im Nachhinein durch die Beschreibungen der Symptome zu ergründen versucht.

  • Ich würde eine Herzschwäche und Asthma vermuten, weil öfter von Anfällen die Rede ist - aber da passen Opiate eigentlich weniger.


    Mr. Hamley ist so ein Typ Mann mit rauher Schale und weichem Kern. Im Film wird dieser Zwiespalt sehr gekonnt von Michael Gambon dargestellt. Ich habe gerade den ersten Teil dieser Miniserie angeschaut. Es ist wirklich eine sehr werkgetreue Verfilmung.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Mr. Hamley ist so ein Typ Mann mit rauher Schale und weichem Kern.

    Und man darf auch nicht vergessen, dass er "ungebildet" ist, jedenfalls im Vergleich zu dem, was bei seiner gesellschaftlichen Stellung an Bildung erwartet wird. Das wird ja mehrfach angesprochen.

    Mit der Bildung an der Uni kamen nebenbei auch die Manieren der entsprechenden Gesellschaftsschicht, das fehlt ihm.

    Ich habe beim Lesen den Gedanken gehabt, dass er als ein Kuriosum dargestellt wird: ein Großgrundbesitzer mit dem Benehmen eines einfachen Bauern.

  • Die Frage nach Osbornes geistigen Fähigekeiten bleibt weiter offen, sein schlechtes Abschneiden an der Uni dafür weiter Thema. Vor allem die damit verbundene finanzielle Situation.


    SiCollier schrieb zu einem früheren Abschnitt:

    „Ich neige zu der Einschätzung, daß er überschätzt wurde. In einem meiner Weihnachtsfilme will eine, die zuhause für ihr Schauspielern hochgelobt wurde und die beste weit und breit war, in New York Karriere machen. Doch dort gibt es lauter solche, die zuhause die beste waren, was dann alles relativiert. So ähnlich kommt mir das hier auch vor.“

    Ich schließe mich jetzt an, wäre aber auch nicht überrascht, wenn im Zusammenhang mit seiner heimlichen Eheschließung später noch weitere Gründe genannt werden.


    Die endlich angereiste Cynthia finde ich in ihrer ungewöhnlich frechen Art vorläufig sehr sympathisch. Allerdings kommt sie mit dieser Art auch nur durch, ohne massiv Anstoß zu erregen, weil sie ausnehmend hübsch ist. Und ich bin sehr gespannt, was es da für eine Vorgeschichte mit Mr. Preston gab. Jedenfalls scheint Molly eine Verbündete gefunden zu haben, vor allem gegen Mrs. Gibson.

    Etwas irritiert hat mich in diesem Abschnitt, wie Osborne Hamley auf Cynthia reagiert. Hat er aus „Notwendigkeit“, sprich wegen einer Schwangerschaft, geheiratet? (Eine rein rhetorische Frage, bitte nicht spoilern!)

  • Um mich zu beruhigen, mußte ich die Beiträge dieses Abschnitts lesen (vor Spoilern, ich erwähnte es schon, habe ich keine Angst, und bei Klassikern gleich gar nicht).

    Wenn es keine weiteren Hinweise gibt, könnte man behaupten, Mrs. Hamley ist seelisch verkümmert.

    :write Das ist genau die Schlußfolgerung, zu der ich bisher auch gekommen bin.



    Andererseits wurden Opiate vermutlich damals verschrieben wie heutzutage Aspirin: Wenn man als Arzt nicht so Recht weiterwusste, aber der Patient offenkundig tatsächlich (schwer) krank war.

    Gab es damals nicht zu allem und jedem Laudanum, das ist ja eine Opiumtinktur (ich weiß ja noch nicht, was genau im Buch steht). Insofern würde ich aus dieser Verordnung nicht viel schließen wollen, denn das gab es mW für so ziemlich alles.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Um mich zu beruhigen, mußte ich die Beiträge dieses Abschnitts lesen

    Wieso beruhigen? Was ist los? Habe ich etwas überlesen?


    Edit: Ah, ok, ich habe die Stelle gefunden. Ja, die Stiefmutter ist echt der Hammer! Aber deswegen würde ich doch kein Buch abbrechen. :wow Findest du es etwa so abwägig, dass sich eine Person so verhält? Oder magst du keine Bücher, in denen sich Personen so verhalten?

    Sasaornifee :eiskristall



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    "Wer seid ihr und was wollt ihr?" - Die unendliche Geschichte - Michael Ende


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  • Oder magst du keine Bücher, in denen sich Personen so verhalten?

    Es gibt bestimmte Dinge, Ereignisse und Handlungsstränge, um die ich einen Bogen machen. Je älter ich werde, um so mehr. Da ich weiß, daß ich in der mir verbleibenden restlichen Lebenszeit nicht mehr alle Bücher, die ich gerne lesen würde, auch lesen kann, wähle ich immer mehr aus und - vermutlich im Gegensatz zu anderen - verenge ich meine Interessengebiete. Deshalb nehme ich mir auch die Freiheit, Dinge/Handlungsstränge, die ich nicht mag, vom Lesen auszuschließen bzw. als Abbruchgrund zu nehmen.


    Das Verhalten von Clare kam hier sehr dicht an die Grenze des für mich Erträglichen, beim Lesen war ich nicht sicher, ob diese Grenze sogar überschritten wurde. Da überlege ich dann schon, ob ich mir das weiter antun will.


    Und Lorelle (auch wenn Autoren das nicht mögen, und mich in einem anderen Forum mal ein - hier nicht aktiver - Autor ziemlich angegangen ist, wie ich es wagen könne, nicht genau so zu lesen, wie er es mir vorschreibt): am Entspanntesten lese ich, wenn ich vor Beginn des Lesens das Skelett der Handlung des Buches im Kopf habe - von Anfang bis Ende. Insofern suche ich oft Spoiler, einfach um meine Nerven zu schonen.


    Mit dem Lesen der Posts dieses Abschnitts wollte ich einfach erfahren, wie es ungefähr weiter geht; einige Dinge weiß ich inzwischen, was es mir deutlich leichter macht, weiter zu lesen.


    So liest eben jeder anders.

    :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • SiCollier Das kann ich gut verstehen. Ich lese auch lieber Bücher, bei denen ich vorher ungefähr weiß, wie sie ausgehen oder wo ich die Verfilmung gut kenne. Letzteres bietet sich bei diesem Buch in besonderem Maße an, da ich die BBC-Umsetzung des Romans sehr gelungen finde.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Oh, ich verstehe das auch. Ich lese nur eben anders, mir ist es wichtig, dass ein Spannungsbogen erhalten bleibt.

    Ich breche ganz, ganz selten ab (das Buch könnte ja auf den letzten 50 Seiten doch noch gut werden;)), aber ich fange bei weitem nicht jedes Buch an. Tatsächlich sortiere ich viel über den Klappentext und darin enthaltene Schlüsselwörter aus.

    (Und ärgere mich außerordentlich, wenn der Klappentext nicht zum Inhalt passt, was gar nicht selten ist :fetch)

  • Tante Li Ich sehe schon, ich hätte doch erst die Verfilmung ansehen sollen. Allerdings fehlte mir vor der LR die Zeit dazu.


    Lorelle Ähnlich mache ich es; normalerweise informiere ich mich inzwischen vor dem Lesen über ein Buch und entscheide dann, ob ich lesen will oder nicht. Dadurch ist meine Abbruchquote und auch die der nicht gefallenden Bücher relativ gering. Aber vor Überraschungen ist man halt nie gefeit.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zu Mrs. Hamleys frühem Dahinscheiden:


    Mir ist in diesem Abschnitt noch eine weitere Ursache für Mrs. Hamleys Schwermut aufgefallen. Roger erwähnt in einem Gespräch mit Molly den Tod seiner kleinen Schwester Fanny.

    :licht Guter Gedanke! Meist wurde ja der Verlust von Kleinkindern nicht so wichtig genommen - Hauptsache es gab einen männlichen Erben - die Kindersterblichkeit war ja sehr hoch. Dazu kamen wahrscheinlich auch noch mehrere Fehlgeburten, die die gute Frau über die Jahre geschwächt haben.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust