Ralf H. Dorweiler - Der Gesang der Bienen

  • Anno Domini 1152: Nach einem furchtbaren Schicksalsschlag ist der Zeidler Seyfried nun mit seinem Leben zufrieden. Er streift durch die Wälder, um Honig und Wachs von wilden Bienenvölkern zu ernten und seiner Familie geht es gut. Doch dann wird ihnen ein blutendes, halbtotes Mädchen vor die Tür gelegt. Seine Frau Elsbeth ist eine Heilerin und versucht dem Mädchen zu helfen. Aber sie wird aus ihrem Haus geholt und zum Tode verurteilt, weil sie angeblich mit dem Teufel im Bunde steht. Seyfried hat nur eine Möglichkeit, sie zu retten. Er muss Hildegard von Bingen überzeugen, ihm mit ihrer Fürsprache zu helfen. Während Elsbeth im Kerker ist, macht er sich auf den Weg zum Kloster. Doch Hildegard macht es ihm nicht leicht. Sie stellt Bedingungen, welche die Geduld des Zeidlers arg strapazieren und ihn sogar an den Hof des Königs Friedrich I. führen. Wird die Gnadenfrist reichen und wird er Elsbeth retten können?

    Mir hat dieser historische Roman sehr gut gefallen. Es gelingt Ralf H. Dorweiler sehr gut mit seiner bildhaften Sprache, uns die damalige Zeit nahezubringen. Ganz nebenbei habe ich eine Menge über Bienen erfahren.

    Auch die Charaktere sind wundervoll und sehr individuell gezeichnet. Man kann den Schmerz Gottfrieds nachvollziehen, der um seine Tochter trauert, aber er hat eine vorgefasste Meinung und hört nicht mehr zu. Ein Ritter ist kein Chorknabe, doch Theobald ist ein ganz widerwärtiger Mensch, dem es Freude macht, andere zu quälen.

    Elsbeth ist Heilerin und wollte nur helfen. Der Schmerz eines Vaters und die Engstirnigkeit der Mönche bringen sie aber in eine fürchterliche Situation. Seyfried würde alles für seine Familie tun, das Schicksal wirft ihm aber einen Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine. Trotzdem gibt er nicht auf und spielt selbst ein wenig Schicksal. Besonders gut hat mir seine Tochter Anna gefallen, die zwar noch jung ist, aber ein sehr starkes Mädchen, das viel Verantwortung übernimmt und sich nicht unterkriegen lässt.

    Auch wenn die Seyfrieds Familie im Mittelpunkt dieses Romans steht, so spielt Hildegard von Bingen eine entscheidende Rolle. Sie ist eine charismatische und intelligente Person, die ihren eigenen Kopf hat und ihren Willen durchzusetzen weiß. Dadurch wirkt sie auf den ersten Blick nicht besonders sympathisch. Man erwartet wohl von einer Nonne, dass sie gütig und wohltätig ist. Aber in einer Welt, in der die Männer das Sagen haben und ganz besonders die Männer der Kirche, muss man Weitblick haben und durchsetzungsfähig sein. Dabei zeigt sie viel politisches Geschick. Spätestens als sie eine Entscheidung treffen muss, zeigt sich, wieviel ihr an den Menschen liegt.

    Die Handlung ist authentisch und spannend. Obwohl eigentlich Elsbeth in der Bredouille saß, habe ich ganz besonders mit Anna und Seyfried gefühlt und gelitten. Das Ende habe ich gewiss so nicht erwartet, aber es ist gut und passend.

    Ich kann diesen unterhaltsamen und spannenden Roman nur empfehlen.


    10/10


    51Tzw7y5k6L._SX334_BO1,204,203,200_.jpg

  • Buchmeinung zu Ralf H. Dorweiler – Der Gesang der Bienen


    „Der Gesang der Bienen“ ist ein Historischer Roman von Ralf H. Dorweiler, der 2019 im Bastei Lübbe Verlag erschienen ist.


    Zum Autor:

    Ralf H. Dorweiler, geboren 1973 in der Nähe von Frankfurt am Main, hat in Köln Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft studiert. Danach ging er, seinen breitgestreuten Interessen und Talenten entsprechend, verschiedensten Tätigkeiten vom Schauspieler bis hin zum Manager von Callcentern nach. Mittlerweile lebt Ralf H. Dorweiler im Südschwarzwald, wo er als Redakteur bei einer großen regionalen Tageszeitung arbeitet. Außerdem hat er mehrere Regionalkrimis veröffentlicht. Er ist mit einer Opernsängerin verheiratet und Vater eines Sohnes.


    Klappentext:

    A.D. 1152: Als Zeidler streift Seyfried durch den Schwarzwald und erntet Honig und Wachs von wilden Bienenvölkern. Als seine Frau zum Tode verurteilt wird, bricht er auf der Suche nach Beistand zum Kloster Bingen auf. Er findet es in heller Aufregung vor, denn die gelehrte Äbtissin Hildegard hat sich mit ihrer direkten Art Feinde innerhalb und außerhalb der Klostermauern geschaffen. Sie knüpft ihre Hilfe an schier unerfüllbare Bedingungen, die Seyfried bis vor den frisch gekrönten König Friedrich I. führen.

    Meine Meinung:

    Mein erster Eindruck war sehr positiv – eine interessante Handlung und Figuren mit Ecken und Kanten. Ich lernte viel über die Zeidlerei. Wie die Imkerei mit Wildbienen genannt wird. Zeidler Seyfried trägt ein dunkles Geheimnis mit sich und steht mit Gott auf Kriegsfuß. Hildegard von Bingen ist mit dem Aufbau eines neuen Klosters beschäftigt. Sie ist nicht die nette Nonne sondern eine erfahrene Frau, die sich selbstbewußt den Problemen stellt. Sie korrespondiert mit vielen mächtigen Männern, aber nicht aus der Rolle einer Unterstellten heraus. Im Laufe des Buches wird klar, dass auch sie mit persönlichen Problemen zu kämpfen hat. Dann gibt es die Novizin Adelheyd, die Hildegard bei den Schreibarbeiten unterstützt. Eher die klassische Frauenrolle hat Seyfrieds vierzehnjährige Tochter Anne inne, die mühsam versucht, sich und ihren jungen Bruder am Leben zu erhalten. Ihr werden die Sympathien der Leser zufliegen, zumal sie es mit dem Bösewicht des Buches zu tun bekommt. Die Handlung ist in vielen Fällen nachvollziehbar und hat mich überzeugt. Bis hierhin ein Fünfsternewerk. Dann kam für mich die große Ernüchterung – ein Ende, das so gar nicht zum bisherigen Ablauf passt.


    Fazit:

    Über weite Teile ein wunderbares Buch, das mir sehr gefallen hat. Für mich ist das Ende so unpassend, dass ich dem Gesamtwerk nur drei von fünf Sternen (6 von 10 Punkten) gebe. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, die Geschichte zu verfolgen. Vielleicht kommen andere Leser mit dem Ende besser klar.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Das Leben der Zeidlerfamilie von Seyfried und Elsbeth mit ihren drei Kindern könnte nicht schöner sein, als aber eines Tages ein Medicus eine schwer verletzte Frau vorbei bringt, ändert sich das Leben der Familie schlagartig. Bei der Frau handelt es sich um die Tochter des Grafen und als seine Soldaten ihrer im Hause des Zeidlers fündig werden, wird Elsbeth kurzerhand des Todes angeklagt und verurteilt. Seyfried erbittet um einen Aufschub für die Verstreckung des Todesurteils, um bei der gerühmten Äbtissen Hildegardvon Bingen vorsprechen zu können inder Hoffnung, dass sie sich für ihn und seine Frau einsetzt...


    So ziemlich jede Figur hat ein Geheimnis in dem Buch, das sie mit sich rumschleppen und den Weg, den sie gehen, nicht einfacher machen. Und in diesem Roman wird viel Wegstrecke hinter sich gebracht. Was auf den ersten Blick langweilig klingen mag, hat sich als überraschend kurzweiliger Abenteuerroman entpuppt. Das liegt zum einen an die tollen Berufsbeschreibungen des Zeidlers. Immer wieder dürfen wir Seyfried über die Schulter gucken, wie er den Bienen Honig abnimmt oder sie selbst züchtet. Zum anderen geschehen immer wieder überraschende Dinge und die verschiedenen Perspektivenwechsel sorgen ebenfalls für kurzweilige Unterhaltung. So lernen wir nicht nur den Zeidler näher kennen, sondern auch seine Tochter und die engste Vertraute der Äbtissin Hildegard von Bingen.


    Hildegard von Bingen nimmt ebenfalls einiges an Raum ein. Mir gefällt ihre Darstellung in diesem Buch, auch wenn sie nicht durchweg hoch gelobt und positiv wegkommt. So wird sie viel realistischer und somit auch persönlicher dargestellt, als ich es gedacht hätte. Wir erfahren auch einige persönliche Dinge über Hildegard und ihren Lebensweg und werden auch mit den Schwierigkeiten konfrontiert, die sie zu bewältigen hatte, als sie auszog, um ein eigenes Kloster als Frau aufzubauen.

    So ist der hauptsächliche Protagonist mit Seyfried zwar ein Mann, aber er ist umringt von großartigen Frauen, so dass der Roman überhaupt nicht einseitig männlich dargestellt ist und dennoch ohne als Mann verkleidete Frauen auskommt. Das hat mir richtig gut gefallen.


    Der Zeiderfamilie wird ein Bösewicht gegenüber gestellt: Theobald. Es gibt eigentlich nichts Positives zu berichten, dennoch wird kurz versucht, ihn und seine Handlungen zu erklären. Auch konnte ich mir, einigen Respekt über seine Klugheit und Manipulationsstärke abringen, auch wenn der Mensch an sich keine schönen Seiten zeigt. Ohne diese Kurzerklärung wäre mir der Charakter auf jeden Fall zu einseitig gewesen.


    So bekommen wir insgesamt einen spannungsgeladenen und actionreichen Mittelalterroman präsentiert, in dem die interessanten Themen der Bienen und Hildegard von Bingen ins Zentrum gerückt werden!

  • Ralf H. Dorweiler hat wieder einen historischen Roman geschrieben, der den Titel verdient und durchaus große Beachtung verdient. Das Cover hebt sich sehr wohltuend von dem „Einheitsbrei“ der historischen Cover und zieht so das Augenmerk auf sich. Es steht keine Person im Vordergrund, wie auch schon bei den anderen Covern des Autors, wobei der Fokus auf die Handlung bzw. auf den Beruf der Hauptperson gelegt wird. Der Klappentext bietet einen sehr guten Einblick in den Roman, auch wenn er schon relativ viel bzgl. des Hauptstrangs verrät, so hat der Roman aber noch mehrere Nebenstränge, die nicht verraten werden und somit den Roman sehr spannend machen. Es geht neben den Bienen und der Zeidlerei auch um Heilkunde, um das Klosterleben sowie die Familie, Liebe, aber auch Rache, Eifersucht und Neid. Eine nicht unerhebliche Rolle spielen auch die Kinder von Seyfried und Elsbeth, Jasper, Lisse und vor allen Dingen Anna, die älteste Tochter von dem Zeidler-Ehepaar. Aber auch die Novizin Adelheid spielt eine nicht unbedeutende Rolle an der Seite der mächtigen Hildegard von Bingen.

    Der Roman wird chronologisch in mehreren Handlungssträngen, sowie aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Dies ermöglicht dem Leser einen sehr tiefen Einblick in das Seelenleben, sowie die Gedanken der handelnden Figuren. Zudem erlebt der Roman durch diese angewendete Technik auch eine Lebendigkeit. Das Gesamtbild setzt sich somit im Roman immer mehr zusammen. Jedem Kapitel ist ein passendes Zitat vorangestellt, welches den Roman bereichert. Man erfährt in der Story sehr viel über die Arbeit mit den Bienen, aber auch über das Klosterleben, sowie das Zusammenleben der Menschen in dieser Zeit. Für mich war der Roman zu jeder Zeit nachvollziehbar und damit sehr gut recherchiert und erklärend. Der Schreibstil des Autors ist flüssig, die vielen Dialoge halten den Roman lebendig.

    Ein Personenverzeichnis sowie Karten runden den guten Gesamteindruck des Romans ab und ermöglichen es dem Leser sich zu jeder Zeit ein umfassendes Bild machen zu können.

    Ich kann diesen Roman nur allen Leserinnen und Lesern empfehlen, die gerne fundierte historische Romane lesen, denn hier gibt es keine historische „Kulisse“, sondern hier hat die Zeit maßgeblichen Einfluss auf die handelnden Figuren, was natürlich auch durch die historischen Figuren verstärkt wird. Zwar mag dieser Roman in großen Teilen fiktiv sein, dennoch ist nicht auszuschließen, dass beispielsweise Hildegard von Bingen so gehandelt haben könnte.

    Ich bedanke mich sehr bei der Verlagsgruppe Lübbe für die Bereitstellung des Rezensions- und Leseexemplars, sowie Ralf H. Dorweiler für die gelungene Unterhaltung und spannende Lesestunden.

    Eine klare Leseempfehlung für Fans von historischen Romanen und solchen, die es noch werden wollen.


    9/10 P.