Gendern - notwendig oder nervig?

  • Tom Das, was dein Freund mit der Szene erlebt hat, ist im Prinzip das gleiche wie man es als Frau erlebt wenn man mit diesen Emma-lesenden kämpferischen Feministinnen zu tun hat. Ich bin eine Frau, aber trotzdem muss ich nicht deren Positionen vertreten. Allerdings sind diese engstirnigen Damen innerhalb der weiblichen Welt in der Minderheit und damit bei Bedarf einfacher auszublenden...


    Maarten Ich kenne durch meine Tochter zwei Transmädchen (17) und diese gehen gar nicht schwimmen, höchstens privat in den Pool. Gemeinschaftsumkleiden sind da ein echtes Problem. Deshalb bin ich auch für Klokabinen, Duschkabinen und Einzelumkleiden, so dass jeder wählen kann was er/sie möchte. Wenn es Kabinen gibt braucht es meiner Meinung nach keine dritte Toilette etc.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Die, die sie benutzen sollten wissen, was sie ausdrücken wollen sowie in welcher Weise das Gesagte beim Empfänger ankommt.

    Und umgekehrt.


    Sprache ist nicht nur Syntax. Kommunikation unter Verwendung von Sprache ist so viel mehr, als nur die richtigen Worte aneinanderzureihen und die falschen wegzulassen. Es gibt eine Flut von Aspekten, Kontexten, Metaparametern, die eine Rolle bei der verbalen Kommunikation spielen. Nur, wenn ich ein Sternchen spreche, bin ich noch längst nicht transphil.


    Und umgekehrt.

  • Maarten Ich kenne durch meine Tochter zwei Transmädchen (17) und diese gehen gar nicht schwimmen, höchstens privat in den Pool. Gemeinschaftsumkleiden sind da ein echtes Problem. Deshalb bin ich auch für Klokabinen, Duschkabinen und Einzelumkleiden, so dass jeder wählen kann was er/sie möchte. Wenn es Kabinen gibt braucht es meiner Meinung nach keine dritte Toilette etc.

    Mit 'in Zahlen recht häufiges Problem' meinte ich Frauen, die von sexueller Gewalt traumatisiert sind. Ich selbst vermute, dass Transgender eher weniger Interesse daran haben, in eine Gemeinschaftsumkleide zu gehen, wobei der Grund natürlich nichts anderes als die Angst vor Diskriminierung sein wird.

    Ich vermute, Richard Morgan denkt ohnehin weniger an Transgender als vielmehr an Männer, die dieses Label für ihre Zwecke nutzen wollen. Was das ganze Geschehen aber leider nur komplexer macht. Warum sollten Transgender deswegen eine Benachteiligung erfahren? Es geht nur mit einem Verständnis für die Lage und Bedürfnisse der anderen Seite und dem Suchen nach gemeinsamen Lösungen.

    Schaue ich mich in der Welt so um, glaube ich da aber an keine schnelle Lösung.

  • Es brodelt immer noch in mir über diverse Fragen, die wir hier aufgeworfen haben.


    Hier nochmal ein lesenswerter Beitrag zu meiner Interpretation von Morgan. Es ist ja das eine, was ich denke und das andere, was er wirklich wollte:
    It doesn't matter what flesh you wear


    Und ich bin bei dem Thema Label. Label begleiten uns schon immer durch unsere Historie. Gefährlich wird es wenn Label mit Aggression verbunden werden. Das Label Hexe ist z.B. ein mit Aggression verbundenes Label, das wir alle kennen.
    Surfe ich durch das Netz, hat das Label TERF, das Rowland und Morgan aufgeklebt bekommen, durchaus was von diesem Hexen-Label. Es wird in der Szene offen zu Gewalt gegen TERFs aufgerufen, vom 'Punch their face' bis zu 'Kill' und 'Head off'.

    Wenn Label mit solchen Aggressionen versehen werden, sollte man genau hinschauen, wer sie verteilt und wer sie aufgedrückt bekommt. Und sich zumindest mal anschauen, was die Gelabelten eigentlich sagen:
    JK Rowlings zum Thema

    Es ist schwierig sich selbst eine Meinung zu bilden, das nimmt einem niemand ab.

    Schaut man derzeit in den Spiegel und hat sich das Label 'Diversität und Transgender' als Aktivist(!) auf die Stirn geklebt, sieht man doppelt so groß aus.
    Schaut man in den Spiegel und hat das Label 'TERF/transphob' auf der Stirn, ist man nur noch ganz klein.

    Keines der Label muss stimmen, keines der Label muss falsch sein. Die einen haben es sich selbst auf die Stirn gepappt, die anderen hingegen nicht.

    Bildet euch eine eigene Meinung. Man muss dabei weder die eine noch die andere Position übernehmen. Die Wirklichkeit ist ohnehin keine Position.

    I never predict anything, and I never will. (Paul Gascoigne)

    Dieser Beitrag wurde bereits 5 Mal editiert, zuletzt von Maarten ()


  • Wie gut dass wir nicht auf Twitter sind, denn ich denke das was du zu Labels sagst könnte man auch bewusst negativ interpretieren. Weil: "Diversität und Transgender" hat man sich als einer entsprechenden Minderheit zugehöriger nun einmal nicht selbst auf die Stirn gepappt, sondern man ist damit geboren. Nun ist man in der Position, glaube ich, eher darauf angewiesen sich größer zu machen oder laut zu sein. Und dann gibt es ja noch das SJW Label, das ja auch aufgestempelt wird, u.a. eben auch in Morgans Blogpost. Aber ja, natürlich bleibt ein Label wie "transphob" länger und stärker haften. Aber das ganze ist nun einmal keine Einbahnstraße.


    Ich würde ja fast behaupten, dass das ganze Thema Political Correctness ein Scherbenhaufen ist. Gefühlt wird jeder Diskurs von den jeweils lautesten Stimmen beherrscht und oftmals kommt es mir auch so vor als ob bestimmte Menschen einfach von Natur aus auf Krawall gebürstet sind und dass das Thema für das sie aktiv sind eigentlich total sekundär ist.


    Nur muss man diese Auswüchse von beiden Seiten betrachten, finde ich. Wie oft hat man den Spruch "ja, das darf man ja nicht mehr sagen, aber..." gehört und wie oft fragt man sich, ob das jetzt wirklich aus demokratischer Sorge oder eigenen Shitstorm-Erlebnisse gefüttert ist oder ob das nicht eher eine passiv-aggressive Einleitung ist irgendeinen Unsinn, möglicherweise gar verletzenden Unsinn, von sich zu geben.


    Und auf der anderen Seite hat man dann die Moralapostel, die am lautesten sind. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich vor Jahren einen Tweet einer Aktivistin gelesen hatte, wo sie sinngemäß fragte, ob die (also so die Gegenposition) denken würden "das wäre alles nur ein Spiel" und ich mich dabei ertappte, ja manchmal scheint es so.


    Nun kommt ja Morgan aus der SF und ich habe die letzten mindestens 5 Jahre oder so der Genre-Entwicklung verschlafen, aber damals gab es einen sehr großen Diversitäts-Push im Genre und zumindest zu dem Zeitpunkt fand ich das auch als durchaus angemessen. Nicht in jeder Extremform, die damals auch schon sichtbar war, aber die Gegenfront bestand da teilweise wirklich aus Leuten, die alle Klischees der "alten weißen Männer" abtickten. Damals waren die jeweiligen Repräsentanten John Scalzi (links) und Vox Day (rechts, ultra-rechts eher). Da war es relativ klar wie ich mich dann eher positionieren würde.

    Und nun habe ich heute zufällig mal wieder eine neue SF-Kurzgeschichte gelesen "The Bookstore at the End of America" von Charlie Jane Anders. Aus einer Anthologie der besten SF Stories des Jahres. Vielleicht schreibe ich eine Rezi dazu. Die Geschichte schafft es aus meiner Sicht sehr gut die Auswüchse beider Lager herauszustellen (es geht darum, dass Kalifornien die Union verlässt, und um einen Buchladen mit zwei Eingängen, der direkt auf der Grenze liegt. Auf der einen Seite gibt es konservative Literatur, auf der anderen Seite progressive Literatur. Es eskaliert zu einem militärischen Konflikt als der kalifornische Präsident dem amerikanischen Präsidenten zu Ostern eine gute Sonnenwende statt Frohe Ostern wünscht. Und dieser brüskiert ein Schimpfwort für Schwule gegen ihn in seiner Antwort darauf verwendet).

  • "Diversität und Transgender' als Aktivist(!)"


    lässt die von Dir angeführte Interpretation eigentlich nicht zu.
    Außer eben bewusst negativ. Aber das geht sowieso immer.


    Ich glaube nicht, dass das 100%ig stimmt. Wenn wir über benachteiligte Gruppen reden und jemand seine Benachteiligung öffentlich thematisiert, dann ist man doch automatisch ein Aktivist. Es muss auch möglich sein, Menschen für ihre Handlungen zu kritisieren. In vielen berechtigten Fällen ist das kein Selbstzweck, sondern ist durch eine Art persönlicher Dringlichkeit motiviert.


    Und es wäre auch schlimm, wenn das nicht eine vollkommen legitime Form der Kommunikation wäre.

    Dass das missbraucht oder übertrieben wird, da sind wir 100%-ig d'accord, denke ich.

  • Die Gedanken in diesem Artikel sind ja ganz nett, aber eher unüblich, glaube ich. Die meisten Leute sind eher mit wenigen wirklich befreundet und dann haben sie in den meisten Dingen ähnliche Ansichten.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Diana Wynne Jones: Howl's Moving Castle

  • Tante Li

    Der Artikel ist im Prinzip die 'Show don't tell'-Variante von dem was Tom schrieb. Von dem er selbst schrieb, es wäre eine naive Sicht. Ihr seid diesbezüglich wohl einer Meinung... 😉


    Vielleicht schreibe ich mehr dazu, aber das würde dann die bisherigen bereits langen Beiträge vermutlich nochmal deutlich sprengen. Ich weiß nicht, ob ich das mir und euch antun möchte und ob dieses Forum noch der richtige Platz dafür ist.


    Vielleicht ist eine optimistische Sicht, die womöglich naiv ist, gar nicht so falsch. Bestseller enden fast immer so... 😉

  • Ohne einen Hauch Naivität ist Optimismus schwer, und ohne Optimismus wäre das Leben doch arg düster... Kopf hoch und optimistisch denken, dann lächelt sich's leichter und vielleicht lächelt jemand zurück!

    Klingt zwar naiv, aber ich habe die Erfahrung gemacht dass selten etwas so schlimm wird wie befürchtet und im Rückblick die Dinge nicht mehr ganz so tragisch sind. Also denke ich mir in stressigen oder unangenehmen Situationen oft "nächstes Jahr blickst du zurück und alles hat sich irgendwie gefügt, also reg dich jetzt nicht auf". Normalerweise ist es auch so.

    Toleranz und Gleichberechtigung werden zwar noch Jahrzehnte brauchen, um wirklich zu existieren, und in manchen Ländern womöglich noch hundert Jahre, aber es geht sichtbar voran. Auch dank der weltweiten Verknüpfung durch soziale Medien lassen sich die Menschen nicht mehr so leicht unterdrücken und mundtot machen. Zwar wird genauso viel Blödsinn weltweit verbreitet, aber Globalisierung hat an der Stelle in meinen Augen wirklich Vorteile.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Hier noch ein Artikel von Felicia Ewert zur Definition einer Frau über ihr soziales Geschlecht:

    Sind "cis" und "trans" eigentlich Adjektive?


    Ich kann vieles verstehen und nachvollziehen, auch wenn es sehr persönlich anmutet und nicht wenige gesellschaftliche Realitäten einfach auf den Kopf stellt, um zu behaupten, dass der eben nach unten gehört. Aber bei dieser Art von Schriftsprache gerate ich wirklich ins Trudeln.

  • Ja, cis und trans sind die Kurzformen der Adjektive cisgender und transgender.

    "trans" ist eine Vorsilbe, "cis" in seiner Bedeutung bei Alleinnutzung eher aus dem musischen Bereich. Warum derlei weglassen, wenn man schon über die Kraft und Bedeutung und Konnotation und "immanente Meinung" von Sprache spricht?

  • Die meisten Menschen können mit dem Wort cis vermutlich sowieso nichts anfangen, weil es ihren Alltag nicht berührt. Und das Paar in dem Artikel ist schon ein ziemlich seltener Sonderfall. Dass der noch nicht bei den Behörden vorgesehen ist wundert jetzt nicht wirklich.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss