'Der Himmel über Amerika - Rebekkas Weg' - Seiten 001 - 088

  • Der erste Abschnitt war ja flott gelesen....

    Erst lernt man Rebekka kennen, die scheinbar keinen leichten Stand in der Gemeinde hat. Auch wenn man sich einig war, dass der Ausflug auf den Jahrmarkt nicht ihre Idee war, steht sie doch unter besonderer Beobachtung. Bei Gideon sind sie wohl nicht ganz so streng....


    Andreas ist ja eigentlich ein rechtschaffener Kerl. Die Sache mit dem Offizier ist zu damaligen Zeiten ja wirklich tödlich. Man hätte Barbara bestimmt unterstellt, sich an den Mann rangemacht zu haben und eh als Hure zu arbeiten. Ein Offizier ist ja per se ein Ehrenmann....

    Da merkt man schon recht deutlich, dass es die Frauen zu der Zeit echt schwer hatten. Wer auch nur ein wenig aus dem Rahmen fällt wird sofort ausgestoßen und verleumdet, egal bei wem die Schuld liegt. Und egal ob bei den Ammanschen oder den Weltlichen.


    Ich finde es interessant mal etwas aus der alten Zet der amischen zu lesen. Ich kenne auch nur "Der einzige Zeuge" (ja , ich hab das Nachwort schon gelesen ;-) ) und die Linda Castillo Krimis. Und zusätzlich habe ich noch einige Reportagen aus der heutigen Zeit gesehen. Aber mit den Ursprüngen habe ich mich noch nie beschäftigt.

    Der Umgang mit den Täufern ist ja teilweise schon heftig. Ich finde es immer wieder schwer auszuhalten, wenn Menschen andere nur wegen einer anderen Art der Religionsausübung diskriminieren.

    Jetzt bin ich aber mal gespannt wie des Andreas / Daniel ergehen wird. Jakob hatte ja nicht viel Zeit ihn mit den Regeln bekannt zu machen. Da werden ihm sicher noch viele Fehler passieren.

  • Ui, du bist ja schnell. Freut mich, dass dir der Einstieg so gut gelungen ist.


    Zitat

    Man hätte Barbara bestimmt unterstellt, sich an den Mann rangemacht zu haben und eh als Hure zu arbeiten.

    Klar, im Zweifelsfall war die Frau diejenige, die den Kerl verlockt hat. Dazu kommt, dass Müller auch einen schlechten Ruf hatten. Man unterstellte ihnen, sich an dem Mahlgut zu bereichern. Und es gab auch "Mühlenprostitution" in manchen Mühlen.

  • streifi , jetzt warst du doch wieder die Erste... :zwinker :knuddel1


    Ich muss gleich was beichten: Da ich eine sehr langsame Leserin bin, habe ich, nachdem die Info kam, dass die Bücher am Montag verschickt worden sind, dann doch schon ins Buch rein geschaut und konnte dann kaum bremsen. :schaem


    Dieser erste Abschnitt liest sich aber auch wirklich flott und ich war sofort drin in der Geschichte. Ich finde es sehr spannend zu entdecken, wie die Ammanleit (ich muss gestehen, dieses Wort kannte ich so nicht – mir war nur der Begriff „Amish“ geläufig) gelebt haben und wohl noch heute zum größten Teil so leben. Ich muss mich aber auch immer wieder ermahnen, nicht zu kritisch zu sein. Es ist nun Mal einiges dabei, was ich aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehen kann. Dann gibt es wiederum Punkte, die ich sehr positiv finde, wie z.B. das „Liebesmahl“ oder ganz allgemein das Miteinander, dasss jeder für jeden da ist.


    Rebekka mochte ich auf Anhieb gerne. Man spürt ihren Hunger nach (Er-)Leben und ich kann mir vorstellen, dass sie das auch noch weitere Male – nach der Geschichte auf dem Jahrmarkt – in die Bredouille bringen könnte.


    Andreas/Daniel finde ich auch sehr sympathisch und es furchtbar, was ihm widerfahren ist. Er wollte ja den Offizier nicht töten, er wollte nur seine Schwester verteidigen. Dass das dann so aus dem Ruder läuft ist für die ganze Familie ein schwerer Schlag. Ich finde es spannend beschrieben, wie Daniel versucht, sich den Ammanleit anzupassen und wie er immer wieder Mal droht aufzufliegen, wenn er erneut in den Augen der Ammanleit etwas „anders“ macht. Ich bin jedenfalls gespannt, ob sie ihm auf die Schliche kommen.


    Und ich freue mich schon sehr auf den Augenblick, wenn Rebekka und Daniel sich das erste Mal begegnen.

  • Zitat

    Es ist nun Mal einiges dabei, was ich aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehen kann. Dann gibt es wiederum Punkte, die ich sehr positiv finde, wie z.B. das „Liebesmahl“ oder ganz allgemein das Miteinander, dasss jeder für jeden da ist.

    Das ging mir während der Recherche genauso. Es war sehr spannend, über die Wurzeln der Täufer zu lesen. In ihren "Aufbruchszeiten" im 16. Jahrhundert waren Frauen bei ihnen gleichberechtigt, sie haben sogar gepredigt. Erst in den folgenden Jahrhunderten hat sich das geändert, die Frauen hatten den Männern zu gehorchen. Auch die strengen Kleidungsregeln gab es bis Mitte des 18. Jahrhunderts nicht. Frauen durfte farbige, gemusterte Kleider tragen, sogar Haarspangen . Ich habe auch noch Fotos von 1850 gefunden, auf denen die Frauen keine Haube trugen. Für heutige "Old Order Amish" unvorstellbar.

  • so, den ersten Abschnitt habe ich auch mit Vergnügen und Interesse gelesen.

    Dass Andreas seine Schwester verteidigt hat ist sicher nachvollziehbar, da er ja den Offizier schon beobachtet hatte, wie er mit den Mädchen umgeht.

    Dass allerdings die Gerichtsbarkeit so gar keine richtige Verteidigung zulässt ist schon komisch. Offizier sind also immer fein raus. Sein Vater muss ihm ja ganz schon Geld mitgegeben haben. Aber da er ja nicht zurück kann, ist es wohl gleich ein wenig Erbteil.

    Die Ammannischen sind schon eine seltsame Truppe. Mich beeindruckt ja vor allem ihre Gewaltlosigkeit. Ich habe viele der Castillo-Krimis gelesen. Was mir auffällt, sind die Namen. Die sind immer gleich. Fast immer kann man an den Namen erkennen, dass es Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft sind.

    Woran liegt das?

  • Zitat

    Was mir auffällt, sind die Namen. Die sind immer gleich. Fast immer kann man an den Namen erkennen, dass es Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft sind.

    Woran liegt das?

    Du meinst die Familiennamen? Das liegt daran, dass die Amisch unter sich bleiben und auch nur untereinander heiraten. Deshalb wiederholen sich die Familiennamen, die es schon im 17, Jahrhundert gab.

    Lapp, Stoltzfuß (da muss ich immer an Hobbits denken), Gerber, Krebüll, Shrock usw.

    bis vor hundert Jahren war das auch in anderen Dörfern so, dass man eher unter sich blieb. In Eppstein, wo ich wohne, gibt es sehr viele Beckers und Ickstadts. In dem Ort, aus dem die Familie meines Mannes stammt, hieß vor dem 2. Weltkrieg die Hälfte der Einwohner Seemayer.

    Bei den Amisch gibt es ein Problem: Dadurch, dass sie unter sich bleiben, oft auch immer im gleichen Ort ist der Genpool mittlerweile sehr limitiert. Es gibt ein paar seltene Erbkrankheiten, die fast nur die Amisch betreffen.

  • Ja die Familiennamen meinte ich. Die Vornamen sind ja alle eher biblisch.

    Und bei den Vornamen ist es so, dass die innerhalb der Familie weitergegen werden. Der erst Sohn heißt wie der Großvater väterlicherseits, der zweite wie der mütterlicherseits, danach kommen die Onkel und Tanten dran. Ebenso bei den Töchtern. Da gibt es dann schon mal mehrere Rachels oder Josephs in der Familie. Die Amisch helfen sich mit Spitznamen, köperlichen Merkmalen ( Skinny Joe, Black Sam, Rotfuchs Elias) oder Tätigkeiten ( Butter Jakob verkauft Butter, Jockey Mike züchtet Pferde, Cherrie Annie verkauft Kirschen)

  • Das mit den Beinamen gab es ja früher in den Dörfern auch. Wie hat sich das denn bei den Amishen so entwickelt? Vor allem mit den strengeren Regeln, meistens ist es ja eher andersrum, also dass die Regeln aufgeweicht und gelockert werden.

  • Ich finde es interessant mal etwas aus der alten Zet der amischen zu lesen. Ich kenne auch nur "Der einzige Zeuge" (ja , ich hab das Nachwort schon gelesen ) und die Linda Castillo Krimis. Und zusätzlich habe ich noch einige Reportagen aus der heutigen Zeit gesehen. Aber mit den Ursprüngen habe ich mich noch nie beschäftigt.


    Ich kann "Die einzige Wahrheit" von Jodi Picoult sehr empfehlen (wurde auch verfilmt). Das werde ich demnächst als Re-read nochmal lesen. Sehr spannend und erhellend.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich muss mich aber auch immer wieder ermahnen, nicht zu kritisch zu sein. Es ist nun Mal einiges dabei, was ich aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehen kann. Dann gibt es wiederum Punkte, die ich sehr positiv finde, wie z.B. das „Liebesmahl“ oder ganz allgemein das Miteinander, dasss jeder für jeden da ist.

    Du hast natürlich recht, dass man aus heutiger Sicht nicht zu kritisch sein sollte. Aber da es die Amish als Glaubensgemeinschaft mit diesen starren Regeln ja immer noch gibt - wenn auch nicht bei uns - ist es gar nicht so abwegig, auch mal kritisch zu sein. Mich stört z.B. diese Kopftuchsache und dieses Klamottending. Nicht nur, dass man dazu gezwungen ist, sich so zu kleiden, auch was dahinter steckt. Dass die Körperlichkeit des Menschen und der Sex doch eher etwas Negatives sind, was man verhüllen muss. Da stellen sich bei mir die inneren Stacheln auf. :grin

    Bei den Amisch gibt es ein Problem: Dadurch, dass sie unter sich bleiben, oft auch immer im gleichen Ort ist der Genpool mittlerweile sehr limitiert. Es gibt ein paar seltene Erbkrankheiten, die fast nur die Amisch betreffen.

    Das finde ich schockierend und abstrus, sorry. Mir ist schon klar, dass sie ihre Gemeinschaft genauso erhalten wollen, aber ich möchte nicht wissen, wie viele unglückliche junge Menschen ist gab und gibt, die hier in ein Korsett gezwungen werden und dann auch noch mit der Gefahr, kranke Kinder zu bekommen. Und wozu das Ganze? Um ein Ideal zu leben, welches zwar im Ansatz gut ist aber für mich doch ausgeufert in etwas typisch Menschliches. Wir haben so tolle Ideen für eine bessere Welt - immer wieder - aber immer wieder wird daraus eine Doktrin, eine Zwangsjacke. :/

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • . Wir haben so tolle Ideen für eine bessere Welt - immer wieder - aber immer wieder wird daraus eine Doktrin, eine Zwangsjacke. :/

    Die Menschheit kann mit tollen Ideen einfach nichts anfangen. Ich hasse Zwangsjacken und bin mit Dir, dass sich die Haare stellen. Aber es ist, wie ich schon sagte, im radikalen Islam ja ebenso. Frauen müssen sich verhüllen usw. Zwangsheirat, bei den Amishen kann man immerhin noch "aussteigen" man muss dann zwar akzeptieren, dass man nicht mehr zur Gemeinschaft gehört, aber man wenigstens nicht dafür gesteinigt, verbrannt oder sonstwas.

  • Zitat


    Zitat

    Um ein Ideal zu leben, welches zwar im Ansatz gut ist aber für mich doch ausgeufert in etwas typisch Menschliches. Wir haben so tolle Ideen für eine bessere Welt - immer wieder - aber immer wieder wird daraus eine Doktrin, eine Zwangsjacke.


    Das trifft es gut. Die Täufer sind aus der Idee entstanden, ein Leben nach dem Vorbild Jesu zu führen, geprägt von Nächsteniebe. Aber schon als Jakob Ammann sich von den Mennoniten getrennt hat und die Amisch gegründet hat, wurde vieles zur Doktrin. In dem Forum über Amische, in dem ich bin, wird auch genau das immer kritisiert, dass von der Liebe nicht mehr viel da ist, dafür strenge Regeln.

    Ab 1860 hat sich bei den Amisch eine Gegenbewegung gebildet. Viele traten dafür ein, die strengen Regeln zu lockern. Heute gibt es in USA viele unterschiedliche Amisch Gemeinden. Manche kleiden sich modern, haben Elektrizität, Autos usw. Das, was wir heute als "typisch Amisch" ansehen, sind die "Old Order Amish", die machen ca. 1/3 der Amischen in USA aus.

  • Zitat

    Das mit den Beinamen gab es ja früher in den Dörfern auch. Wie hat sich das denn bei den Amishen so entwickelt? Vor allem mit den strengeren Regeln, meistens ist es ja eher andersrum, also dass die Regeln aufgeweicht und gelockert werden.

    Spitznamen gab es schon immer, warum sollten die Amischen keine haben. Das widerspricht ja nicht der "Ordnung".

  • Zitat

    Dass die Körperlichkeit des Menschen und der Sex doch eher etwas Negatives sind, was man verhüllen muss.

    Dass Körperlichkeit und Sex negativ sind, trifft auf die Amisch nicht zu. Sie legen zwar Wert auf Keuschheit vor der Ehe, und das gilt für beide Geschlechter (!), aber sie haben kein Problem mit Sexuatlität. In dem großartigen Buch von Bernd Längin über die Amisch, zitiert er den Spruch "Gsundes Fleisch hat Wünsch'." Die Amisch genießen auch gutes Essen und sie haben teilweise einen recht deftigen Humor. Das kommt auch in "Der einzige Zeuge" gaz gut rüber: als Harrison Ford melken soll und es nicht schafft, fragte ihn Rachels Vater, ober er noch nie seine Hand an einer Titte gehabt hätte. Ford antowrtet" Doch, aber noch nicht an einer so großen."- und der alte Amisch kriegt sich schier nicht mehr ein vor Lachen. Die extrem schlichte Kleidung wird auch von beiden Geschlechtern getragen. Sie soll Stolz und Eitelkeit verhindern - und halt auch alle gleich machen. Keiner soll sich durch Kleider oder Schmuck hervorheben. Dass die Frauen ihr Haar bedecken müssen, ist aus irgendeinem Paulus Brief hergeleitet.

  • Spitznamen gab es schon immer, warum sollten die Amischen keine haben. Das widerspricht ja nicht der "Ordnung".

    Meine Frage betraf nicht die "Spitznamen" sondern den Teil mit den strengeren Regeln. ABer das wurde jetzt schon in einem anderen post beantwortet.

  • Gestern Abend habe ich das erste Kapitel gelesen, weiter werde ich wohl erst am Montag kommen. Wenn ich die Anzahl der Posts hier ansehe, liege ich schon nahezu hoffnungslos zurück.


    Es ist schon länger her, daß ich ein Buch aus der Welt der Amish gelesen habe, und bisher waren alle aus christlich geprägten Verlagen, so daß ich gespannt bin, wie die Geschichte um Rebekka sich in einem „säkularen“ Verlag entwickeln wird, zumal die bisher gelesenen Romane alle in der Jetztzeit angesiedelt waren. Es war mir auch nicht mehr bewußt, daß es zu der Zeit (1815) noch Amish in Deutschland gab. Ich dachte, da wären die schon alle ausgewandert gewesen.


    Der Anfang hat mir jedenfalls gut gefallen und ich freue mich aufs Weiterlesen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Genau, so muss eine Leserunde sein, nicht nur wiederkäuen, was inhaltlich abläuft.

    SiCollier , es sind auch nicht alle so schnell. Ich habe morgen schon die nächste Runde am Laufen und möchte auch da mitdiskutieren und rätseln. Das ist jetzt leider so, aber das Buch ist so schön, die Geschichte und die Schreibe, da muss man einfach weiter lesen. Wenn man denn Zeit hat....