'Dunkelblum' - Seiten 084 - 173

  • Ob man Horka und Kumpane in ein noch schlechteres Licht rücken kann, das weiß ich nicht. Es sind zwar sicher nicht all seine Untaten bekannt, aber die Älteren werden genug wissen.


    Mein Gedanke über die fehlenden Unterlagen war, ob sie nicht bei Rehberg gelandet sind?

    Ich denke schon, dass es einen Unterschied macht, ob die Untaten und Verbrechen von Horka nur quasi mündlich bekannt sind, oder ob auf einmal jemand an kommt und alles schriftlich festhalten will, da kann ich mir schon vorstellen, dass das dem einen oder anderen ein Dorn im Auge ist.


    Die Alternative ist - so habe ich es verstanden - alles zu lassen, wie es ist. Dann ist man vermeintlich autark und es kostet erst einmal nichts.


    Erinnert mich ein wenig an die Kämpfe, auf dem Dorf den Anschluss an die zentrale Abwasserentsorgung durchzusetzen. :)

    So wie ich das verstanden habe funktioniert die aktuelle autarke Wasserversorgung gut und ist auch sicher, bei dem Anschluss an die andere Wasserversorgung hat der alte Bürgermeister gemauschelt und der neue, völlig überforderte, kommt da jetzt nicht mehr raus.

  • Das mit der Wasserversorgung hat auch einen politischen Aspekt. Es wird irgendwo gesagt, dass der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung auch ein soziale Lösung ist, weil die Gemeinschaft das über Steuergelder finanziert und dann aber Versorgungssicherheit besteht. Das wird lustigerweise auch mit den Zielen der SPÖ in Verbindung gebracht.
    Dass die Landwirte so dagegen sind, hat vielleicht auch damit zu tun, dass die Brunnen und mögliche Staubecken auf ihren Grundstücken liegen und sie daran gut verdienen würden. Aber das würde sehr lange dauern, eine solche örtliche Wasserversorgung langfristig sicherzustellen, und es wird auch gesagt, dass die Dunkelblumer Gegend gerade ein paar Dürrejahre hinter sich hat.

    Aber was das Ganze mit dem dunklen Geheimnis zu tun hat, um das sich alles dreht, ist mir auch nicht klar.

  • Das mit der Wasserversorgung hat auch einen politischen Aspekt. Es wird irgendwo gesagt, dass der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung auch ein soziale Lösung ist, weil die Gemeinschaft das über Steuergelder finanziert und dann aber Versorgungssicherheit besteht.

    Aber was das Ganze mit dem dunklen Geheimnis zu tun hat, um das sich alles dreht, ist mir auch nicht klar.

    Ich glaube einfach, dass in den zu bebauenden Gebieten für die Wasserversorgung nicht nur eine Leiche begraben liegt.

  • Für mich ist die Vorstellung, eine Gruppe Jugendlicher, die zwar besten Willens sind, aber nicht gerade praktische Fähigkeiten haben, auf so einen alten jüdischen Friedhof zu schicken, schon sehr seltsam. Ob das im

    Sinne der Auftraggeber ist?

    Das erinnert mich an einen Einsatz von "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste". Ich war als Jugendliche auch einmal bei so einer Aktion dabei. Das hat viel Spaß gemacht und ich habe sehr interessante Menschen kennengelernt. Fachgerecht gearbeitet haben wir da bestimmt nicht. ;)

    Flocke mag ich auch gerne. Sie und Lowetz (bzw. natürlich die Szenen mit den beiden) geben mir immer einen Augenblick der Ruhe und Freundlichkeit inmitten all dieser Geheimnisse und Verfehlungen im Ort.

    Das geht mir auch so. Die beiden finde ich sehr spannend. Wurde schon gesagt, warum Lowetz so große Erinnerungslücken hat? Das ist spannend, was sein Gedächtnis langsam wieder preisgibt. Er scheint, seine Kindheit verdrängt zu haben aus irgendeinem Grund.



    Was da wohl nach dem Krieg zwischen Horka und dem alten Graun vorgefallen ist, dass Horka seinen Freund tötet? (Nachtrag: Es wird ja erzählt, dass Horka zu den Russen übergelaufen ist. Vielleicht war die Aktion politisch motiviert.)

    Das scheint eine Schlüsselfrage des Romans zu sein.

    Und Lowetz' Mutter hatte alle möglichen Unterlagen und Zeitungsartikel zu den Ereignissen von 1946 gesammelt; für die Dorfchronik. Ob sie dabei auf etwas gestoßen war, das Horka und/oder seine Freunde in ein schlechtes Licht rückt? Sie ist ja auch urplötzlich viel zu jung gestorben – war das vielleicht kein natürlicher Tod und sie wurde umgebracht, um sie zum Schweigen zu bringen? Die zusammengestellten Unterlagen wurden ja offenbar aus ihrem Haus entfernt.

    Da ja jegliches Papier fein säuberlich aus dem Haus geschafft wurde, liegt dieser Verdacht nahe, dass etwas vertuscht werden sollte. Könnte gut möglich sein, dass sie jemandem im Dorf zu neugierig war.

    Und sie hatte diese Postkarte bekommen mit dem Schloss, die der namenlose Fremde alle aufgekauft hatte, von denen er aber nur vier verschicken wollte. Ob Eszters Karte auch von ihm stammte und wenn ja, für wen sind die anderen drei Exemplare gedacht?

    "Hör auf zu lügen", stand ja auf der Postkarte. Das hat bestimmt auch noch etwas zu bedeuten.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Du hast da alles sehr schön zusammen gefasst, das passt auch wunderbar zu meinen Eindrücken.

  • Das geht mir auch so. Die beiden finde ich sehr spannend. Wurde schon gesagt, warum Lowetz so große Erinnerungslücken hat? Das ist spannend, was sein Gedächtnis langsam wieder preisgibt. Er scheint, seine Kindheit verdrängt zu haben aus irgendeinem Grund.

    Nein, das wurde nicht gesagt, es gab ziemlich am Anfang nur Andeutungen, dass niemand mehr da ist, mit dem er sich versöhnen kann. Der Grund, warum eine Versöhnung nötig sein könnte, wurde nicht gesagt. Warum er dereinst aus Dunkelblum weggegangen war, wurde auch nicht explizit gesagt, wenn ich mich recht entsinne. Ich hatte das so verstanden, dass er einfach wegwollte aus diesem Kaff mit seinen Nazis. Wer weiß, ob es obendrein einen konkreten Anlass gab ...


    Regenfisch schrieb:

    Das erinnert mich an einen Einsatz von "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste". Ich war als Jugendliche auch einmal bei so einer Aktion dabei. Das hat viel Spaß gemacht und ich habe sehr interessante Menschen kennengelernt. Fachgerecht gearbeitet haben wir da bestimmt nicht. ;)

    Das glaube ich sofort, dass das eine tolle Erfahrung für dich war! :)

    Das fachgerechte Arbeiten steht, denke ich, bei solchen Aktionen auch nicht im Vordergrund. Um wie hier in Dunkelblum alte, von der Natur zurückeroberte Grabsteine freizulegen, braucht es ja kein Archäologiestudium. Die richtig heiklen Sachen werden sicherlich den Fachleuten überlassen.

  • Wie Eva Menasse so en passant ihre Figuren charakterisiert, nur in einem kleinen Nebensatz, gefällt mir übrigens echt gut.

    Das gefällt mir auch sehr gut. Die Beschreibungen von Landschaft und Menschen sind treffend gewählt. Das ist eine große Stärke des Buches.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das gefällt mir auch sehr gut. Die Beschreibungen von Landschaft und Menschen sind treffend gewählt. Das ist eine große Stärke des Buches.

    Ja, ich bin wirklich sehr angetan von den Beschreibungen und Bildern! :anbet Und, wie Rumpelstilzchen schon sagte, hat vieles eine Bedeutung, die erst später klar wird. Eva Menasse hat hier jeden noch so kurzen Satz mit Bedacht gewählt.

  • Ja, ich bin wirklich sehr angetan von den Beschreibungen und Bildern! :anbet Und, wie Rumpelstilzchen schon sagte, hat vieles eine Bedeutung, die erst später klar wird. Eva Menasse hat hier jeden noch so kurzen Satz mit Bedacht gewählt.

    Wahnsinn, oder? Man glaub es kaum, wie umfassend, konzentriert oder kompakt das Buch komponiert wurde. Mir fällt gerade keine passendere Beschreibung ein, hab ne Blockade im Kopf, weil schon wieder alles so drängt hier. :( Wenn man denkt, es ist erstmal ruhig ein paar Tage :rolleyes:

  • Ist bis jetzt auch das einzige und ich bin auf dieses nur in einem FB thread aufmerksam geworden. Also durch "Text&Literatur" was ich dort abonniert habe. Hat sich gelohnt. Ich habe durch ihren blog schon viele interessante Bücher kennen gelernt, die ich sonst nie auf dem Schirm gehabt hätte.

  • Kennt ihr eigentlich schon andere Bücher von Eva Menasse? Ich nicht, aber ich bin jetzt wirklich neugierig auf ihre anderen Werke geworden.

    Ich habe schon "Vienna" gelesen. Thematisch hat es mich damals überzeugt, "Dunkelblum" wirkt aber wesentlich ausgereifter von der Komposition.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin