Viveca Sten - Tief im Schatten / ‎ Dalskuggan

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Im beliebten Skiort Åre ist Hochsaison, als in den nahen Wäldern eine entstellte Männerleiche gefunden wird. Das Opfer wurde schwer misshandelt. Doch der Mord gibt Rätsel auf: Weltklasseskifahrer Johan Andersson hatte offenbar keine Feinde. Gleichzeitig verschwindet in einem Nachbardorf Rebecka, die junge Ehefrau von Pastor Ekvall. Hanna Ahlander und Daniel Lindskog geraten unter Druck. Rebecka ist schwanger. Und sie braucht Medikamente ...


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Viveca Anne Bergsted Sten, geb. 1959 in Stockholm, ist Juristin und eine der bekanntesten schwedischen Krimiautorinnen der Gegenwart. Mit ihrer Familie lebt sie nördlich von Stockholm. Seit ihrer Kindheit verbringt sie jeden Sommer auf Sandhamn in den Schären. Im Winter aber reist sie zum Skifahren nach Åre - dem Schauplatz ihrer neuen Reihe.

    Viveca Stens Sandhamn-Serie gehört zu den erfolgreichsten Krimiserien aus Skandinavien und lieferte den Stoff für den TV-Serienhit Mord im Mittsommer. Ihre Bücher sind in 24 Sprachen übersetzt.


    Allgemeines

    Zweiter Band der Reihe um Hanna Ahlander

    Titel der Originalausgabe:“ Dalskuggan“, ins Deutsche übersetzt von Dagmar Lendt

    Erschienen bei dtv am 2. Oktober 2023 als HC mit 512 Seiten

    Gliederung: Roman in 96 nummerierten Kapiteln, teilweise mit Datumsangabe – Danksagung

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsort und -zeit: Handlungsort und -zeit: Åre (Schweden), Februar 2020, zweiter Handlungsstrang 2012 bis 2020

    Inhalt

    Ende Februar 2020, in der traditionellen Sportwoche, wird in Åre der ehemals prominente Skifahrer Johan Andersson brutal ermordet an einer Landstraße aufgefunden. Hanna Ahlander und ihr Kollege Daniel Lindskog sind schockiert, dass es innerhalb kurzer Zeit in dem beschaulichen Skiort erneut zu einem Mord gekommen ist. Der Verstorbene führte gemeinsam mit seiner Frau Marion und seinem Kollegen Linus einen Klempnereibetrieb, seitdem er nach einem Unfall seine sportliche Karriere hatte beenden müssen. Johan war gesellig und allseits beliebt, ein Motiv für den kaltblütigen Mord ist kaum vorstellbar.

    Als die Ermittler ihre Aufmerksamkeit auf Linus fokussieren, dessen geschäftliche Beziehung zu seinem Kompagnon sich in der letzten Zeit verschlechtert haben soll, werden sie von einem zweiten Fall in Beschlag genommen. Die Erzieherin Rebecka Ekvall, Ehefrau von Ole, der als Pastor bei einer freikirchlichen Gemeinde namens „Licht des Lebens“ tätig ist, wird seit einigen Tagen vermisst. Die Aussagen von Rebeckas Kollegin Maria lassen bei Hanna Ahlander alle Alarmglocken schrillen, denn sie befürchtet, dass Rebecka in der erzkonservativen Gemeinde häuslicher Gewalt ausgesetzt sein könnte – ein Bereich, den sie aus ihrer früheren Tätigkeit in Stockholm nur allzu gut kennt…


    Beurteilung

    Der zweite Fall um Hanna Ahlander ist unabhängig vom ersten Band „Kalt und still“ und kann deshalb auch zuerst gelesen werden. Auf Hannas Vergangenheit wird kurz eingegangen, sodass es kein Problem gibt, der Handlung zu folgen.

    Diese spielt sich in zwei Handlungssträngen und auf zwei Zeitebenen ab. Die fortlaufende Handlung beschreibt die Ermittlungen im Fall des ermordeten Skisportlers Johan Andersson im Februar 2020, der zweite Handlungsstrang setzt im Jahr 2012 ein und schildert in eingestreuten Kapiteln das Leben der jungen Rebecka in einer strengen freikirchlichen Gemeinde, in der Frauen nichts zu sagen haben und von ihren Vätern, bzw. Ehemännern streng reglementiert und kontrolliert werden. Es gelingt der Autorin ausgezeichnet, die Gruppendynamik in der streng hierarchisch gegliederten Gemeinde und die fatale Entwicklung der Ehe zwischen einer zum Gehorsam erzogenen Frau und einem kontrollsüchtigen Mann darzustellen. Diese von einer fortschreitenden Eskalation geprägten Kapitel sind von geradezu nervenzerfetzender Spannung. Dagegen sind die fortlaufenden Ermittlungen im Mordfall nicht übermäßig spannend, bestechen aber durch die realitätsnahe Schilderung der Untersuchungen, die gelegentlich durch Stillstand und Rückschläge zu Frustrationen im Ermittlungsteam führen.

    Die Charaktere der Romanfiguren sind differenziert ausgearbeitet, dabei wird auch auf deren Privatleben eingegangen – jedoch nicht im Übermaß. Daniel erlebt noch immer Konflikte in seiner Partnerschaft, da seine Lebensgefährtin sich mit dem gemeinsamen Baby oft überfordert fühlt und nicht damit zurechtkommt, dass Daniel spät nach Hause kommt und auch oft am Wochenende arbeitet.

    Sein Kollege Anton möchte dagegen bestimmte Aspekte seines persönlichen Lebens geheim halten und gerät im Laufe der Ermittlungen dadurch in ein Dilemma.

    In bester skandinavischer Krimitradition werden auch in diesem Roman gesellschaftlich aktuelle Probleme wie häusliche Gewalt und Vereinbarkeit von Beruf und Familie thematisiert.


    Fazit

    Ein überaus spannender Kriminalroman, der die eisige Winteratmosphäre in dem nordschwedischen Skiort perfekt transportiert – sehr lesenswert!

    10 Punkte

    ASIN/ISBN: 3423283653


    Edit: Link zu einem anderen Forum entfernt.

  • Trotz einiger Wiederholungen sehr spannend


    Buchmeinung zu Viveca Sten – Tief im Schatten


    Tief im Schatten ist ein Kriminalroman von Viveca Sten, der 2023 bei dtv Verlagsgesellschaft in der Übersetzung von Dagmar Lendt erschienen ist. Der Titel der schwedischen Originalausgabe lautet Dalskuggan und ist 2021 erschienen. Dies ist der zweite Band der Polarkreiskrimireihe um Hanna Ahlandt.


    Zum Autor:

    Viveca Sten, geb. 1959 in Stockholm, ist Juristin und eine der bekanntesten schwedischen Krimiautorinnen der Gegenwart. Seit ihrer Kindheit verbringt sie jeden Sommer auf Sandhamn in den Schären. Im Winter aber reist sie zum Skifahren nach Åre - dem Schauplatz ihrer neuen Reihe.

    Viveca Stens Sandhamn-Reihe gehört zu den erfolgreichsten Krimiserien aus Skandinavien. Sie erschien in mehr als 40 Ländern und lieferte den Stoff für den international erfolgreichen TV-Hit ›Mord im Mittsommer‹.

    Zum Inhalt:

    Im der Nähe des beliebten Skiort Åre wird eine entstellte Leiche gefunden. Das Opfer wurde schwer misshandelt. Das Team um Hanna Ahlander und Daniel Lindskog nimmt die Ermittlungen auf.


    Meine Meinung:

    Dieses Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Das Setting um den winterlichen Skiort Are ist gelungen und atmosphärisch eingefangen. Die Suche nach dem Mörder des allseits beliebten Ex-Skirennfahrers Johan Andersson gestaltet sich schwierig und bringt die Beteiligten an ihre Grenzen. Zu Beginn irritierten mich die eingeschobenen Kapitel um die junge Frau Rebecka, die in einer sektenähnlichen Glaubensgemeinschaft mit dem angehenden Pfarrer verheiratet ist. Später wird klar, dass auch Rebecka verschwunden ist. Die Figurenzeichnung ist für nordischen Kriminalromane fast schon typisch. Nahezu alle Beteiligten inklusive der Ermittler haben zum Teil massive Probleme der unterschiedlichsten Art. Bedrückend ist die Situation der Frauen in der Glaubensgemeinschaft mit ihren archaischen Strukturen, in der die Frauen dem Manne untertan sind. Es gibt viele Verdächtige und auch etliche Nebenhandlungen, ohne das darunter der Erzählfluss leidet. Die Kapitel sind kurz und die Geschichte wird aus vielen Perspektiven emotional erzählt. Die Spannung ist hoch und steigert sich noch einmal zum finalen Showdown. Auch die Figuren sind meist komplex mit Ecken und Kanten gezeichnet. Der Konflikt der Ermittler, ihr Privatleben mit den Anforderungen ihres Berufs zu koordinieren, wird ausgiebig und glaubhaft dargelegt. Auch wird deutlich, wie berufliche Erfahrungen die Entscheidungsfindung der Ermittler beeinflussen. Aber es gibt einen dicken Wermutstropfen in der Form sich wiederholender Erzählelemente, die mich zunehmend gestört haben. Dennoch habe ich mich meist sehr gut unterhalten gefühlt.


    Fazit:

    Dieses Buch hat nahezu alles, was einen sehr guten Krimi ausmacht. Spannung, komplexe Handlung, gelungene Figurenzeichnung mit einem sympathischen Ermittlerteam und Emotionalität zeichnen den Titel aus. Leider haben zunehmend Wiederholungen meinen Lesefluss gestört. Deshalb bewerte ich das Buch mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung für die Freunde nordischer Krimis aus.


    ASIN/ISBN: 3423283653

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln


  • "Tief im Schatten" von einer der bekanntesten schwedischen Kriminalschriftstellerinnen Viveca Sten, aus dem Schwedischen übersetzt von Dagmar Lendt, ist der 2. Fall für Hanna Ahlander und erschien (2023, HC geb., 498 Seiten) im dtv-Verlag, München.

    Es handelt sich um einen abgeschlossenen Kriminalroman und es ist nicht zwingend notwendig, den Vorgänger (Kalt und still) gelesen zu haben; ich empfehle es jedoch, da die Entwicklung der Ermittlerin und Hauptprotagonistin Hanna Ahlander noch besser nachzuvollziehen ist (es gibt jedoch auch einen Rückblick auf Hannas Leben vor Aufnahme ihrer polizeilichen Tätigkeit in Are und Östersund).


    Inhalt:


    Der letzte Fall ist noch keine 3 Monate her, als in einem Waldstück eine männliche Leiche gefunden wird, die übel zugerichtet wurde. Wie sich herausstellt, handelt es sich um Johan Andersson, einem in den Nullerjahren bekannten Skifahrer, der damals der Nationalmannschaft angehörte und seine Karriere aufgrund einer Verletzung aufgeben musste. Nach Aussagen von Freunden und Verwandten war er ein sehr netter, fröhlicher, lebensbejahender Mensch, der immer gute Laune - und keine Feinde hatte. Die beiden Ermittler Daniel Lindskog und Hanna (die bestens zusammenarbeiten und es genießen, nach jeder Befragung unterwegs ihre Analysen zu teilen) tappen also vollständig im Dunkeln: Wo könnte hier ein Motiv liegen?

    Gleichzeitig taucht man in das Leben einer jungen Frau ein, die 19jährig und in einer Glaubensgemeinschaft (fiktiv - und vielleicht doch nah an der Realität?), das "Licht des Lebens" mit deren Wertvorstellungen und Frömmigkeit aufwuchs. Ole, ein Hilfspfarrer, der sehr "nett nach außen" erscheint und in seinen Reden sehr überzeugend wirkt, hat ein Auge auf Rebekka geworfen und heiratet sie wenig später. Nach und nach erkennt die fügsame Rebekka, die kinderlos bleibt, das wahre Gesicht ihres Gatten, der sie völlig kontrolliert und über sie verfügt; gemäß der patriarchalischen Glaubensvorsätzen der Sekte.

    Eines Tages wird Rebekka, die (da ihr Mann seine Stelle verlor) im Kindergarten "Schneeglöckchen" arbeitet, vermisst, da sie nicht zum Dienst erschienen ist: Wo steckt die junge Frau - und wie sieht es um ihre Ehe mit Ole tatsächlich aus? Weiß die Kollegin vielleicht einige Details?


    Meine Meinung:


    Hat mir bereits der Vorgänger sehr gefallen, so hat mich auch dieser extrem spannende Krimi mit Thrillerelementen sehr gepackt und bestens unterhalten: Viveca Sten gelingt es durch ihren Schreibstil, die Spannung permanent hochzuhalten, so dass man nach jedem Kapitel mitfiebert und über mögliche Motive und Täter nachdenkt. Sie legt Fährten und beschreibt auch den Spagat von Polizisten mit jungen Familien, die in vielen Fällen wenig Freizeit haben und ihren Ansprüchen kaum gerecht werden können, einerseits gute Ermittler - und andererseits gute Familienväter zu sein, die sich auch um die Kinder kümmern. Die Befragungen aller Angehörigen und verdächtig erscheinenden Personen wird sehr spannend dargestellt, so dass man beim Lesen ins Grübeln kommt: Hat der trinksüchtige Partner von Johan ein Motiv, der kaum noch in der Lage ist, seine Aufgaben in der Firma bewältigen zu können?

    Es gibt so einige Hinweise, die jedoch nicht zum Ziel der Ermittlungen führen. Hanna als Frau, die sich bereits in Stockholm für schutzlose Frauen einsetzte und Daniel, der sich das Polizistenleben nach seiner Versetzung nach Are eigentlich ruhiger vorgestellt hatte, sind ein sehr gutes Team; die Kombinationsfähigkeiten und der Austausch sind sehr gut beschrieben und machen die beiden menschlich und sympathisch. Eine weitere Sympathieträgerin ist auch Lydia, die Schwester von Hanna, die sie (aus gutem Grund) niemals im Stich gelassen hat.

    Weniger sympathische Charaktere sind Ole und Pastor Jonsäter, deren Frauen (wie die aller anderen Angehörigen der Glaubensgemeinschaft) nichts zu melden, sondern sich dem Mann zu fügen haben. So manche "Eskapade" (Kontrollsucht, die als Fürsorglichkeit betrachtet wird) haben mich da an die Grenze meiner Belastbarkeit gebracht; andererseits aber offengelegt, mit welchen Strukturen Menschen zu kämpfen haben, die in solchen Glaubensgemeinschaften oder Sekten aufgewachsen sind, sich davon zu befreien. Diesen qualvollen Prozess konnte Viveca Sten sehr gut beschreiben; auch das Atmosphärische, Winterliche, die Landschaftsbeschreibungen gefielen mir sehr gut. Wie so oft in Kriminalromanen, steigert sich die Spannung im letzten Drittel dann noch: Der Showdown ereignet sich im nahen Norwegen und die Ermittler kommen keine Stunde zu spät.... Das Ende fand ich persönlich sehr menschlich und auch berührend.


    Fazit:


    Ein extrem spannender winterlicher Krimi mit Thrillerelementen, der vor Nordschwedens Skikulisse verortet ist: Daniel und Hanna agiert als toughes Ermittlerteam, auch Anton stellt sich als fähiger (und sympathischer) Kriminalpolizist dar. Gibt es Zusammenhänge zwischen einem Mordfall und dem Verschwinden einer jungen Frau, die in einer sektenähnlichen Glaubensgemeinschaft aufwuchs ?

    Ein Showdown, der es in sich hat. Atmosphärisch, winterlich, (Kälte)knisternd, realistisch und auch emanzipatorisch. Trotz aller Widrigkeiten löst das Ermittlerteam auch diesen Fall (bzw. Fälle). Klare Leseempfehlung von mir und 5* am Krimifirmament sowie 96° auf der Krimi-Couch!

    5***** + Krimitipp!