'Trophäe' - Seiten 113 - 200

  • Mir waren in diesem Abschnitt ein bisschen zu viel Delirium und Wahnvorstellungen. Hunter vertraut Dawid nicht mehr, was verständlich ist. Und die Jagd vorher von Karoha auf den Kudu zeigte eigentlich schon, dass Hunter mit den Afrikanern beim Jagen ohne technische Unterstützung überhaupt nicht mithalten kann. Warum er sich dann trotzdem auf die Jagd nach !Nqates begibt, ist mir etwas unbegreiflich. Bei einem fairen Kampf ist er heillos unterlegen. Ich hatte die ganze Zeit gehofft, dass er die - aus mehrfacher Perspektive - Sinnlosigkeit irgendwann einsieht. Hunter konnte eigentlich nur auf !Nqates schießen, weil sich dieser kampflos ergibt.

  • Ging mir ähnlich mit dem Abschnitt. Das einzige, was ich daraus mitgenommen habe, ist, dass Hunter White (irgendwie wollen meine Finger immer Walter White schreiben, aber das ist ja ein ganz anderer, wenn auch genauso unsympathischer Charakter) eigentlich keine Chance hat.

  • Ich finde, dass Hunter auch durch die Umstände etwas zu dieser Jagd gedrängt wurde. Die Absprachen von van Heeren mit den Stammesoberen, die Tänze und Rituale und dann die Verkündung des Prozederes. Hunter konnte aus dieser Sache gar nicht mehr raus.


    Und das er dann mitmacht, ist auch etwas Selbstüberschätzung. Sonst ging er ja immer nur in Begleitung eines großen Tross auf die Jagd. Warum lässt er sich nun auf einen Kampf Mann gegen Mann ein?

  • Ja, ein gewisser Druck ist sicher dabei, aber ich denke schon, dass er noch hätte aussteigen können. Es geht hier um das bewusste Töten eines Menschen, das ist keine Kleinigkeit, die man mal macht, weil die Alternative zu schwierig wäre. Außerdem hatte er vorher die Gelegenheit klarzustellen, dass er bei so etwas nicht dabei ist.


    Und Selbstüberschätzung passt ja sehr gut zu dem Bild, was die Autorin bisher von Hunter gezeichnet hat, oder?

  • Ich nehme die Tötung eines Menschen eher als Symbolik bzw. als extreme Fortführung der Tiertötung. Was wäre, wenn wir unser Verhalten gegenüber Tieren auch auf Menschen ausweiten würden?


    Einen Rückzieher konnten hier weder die Autorin noch Hunter machen, dann würde dem Buch die letzte Konsequenz fehlen. Ich las da also weniger die geschilderten Ereignisse, sondern mehr den Subtext und die Bedeutung.

  • Ich finde es gut, dass Hunter bei dieser Jagd ganz anders vorgehen muss, dass die Jagd auf einen Menschen deutlich von der Jagd auf ein Tier unterscheidet. Das soll vermutlich den "Respekt" darstellen, den der Clan verlangt für das Opfer. Für mich nicht nachvollziehbar, aber so passt es für mich ins Bild.


    Das Delirium, die Hilflosigkeit von Hunter soll vermutlich zeigen, dass Hunter sich vollständig selbst überschätzt, wie du schon schriebst xexos . Aber für mich ist es auch ein Bild für die Ungeheuerlichkeit der Tat und Idee.

  • Ich nehme die Tötung eines Menschen eher als Symbolik bzw. als extreme Fortführung der Tiertötung. Was wäre, wenn wir unser Verhalten gegenüber Tieren auch auf Menschen ausweiten würden?


    Einen Rückzieher konnten hier weder die Autorin noch Hunter machen, dann würde dem Buch die letzte Konsequenz fehlen. Ich las da also weniger die geschilderten Ereignisse, sondern mehr den Subtext und die Bedeutung.

    Ok, auf der Ebene gebe ich dir recht. Die Autorin kann keinen Rückzieher machen, das würde das Buch abwerten. Ich weite es allerdings nicht auf die Figur Hunter White aus, er hat seine Entscheidung getroffen.

  • Für mich wurde Hunter schon etwas überrumpelt. Ich hatte erwartet, dass er nochmal eine Nacht in der Lodge verbringt, ausschläft und sich vorbereitet.Und auch !Nqate gegenüber finde ich das nicht in Ordnung. Er hat ja gar keine Chance, sich zu verabschieden und vorzubereiten. Zumal ich mich frage, wer die Auswahl trifft. Ganz so gleichberechtigt scheinen die Stammesmitglieder dann doch nicht zu sein. Ob es eine göttliche Eingebung der Schamanen ist?


    Hunter ist jedenfalls dehydriert, erschöpft, hat wenig geschlafen und gegessen und sich dann auch noch an "Brennesseln" vergiftet. Nicht die besten Vorraussetzungen für die Jagd. Ich hatte gehofft, dass er beim Blick in die Augen des Jungen einen Rückzieher macht. Aber wenn er die Schulter getroffen hat, hat vielleicht sein Unterbewusstsein dazwischen gefunkt. Oder er hat aufs Herz gezielt, um die Trophäe nicht zu beschädigen ...

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Es gibt Raum dafür in den Versuch zu erklären, warum die Buschmänner bei diesem Deal mitnehmen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie es denn in der Realität aussieht. Man merkt, dass die anders denken als wir. Es fällt mir schwer, sie an westlichen Maßstäben und Wertevorstellungen zu messen. Aber dass sie einen aus ihrer Mitte opfern - auch noch einen sehr jungen Mann - finde ich auch schwierig. Aus was für Gründen auch immer.


    Wie die Buschmänner Spuren lesen, war faszinierend. Aber ob sie wirklich an einer Mücke riechen, wo sie vorher war. 8| Dass sie für die Wildhüter Tracking machen, denke ich, entspricht der Realität. Hochinteressant.


    Immer mehr gelange ich zu der Erkenntnis, dass sein Großvater ihn maßgeblich geprägt um nicht zu sagen für die Jagd und das Töten sozialisiert hat. Und keine starke Mutter, die dem etwas entgegen setzten kann. Ob der Vater wirklich bei einem Unfall gestorben ist? Könnte sein Großvater ihn erschossen haben.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Hexenholzkrone 2 - Tad Williams

    Schau der Welt direkt in die Augen - Eva Grübl



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Das war doch das Nashorn, welches den Menschen an der Mücke riecht, oder?

    äh ja, stimmt, aber auch so rum kaum vorstellbar für mich

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Hexenholzkrone 2 - Tad Williams

    Schau der Welt direkt in die Augen - Eva Grübl



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Puh, diesen Abschnitt fand ich heftig (und konnte ihn auch nur stückchenweise lesen) und die Unterbrechung an dieser Stelle viel mir schwer.


    Das Kapitel "Die Jagd" fand ich noch erträglich, auch wenn schon klargemacht wird, dass Hunter diesen Büffel nur jagt, um zu seinem brutalen Ziel zu kommen. Sehr interessant vor allem das Leben des indigenen Volkes und ihre Fähigkeiten bei der Jagd. :thumbup:

    Warum lässt er sich nun auf einen Kampf Mann gegen Mann ein?

    Ich sehe hier keinen Kampf Mann gegen Mann. Den hätte Hunter sehr wahrscheinlich verloren, da er sich im Busch überhaupt nicht auskennt, er wäre ja geradewegs in die (nicht tödliche) Falle getappt. Und auch so: er hätte doch selbst mit Dawids Hilfe keine Chance, !Nqate überhaupt zu Gesicht zu bekommen, wenn dieser - aus welchen Gründen auch immer - sich nicht in seiner Nähe herumgetrieben hätte. So ist es doch eine Pseudo-Jagd mit Abschlachten des Opfers, das sich freiwillig stellt.

    Ja, ein gewisser Druck ist sicher dabei, aber ich denke schon, dass er noch hätte aussteigen können. Es geht hier um das bewusste Töten eines Menschen, das ist keine Kleinigkeit, die man mal macht, weil die Alternative zu schwierig wäre.

    :write Hunter hätte jederzeit aussteigen können und sagen, er macht hier nicht mehr mit. Klar ist er in einer Ausnahmesituation, aber wie Ellemir schreibt: es geht um das bewusste Töten eines Menschen! Und das nicht im Affekt, sondern geplant. Da sollten eigentlich sämtliche Alarmglocken angehen!!! Für mich gibts für ihn keine Entschuldigung.


    Auf S. 156 unterhält er sich mit van Heeren darüber, dass Babys, die in Dürreperioden geboren werden, getötet werden, da sie keine Überlebenschance haben. Hunter dazu: "Das ist Mord". Wie bezeichnet er dann sein Tun???


    Übrigens: würdet ihr das Buch als "Krimi" verstehen? Schließlich wird hier ein Mord geplant und zumindest versucht.


    Ob der Vater wirklich bei einem Unfall gestorben ist? Könnte sein Großvater ihn erschossen haben.

    Ein Unfall wars bestimmt, aber irgendwer muss ihn ja erschossen haben. Kann durchaus sein, dass tragischerweise der Großvater den eigenen Sohn (unabsichtlich) erschossen hat.

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • Als Krimi würde ich das nicht einstufen. In Krimis lassen sich die Opfer normalerweise nicht freiwillig ermorden. Er muss den Mord ja auch nicht planen, er wird quasi an die Hand genommen.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Übrigens: würdet ihr das Buch als "Krimi" verstehen? Schließlich wird hier ein Mord geplant und zumindest versucht.

    Für mich passt der altmodische Begriff Spannungsroman.


    Denn spannend ist das, was sich da abspielt.

    Ich weiß gar nicht, ob das mit unseren vertrauten Maßstäben überhaupt zu fassen ist.

    Ist das überhaupt eine Jagd? Eher ein Zweikampf, ein Duell mit höchst ungleichen Voraussetzungen und

    einem "privilegierten" Kontrahenten.

    Denn ohne Unterstützung hätte Hunter tatsächlich keine Chance.


    Ich muss immer wieder an vergangene Zeiten und Duelle, die bis zum Tod eines Beteiligten ausgefochten wurden, denken.

    Mit anderen Regeln, klar. Aber letztlich ist der Unterschied nicht so groß. Was meint ihr?

  • „Spannungsroman“ passt ganz gut finde ich. :thumbup:Ohne es jetzt zwingend „labeln“zu wollen.

    Ich muss immer wieder an vergangene Zeiten und Duelle, die bis zum Tod eines Beteiligten ausgefochten wurden, denken.

    An Duelle habe ich auch mal kurz gedacht. Allerdings fehlt mir für den Vergleich eine zumindest annähernde Ebenbürtigkeit der Beteiligten. Hier ist klar definiert, wer die Beute und wer der Jäger zu sein hat und wer somit der Überlebende sein wird. Da passt der Jagdvergleich für mich viel besser. Ein Entkommen von !Nqate wird von vornherein nicht einkalkuliert und ist auch nicht gewünscht, noch weniger ein Gegenangriff. Die Rollen sind hier klar verteilt.

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • Ich sehe hier keinen Kampf Mann gegen Mann. Den hätte Hunter sehr wahrscheinlich verloren, da er sich im Busch überhaupt nicht auskennt, er wäre ja geradewegs in die (nicht tödliche) Falle getappt. Und auch so: er hätte doch selbst mit Dawids Hilfe keine Chance, !Nqate überhaupt zu Gesicht zu bekommen, wenn dieser - aus welchen Gründen auch immer - sich nicht in seiner Nähe herumgetrieben hätte. So ist es doch eine Pseudo-Jagd ..

    Naja, Du beschreibst das Ende und ich den Anfang. ;) Ich schrieb "darauf einlassen", da war der weitere Verlauf noch unbekannt.

  • Naja, Du beschreibst das Ende und ich den Anfang. ;) Ich schrieb "darauf einlassen", da war der weitere Verlauf noch unbekannt.

    Da hast du zwar recht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann mit Hunters Ego anfangs auch nur annähernd daran gedacht hat, dass es für ihn gefährlich werden könnte. Er, die Krone der Schöpfung, ist doch unbesiegbar. :rolleyes: Von daher habe ich es für mich so gelesen, dass er !Nqate nur als (deutlich unterlegene) Beute, nicht als (gleichwertigen) Gegner sieht. Der Gedanke, dass !Nqate ihm durchaus ernsthaft schaden könnte, kommt ihm doch erst, als sie unterwegs sind und er fast in die Falle latscht.

    Das war auch ein trauriges Kapitel und die damit verbundenen sehr seltsamen Ehrbegriffe schon grausig.

    :write Das habe ich auch nie verstanden. Um Vorurteile zu pflegen ;): das ist ja auch so ein "Männerdings". Ich weiß auch viel zu wenig über Duelle und wie ausgewogen sie waren, meine Kenntnisse darüber sind dann doch sehr romantisiert und von irgendwelchen unkorrekten Historienfilmen beeinflusst. :grin

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025