Am Ende war die Tat - Elizabeth George

  • 671 Seiten
    Originaltitel: What came before he shot her


    Kurzbeschreibung
    Die Innenansicht eines Mordes


    Inspector Lynleys Frau und sein ungeborenes Kind fielen einem willkürlichen Akt sinnloser Gewalt zum Opfer. Doch was hat einen gerade erst 12-Jährigen zu dieser schrecklichen Tat getrieben? Elizabeth George nimmt den Leser mit auf eine brisante Spurensuche, die noch lange nachwirkt.


    Nur wenige Straßen trennen das noble Kensington, wo Chief Inspector Lynley und seine Frau Helen wohnen, von North Kensington. Dort sind der kleine Joel und seine Geschwister bei ihrer Tante Kendra untergeschlüpft. Kendra tut für die elternlosen Kinder, was sie kann, ist aber überfordert mit Ness, die die Schule schwänzt, Drogen nimmt und sich auf eine Affäre mit dem Drogendealer Blade einlässt. Als Ness merkt, dass Blade sie betrügt, macht sie ihm auf offener Straße eine Szene - eine Schmach, die Blade nicht auf sich sitzen lässt. Joel bemüht sich nach Kräften, die häusliche Situation unter Kontrolle zu halten und seinen kleinen Bruder Toby vor den Übergriffen grausamer Jugendlicher zu behüten. Als Joel erkennt, dass nur Blade die Macht hat, Toby zu schützen, schließt er einen Pakt mit dem Teufel - und sowohl Joel selbst als auch Lady Helen werden dessen Opfer sein ... Elizabeth George erzählt die Geschichte des 12-jährigen Joel, der unausweichlich an der Gewalttätigkeit seines Umfelds scheitert.


    Über die Autorin
    Akribische Recherche, präziser Spannungsaufbau und höchste psychologische Raffinesse zeichnen die Bücher der Amerikanerin Elizabeth George aus. Ihre Fälle sind stets detailgenaue Porträts unserer Zeit und ihrer Gesellschaft. Elizabeth George, die lange an der Universität "Creative Writing" lehrte, lebt heute in Seattle, USA. Alle ihre Lynley-Havers-Bestseller wurden von der BBC verfilmt und auch im deutschen Fernsehen mit größtem Erfolg ausgestrahlt.


    Meine Meinung
    Wow - was für ein Buch! Elizabeth George nimmt den Leser mit in den Londoner Stadtteil North Kensington, wo Straßengangs mehr Macht haben als die Polizei, wo an jeder Ecke mit Drogen gehandelt wird und Gewalt an der Tagesordnung ist. Hier landen die drei Geschwister Nessa, Joel und Toby bei ihrer kinderlosen Tante, die versucht ihnen eine gute Ersatzmutter zu sein.
    Das Buch beschreibt einige Monate im Leben der Familie, den Kampf mit dem Alltag, den Kampf gegen die Sucht und gegen Gewalt, den Kampf für ein halbwegs intaktes Familienleben. Doch trotz aller Bemühungen reißt Strudel der Gewalt die Kinder immer mehr an sich - und das Ende ist bekannt.
    Mich hat das Buch völlig gefesselt - alle Personen sind wunderbar beschrieben, ich konnte ihr Verhalten größtenteils verstehen und ihr Handeln nachvollziehen. Und genau das macht das Buch so erschreckend. Es ist eine traurige Geschichte, doch immer wieder gibt es Lichtblicke und zwischendurch gab es auch immer Anlass zur Hoffnung, dass doch noch alles gut wird.
    Alles in allem ein erschütterndes Buch mit Sogwirkung. Dafür gibt es von mir 10 Punkte!


    Auch wenn Inspector Lynley auf dem Klappentext erwähnt wird: er und Barbara Havers tauschen erst auf den letzten paar Seiten auf und selbst da nur ganz am Rande.


  • Die 10 Punkte sind von Dir, oder?


    Ich weiss ja noch nicht, wie ich es finden werde,
    ich bin in meiner Erwartung sehr zwiegepalten.
    Mir ist klar, dass es nicht wirklich in die Reihe passt,
    aber es klingt sehr interessant.


    Rundet es die Geschichte denn noch etwas ab?
    Wird nochmal auf Linley und Havers eingegangen?
    Gibt es da einen Schlußpunkt oder eine Weiterentwicklung diesbezüglich?

  • Danke für die Rezi chiclana, als eingefleischter Elizabeth George-Fan ist das neue hier von ihr natürlich ein Muss für mich, und natürlich finde ich es schade, dass Lynley & Havers nur einen Mini-Auftritt haben, aber wenn man das vorher weiß, spart man sich die Enttäuschung und wie ich bei dir lese, kann man es trotzdem verschlingen - super, ich freue mich jetzt noch mehr auf das Buch! :-]

  • Ja, die 10 Punkte sind von mir. :grin


    Ich versuche mal, Eure Fragen zu beantworten:


    Inspektor Lynley wird im Klappentext eigentlich nur zu Werbezwecken erwähnt. Im Buch selbst spielt er überhaupt keine Rolle, taucht nur einmal als Gestalt in den Fernseh-Nachrichten auf.


    Am Ende war die Tat hat überhaupt garnichts mit den Lynley/Havers-Krimis zu tun. Es ist die Geschichte von Joel und seinen Geschwistern, die versuchen der Spirale der Gewalt zu entkommen. Das ganze endet mit einem Mord - und Mordopfer könnte auch irgendeine bisher völlig unbekannte reiche, weiße Frau sein.


    Das Buch lohnt sich auf jeden Fall, ich habe es verschlungen.
    Und trotz aller Andeutungen und Vorahnungen und dem eigentlich bekannten Schluss, war es doch spannend und überraschend, wie dann alles zusammenhängt.

  • Hey, danke das du näher auf das Buch eingehst. Ich habe schon eingigs von dem Buch gehört und nicht nur gute Meinungen.
    Aber auch bin ein Lynley/Havers-Fan und das letzte Buch hatte mir gut gefallen, deswegen denke ich, dass ich die Hintergrundstory dazu auch noch lesen werde.
    Mal sehen, ob ich mir das Buch kaufen werde oder es mir nur ausleihe...

  • Ich habe einige Bücher von Elizabeth George gelesen. Allerdings seit einigen Jahren keins mehr.


    Wenn Helen in diesem Roman einem Mörder zum Opfer fällt, dann heißt das ja wohl für mögliche Folgebände, dass es einen traurigen Einfluss auf die persönliche Entwicklung von Lynley und die Nebenhandlungen haben wird. Ich werde mal schauen, ob ich es ausleihen kann.

  • Meinen Kommentar oben hatte ich gar nicht mehr im Kopf, als mir am Flughafen das Original: What came before he shot her in die Hände fiel. In diesem Roman verwendet Elisabeth George sehr viel Slangsprache, an die man sich beim Lesen erst gewöhnen muss, aber schon auf den ersten 100 Seiten wird man gepackt. Ich bin sicher, dass mir das Buch, dass so gar nicht lynleytypisch ist, gefallen wird. :-)


    edit: ISBN funzt nicht

    Lieben Gruß Idgie



    Erst wenn man viel gelesen hat, lernt man wenig Bücher schätzen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Idgie ()


  • Ich bin jetzt zu 2/3 durch.
    Anfangs war ich noch was enttäuscht, weil es kein Linley-Roman ist.
    Aber, das wusste ich ja eigentlich vorher schon...
    Nachdem ich mich damit nun endgültig arrangiert habe :grin,
    finde ich es doch ziemlich gut.
    Eigentlich sieht es grad so aus, als bekämen sie die Kurve.
    Was ich ihnen auch wünschen würde,...



  • SO, ich bin jetzt damit fertig.
    Insgesamt ein gutes Buch, stellenweise etwas
    frustrierend für mich, da ich so sehr mit und um
    Joel gebangt habe.
    Und irgendwie kam mir das Ende dann doch zu kurz.
    Ich hätte gerne noch eine Art 'Blick in die Zukunft' gehabt.
    Einfach im Verhör aufhören finde ich unbefriedigend.


    Tolle Story, spannend zu lesen, unbefriedigendes Ende,
    7 von 10 Punkten von mir.

  • Ich bin mitten dabei und es fesselt mich sehr! Anfangs war ich doch enttäuscht, weder von Linley noch von Havers lesen zu können - aber endlich kann E.G. mal ihr Potenzial ausspielen - welches immer unterschwellig zu spüren war, aber nicht zum Tragen kam. Sensationell, wie sie die "Underclass" Londons beschreibt - die Frustation, die Ausweglosigkeit, die Versuche all dem zu entkommen und mit welchen Mitteln dies geschieht - all das ist, für mich als "Normalbürger" - immer schwer zu verstehen gewesen und E. G. Buch bringt mich dem ein Stückchen näher.


    Joel hat bisher meine grösste Sympathie und auch Dix - aber das ändert sich evtl. noch - schaun mer mal...


    Insgesamt - nach der Hälfte (ca.) - bin ich völlig weg!

  • Ich habe das Buch nun auch gelesen und bin ein bisschen zwiegespalten...
    Auf jeden Fall darf man dieses Buch nicht anfangen und annehmen hier einen normalen Krimi zu lesen, dieses geht nämlich aus dem Klappentext hervor.
    Hier handelt es sich nämlich um ein sozialkritisches Familiendrama. Trotz meiner falschen Erwartungen muss ich trotzdem sagen, dass dies ein gutes und fesselndes Buch war. Es ist traurig, wenn man bedenkt, dass genau solche Geschichten täglich tatsächlich passieren.
    Was ich auch noch sehr schade fand war, dass auf dem Klappentext schon das Ende verraten wurde. Das hätte wirklich nicht sein müssen.


    Fazit: Lesenswert, von mir gibt es 8 Punkte.

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Meine Rezension:


    Es war schon ziemlich mutig von Elizabeth George, in ihrem vorherigen Roman "Wo kein Zeuge ist", eine der Hauptfiguren sterben zu lassen und das auch noch auf ziemlich tragische Weise. Noch mutiger ist es, aus der Lynley&Havers-Reihe auszuscheren und diesem grausamen Verbrechen einen eigenen Roman zu widmen, in dem die Chronologie der Tat aus einem völlig neuen Blinkeinkel erzählt wird.


    Das Ergebnis ist eine ausgezeichnete Milieustudie über North Kensington, den Stadtteil Londons, in dem Waffen, Drogen, Gewalt und die Macht des Stärkeren herrschen. Elizabeth George nimmt ihre Leser mit auf eine Reise in ein Gebiet, in dem es so scheint, als würde alleine die Herkunft über das weitere Schicksal seiner Bewohner entscheiden und als würde eine höhere Macht alles dafür tun, jedes Ausbrechen, jede Veränderung zum Guten hin mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Hier ist jeder sich selbst der Nächste, selbst wenn dies auf dem Rücken der unschuldigen und hilflosen, der Kinder ausgetragen wird. Sie werden in eine Welt geboren, in der sie schnell lernen müssen, dass nichts von Dauer ist und verlassen zu werden zu einem festen Bestandteil ihres Lebens wird. Natürlich gibt es auch hier Lichtblicke, Hoffnungsschimmer in Form kluger und einfühlsamer Menschen, die darum kämpfen, jene, die vom Schicksal gebeutelt wurden, wieder zurück auf den richtigen Weg zu bringen um ihr Leben in andere, positive Bahnen zu lenken. Doch an einem Ort wie North Kensington ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein, der in der Hitze der Gewalt im Nu verdampft. Was bleibt ist ein unaussprechliches Gefühl des Mitgefühls bis zum Verständnis, der Hilflosigkeit, der Ungerechtigkeit und vor allem der Wut. Einer grenzenlosen Wut auf die Menschen und die Gesellschaft, in der solche Schicksale Alltag sind, solche Tragödien überhaupt erst geschehen können und sich Menschen wider besseren Wissens auf- und sich in ihr Schicksal ergeben, das sie unweigerlich ins Verderben führt.


    Und so tragisch das Verbrechen, der Tod Lady Helens auch ist, mindestens ebenso tragisch ist das Schicksal des Jungen, der sich für dieses Verbrechen verantworten muss. Ein sehr eindringliches, zutiefst menschliches und nachdenkliches Buch, das ich nicht nur Fans der Krimireihe empfehlen möchte!


    Satte 9 Punkte von mir!

  • Zitat

    Original von Iszlá
    Da ich gerade durch Zufall auf den Titel gestoßen bin, habe ich mal eine Frage ... Ist es nötig, die anderen Bücher über Inspector Lynley gelesen zu haben, um "Am Ende war die Tat" nachvollziehen zu können? Er selbst wird ja offensichtlich nur kurz erwähnt.


    Nein das Buch hat mit den Lynley-Krimis nichts zu tun - außer dass man das Mordopfer eben daraus kennt. Du kannst das Buch problemlos lesen, ohne die anderen zu kennen. :wave