'Anna Karenina' - Teil 7, Kap. 17 - 31

  • Also Irrsinn hin psychische Störung her, langsam wirds Zeit, dass die Olle zum Bahnhof geht- also wenn ich Wronski wäre- die gute Anna hätte längst ein Freiflugticket Salon- Haustüre and never come back bekommen. Die Alte nervt doch nur noch. (Ende Kapitel 25)

  • Egal wie sich Anna verhält, Seriosha tut mir leid :-( Er vermisst seine Mutter und hat keine Möglichkeit, ihr nahe zu sein, aber seine Reaktion auf Stiwas Frage nach ihr zeigt, wie sehr er leidet.


    Währenddessen spitzt sich die Situation zwischen Anna und Wronskij immer mehr zu - es ist ja überhaupt kein normales Gespräch mehr zwischen ihnen möglich, sofort kommt es zum Streit.


    Also die Episode mit diesem Landau finde ich ziemlich befremdlich. So als würde sie gar nicht zum Buch gehören. Was macht er überhaupt in der Geschichte? :help



    Und dann das Ende dieses Abschnitts. :wow Ich mochte Anna auch immer weniger, aber was für ein Horror, in dem Moment den Fehler zu erkennen, in dem er nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Meine Güte, was für eine Tragik! :cry

  • Zitat

    Original von milla
    Also die Episode mit diesem Landau finde ich ziemlich befremdlich. So als würde sie gar nicht zum Buch gehören. Was macht er überhaupt in der Geschichte? :help


    Ich denke, das war eine ganz typische Szene für eine Zeit, in der sich immer mehr (auch scheinbar rationale) Menschen von spiritistischen bzw. religiösen Ratgebern beeinflussen ließen. Man denke als Extremfall nur an Zar Nikolai und Rasputin.


    @beo
    :write Die letzten paar Kapitel hab ich mir auch nur noch gedacht: Mei, bitte spring endlich vor den Zug Frau. Wie die in Selbstmitleid versinkt das ist ja nicht mehr zu ertragen. Und dann dieser aufwallende Verfolgungswahn (ob der etwas mit dem steigenden Morphium- und Opium-Gebrauch zu tun hatte?). Jeder hasst sie, jeder verachtet sie. Dann hasst sie wiederum Alexej für Dinge die er einmal sagen könnte. :pille Die Frau hätte wirklich professionelle Hilfe gebraucht. Aber mein Kompliment an Tolstoi, der ihre geistige Verfassung so eindringlich geschildert hat und der den Kreis von der ersten Begegnung am Bahnhof (mit dem Unfall) bis zu ihrem Selbstmord auf dem Bahnhof nun geschlossen hat.


    Serioscha tut mir auch sehr leid. Er versucht die Mutter zu verdrängen, weil er es für weibisch hält, sich an solche Erinnerungen zu klammern. Vielleicht tut ihm der Besuch der Schule wirklich gut, der Kontakt mit Freunden. Denn sein Vater versteht ihn ja auch nicht richtig. Ob Serioscha es nun glaubt wenn man ihm sagt, seine Mutter sei tot (nachdem das ja schon einmal versucht wurde)?


    Kitty war offenbar nach der Geburt krank. :wow Das wurde gar nicht erwähnt, mal sehen ob da noch was kommt. Ist natürlich auch verständlich. Erst dauert die Schwangerschaft so lange, dann liegt sie 22 Stunden in den Wehen, das war vermutlich sehr anstrengend.


    Ein Abschnitt liegt nun noch vor mir. Vermutlich geht es um die Reaktionen auf Annas Freitod und wie es mit den Lewins und Oblonskijs weitergeht. Da werde ich mich dann morgen drauf stürzen und dieses Buch abschliessen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Hab diesen Teil nun auch abgeschlossen und werd wohl morgen, spätestens übermorgen mit dem Buch fertig sein. Anna's Persönlichkeit ist schon eine sehr dramatische und vor allem nicht in sich gefestigte. Schade das ihr niemand helfen konnte aber vermutlich kam auch niemand auf die Idee damals das ein Gang zur Therapie hierbei helfen könnte. So war der Freitod eine logische Schlussfolgerung wenn man die ganzen Gedankenstränge mitverfolgt. Statt rational zu denken hat hier die emotionale Ebene tausendfach zugeschlagen sodass rationales denken nicht mehr möglich war und auch kein Mensch außerhalb, selbst die die ihr nahe standen, noch helfen bzw. es sehen konnten. Ich frage mich, ob Serjosha eine Umwandlung all der Dinge bewirken hätte können, wenn sie ihn gesehen hätte.


    Schön von Tolstoi ist es, das er wichtige Szenen wirklich sekündlich festhält und ausschmückt. Egal bei was es sich dabei gehandelt hat. Die Geburt war schon so, der Tod und jetzt auch Anna's Selbstmord.

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur! :-]


    :lesend Sophie Kinsella - Kein Kuss unter dieser Nummer

  • Im siebten Teil werden die – aus Sicht des Vaters dramatische - Geburt von Lewins Sohn Dimitrij und Annas furchtbares Ende wie zwei Seiten eines aufgeklappten Buches gegenübergestellt – der eine geht (ohne sein Zutun) einer vermutlich glücklichen und hellen Welt entgegen, die andere stößt sich aus eigenem Entschluss in eine alptraumhafte Finsternis hinein.


    Die Schilderung der letzten Tage der Anna Karenina kann man jedenfalls nur wie eine traurige Anleitung zum Unglücklichsein lesen. Tolstoj greift ohne Rücksicht auf Verluste ein Thema auf, um das auch heute noch ein großer Bogen gemacht wird: Was treibt einen Menschen dazu, sich am helllichten Tag und vor den Augen der ganzen Welt in einen derart finsteren Abgrund zu stürzen? Wie kommt es, dass jemand die Schmerzen, die Kälte, den Schmutz und die Angst auf sich nimmt, die ein langsam herein rollender Güterzug verursachen muss? Noch dazu eine Frau, die man eben noch „in anmutiger Haltung“ zu Pferde, als geheimnisvolle Schönheit oder elegante und kluge Gastgeberin erlebt hat? Die von den anderen beneidet und wegen ihrer außergewöhnlichen Willenskraft fast ein wenig gefürchtet wird? Die äußeren Ereignisse, das mit der Trennung von Alexej und Serjoscha verbundene objektive Geschehen können diesen Schritt nicht erklären. Niemand hat für Anna die Diagnose einer todbringenden Krankheit erstellt und keine noch so feindselige Gesellschaft hätte ein solches Opfer von ihr verlangt. Stattdessen spielt sich das eigentliche Drama, das Annas ausweglose Lage dann doch so nachvollziehbar macht, einzig in ihrer eigenen Vorstellungswelt ab. Annas Verzweiflung, ihre Einsamkeit, die Zwänge, denen sie sich ausgesetzt sieht, sie wurzeln allesamt in ihrem Kopf und sind zugleich so mächtig, dass Anna hier schließlich keinen Widerstand mehr leistet. Neben den verstörenden Details ist es wahrscheinlich die Zwangsläufigkeit der Ereignisse, die – mich jedenfalls – sehr beunruhigt hat.

  • Wiederaufnahme der LR ab 5.12.2011


    In diesem Abschnitt hatte ich das Gefühl, dass mir keine Zeile entgehen dürfte. Es gab ja bisher ab und an mal Passagen, in denen die Aufmerksamkeit etwas nachließ (Ich sage nur Jagdszene...). Der Roman bewegt sich seinem tragischen Höhepunkt zu. Ich finde, gerade der 7.Teil ist sehr dicht geschrieben, sehr detailliert.


    Annas Gefühlswelt ist so durcheinander geraten, dass sie oft gar nicht mehr rational denken kann, nicht mal im Ansatz. Sicher, dass passiert Jedem mal, wenn es um Gefühle geht, um Verletzungen, aber trotzdem kommt der Punkt, an den man reflektiert und sich fragt: Was mache ich hier eigentlich?
    Anna kann das nicht mehr. Sie schwankt zwischen Verliebtheit und der Unfähigkeit, diese Liebe auszuhalten, zwischen Hass und Hilflosigkeit, zwischen überschwänglicher Lebhaftigkeit und dem Wunsch zu sterben, um Wronskij zu strafen und ihre Sorgen los zu sein. Ihr ist mittlerweile sogar die Scheidung egal, auch ob sie ihren Sohn bekommt (wobei das auch nur Maske sein könnte).


    Unfähig zu leben, weiter zu leiden, weiter isoliert zu sein, weiter gemieden und geschnitten zu sein, stürzt sie sich schließlich zwischen die Wagen eines fahrenden Zuges. Arme Anna! Sie hat sich entschieden, nicht zu lügen und zu ihrer Liebe, ihrer außerehelichen Beziehung, zu stehen und ist daran gescheitert. War sie nicht stark genug? Ein Urteil kann ich dazu nicht abgeben. Es bleibt die Art, wie sie ihrem Leben ein Ende gesetzt hat, mit schuldzuweisenden Gedanken an Wronskij im Kopf und ohne einen Gedanken an ihre kleine Tochter, die sie gebraucht hätte.


    Ich lese jetzt weiter!

  • Zitat

    Original von beowulf
    Also Irrsinn hin psychische Störung her, langsam wirds Zeit, dass die Olle zum Bahnhof geht- also wenn ich Wronski wäre- die gute Anna hätte längst ein Freiflugticket Salon- Haustüre and never come back bekommen. Die Alte nervt doch nur noch. (Ende Kapitel 25)


    Das habe ich die meiste Zeit in diesem Abschnitt auch gedacht und obwohl Anna mich so genervt hat, hat mich ihr Schicksal zum Schluss doch sehr bewegt.

  • Zitat

    Original von John Dowland
    ...
    Die Schilderung der letzten Tage der Anna Karenina kann man jedenfalls nur wie eine traurige Anleitung zum Unglücklichsein lesen. Tolstoj greift ohne Rücksicht auf Verluste ein Thema auf, um das auch heute noch ein großer Bogen gemacht wird: Was treibt einen Menschen dazu, sich am helllichten Tag und vor den Augen der ganzen Welt in einen derart finsteren Abgrund zu stürzen? Wie kommt es, dass jemand die Schmerzen, die Kälte, den Schmutz und die Angst auf sich nimmt, die ein langsam herein rollender Güterzug verursachen muss? Noch dazu eine Frau, die man eben noch „in anmutiger Haltung“ zu Pferde, als geheimnisvolle Schönheit oder elegante und kluge Gastgeberin erlebt hat? Die von den anderen beneidet und wegen ihrer außergewöhnlichen Willenskraft fast ein wenig gefürchtet wird? Die äußeren Ereignisse, das mit der Trennung von Alexej und Serjoscha verbundene objektive Geschehen können diesen Schritt nicht erklären. Niemand hat für Anna die Diagnose einer todbringenden Krankheit erstellt und keine noch so feindselige Gesellschaft hätte ein solches Opfer von ihr verlangt. Stattdessen spielt sich das eigentliche Drama, das Annas ausweglose Lage dann doch so nachvollziehbar macht, einzig in ihrer eigenen Vorstellungswelt ab. Annas Verzweiflung, ihre Einsamkeit, die Zwänge, denen sie sich ausgesetzt sieht, sie wurzeln allesamt in ihrem Kopf und sind zugleich so mächtig, dass Anna hier schließlich keinen Widerstand mehr leistet. Neben den verstörenden Details ist es wahrscheinlich die Zwangsläufigkeit der Ereignisse, die – mich jedenfalls – sehr beunruhigt hat.


    Genauso habe ich diesen Abschnitt empfunden. Ich fand ihn sehr bedrückend zu lesen, wollte aber dennoch kein Wort verpassen. Ich finde es erstaunlich, wie sehr Tolstoi sich in die Gedankenwelt dieser von Depressionen geplagten und opiumsüchtigen Frau hineinversetzen kann.


    Ich habe dies alles auch nicht als nervig empfunden, im Gegenteil mich hat die Beschreibung von Annas letztem Tag berührt. Wie sehr sie selbst doch in sich gefangen ist, wie egoistisch sie denkt, was sicher auch der Krankheit geschuldet ist.


    Am Ende gilt mein Mitleid aber ihren beiden Kindern und Wronskij. So wie ich ihn einschätze, erreicht Anna genau das, was sie sich in ihrem Wahn für ihn vorgestellt hat. Und ich denke, daß er das nicht verdient hat. Niemand, der auf solche Weise einen Menschen verliert, hat es verdient damit leben zu müssen. :-(


    Ich hätte noch eine Bitte:
    Kann mir jemand von euch übersetzen, was dieser Landau am Ende von Oblonskijs Besuch sagt? Ich hatte in der Schule nur ein halbes Jahr Französisch. Die wenigen anderen Sätze in dieser Sprache, haben mich im Buch nicht gestört. Ich habe mir den Inhalt entweder aus dem Zusammenhang erschlossen oder sie einfach überlesen. Aber hier wüßte ich doch gerne, was der Franzose angeblich "geweissagt" hat.

  • Zitat

    Original von Saiya
    ...
    Am Ende gilt mein Mitleid aber ihren beiden Kindern und Wronskij. So wie ich ihn einschätze, erreicht Anna genau das, was sie sich in ihrem Wahn für ihn vorgestellt hat. Und ich denke, daß er das nicht verdient hat. Niemand, der auf solche Weise einen Menschen verliert, hat es verdient damit leben zu müssen. :-(


    Die letzten Tage, Stunden Annas sind so eindringlich und intensiv beschrieben, dass man ihre Verzweiflung, ihr schrittweises Abgleiten förmlich fühlen kann.


    Ich sehe es übrigens genau wie du: Wronskij hat das wirklich nicht verdient!
    Was Serjoscha betrifft, so bezweifle ich, dass man es ihm überhaupt sagen wird. Seine Mutter ist ohnehin für ihn so gewesen, als sei sie tot. Und Annie? Sie ist noch sehr klein. Sie wird ihre Mutter vergessen, die sie, glaube ich, nicht mal gut kannte.
    Traurig, wirklich traurig.


    Zitat

    Ich hätte noch eine Bitte:
    Kann mir jemand von euch übersetzen, was dieser Landau am Ende von Oblonskijs Besuch sagt? Ich hatte in der Schule nur ein halbes Jahr Französisch. Die wenigen anderen Sätze in dieser Sprache, haben mich im Buch nicht gestört. Ich habe mir den Inhalt entweder aus dem Zusammenhang erschlossen oder sie einfach überlesen. Aber hier wüßte ich doch gerne, was der Franzose angeblich "geweissagt" hat.


    Das wüsste ich auch gerne. Ich hatte gar kein Französisch und musste die Sätze in dieser Sprache immer überlesen, ohne sie richtig zu verstehen.
    Ich hätte auch gerne gewusst, was der Bauer in Annas Traum sagte. War das wirklich nur wirres Zeug?

  • Zitat

    Original von Clare
    [quote]Original von Saiya


    Das wüsste ich auch gerne. Ich hatte gar kein Französisch und musste die Sätze in dieser Sprache immer überlesen, ohne sie richtig zu verstehen.
    Ich hätte auch gerne gewusst, was der Bauer in Annas Traum sagte. War das wirklich nur wirres Zeug?


    :write
    Das frage ich mich auch.


    Annas Geschichte startet ja bereits mit dieser mysteriösen Empfindung, als der Mann unter den Zug gerät, als sie in Moskau ankommt. So als habe dieser Vorfall noch eine Bedeutung für sie und ihr Leben. Diese dunkle Vorahnung wird in ihrem Traum wohl fortgesetzt. So habe ich das für mich gedeutet.

  • Zitat

    Original von Saiya


    Am Ende gilt mein Mitleid aber ihren beiden Kindern und Wronskij. So wie ich ihn einschätze, erreicht Anna genau das, was sie sich in ihrem Wahn für ihn vorgestellt hat. Und ich denke, daß er das nicht verdient hat. Niemand, der auf solche Weise einen Menschen verliert, hat es verdient damit leben zu müssen. :-(


    Mein Mitleid gilt auf jeden Fall auch diesen drei und ich kann mir auch vorstellen, auch wenn es nicht erwähnt wird, dass Annas Tod auch Karenin nicht kalt lässt.

  • Was für ein Abschnitt... ich hatte ja befürchtet, dass entweder Anna oder Wronski sterben, aber das kam dann doch überraschend und hat mich sehr bewegt.


    Zitat

    Original von Saiya
    Genauso habe ich diesen Abschnitt empfunden. Ich fand ihn sehr bedrückend zu lesen, wollte aber dennoch kein Wort verpassen. Ich finde es erstaunlich, wie sehr Tolstoi sich in die Gedankenwelt dieser von Depressionen geplagten und opiumsüchtigen Frau hineinversetzen kann.


    :write Genau so ging es mir auch, die Zeilen haben mich kaum los gelassen, trotzdem hab ich mich immer wieder gewundert, wie detailliert und realitätsnah Tolstoi Annas Gefühlsleben beschreiben konnte!


    Zitat

    Original von Saiya
    Ich habe dies alles auch nicht als nervig empfunden, im Gegenteil mich hat die Beschreibung von Annas letztem Tag berührt. Wie sehr sie selbst doch in sich gefangen ist, wie egoistisch sie denkt, was sicher auch der Krankheit geschuldet ist.


    Zum ersten Mal in dem Buch tat Anna mir so richtig leid, sie war krank und keiner hat's gemerkt, sie hat sich selbst das Leben zur Hölle gemacht und keinen Ausweg mehr gesehen.


    Wie schlimm muss es sein, Sekunden vor dem Tod zu wissen, dass man gleich stirbt - bei dem Gedanken bekomm ich eine Gänsehaut, wie furchtbar, die arme Anna :-(


    Und der arme Wronski, der arme Karenin, die arme Dolly, die sie kurz vorher noch so aufgewühlt erlebt hat...


    Jetzt werd ich den letzten Abschnitt auch noch lesen... wer muss morgen schon aufstehen ;-)

  • Zitat

    Original von Mooney
    ...


    Zum ersten Mal in dem Buch tat Anna mir so richtig leid, sie war krank und keiner hat's gemerkt, sie hat sich selbst das Leben zur Hölle gemacht und keinen Ausweg mehr gesehen.


    Und niemand hat ihr geholfen! Sie gleitet über die Kapitel hinweg immer weiter in die Depression, und wir lesen es, lesen auch, dass es niemand merkt und niemand ihr hilft. Schlimm!

  • Saiya und Clare
    War bei Euren Büchern denn gar keine Übesetzung dabei? :wow
    Ich hatte allein 12 Seiten im Anhang als Übersetzung, ohne die wäre ich völlig hilflos und aufgeschmissen gewesen. Ich würde auch sagen, mindestens 90% der Übersetzungen hab ich nachgeschaut, der Rest war Erklärungen von Leuten über die geredet wurde.


    Mon ami, donnez-lui la main. Vous voyez? - Mein Freund, geben Sie ihm die Hand. Sehen sie?


    Que la personne qui est arrivée la dernière, celle qui demande, quèlle sorte! Quèlle sorte! - Die Person, die zuletzt gekommen ist, diejenige, die fragt, möge gehen! Möge gehen!


    Vous m´excuserez, mais vous voyez .. Revenez vers dix heures, encore mieux demain. - Sie werden mich entschuldigen, aber Sie sehen ja ... Kommen Sie gegen zehn Uhr wieder, noch besser morgen.


    Qu´elle sorte! - Möge gehen !


    C´est moi, n´est-ce pas? - Ich bin gemeint, nicht wahr?

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Jetzt hab ich doch glatt wieder das zum Buch vergessen. :bonk


    Anna ist jetzt tot. Hm, am Ende hatte ich sogar Mitleid mit ihr, was ich eigentlich während des ganzen Buches nicht hatte. Sie war gefangen in einer Teufelsspirale und kam allein nicht wieder heraus. Das Schlimme dabei ist ja, das da auch der rationale Verstand aussetzt und die Gedanken sich im Kreis drehen. Bezeichnend finde ich dann aber auch, das die Leute den Selbstmord wirklich genau planen. Sicherlich ist es auf der einen Seite eine Kurzschlußreaktion, aber sie sieht keinen anderen Ausweg mehr. Aber dann genau zu bestimmen wo man sich genau zwischen den Zug schmeißt, das finde ich schon heftig. Sch ... Depressionen.


    Ansonsten hat mich Serjosha irgendwie berührt. Er ist hin und hergerissen zwischen Sehnsucht nach seiner Mutter wie es als Kind normal ist und dem Gefühl, durch die Sehnsucht nicht männlich zu sein. Hoffe er findet Ablenkung in der Schule.


    Karenin hat sich nach der Trennung aber auch die falschen Freunde und Berater ausgesucht. Die Gräfin Lydia Iwanowna kommt mir irgendwie wie eine Sektenanführerin vor, und der Franzose ist für mich ja auch nur ein Scharlatan.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Was für ein Abschnitt ! Ich lese ja "Anna Karenina" zum allerersten Mal und kenne auch den Film nicht, bin also ganz unbedarft an die Geschichte herangegangen. Das die Liebesgeschichte vielleicht kein ganz so gutes Ende nehmen würde, hatte ich langsam befürchtet. Das sich aber Anna das Leben nehmen würde, damit habe ich nun überhaupt nicht gerechnet ! Selbst als sie das erste Mal darüber nachdachte, welche Auswirkungen ihr Tod auf Wronski hätte, daß dies der einzige Weg wäre seine Liebe zurückzugewinnen und gleichzeitig eine Strafe für ihn darstellte, hätte ich nicht gedacht, daß sie es auch tun würde. Arme Anna !


    Zitat

    Original von Clare
    Und niemand hat ihr geholfen! Sie gleitet über die Kapitel hinweg immer weiter in die Depression, und wir lesen es, lesen auch, dass es niemand merkt und niemand ihr hilft. Schlimm!


    Ich glaube nicht mal, daß dies in böser Absicht geschah. Ich kann mir vorstellen, daß zur damaligen Zeit einfach noch niemand etwas über Depressionen wußte. Selbst Wronski, der seine Anna liebte, hat dies auf Stimmungsschwankungen geschoben. An ihren wirklichen Gedankengängen hat Anna ihn ja nicht teilhaben lassen. Ich bin sicher, wenn er sich ihres tatsächlichen Zustandes bewußt gewesen wäre, hätte er alles getan, was in seiner Macht stand.


    Macska, vielen Dank für die Übersetzungen ! In meinem Buch ist leider auch kein Anhang mit den entsprechenden Erklärungen und ich habe mich auch die ganze Zeit gefragt, was der "Hellseher" wohl gesagt hat, daß sich Karenin letztendlich dann doch gegen die Scheidung ausgesprochen hat. Aber ehrlich gesagt, geht es für mich aus diesen Übersetzungen auch nicht wirklich hervor. ?( Sollte Karenin den Hellseher am nächsten Tag um 10 Uhr noch einmal aufsuchen ? Hat er dann diese Vorhersehung gehabt ?

  • Zitat

    Original von -Christine-



    Ich glaube nicht mal, daß dies in böser Absicht geschah. Ich kann mir vorstellen, daß zur damaligen Zeit einfach noch niemand etwas über Depressionen wußte. Selbst Wronski, der seine Anna liebte, hat dies auf Stimmungsschwankungen geschoben. An ihren wirklichen Gedankengängen hat Anna ihn ja nicht teilhaben lassen. Ich bin sicher, wenn er sich ihres tatsächlichen Zustandes bewußt gewesen wäre, hätte er alles getan, was in seiner Macht stand.


    Wenn man überlegt, wie wenig Verständnis die Menschen sogar in der heutigen Zeit für Kranke mit Depressionen haben, braucht man sich nicht wundern. Ich denke auch, dass keiner an eine Krankheit dachte bei Annas sonderbarem Benehmen. Man empfand ja selbst beim Lesen ein regelrechtes Genervtsein über ihr Verhalten. Man kann es Wronski nicht verübeln, dass er sich immer mehr von ihr entfernt hat, sei es räumlich oder auch emotional.


    Ich wusste ja schon, dass Anna sich vor einen Zug werfen würde. Insofern hat mich die Tat nicht überrascht. Allerdings fand ich besonders tragisch, dass sie es sich im letzten Moment eigentlich anders überlegt hatte, aber nicht mehr zurückspringen konnte.


    Die Hinführung zu dieser Tat war eine erzählerische Meisterleistung von Tolstoi. Man spürte die Pein und die geistige Verwirrung von Anna regelrecht. Für diese Szenen gilt meiner Meinung nach Tolstois Weltruhm. Chapeau!

  • Absolut seltsam fand ich die Konstellation Karenin-Iwanowna-Landau. Vorher im Buch wurde ja beschrieben, dass Lydia Iwanowna verliebt in Karenin sei. Und nun wird sie als Hard-core-Gläubige mit Hang zum Übersinnlichen dargestellt. Zu dieser Einstellung passt natürlich dieser seltsame Landau, der auf mich wie ein Jahrmarktsastrologe wirkt. Aber dass Karenin sich derart in so eine Sektiererei hineinziehen lässt, wundert mich sehr.


    Gläubig zu sein bedeutet doch nicht gleich diese absurde Überdrehtheit. Hier fehlt die Entwicklung der Figur Karenins, um das glaubhaft werden zu lassen. Schade, ich hätte nämlich gerne mehr von Karenin gelesen.