Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins von Milan Kundera

  • Prag zur Zeit des Kalten Kriegs. In einem Restaurant begegnen sich der erfolgreiche Chirurg Tomas und die Serviererin Teresa. Zwischen den beiden entwickelt sich eine innige, wilde Liebe, die aber immer wieder unter Tomas' unzähligen Affären mit anderen Frauen leidet. Teresa, der eine Unterscheidung von Sexualität und Liebe fremd ist, trifft seine Untreue tief ins Herz. Dennoch heiraten sie und ziehen nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings in die Schweiz. Doch dort lebt bereits die Malerin Sabrina, ebenfalls eine tschechische Emigrantin und eine der Geliebten von Tomas. Schließlich hält es Teresa nicht mehr aus: Sie will zurück in die Tschechoslowakei. Tomas sieht sich vor die Wahl gestellt, entweder die politische Freiheit in der Schweiz zu genießen und dort seine Karriere als Arzt voranzutreiben oder Teresa und damit seiner Liebe zu folgen...
    Dieser Roman ist, vielleicht mehr noch als seine anderen, Kunderas Roman von der Liebe: "... die Traurigkeit eines einzigen Traumes von Teresa, die konnte er nicht ertragen. Er stellte sich ihren Tod vor. Sie war tot und hatte Alpträume; da sie aber tot war, konnte er sie nicht wecken. Ja, das ist der Tod: Teresa schläft, hat Alpträume, und er kann sie nicht erwecken.



    Milan Kundera wurde 1929 im tschechischen Brünn geboren. Er studierte an der Prager Filmakademie und begann seine künstlerische Karriere als Musiker, doch bereits mit dreißig Jahren sah er sich als „Romancier und nichts als Romancier. 1967 veröffentlichte er mit "Der Scherz" seinen ersten Roman, der zugleich seinen internationalen Durchbruch markierte. Die folgenden Romane "Das Leben ist anderswo" und "Abschiedswalzer" durften in der Tschechoslowakei nicht mehr erscheinen und wurden erst 1973 in Frankreich veröffentlicht. 1975 emigrierte Kundera aus seinem von der russischen Armee besetzten Heimatland. Daraufhin wurde ihm die tschechische Staatsbürgerschaft aberkannt, und er ließ sich in Frankreich nieder, wo er noch heute lebt. Dort schrieb er drei weitere Romane auf Tschechisch, darunter auch "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" (1984). Seine zwei Essaybände, die sich der Ästhetik und Kunst des Romans widmen, verfasste er bereits auf Französisch, wie auch die drei folgenden Romane "Die Langsamkeit" (1995), "Die Identität" (1998) und "Die Unwissenheit".(2001) Alle seine Werke werden in der ganzen Welt übersetzt und immer wieder aufgelegt.





    Kathrin und ich wollen uns dieses Buch als nächstes vornehmen. Wer Lust hat bei uns mitzulesen, ist gerne eingeladen.
    Wir freuen uns über jeden weiteren Teilnehmer.

  • Hallo, Tanzmaus.


    Interessantes Buch. Hier meine Meinung:


    Dieser stark essayistische Roman ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert, meines Erachtens allerdings weniger ob der wechselnden Erzählweise (wofür die Klappentexte den Autor loben) oder "Prosa-Komposition", die eher Distanz schafft, sondern zunächst einmal aufgrund der starken Präsenz des Autors *innerhalb* des Werkes. Kundera erklärt, wie seine Figuren entstanden sind, welchen Situationen sie entspringen, welche seiner persönlichen Erfahrungen und Träume sie repräsentieren, welche Wünsche und Erwartungen, die nicht in Erfüllung gingen. Das hört sich jetzt vielleicht lyrischer an, als es ist, denn die "unerträgliche Leichtigkeit" ist ein überaus verkopftes, konstruktivistisches Buch, gleichsam ein Experiment mit diesen unerfüllten Erwartungen, das einem alle zwei Seiten mit dem Beweis irgendeiner These daherkommt. Worin die zweite bemerkenswerte Eigenschaft besteht.


    Wie die Romane (!) von Sartre "fühlt" sich "Die unerträgliche Leichtigkeit" beim Lesen sehr aufgesetzt-didaktisch an, wobei es - anders als in den Romanen von Sartre - weniger um klar strukturierte philosophische Grundgedanken geht, die durch die Romanhandlung transportiert werden sollen, als vielmehr um Anlässe für teilweise recht situative Ideen, für die die selbstgeschaffenen Figuren tatsächlich eine gewisse empirische Grundlage darstellen.


    Tomas, der promiske prager Chirurg, von seiner Frau getrennt und das selbstformulierte "Dreier-Prinzip" auslebend (die selbe Frau höchstens drei Mal treffen oder, alternativ, höchstens alle drei Wochen), lernt Teresa kennen, das intelligente, zurückhaltende Mädchen aus der Kleinstadt. Eine sehr seltsame Liebesbeziehung beginnt. Teresa und Tomas heiraten, was Tomas jedoch keineswegs davon abhält, seine Promiskuität weiterhin auszuleben; Teresa findet sich in einer traumatischen Grenzsituation zwischen totalem Glück und völliger Verzweiflung. Im "Hintergrund" entwickelt sich die CSSR von der Zeit des Prager Frühlings in den breshnew'schen Kommunismus, was das Paar zu Entscheidungen zwingt, die starken Einfluß auf die (wiederum situative) Entwicklung der Beziehung haben, aber wenig auf die Konsequenz.


    Die Entwicklung der Figuren - auch der Nebenfiguren Sabina und Franz - in diesem etwas spröde erzählten Roman scheint, nun, vielleicht nicht nebensächlich, so aber doch recht gezwungen, was seine Hauptursache darin haben mag, daß jede Seite (sehr narrativ dargestellter) Handlung mindestens von einer halben Seite Erklärung und Auslegung des Autors versehen ist, auch in Fällen, in denen die unterstellten Kausalitäten und Beweisketten nichts mehr an Transparenz missen lassen. Auf diese Art fühlte ich mich beim Lesen in gewisser Hinsicht den Figuren verpflichtet, die sozusagen mißbräuchlich durch die Handlung gestoßen wurden, um die Thesen des Autors zu be- oder widerlegen, hauptsächlich strikt verallgemeinernd und kategorisierend formulierte Thesen, gelegentlich etwas verwirrender Natur.


    Sehr vordergründige Traummetaphorik, dialogarme Handlung, aber zwingende Sprache, nachvollziehbare, weil sauber konstruierte Handlungsmuster, experimenteller Aufbau, strikte Diktion, wenig subtile Prämisse, plastische Figuren und historische Transparenz formen - vom wunderbaren Titel ganz zu schwiegen - das Buch zu einer befremdend-nahen Mixtur, deren stark essayistischer Teil dazu neigt, den Leser zu nerven, und deren stark narrativer Teil dazu neigt, die Phantasie des Lesers etwas einzuschläfern, was aber nichtsdestotrotz überaus interessant und fesselnd ist, wenn ich auch die Liebesgeschichte selbst so wirklich nirgendwo entdecken konnte.

  • Hallo Tanzmaus und Kathrin, dann werde ich Euch mal ein Forum dafür anlegen. Ich brauche nur noch genauere Infos über die Aufteilung. Sind das in dem Buch tatsächlich 2 Teile???

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Vielen vielen Dank, Morgana!


    Nein, das Buch besteht aus insgesamt 7 Teilen, die wiederrum ein kleinen Kapiteln aufgeteilt sind.


    1. Teil Das Leichte und das Schwere
    2. Teil Körper und Seele
    3. Teil Unverstandene Wörter
    4. Teil Körper und Seele
    5. Teil Das Leichte und das Schwere
    6. Teil Das Große Marsch
    7. Teil Das Lächeln Karenins


    Insgesamt hat es 287 Seiten.

  • Hallo,


    das Buch ist sozusagen *das* Buch meiner Jugend. Ich habe es in der Schule gelesen und dann noch zwei- dreimal. Schon so lange her. Die Liebesgeschichte hat mich sehr bewegt und den Film mit Daniel D. Lewis fand ich auch gut.;-)

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)