Blutrot - Jack Ketchum

  • Originaltitel: Red
    Aus dem Amerikanischen von Joannis Stefanidis
    Heyne, 288 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Blut wird fließen
    Er hört die Jungen bereits aus der Ferne. Wie sie hinunterkommen zum Fluss, wo er angelt. Und den Frieden stören. Und er riecht das Waffenöl, zu viel Öl für eine neue Schrotflinte. Es sind reiche Kids, die nichts übrig haben für den Fluss, die Fische und den alten Mann. Und sie begehen einen großen Fehler – sie erschießen den treuen Hund des alten Mannes. Ein Schleier legt sich vor sein Auge, ein roter Schleier. Der alte Mann sieht Blut.


    Über den Autor:
    Jack Ketchum ist das Pseudonym des ehemaligen Schauspielers, Lehrers, Literaturagenten und Holzverkäufers Dallas Mayr. Seine Horrorromane zählen in den USA unter Kennern neben den Werken von Stephen King oder Clive Barker zu den absoluten Meisterwerken des Genres, wofür Jack Ketchum mehrere namhafte Auszeichnungen verliehen wurden.


    Meine Rezension:
    Jack Ketchum wählt für diesen sehr amerikanisch gehaltenen Roman einen suggestiven Stil, der dem Leser erlaubt, sich nahe an den Protagonisten zu binden


    3 Jungen treffen den Protagonisten Avery Ludlow am Fluß beim Angeln und wollen ihn ausrauben. Dann tötet einer von ihnen skrupellos seine 14 Jahre alten Hund Red.
    Aufgrund der Tötung seines treuen Hundes, den Avery Ludlow einst von seiner verstorbenen Frau geschenkt bekommen hatte und der sein einziger Gefährte war, befindet sich Ludlow in einem moralischen Dilemma. Er möchte Gerechtigkeit, aber weder der Vater des Rowdys, der seinen Hund erschossen hatte, noch ein Anwalt machen ihm Hoffnung, so sinnt er selbst auf Vergeltung. Und was anfangs noch eine Auseinandersetzung mit Worten ist, wird später seinen dramatischen Weg gehen.


    Diese psychologische Note, die moralische Fragestellung, macht den Roman spannend. Das interessiert mich mehr an einem Thriller als die ewige Verfolgung von irgendwelchen Serienkillern.


    Dabei baut sich die Geschichte langsam, aber gründlich auf.
    Der Gefühlswelt Ludlows kann man stets gut folgen, besonders interessant werden die Gedankengänge, wenn sie in die Vergangenheit, sogar in die Kindheit, abwandern.


    Die Dialoge sind überwiegend trocken, manchmal lakonisch gehalten.


    Von mir bekommt dieser Roman, der Thrillerelemente, aber keine Horrorszenen beinhaltet, eine klare Leseempfehlung


    Mit Brian Cox in der Hauptrolle wurde der Roman diese Jahr auch verfilmt. Jack Ketchum selbst soll dort einen Cameo-Auftritt haben

  • Danke für die Rezi. Ich habe das Buch im Original (Red) hier auf dem SUB herum liegen. Es rückt gleich mal ein schönes Stück nach oben :wave

    LG, Uhu :katze


    Bücher bergen mehr Schätze als jede Piratenbeute auf einer Schatzinsel... und das Beste daran ist, daß man diese Reichtümer an jedem Tag im Leben aufs neue genießen kann. (Disney, Walt)

  • Ich lese es noch, bin aber bisher wirklich begeistert! Keine Frage, mit "Evil" kann und darf man dieses Buch nicht vergleichen, aber nach den beiden sehr enttäuschenden Nachfolgern hatte ich kaum noch Hoffnung, das Ketchum noch irgendetwas lesenswertes zu Papier gebracht hat.
    "Blutrot" ist ein wirklich gutes Buch - mehr darüber wenn ich durch bin.

  • Ohne Grund erschießt der Junge den Hund des alten Mannes, die anderen lachen.
    Alles, was der alte Mann will, ist Gerechtigkeit, nicht Genugtuung, nicht Rache, nur Gerechtigkeit. Doch das Gesetz ist machtlos, schließlich geht es nur um einen alten Hund, und die Beteiligten leugnen die Tat.


    Der alte Mann versucht nun also, selbst für Gerechtigkeit zu sorgen.....


    Der Klappentext und die negativen Erfahrungen mit den beiden Ketchum-Romanen, die auf das grandiose Buch "Evil" folgten ließen mich das schlimmste erwarten, um so positiver wurde ich von diesem Buch überrascht!
    Diejenigen für die "Evil" ein beeindruckendes Meisterwerk ist, sollten den vorliegenden Roman nicht als "Ketchum-Buch" lesen, sondern vielleicht einfach als ein Buch von, sagen wir, Dallas Mayr.
    Es ist ein sehr ruhiges Buch, selbst die Höhepunkte, an welchen auch Blut fließt, stören diese Ruhe nicht.
    Der alte Mann ist nicht auf Rache aus, sondern, und hier irrt der Klappentext gewaltig, wie so oft, auf Gerechtigkeit. Er hat genaue Vorstellungen von "Richtig" und "Falsch", und dieses Gleichgewicht wurde durch den sinnlosen Mord an seinem Hund gestört - also versucht er es wieder herzustellen.
    Ich sah beim Lesen immer Spencer Tracy vor mir, in einem Film von Sam Peckinpah, ausserdem erinnerte mich die Geisteshaltung des alten Mannes an die von Joel McRea in Peckinpahs "Ride the high country", wo es auch um Werte geht, die in der neuen Zeit kaum noch eine Bedeutung zu haben scheinen und die genau deswegen so wichtig sind, wo es genau deswegen so wichtig ist, diese einfachen Werte zu bewahren.


    "Red" (so der Originaltitel) ist kein Buch über Selbstjustiz und Rache, es ist ein Buch über einen Mann, der Richtig und Falsch unterscheidet, und dem dieser Unterschied so wichtig ist, das er sich nicht mit halbgaren Kompromissen zufrieden gibt.
    "Red" ist ein ruhiges und melancholisches, beinahe schönes Buch. Einige Rückblenden erklären den alten Mann und machen ihn und den Weg, den er gehen muß, nachvollziehbar und logisch, dem Leser wird deutlich, das der Mann nicht anders handeln kann, mancher Leser wird sich vielleicht auch die Frage nach der eigenen Integrität stellen.....

    Lieber barfuß als ohne Buch! :lesend

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  • So,


    habe auch fertig.


    Also das ist mal eine ganz andere Richtung. Recht brav geschrieben und es regte mich zum Nachdenken an. Mal wirklich was ganz anderes von Ketchum.
    Ich lasse mal 8 Punkte da.

  • Blutrot war mein erstes Buch von Ketchum. Es ist ganz anders als seine "typischen" Bücher und genau das gefällt mir so gut daran. Es zeigt das Ketchum mehr kann als nur Bücher eines bestimmten Genres zu schreiben.
    Das Buch ist leicht geschrieben und regt einen zum Nachdenken an.


    Von mir gibt es 8 Punkte.

    :lesend
    Rachel Aaron - The Spirit Rebellion
    Patrick Rothfuss - Der Name des Windes
    Stefan Zweig - Sternstunden der Menschheit

  • Meine Meinung


    Dieser Roman ist mein erster von diesem Autor, seine anderen Werke kenne ich nicht und habe daher keine Vergleichsmöglichkeiten.
    Die Geschichte wird aus der Sicht der Hauptperson Avery Ludlow erzählt, einem alten Mann. Er lebt allein in seinem Haus und führt seinen eigenen Laden. Nach und nach erfährt der Leser mehr über ihn selbst und sein Leben, aber auch über seine Ideale. Ich konnte seine Gefühle zwar verstehen, nachdem Jugendliche seinen treuen Hund ohne Grund erschossen haben, weniger jedoch seine Reaktionen darauf.


    Das Buch hinterlässt mich nachdenklich und mit der Frage, ob es wirklich so kommen musste, wie es kam oder ob es auch anders Möglich gewesen wäre.
    Für mich ist es weniger ein Thriller, sondern mehr ein Roman, der sich sehr mit den Gefühlen eines Mannes beschäftigt, der sich nur Gerechtigkeit wünscht und diese durchsetzt.
    Es zählt für mich zu den Büchern, die ich in späteren Jahren erneut lesen werde.

  • "Blutrot" ist auch mein erstes Buch des Autors; Nachdem ich von verschiedenen Personen schon recht wüste Dinge über Ketchums Bücher gehört habe [im positiven, sowie im negativen Sinne], hatte ich eigentlich einen völlig anderen Lesestoff erwartet, als mir das Buch in der Bibliothek zufällig in die Hände fiel. Allerdings war ich recht positiv überrascht, vor allen Dingen, da "Blutrot" sich völlig anders entwickelt, als ich es nach dem ersten Kapitel angenommen habe.


    Ich finde, es gelingt Ketchum dem Leser vor allen Dingen die Empfindungen des Hauptcharakters selbst empfinden zu lassen. Man fühlt sich während der Lektüre des Buches gleichermaßen machtlos wie Ludlow selbst, betrogen von einem Rechtssystem, das dem Täter hilft und nicht dem Opfer. Und man giert nach Gerechtigkeit. Ich schätze besonders wenn man selbst ein Haustier besitzt, ahnt man, wie schwer dieser Verlust wiegt, besonders in einer Situation wie der des Hauptcharakters, wenn man alt ist, seine Familie überlebt und mit dem Hund schon ein gefühltes halbes Leben gemeinsam verbracht hat.


    Besonders dramatisch kommt im Laufe der Entwicklung auch die Vergangenheit Ludlows ans Tageslicht, was den Verlust des Hundes in meinen Augen umso schwerwiegender macht.
    "Blutrot" ist eine beeindruckende Geschichte, die unter die Haut geht und bei der man sich fragt, ob man in einer ähnlichen Situation vor den selben Mauern der Justiz stehen würde.

    "Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung." - Desiderius Erasmus

  • Zitat

    Original von Asmos
    "Blutrot" ist auch mein erstes Buch des Autors; Nachdem ich von verschiedenen Personen schon recht wüste Dinge über Ketchums Bücher gehört habe [im positiven, sowie im negativen Sinne], hatte ich eigentlich einen völlig anderen Lesestoff erwartet, als mir das Buch in der Bibliothek zufällig in die Hände fiel.


    .


    Was Du über Ketchum gehört hast stimmt alles! :gruebel Einige seiner Werke sind einfach gestrickte Ekel-Thriller, wie zB. die "Beute-Trilogie" (Beutezeit -Gier und nocheins...).


    Diesen auf vordergründige Effekte abzielenden eher schwachen Romanen stehen Meisterwerke wie "Evil" gegenüber, und neben "Red" halte ich auch "Die Schwestern" - eine Novelle - für überaus gelungen.


    :wave

  • Ein Lesegenuss, wie er einem nicht so häufig vergönnt ist. Mit "hardcore" hat das alles in der Tat nichts zu tun - zum Glück! Wer also mit einem Thriller zwangsweise durchgängige Blutbäder oder das Verspritzen von Gehirnmasse verbindet, möge die Finger von diesem feinen Buch lassen: Wirkliche Könner wie Ketchum brauchen keine billige Effekthascherei.


    Ein hervorragend geschriebener (und von Joannis Stefanidis kongenial übersetzter!) Spannungsroman, mitreißend, anrührend und zudem in jeder Hinsicht qualitativ ambitioniert, den ich mit Vergnügen meinem Lieblingsgenre zuordne, dem des literarisch anspruchvollen Thrillers!


    Von mir die volle Punktzahl! :anbet