Der seltsame Fall des Benjamin Button - F. Scott Fitzgerald

  • Der seltsame Fall des Benjamin Button
    von F. Scott Fitzgerald


    Diogenes Verlag (Dezember 2008)
    ISBN: 325723659X
    70 Seiten


    Kurzbeschreibung: (von Amazon übernommen)
    Ein seltsames Baby ist zur Welt gekommen: kein süßer kleiner Fratz, der seine Eltern beglückt, sondern ein alter Mann mit Bart. Sein Name: Benjamin Button. Ein schweres Schicksal ist ihm vorherbestimmt: Er durchläuft das Leben rückwärts und wird von Tag zu Tag jünger. Als Benjamin schließlich im Alter von fünfzig Jahren die zwanzig Jahre jüngere Hildegarde kennenlernt, steht für ihn, der sein Leben lang nie geliebt wurde, alles auf dem Spiel. Eine anrührende und skurrile Geschichte, jetzt in Neuübersetzung.


    Über den Autor
    Mit dem großen Erfolg seines Romanerstlings "This Side of Paradise" und mit "The Great Gatsby" wurde F. Scott Fitzgerald (1896 - 1940) zum literarischen Wortführer jener Ära, für die er das Schlagwort "Jazz Age" prägte. Er hat das glitzernde New York der Zwischenkriegsjahre, das sich für die Rhythmen von Duke Ellington und Louis Armstrong begeisterte, zeitdokumentarisch eingefangen, ohne die Frage auszublenden, ob dieser Glanz trügerisch sei. Seine Helden, kaum verhüllte Porträts Fitzgeralds, strotzen vor Selbstbewußtsein und leiden zugleich an ihrem Ausbeuten der eigenen Seele.Christa Schuenke, geboren 1948 in Weimar, studierte Englisch und Französisch in Leipzig und absolvierte ein Philosophiestudium in Berlin. Sie ist seit 1978 als literarische Übersetzerin aus dem Englischen und Amerikanischen aktiv. Einen Namen machte sie sich vor allem mit Klassikerübertragungen, darunter William Shakespeare, John Donne, Herman Melville, John Keats oder Edgar Allan Poe. Dafür wurde sie u.a. mit dem Christoph-Martin-Wieland-Preis und dem Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW ausgezeichnet. Christa Schuenke lebt in Berlin.


    Meine Meinung
    Eins vorweg: es ist eine :bruell KURZGESCHICHTE!!!!!
    Ich habe schon Leute über das Buch erzählen gehört, die sagten, dass das Buch so oberflächlich geschrieben wäre und die Gefühle würde auf der Strecke bleiben. Aber wie viel Gefühl kann man den schon in 70 Seiten packen, auf denen ein GANZES Leben erzählt wird.
    Man muss sich das halt vor Augen halten, wenn man mit dem Buch beginnt.
    Hat man das begriffen, so ist es meiner Meinung nach ein wunderbares Buch zum Nachdenken.


    Das Buch beginnt mit der Geburt von Benjamin Button. Sein Vater steht bei der Geschichte eher im Vordergrund als die Mutter und so erfährt man, dass er ein ganz großes Problem mit dem Jungen hat, der gar kein Junge ist, sondern ein sehr alter Mann mit all seinen Gebrechen - schwerhörig und nicht mehr so fit. Sein Vater versucht ihn auch mit aller Gewalt wie einen normalen Säugling zu behandeln und verdrängt die Tatsache, dass sein Sohn eigentlich ein Greis ist.
    Doch im Laufe der Jahre wird das Verhältnis immer besser und so langsam beginnt Benjamin auch zu verstehen, dass er immer jünger wird.
    Als er 50 Jahre ist (eigentlich 20 Jahre sein sollte), trifft er auf die junge Hildegarde und beide werden ein Paar. Von da an erlebt man das Glück, aber auch die Probleme des unterschiedlichen Paars.
    Zum Schluss bekommt man sehr einfühlsam und emotional in einer kindliches Sprache Benjamins letzte Jahre erzählt.


    Aufmerksam auf das Buch wurde ich durch den Kino-Trailer.
    Bevor ich ein Film zum Buch anschaue, lese ich immer das Buch vorher. So auch dieses mal.
    Anfangs habe ich gedacht, der Film hätte irgendwas mit dem Buch "Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli" von Andrew Sean Greer zu tun, doch nach recherchieren fand ich raus, dass es dazu ein eigenes Buch gibt.
    Das Buch hat mich von Anfang an gefesselt und ich war in kürzester Zeit durch ohne gemerkt zu haben merken, dass die Seiten verflogen waren.
    Wenn man sich im klaren ist, dass es nur eine Kurzgeschichte ist, dass ist es auch nicht so schlimm, dass die Gefühle nur angekratzt werden. Doch das ist absolut nicht schlimm, denn gerade das, regt es sehr zum Nachdenken am.
    Man hätte jedoch locker einen Wälzer über mehrere hundert Seiten daraus machen können, doch dem Autor ist eine sehr fesselnde Kurzgeschichte gelungen, die man nicht kürzer hätte schreiben können.
    Das Buch ist für mich absolut lesenswert :lesend


    Von mir bekommt das Buch 10 von 10 Punkte.

    ... Liebe, die, weil sie nie genung bekommt,
    stets schon im Augenblick lebt, der noch kommen wird.
    Marcel Proust

  • Danke für die schöne Rezi!


    Ich habe von dem Film schon gehört- wußte damit aber bisher nicht recht was anzufangen.
    Aber durch deine Rezi habe ich nun erfahren, dass die Geschichte von einem Buch stammt.
    Hört sich für mich nun doch interessanter an als gedacht.


    Ich werde es aber auch auf jeden Fall so machen, wie du: erst das Buch und dann den Film schauen. Ist bei 70 Seiten ja nicht zeitaufwändig!

  • Zitat

    Original von lesterschwein
    Man hätte jedoch locker einen Wälzer über mehrere hundert Seiten daraus machen können, doch dem Autor ist eine sehr fesselnde Kurzgeschichte gelungen, die man nicht kürzer hätte schreiben können.


    Da kann ich dir nur zustimmen! Ich habe die Geschichte auch vor ein paar Tagen gelesen und hatte gar keine Detailfülle erwartet. Trotz allem war sie fesselnd und ich habe sie einfach in einem weg gelesen, ohne das Buch zur Seite zu legen.


    Kurz und bündig ist Benjamins Leben gefasst, wichtige Punkte werden aufgegriffen und sein Schicksal wird trotz allem deutlich. Hier lernt man, eine jedes Alter, ob Kleinkind, Jugendlicher, Erwachsener oder älterer Mensch, zu schätzen und für seine Besonderheit zu lieben. Benjamin Buttons Geschichte zeigt, dass man jedes Jahr, das einem das Leben gibt, genießen sollte und nicht immer nach dem streben sollte, was man noch nicht erreichen kann.


    Wenn ich Punkte vergeben müsste, wären das wohl 8/10.

  • Als ich zum ersten Mal von dem Kinofilm gehört habe, dachte ich nur: "Zu diesem Krampf bekommt mich nicht mal Brad Pitt ins Kino!". Aber anscheinend hat Regisseur David Fincher das Drehbuch zu der Fitzgerald Kurzgeschichte von Eric Roth und Robin Swicord sehr eindrucksvoll umgesetzt.


    Ich fasse den Kommentar aus unsere Tageszeitung von Frank Stüdemann zusammen:
    Drehbuchautor Eric Roth, der auch für Forrest Gump die Vorlage schrieb, verpasst der Geschichte des Benjamin Button genau das gleiche Flair einer Zeitreise durch die amerikanische Geschichte. Garniert mit einer Lovestory, die in ihrer epischen Tragik mit Titanic vergleichbar ist. Bei einer Laufzeit von satten 166 Minuten werfen etliche Kritiker Finchers Werk vor, vor allem gähnend langweilig zu sein. Mit Popcornresten im Mundwinkel eindösen wird aber nur, wer weder die zum Platzen vollen Bilder, noch die verblüffenden Spezialeffekte oder den gut platziertem feinen Humor des Films genießen kann.
    Wer vor kurzem den cineastischen Zuckersirup namens Australia herunter gewürgt hat, weiß dank Pitts und Blanchetts Darstellkunst wie eine echte Liebesgeschichte im Kino aussehen kann, wenn keine hölzerne Nicole Kidman und kein unterforderter Hugh Jackman die Leinwand veröden.
    :lache


    Hat "Der seltsame Fall des Benjamin Button" schon jemand im Kino gesehen? Wie fandet ihr ihn?


    Die Fitzgerald-Kurzgeschichte ist natürlich auf meiner WL gelandet. Danke für die Rezi lesterschwein :wave

    smilie_sp_274.gif
    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Morgen gehe ich ins Kino und schaue mir den Film an. Freu mich schon sehr darauf und ich hoffe, er enttäuscht mich nicht.
    Werde natürlich berichten :-)

    ... Liebe, die, weil sie nie genung bekommt,
    stets schon im Augenblick lebt, der noch kommen wird.
    Marcel Proust

  • Damit keine Missverständnisse auftreten: Eric Roth und David Fincher haben mit Benjamin Button keine werkgetreue Literaturverfilmung im Sinn gehabt! Der Film dreht die Figur F. Scott Fitzgeralds eigentlich genau um. :grin


    Im Grunde ist es also ein Film "frei nach Motiven aus" dieser Geschichte. :-)

  • Zitat

    Original von Suzann
    Danke für den Hinweis Iris. Ich versuche eigentlich immer Buch und Film nicht zu vergleichen, sondern jedes für sich als etwas eigenständiges zu genießen :wave


    Diesen Hinweis sollte man sich auch zu Herzen nehmen.
    Gerade eben bin ich aus dem Kino gekommen.


    Danke Iris für den Hinweis, dass der Film keine Literaturverfilmung ist, ansonsten hätte ich mich Zeitweise während des Schauens gefragt, ob ich auch wirklich im richtigen Film bin.
    Parallelen zum Buch gab es wirklich nur ganz ganz wenige


    Die Handlung weicht sehr vom Buch ab, aber sie ist trotzdem schön erzählt.
    Zeitweise war der Film langatmig, doch es war für mich noch erträglich.
    Und ja, ich musste mir an einigen Stellen die Tränen wegblinzeln, aber ich war auch nicht die einzige. :grin
    Es war wirklich erstaunlich, dass Brad Pitt fast alle Lebensabschnitte selbst gespielt hat. Da haben die Maskenbildner volle Leistung erbracht.
    Ich fand die 2h 30 min Film wirklich sehenswert, auch wenn es meiner Meinung nach ab und zu langatmig ist und nicht viel von dem Buch wieder zu finden ist.

    ... Liebe, die, weil sie nie genung bekommt,
    stets schon im Augenblick lebt, der noch kommen wird.
    Marcel Proust

  • Wir waren ebenfalls gestern im Kino um uns den Film anzuschauen. Allerdings bin ich eher mäßig bis gar nicht begeistert. Der Anfang war recht interessant, zur Mitte hin wird's arg langatmig (es passiert ja nicht viel, außer, dass die Hauptfigur eben "jünger" wird und alle anderen älter und sterben). Dann kommt ein Abschnitt, der so schlimm hollywoodlastig kitschtig ist (Stichwort: im himmelblauen Meer baden, sich lieben, träumen mit Sunnyboy Brad etc.), dass ich fast schon das Gefühl hatte in einer Parodie gelandet zu sein und von einem Lachkrampf geschüttelt wurde. Ich hoffe sehr, dass war im Sinne des Filmemachers. :lache
    Es gab auch ein paar Unstimmigkeiten, die mir aufgefallen sind, an denen sich aber die anderen, die mit uns im Kino waren, nicht so gestört haben wie ich.
    Das Ende war gar nicht so schlecht, passte sich dem anfänglichen Stil wieder an und rundete die Story schön ab. Was der Hurrican allerdings mit dem Film zu tun hat, bleibt mir ein Rätsel. :gruebel


    Alles in allem war mir das zuviel des Guten - Kitsch, Gefühl, Lebensweisheiten, Sterbende alte Menschen -, und der Film war vor allem eines: zu lang (da schmerzen die unbequemen Kinositze doppelt so sehr). Ne, das war nix für mich.

  • Diesen Autor verbinde ich immer nur mit dem "Großen Gatsby", und ich hätte gar keinen anderen Titel von ihm nennen können.


    Wäre sicher interessant, auch mal etwas anderes von ihm zu lesen.

  • Ich hab den Film am Donnerstag gesehen und fand ich eigentlich sehr gut. Hab das Buch nicht gelesen, daher kein Vergleich möglich. Der Film ist 166 Minuten lang und man sollte nicht viel "Spannung" erwarten, sonst könnte es sein, dass man es langatmig empfindet.
    Aber ich war darauf eingestellt, wie lang er ist, hab mich gemütlich in dem Kinosessel nach hintengelehnt und den Film genossen. Und ich fand ihn schön. Vor allem weil die Idee mit Rückwärtsaltern (oder Jüngerwerden) interessant ist.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von GummibärchenDer Film ist 166 Minuten lang ...


    :lache So lang habe ich nicht mal für das Lesen des Textes gebraucht. Es ist und bleibt eine Kurzgeschichte, der Preis der Diogenes Ausgabe ist da schon fast übertrieben.

  • auch ich danke dir noch für diese schöne Rezi. Klingt sehr interessant, nach wie vor steht das Buch auch auf meiner Wunschliste und ich freu mich nun doch sehr darauf.
    Auch ich hab Fitzgerald immer nur mit dem großen Gatsby in Verbindung gesetzt.


    Den Film werd ich auf DVD abwarten :-) 2 1/2 Std Kino, ne muss nicht sein. Und auf Liebesschnulzen steh ich eh nicht so.


    Interessant fand ich den Artikel auf Spiegel.online über diesen Film, wo sie erzählten, dass sie nun seit 50 Jahren bald versuchen, diese Geschichte zu verfilmen. Und erst die heutige Technik mit der Computeranimation machte es möglich, die Geschichte glaubhaft auf die Leinwand zu bringen.


    Grüßle von der Nikki

    Was du mir erzählst, ist völlig ein Gedicht. Und das schlimme daran ein Gedicht irgendeiner Art erlebt zu haben, ist, dass es einen so unpoetisch zurücklässt.
    Oscar Wilde in Dorian Gray

  • So, nun hab ich endlich (warum nicht nur schon früher?) diese Kurzgeschichte gestern Abend in der Badewanne gelesen.


    Und ich habe mich allerbestens bei amüsiert. Dieser herrliche spitzfinde Humor ist einfach sensationell.
    Fitzgerald beschreibt die Geschichte in so kurzen, trockenen, prägnanten Worten, dass mir manchesmal die Spucke wegblieb.


    Die kleine Geschichte hat mir weit mehr Freude gebracht, als der Max Tivolli, den ich ja auch schon so gerne gelesen habe.


    Von Liebesgeschichte ist hier keine Spur. Amüsant eher der Teil, als seine Frau altert und er selber jünger wird, und seine Frau plötzlich nicht mehr gar so interessant findet :grin
    Herrlich auch die Passagen in denen die Frau und sein Sohn ihm vorwerfen, er solle doch endlich damit aufhören, er wolle ja immer anders sein, nun sei genug, er blamiere nur alle.
    Für mich damit ganz feinfühlig dargestellt, das Missverständnis in einer Partnerschaft, obgleich von vornherein mit offenen Karten gespielt wird, aber man doch immer gerne das sieht, was einem selber so bequem erscheint.
    Ganz großes Kino für mich, diese Kurzgeschichte, und den Film werd ich mir nun gänzlich einsparen.


    10 von 10 Punkten erreicht, und mehr lesen wollen von Fitzgerald :-]


    Grüße von der Nikki

    Was du mir erzählst, ist völlig ein Gedicht. Und das schlimme daran ein Gedicht irgendeiner Art erlebt zu haben, ist, dass es einen so unpoetisch zurücklässt.
    Oscar Wilde in Dorian Gray

  • Ich habe diese Kurzgeschichte nun auch gelesen und fand sie bemerkenswert, gekonnt in prägnanten Worten erzählt, ohne jedes schmückende Beiwerk. Sicher eine der besten Kurzgeschichten, die ich bislang gelesen habe, dennoch finde ich es irgendwie schade, daß Fitzgerald aus dieser tollen Idee nicht einen umfangreichen Roman gemacht hat. Daß er auch Romane schreiben kann, hat er ja mehrfach bewiesen (ich habe davon bislang allerdings nur "Der große Gatsby" gelesen, "Diesseits vom Paradies" zB steht aber schon lange auf meiner WL). Insgesamt ein gelungenes Werk, das ich für die paar Seiten aber schon überteuert finde.