Der stumme Tod – Volker Kutscher

  • Eine Schauspielerin wird bei Dreharbeiten getötet, eine andere ist spurlos verschwunden und Konrad Adenauer, der Kölner Oberbürgermeister, wird erpresst. Gereon Rath hat wieder viel zu tun. Allerdings ist nur der erste Fall ein offizieller der Berliner Mordkommission, um die beiden anderen kümmert Gereon sich sozusagen privat. Dabei kommt er sich schon mal selbst in die Quere und bekommt auch wieder Probleme mit seinen Vorgesetzten. Und dann ist da noch Charlotte Ritter, die erneut in sein Leben tritt. Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist gar nicht leicht und man kann gespannt sein, ob Gereon heil aus allem herauskommt.


    Auch der zweite Fall des aus Köln stammenden Berliner Kommissars hat mir wieder sehr gut gefallen. Die Serie lebt vor allem davon, dass sie die Stimmung und den Zeitgeist der späten 20er und beginnenden 30er Jahre in Berlin wunderbar einfängt, man glaubt regelrecht eine Zeitreise zu machen. Das liegt u. a. daran, dass auch immer wieder tatsächliche historische Ereignisse ihren Platz im Roman finden, wie in diesem Fall z. B. das Begräbnis Horst Wessels. Auch das Hauptthema des Buches, der Übergang des Filmemachens vom Stumm- zum Tonfilm trägt sehr viel dazu bei.


    Gerade dieses Hauptthema finde ich auch ungeheuer interessant. Wer kann sich heute noch vorstellen, dass es etliche Leute gab, die sich gegen den Tonfilm auflehnten? Für mich auch interessant war das Geschehen rund um die Adenauer-Erpressung, die mit der Verlegung der Fordwerke von Berlin nach Köln zu tun hatte. Für mich als Kölnerin gehören diese Werke zu Köln, wer hätte gedacht, dass sie dort nicht „schon immer“ waren. Und das ist ja das Schöne an sehr gut recherchierten historischen Romanen, man erfährt auch meist etwas Neues. Ich persönlich liebe das!


    Gereon Rath ist ein schwieriger Charakter, er ist eher ein Einzelgänger, auch was die Arbeit angeht, wirklich teamfähig ist er nicht und das bringt ihm einige Probleme ein. Auch sein Liebesleben ist nicht immer einfach. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, mag ich Gereon, er ist ein Mensch mit Ecken und Kanten, handelt nicht immer richtig, seine Gefühlswelt ist nicht immer im Reinen, irgendwie ein Mensch wie Du und Ich.


    Viele der Charaktere aus dem Vorgängerbuch tauchen hier wieder auf, nicht nur Gereons Kollegen, und es gibt ein paar interessante neue. Mich faszinieren dabei vor allem die Gestalten aus der Filmindustrie, die damals schon ein ganz eigenes Völkchen waren.


    Die Geschichte ist wieder sehr spannend. Einer der Handlungsstränge wird durch den Täter bestimmt, der schon sehr früh in eigenen Kapiteln auftaucht, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie im Präsens geschrieben sind. Man kann auch relativ früh ahnen, wer das sein könnte, und auch in einem weiteren Fall wird die Lösung schon recht früh präsentiert. Der dritte Fall bleibt aber bis zum Ende überraschend, so dass Rätselfreunde auf jeden Fall auch zum Zug kommen.


    Wie schon die anderen Gereon-Rath-Bücher (mir fehlt jetzt nur noch der dritte Band), kann ich auch diesen wieder uneingeschränkt empfehlen. Nicht nur Krimifreunde, auch Fans historischer Romane sollten einen Blick wagen. Und ich freue mich auf das dritte Buch und weitere folgende Bände.

  • Ich fand "Der stumme Tod" schon besser als den ersten Teil, denn nun waren die Personen eingeführt und ich hatte einen Eindruck von Gereon Rath, der schon seine ganz eigene Art hat, dabei aber nicht unsympathisch ist.


    Die Geschichte um die Entwicklung des Tonfilms war spannend, gelungener Handlungshintergrund, der einem heutzutage kaum bewusst ist. Ich hab vor etlichen Jahren mal einen Stummfilm gesehen, ich glaube Charlie Chaplin war es. Witzig, dass manche dem Tonfilm keine Überlebenschance gegeben haben. So ist das mit dem Wandel.


    Die Einschübe des Täters haben mich genervt, da klar war, dass das ein Psychopath sein muss. Diese Teile habe ich nur überflogen, da es mich irgendwie angewidert hat, echt heftig.


    Mir ging es mit dem Schluß auch etwas schnell, etwas abrupt.
    Dafür reißen es die Schilderung der historischen Ereignisse und die persönlichen Entwicklungen der Protagonisten wieder raus.


    Von mir 8 Punkte.

  • Mir hat der 2. Band einiges besser gefallen, als der erste. Ich kam mit Gereon Rath besser klar.
    Die Thematik hat mich fasziniert, und ich konnte mich super reinversetzen. Stummfilm wandelt sich zu Tonfilm. Ich hatte mir zuvor keine Gedanken darüber gemacht, dass das damals nicht jedem passen konnte. Diese Neuerung. Eine wirklich tolle Idee, das als Hintergrund für einen Krimi zu nehmen.
    Zwar ahnte ich schon kurz nach der Hälfte, wer der Täter sein könnte, dennoch konnte mich das Buch bis zum Ende fesseln.


    Ich vergebe 8 Punkte

  • Ich habe endlich den 2. Teil aus dem SUB befreit. Leider hatte ich den nassen Fisch schon vor längerer Zeit gelesen und daher nicht mehr so richtig präsent. Schade, da es in dem Buch doch einige Anspielungen auf das Buch gab.


    Mir hat der vorliegende Band gut gefallen. Gereon finde ich einen sympathischen und menschlichen Ermittler, natürlich hat mich der Teil mit seinem Hündchen besonders zum Schmunzeln gebracht. Der Autor versteht es, authentisch die Zeit und die Menschen zu beschreiben, daher bin ich auf die nächsten Bücher sehr gespannt.


    Von mir gibts zufriedene 9 Punkte!

  • Buchmeinung zu Volker Kutscher – Der stumme Tod


    „Der stumme Tod“ ist ein Kriminalroman von Volker Kutscher, der 2010 bei KiWi-Taschenbuch erschienen ist. Dies ist der zweite Band um den Kommissar Gereon Rath.


    Zum Autor:

    Volker Kutscher wurde 1962 in Lindlar geboren und ist in Wipperfürth aufgewachsen. Er studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Wuppertal und Köln. Er arbeitete als Lokalredakteur in Wipperfürth. Seit 2004 lebt er als freier Autor und Journalist in Köln.


    Klappentext:

    März 1930: Der Tod einer Schauspielerin führt Gereon Rath in die Studios der Filmmetropole Berlin. Der junge Kommissar lernt die Schattenseiten des Glamours kennen und erlebt eine Branche im Umbruch. Der Tonfilm erobert die Leinwände, und dabei bleiben viele auf der Strecke: Produzenten, Kinobesitzer – und Stummfilmstars.


    Meine Meinung:

    Gereon Rath ist ein Protagonist mit Ecken und Kanten. Er ist jemand, mit dem man nicht unbedingt zusammen arbeiten möchte, aber auch jemand, dem man anmerkt, dass er die Mörder überführen will. Er ist immer noch mehr Einzelkämpfer als Teamplayer und sein Assistent muss das mehrfach ausbaden. Aus dem ersten Band hat er ein paar Schulden mitgebracht, die ihn wieder einmal einholen. Ein Höhepunkt ist seine Beziehung zu Marlow, dem Berliner Unterweltboss. Wieder steht er in dessen Schuld und es wird ihn irgendwann einholen. Natürlich hat er noch einen Nebenjob, den er für seinen Vater und den Kölner Bürgermeister Adenauer erledigen muss. Dazu ist sein Privatleben wieder in Unordnung und er kämpft mit einer ungewollt anhänglichen Freundin. Die politischen Ereignissen spielen diesmal eher eine untergeordnete Rolle und Gereon möchte davon nichts wissen. Er bleibt seinem Wesen treu und handelt manchmal nicht gesetzeskonform. Diesmal muss er sich vom Polizeichef persönlich die Ohren langziehen lassen. Gereon Rath suhlt sich manchmal in dem Schlamassel, das er selbst verursacht hat. Er verfolgt seine Ideen konsequent und vertraut auf sein Näschen. Dabei kommt er dem Täter näher als er selber ahnt. Aber noch hat er Freunde, die zu ihm stehen und ihn unterstützen. Beeindruckend ist wieder die Darstellung der historischen Fakten und des Lebens zu dieser Zeit. Der Aufstieg des Tonfilms wird thematisiert und damit die Auswirkungen auf Schauspieler und Produzenten.

    Der Plot ist gelungen und die Spannung ist jederzeit gegeben, auch wenn sie von vielen Faktoren lebt. Manchmal fragt man sich, ob Gereon Rath mit seinen Tricksereien durchkommt oder ob es ihn in den Abgrund stürzt. Das Szenario mit vielen Nebenhandlungen ist äußerst komplex und fordert die volle Aufmerksamkeit des Lesers. Überrascht war ich über die sehr kurze Betrachtung der Ereignisse um Horst Wessel, der einerseits zum Märtyrer und andererseits zum Kriminellen gemacht werden soll. Vielleicht ist es aber die angemessene Behandlung dieser Geschehnisse, gerade aus der Sicht der unpolitischen Hauptfigur.

    Es gibt Figuren, die uneingeschränkt sympathisch sind, Gereons Assistenten und Charlotte Ritter, die wieder einmal zeigt, was in ihr steckt. Selbst Gereon sammelt Sympathien, die er aber auch immer wieder wegwirft. Er ist kein strahlender Held aber doch jemand, der sein Leben leben will und dem es egal ist, was andere über ihn denken, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Es ist ein Ritt auf der Rasierkante und Gereon muss seinen Preis zahlen.


    Fazit:

    Gereon Rath ist ein vielschichtiger Charakter mit Ecken und Kanten, der mir trotz oder gerade wegen diverser negativen Attribute sehr gut gefällt. Plot und Spannung sind überdurchschnittlich und deshalb vergebe ich fünf von fünf Sternen (9 von 10 Punkten) und spreche eine klare Leseempfehlung aus.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Es gibt einen Unfall bei Dreharbeiten zu einem der ersten Tonfilme. Ein Lichtscheinwerfer fällt auf eine Schauspielerin, die tödlich verunglückt. Eine weitere Schauspielerin wird vermisst. Unabhängig voneinander soll Gereon Rath in beiden Fällen ermitteln, dienstlich und privat und verstrickt sich dabei in das intrigendurchzogene Filmgeschäft Berlins der 1920er Jahre.


    Gereon Rath ist einfach ein unverbesserlicher Kriminalist. Ich folge ihm und seinem Tatendrang so gerne, kann verstehen, wie er sich selbst immer wieder in die Enge treibt und will ihm dennoch so oft sagen: Warte doch! Immer wieder amüsant, wie er die Dinge versucht auf seine kölsche Art zu regeln und damit zu viele Dienstvorschriften umgeht und am Ende alle nur noch die Köpfe schütteln.


    Kutschers Schreibstil ist dabei gewohnt angenehm. Ich liebte den Stil schon im ersten Buch und er bleibt weiterhin so wunderbar, dass man einfach gerne in dem Buch liest. Es gibt nie auch nur einen Absatz, der mich nervt, auch wenn sich die Handlung streckenweise ein wenig zieht. Aber es kam nie der Punkt, wo ich dachte: Okay, jetzt reicht's - eben weil der Stil so toll ist und Gereon als Hauptcharakter so versteckt charmant ist, dass ich einfach hängen bleibe.


    Der Fall war ganz nett, nicht der spannendste, dafür war er dann doch ein wenig zu einfach gestrickt. Aber man konnte schon mit raten und allem gut folgen. So gefiel mir auch die Auflösung am Ende, auch wenn das richtige Ende für mich nicht so melodramatisch hätte ausfallen müssen. Aber das kann ich verzeihen. ;)


    Alles in allem ein schöner Krimi - ich freue mich auf den nächsten aus der Reihe!

  • Der zweite Teil der Gereon-Rath-Reihe hat mir sogar noch besser gefallen als der erste Teil. Endlich habe ich eine neue Reihe gefunden, die ich mit Vergnügen höre. Und das Beste daran: Ich habe noch sechs Teile vor mir.


    In „Der stumme Tod“ hat es Gereon Rath mit einer ermordeten Stummfilmschauspielerin zu tun. Während der Dreharbeiten wird die Schauspielerin Betty Winter von einem herabfallenden Scheinwerfer getötet. Während Gereon noch weitere Baustellen hat, sterben weitere Schauspielerinnen. Allen werden die Stimmbänder entnommen, was schon relativ früh auf einen Täter hinweist, der den neuartigen Tonfilm nicht gutheißt. Gereons Vater zwingt ihm zeitgleich als Gefälligkeit für den späteren Bundeskanzler Konrad Adenauer auf, einen Erpressungsfall aufdecken, der dem damaligen Oberbürgermeister von Köln sehr schaden würde, wenn er nicht unterbunden werden würde.


    Wie schon im ersten Teil hat mir der Charakter von Gereon Rath richtig gut gefallen. Er ist aufbrausend, direkt und hat das Talent sich immer in scheinbar aussichtslose Situationen zu manövrieren. Manchmal hätte ich ihn schütteln können, weil es absehbar war, dass es einfach nicht gutgehen kann, was er gerade plant. Mir gefällt das gemächliche Tempo, in dem Volker Kutscher erzählt, richtig gut. Ich mag es, wenn nicht immer hin und her gehetzt wird und man viel über die Protagonisten erfährt. Hier erfährt man in kleinen Häppchen immer mehr über die Beziehung zwischen Gereon und seinen Eltern. Außerdem kommen einige historische Personen im Buch vor, unter anderem der weiter oben erwähnte Konrad Adenauer, Ernst Gennat (Beamter der Berliner Kriminalpolizei in Preußen) oder der Berliner Polizeipräsident Karl Friedrich Zörgiebel. Die Spielorte wie die Rote Burg (das Polizeipräsidium am Alexanderplatz) oder das Aschinger (Restaurant) sind ebenfalls reale Orte.


    In den späten 1920er Jahren löste der Stummfilm den Tonfilm ab. Stummfilme zeichnen sich dadurch aus, dass einzelne erklärende Sätze zwischen den einzelnen Szenen eingeblendet werden und der gesamte Film mit manchmal eigens dafür komponierter Musik hinterlegt ist. Wenn man sich mal so einen Film ansieht, merkt man schnell, dass diese Filme genauso ausdrucksstark sind wie die heutigen Tonfilme, nur auf eine andere Art und Weise.


    Über den Sprecher, David Nathan, brauche ich vermutlich nicht mehr viel zu sagen. Ich bin seit dem ersten Hörbuch, das er mir vorgelesen hat, großer David Nathan Fan und finde, dass er hier wieder ausgezeichnete Qualität abgeliefert hat.


    Dieser Teil ist ebenfalls als die Serie „Babylon Berlin“ verfilmt worden, allerdings nicht als Staffel 2, sondern als Staffel 3, wobei hier nur der Kerninhalt mit dem Buch übereinstimmt. Ich habe nur einen Teil der ersten Staffel gesehen und finde, dass die Bücher um einiges besser sind als die Serienverfilmung.