In Watte packen - die "Eulenautoren"?

  • Hallöle :wave


    Ich sehe mehr und mehr, dass ich meinen Gedanke von den "Fanclubs" bzw. Zielgruppen bei Rezis, etwas differenzierter darstellen sollte.
    Das ist nicht leicht, da Literatur und Musik von den Emptionen ihrer Konsumenten leben.
    Und da ist vielleicht der Punkt zum Einhaken?


    Ich persönlich stehe auf wuchtige Mucke.
    Das kann Klassik sein, aber auch gerne mal Hard Rock. Meine Sammlung reicht da von Bach, Beethoven und Vivaldi über Pink Floyd und Led Zeppelin bis hin zu Unheilig, Rammstein & Co.
    Somit falle ich aber für Ticketverkäufe eines Roland Kaiser Konzerts flach und würde mir nie eine CD von ihm holen, geschweige denn in einem Musik-Forum besprechen.


    In Sachen Büchern bin ich auch so ein Wanderbienchen, wobei ich aber gewisse Vorlieben habe, denen ich aus finanziellen Gründen (Ich habe nicht zuviel Geld oder Zeit auf dem Konto) exzessiv fröhne:
    Science Fiction in allen Spielarten, Fantasy und Thriller, das ist meine Welt.
    Sogenannte hohe Literatur verstehe ich nicht (oder ich will sie vielmehr nicht verstehen :grin ), Chik-Lit ist auch nicht meine Welt und Liros ... naja, wenn das Grundthema stimmt, warum nicht?
    Das sind nicht alle Genres, aber ein guter Überblick.


    Wenn ich an einer Leserunde teilnehme, ist das eine Verpflichtung zu einem gewissen Lesetempo, weil ich ja nicht hinter den anderen herhinken möchte.
    Warum sollte ich mir da also einen Roman aus einem Genre kaufen, dass mich nicht, oder nur sehr perifär, reizt? Warum sollte ich mich da in einem gewissen Gruppentempo überhaupt durcharbeiten?
    Oder anders:
    Wenn ich durch meine Lieblingsbuchhandlung streife und ab und an einen Blick auf den aktuellen Kontoauszug werfe, warum sollte ich mir dann, als bekennder Science Fiction Leser einen Liebesroman zulegen?


    Schon durch diese Selektion des Angebots in "Will haben", "Klingt reizvoll" und "Was soll ich denn damit? Habe ich etwa Donald Trump im Ausweis stehen?" ist ein erster Punkt für eine gute Rezi gelegt.


    Dann habe ich mir jetzt also ein Buch zugelegt, welches sich im Mittelfeld meiner Interessen bewegt. Es ist ein relativ langes Buch (4-600 Seiten), ich langweile mich nicht, bin aber auch nicht übermäßig begeistert.
    Warum dazu eine Rezi schreiben?
    Das Buch war okay, hat mich aber nicht vom Hocker gerissen. Warum also noch mehr Zeit und Hirnschmalz darin investieren?


    Dann kaufe ich mir ein Buch, dass total auf meiner Wellenlänge liegt. Epische Weltraumschlachten, hehre Recken, abgründige Böse ... Herz, wat willste mehr :grin
    Solange das Buch flüssig zu lesen ist, mich nicht ins Stolpern geraten lässt und mich unterhält, stehen die Chancen, bei allen Schwächen die es vielleicht haben mag, gut, dass es eine gute Rezi von mir bekommt. Egal wer das geschrieben hat, den feuere ich gerne an, dass er mir mehr davon liefert.


    Dann kaufe ich mir ein Buch aus Neugier (und meist auch wegen Weihnachts- oder Urlaubsgeld ;-) ). Das Thema und das Genre dieses Buches liegen so weit jenseits meiner normalen Lesegewohnheiten, dass ich schon irgendetwas daran entdeckt haben muss, um diese Ausgabe wirklich tätigen zu wollen.
    Bin ich begeistert, tue ich das (unter der Bemerkung, dass ich gar nicht zur sogenannten Fangemeinde oder Zielgruppe gehöre) auch kund. Sehr gerne sogar, denn solche Autoren sollte man fördern.
    War es hingegen eine Qual für mich, ist das mein ureigenstes Problem, denn ich Trottel hätte es ja nicht kaufen müssen, wusste ich doch von vorneherein, dass es nicht unbedingt meinem Geschmack entspricht.
    Warum da also noch mehr Zeit und Hirnschmalz in eine vernichtende Rezi investieren, wenn es doch nur ein Experiment war?


    So kommen meiner Meinung nach die "Wattebällchen" zusammen, mit denen angeblich Eulen-Autoren hier beworfen werden ;-)


    Für mich ist es einfach das normalste der Welt, mich nur mit den Dingen zu beschäftigen, die mir auch Spaß machen. Warum sollte ich Tennis spielen, wenn ich doch lieber Fußball mag?
    Warum sollte ich mir eine riesige Sammlung an Krimis zulegen, wenn ich doch viel lieber historische Schinken lese?
    Warum sollte ich über ein Buch aus einem Genre das mir sowieso nicht liegt, eine miese Rezi verfassen?
    Warum mich länger als notwendig mit einem Buch befassen, dass mich gelangweilt hat?


    Eine schlechte Rezi schreibe ich nur, wenn mich das Buch richtiggehend geärgert hat.
    Ist vielleicht ein blödes Beispiel, aber hätte ich "Axolotl Roadkill" gelesen, bevor die Plagiatsvorwürfe aufkamen, hätte ich mich im Nachhinein ver***t gefühlt und zugegebenermaßen auch entsprechend rezensiert.
    Hätte ich "Love" von Stephen King, oder "Limit" von Frank Schätzing nicht abgebrochen, hätten beide vielleicht auch einen Verriss abbekommen.
    So habe ich es (bei "Limit" zumindest schonmal) hier, in dem entsprechenden Thread bei einem "Ich habe fertig" mit Begründung für das Warum belassen, weil ich keinen Grund sah, mich weiter durch diese Bücher zu quälen, wenn ich doch schon nach zweihundert oder vierhundert Seiten festgestellt habe:
    "Sorry, aber das wars für mich. Was kriege ich dafür bei Ebay noch raus?"


    Soweit meine Gedanken, die jetzt vielleicht klarer dargestellt sind.
    Ich glaube auch bei aller Liebhaberei an das gedruckte Wort ganz fest, dass keine Eule soviel Geld zur Verfügung hat, um sich ein Buch zu kaufen, dem es von Anfang kritisch gegenübersteht.
    Ebenso glaube ich, dass wir alle hier nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung haben und sich viele sagen, dass jede weitere Minute Beschäftigung, mit einem schlechten Buch, vertane Zeit ist, die besser in ein gutes investiert wäre.


    Das ist kein Vorwurf oder Urteil oder in Stein gemeißelt, und sollte bitte nicht als Angriff auf diejenigen gesehen werden, die genreübergreifend lesen und auch gerne rezensieren.
    Jeder so, wie er ganz persönlich mag.
    Und ich glaube, dass ich nicht so ganz weit weg vom Denken und Fühlen der Allgemeinheit bin ;-)


    Sonst müsste ich ja langsam doch Angst um meinen Geisteszustand und mein Sozialverhalten bekommen ;-)

  • Ein wahrhaft erstaunlicher Fred. Und nach anderthalbstündiger Lesung desselben fühlt sich selbst die vorsichtig gewordene Lipperin bemüßigt, sich zu Wort zu melden *rafft einige noch vorhandene Reste ihres Selbstvertrauens zusammen und sagt, was sie zu sagen hat*:


    Würde ich einen Autor (ich werde nur die männliche Form verwenden, meine aber beide Geschlechter) in Watte packen, nur weil er Eulenautor ist?
    Klare Antwort: Nein. Warum sollte ich? Abgesehen davon, dass ich bei weitem nicht alle Eulenautoren gelesen habe, weil ihre Bücher mein vielzitiertes Beuteschema nicht unbedingt ansprechen, denke ich nicht, dass ich jemandem etwas „schulde“, nur weil wir mehr oder weniger zufällig im selben Forum registriert sind. Wenn ein Autor solches erwarten sollte, sollte er meiner Meinung nach seine Erwartungen überdenken.


    Selbst wenn ich an Leserunden teilgenommen habe, bei denen es Freiexemplare gab, habe ich mir die Bücher – bis auf einen Fall, aber da haben alle Leserundenteilnehmer ein Exemplar bekommen – immer selbst gekauft und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich für mich selber ausschließen wollte, dass ich nicht von vornherein einer gewissen Dankbarkeit erliege.
    (BTW: Ich bekomme auch keine Freiexemplare vom Francke- oder Gerth-Verlag – ich stelle die Bücher vor, die mir gefallen, mir etwas gebracht haben, und nicht das Verlagsprogramm. Aber das nur am Rande; und ob ich den Frager beruhigt habe, bezweifele ich, jeder denkt ja doch, was er möchte.)


    Was mich allerdings etwas ... fassungslos ist vielleicht ein zu starkes Wort, aber mir fällt nichts anderes ein ... gemacht hat, ist etwas anderes: Es ist mehrfach angesprochen worden, dass nur positive Rezis – und das betraf, soweit ich es verfolgen konnte, nicht unbedingt nur Eulenautoren - unglaubwürdig seien. Ohne die jeweiligen Einzelfälle genau zu kennen und mich auch nicht unbedingt angesprochen zu fühlen, finde ich diese Pauschalierung etwas ... gewagt. Warum darf ich (um keine anderen Namen zu nennen) nicht sagen, was mir gut gefällt? Warum sollte ich unbedingt etwas kritikwürdiges mit der größten Lupe, die ich habe, suchen, wenn mich ein Buch so begeistert hat, dass ich diese gerne mitteilen möchte? Andere Leser lesen doch sowieso etwas anderes darin und daraus. Kritik um der Kritik willen ist nicht meine Art – und ich denke herausgelesen zu haben, dass ich da nicht alleine bin. Ich glaube auch nicht, dass ich hier alleine bin, wenn ich sage, dass ich sprachanalytisch oder textkritisch nicht gedenke tätig zu werden, weil mir dafür schlicht die Grundlagen fehlen. Für mich stelle ich nur fest, dass ich immer weniger Lust dazu verspüre, ein Buch vorzustellen, wenn ich nichts negatives zu sagen habe.


    Da der Fred mittlerweile so einiges unterwegs aufgesammelt hat, äußere ich mich jetzt auch zu Dingen, die Voltaire nicht gefragt hat, mir aber eine gewisse Wichtigkeit zu haben scheinen – wohlgemerkt, es handelt sich ausschließlich um meine eigene Meinung, auch wenn ich das nicht immer wieder sage -:


    Sollte ein Autor eine Leserunde begleiten und sich für die Wortmeldungen/Rezis bedanken?
    Soweit es den ersten Teil der Frage betrifft: Ja, unbedingt, aber nur, wenn er wirklich daran interessiert ist, Fragen, Anmerkungen, auch Kritik zu hören; dass er dazu ein gewisses Pensum Zeit investieren sollte, sollte sich herumgesprochen haben.
    Was den zweiten Teil der Frage betrifft: Um ehrlich zu sein, ich freue mich, wenn das, was ich zu sagen hatte, dem Autor „etwas gebracht“ hat; ich denke, ein jeder ist für Lob empfänglich und warum sollte ein Dankeschön vom Autor für ein solches nicht angebracht sein. Im Gegenzug halte ich persönlich es auch für legitim, wenn ein Autor eine allzu kritische Äußerung, die vielleicht nicht als solche erkannt wird, hinterfragt. Schlimm wird es in meinen Augen dann, wenn ich als Außenstehende den Eindruck habe, da reden im Grunde Leser und Autor aneinander vorbei oder ein Autor ist nicht kritikfähig. Welche dieser beiden Optionen für den jeweiligen Einzelfall Geltung hat, muss jeder für sich entscheiden.


    Leserunden mit Autorenbegleitung habe ich wirklich geliebt, schon aus dem Grund, Fragen stellen zu dürfen, die Sicht des Autors mit meiner zu vergleichen – aber deshalb nicht sagen, was ich denke? Ich bilde mir ein, immer – um mal beim Thema zu bleiben – meine Wattebäuschen ausgepackt zu haben; so kann ich mich durchaus an meine römerunfreundlichen Bemerkungen anlässlich der Varus-Leserunde oder anderer Bücher von Iris Kammerer erinnern. Nun ist es allerdings das Eine, es im eigenen Sinne zu formulieren und es ist etwas vollkommen Anderes, wie Autor oder User dieses lesen, denn jedes Lesen bedeutet im Grunde interpretieren. Ich lege ganz einfach Wert auf ein gewisses Maß an Höflichkeit; einer meiner größten Fehler scheint zu sein, dass ich das auch von anderen erwarte. Will sagen, meine Wattebäuschchen sind wirklich und nur aus Watte, es ist kein Pflasterstein mit eingepackt.


    Geht es hier lustig zu?
    Aber sicher doch, so lustig, dass mir in den letzten Monaten mehrfach die Tränen gekommen sind. Nein, ich werde mich hüten, die die leidigen religiösen Debatten anzusprechen. Wer dazu etwas zu sagen hat, soll es tun. Mir reicht es durchaus, mitzulesen und quasi im Geiste meine Antworten, meine Zustimmung, meinen Unmut, mein Unverständnis, meine Widerworte etc. zu formulieren.
    Man hat mir anlässlich zweier Leserunden und einiger Rezis (ja, ich weiß, ich schreibe keine, aber ich bitte zu bedenken, dass das Wort Rezi nur vier Anschläge sind, einmal linker Zeigefinger, einmal linker Mittelfinger, einmal rechter Zeigefinger, einmal rechter Mittelfinger – im Gegensatz zu Buchvorstellung, dass sind jede Menge mehr Buchstaben mit diversen Fingerbewegungen, darum bleibe ich so gerne bei dem kürzeren Wort) - per Mail und nein, ich werde die nicht öffentlich machen - den Vorwurf gemacht, ich sei eine „elitäre gefühlsdusselige Schwätzerin“ und noch einiges anderes mehr. Es kommt mir jetzt nicht so darauf an, das zu thematisieren, sondern einzig und allein in Erinnerung zu rufen – auch mir selber -, dass das, was ich sage, bei anderen vollkommen anders ankommen kann. So unterschiedliche die Menschen, so unterschiedlich die Meinungen – deshalb ist es ja oft so spannend hier. Womit ich (und bin ich damit wirklich allein?) ein Problem habe, ist das „Hauen und Stechen“, die Provokation (von der ich zugegebenermaßen nicht immer weiß bzw. erkennen kann, ob sie bewusst oder unbewusst eingesetzt ist), das Nichtgeltenlassen einer anderen Meinung (sorry, aber so kommt es hin und wieder bei mir an). Deshalb und wegen einiger anderer Unerfreulichkeiten im Zusammenhang mit meinen Äußerungen, ob sie nun innerhalb einer Leserunde oder anlässlich einer Buchvorstellung geschahen, bin ich vorsichtig geworden. Ist das feige? Bin ich harmoniebedürftig? Nun, ich nenne es einfach nervenschonend.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Geht es hier lustig zu?


    Lipperin...in Deinem Posting sind viele Punkte enthalten, die es wert sind, dass wir alle uns bisschen Gedanken darüber machen....


    Ich picke jetzt einfach mal einen davon raus.


    Ja, es geht manchmal schon lustig zu bei den Eulen....für mein ganz persönliches Empfinden geht es mir einfach immer noch bisschen zu oft auf Kosten anderer "lustig" zu....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)


  • :write :write
    Das habe ich mir eben auch gedacht.
    Und ich bin immer wieder entsetzt, wie viele Eulen auf Grund ihrer Rezis in Form von PNs "angemacht" werden. :-( Unglaublich. Mir würde sowas nie in den Sinn kommen.


    Genau so hast du mit deiner Bemerkung zum "lustig sein" leider mMn auch Recht, Joan.


    Überhaupt finde ich viele Teile dieses Threads ziemlich, ich weiss auch nicht, irgendwie gruselig.

  • @ Dirk Lipperin


    ihr sprecht mir aus dem Herzen.


    Ich schreibe wenig Buchbesprechungen (Rezensionen sind für mich was fürs Feuilleton), den sie kosten Zeit. Und für ein bereits gelobtes Buch, das ich ebenfalls gut finde, bringt es nichts.
    Vor einen mMn schlechtem Buch warnen, was bringts? Es gibt für jedes Buch, das mir nicht gefällt, jede Menge Leser, für die es das Beste ist, das sie je gelesene haben.


    Ich habe mir vorgenommen Bücher von Autoren, die hier bei den Eulen nicht vorgestellt wurden zu besprechen, wenn ich sie für empfehlenswert halte, sie mir also angenehme Unterhaltung brachten.
    Wird allerdings ein Buch hochgelobt, bei dem meine Erfahrung eine andere ist, äußere ich meine Meinung dazu. Aber auch bei einem Buch, das überwiegend zerrissen wird und es mir gut gefällt.
    Im ersten Fall kann es Eulenautoren betreffen, das Gegenteil dürfte eher selten sein.


    Leserunden mache ich mit, wenn mich das Buch interessiert, ob es nun mein Beuteraster ist oder nicht. Bei Frau Hegemann war es die FAS- Rezension. Wobei, hätte ich es nicht gewonnen, ich hätte es mir nicht gekauft, sondern auf das TB gewartet. Und mit meinem letztendlichen Urteil gehe ich immer noch schwanger.


    Allerdings bin ich immer um eins bemüht, ob Eulenautor oder nicht, wie die Lipperin schon schrieb - ein gewisses Maß an Höflichkeit und Respekt zu wahren. Man mag das als Wattebällchen sehen. Meinetwegen, wer's braucht.


    Ob ein Autor mit meinen Äußerungen etwas anfängt, das ist seine Sache. Ich biete ihm eine Möglichkeit, die er annehmen oder lassen kann.


    Etwas unwirsch werde ich nur, wenn ein Autor meine negative Meinung, die sich ausschließlich auf ein Buch bezieht, mit Bemerkungen, die nichts mit dem Buch zu tun haben, beeinflussen will. Ist aber erst zweimal vorgekommen.


    Also zu Eingangsfrage:


    Nein keine Wattebällchen, aber mit einem mit einem Mindestmaß an zivilisierter Höflichkeit und Respekt, so wie man selbst behandelt werden möchte.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson


  • Das habe ich als Neuling und ehemaliger "Nur-Leser" so noch nicht bemerkt, aber es erinnert mich ein wenig an all die "Bezahl-Kritiker", die man zu fast allen Kulturecken so kennt.


    Plönack auf Sat1 ist ein witziges Kerlchen, wenn er wie ein HB-männchen auf dem Sofa rumturnt und Filme, gleich welchen Genres lobt oder zerpflückt.
    MRR ist ja die Legende unter den herzinfarktgefährdeten Chol ... äh ... Kritikern, und bietet somit auch immer eine gute Show.


    Aber sind die beiden für mich, als (zahlender!) Kinogänger und Leser das Maß aller Dinge? Zwei Kritiker, die alles sehen und lesen, was da in ihrem Bereich so kommt?
    Nö.
    Die beiden sind einfach nur ein Beispiel für lustige (?) Unterhaltung, bei der ich verdränge, dass sie jemanden, der Lebenszeit, Hirnschmalz, Energie (und manchmal auch Geld) in etwas Kreatives gesteckt hat, zur Basis ihrer Popularität machen. Ich nehme die Worte der beiden nicht sonderlich ernst und sage gerne zu einem cholerischen Arbeitskollegen, er solle aufhören einen auf Plönack zu machen und stöhne gerne auch mal lautstark, wenn ein anderer Kollege im Büro wieder über die Welt und ihre Schlechtigkeit jammert, er solle den MRR aus seiner Stimme nehmen oder aufhören den Küblböck zu geben.


    Für mich zählen eher die Worte von den Leuten, die auch Spaß an dem jeweiligen Medium und dem jeweiligen Genre haben. Aber selbst dann, wenn da wirklich Wattebällchen ausgepackt werden, gibt es kritische Untertöne. Und wenn ich mehrere Rezis / Besprechungen aus einem Genre gelesen habe, so glaube ich als Leser (vielleicht auch als Autor?) sehr gut herausfinden zu können, was ist Watte, was ist höflich formulierte Kritik und was ist ein Plönack oder ein MRR.


    Von daher habe ich hier noch keine Wattebällchen gesehen und mich gerne hier angemeldet, weil es eben auch das eine oder andere Buch gibt, dass mir gefallen hat (oder auch nicht) und über das ich mich gerne mit anderen austauschen möchte.


    Ebenso möchte ich dyke zustimmen ...

    Zitat

    Original von dyke
    Etwas unwirsch werde ich nur, wenn ein Autor meine negative Meinung, die sich ausschließlich auf ein Buch bezieht, mit Bemerkungen, die nichts mit dem Buch zu tun haben, beeinflussen will. Ist aber erst zweimal vorgekommen.


    Also zu Eingangsfrage:


    Nein keine Wattebällchen, aber mit einem mit einem Mindestmaß an zivilisierter Höflichkeit und Respekt, so wie man selbst behandelt werden möchte.


    Richtig.
    Als zahlender Konsument möchte ich schon ernst genommen werden, wenn ich jemandem die Brötchen oder die Miete bezahle. Und respektieren kann ich persönlich nur die Menschen, die mir auch mit Respekt entgegentreten, was wiederum bedingt, dass ich ebenfalls mit Respekt daherkomme.


    So einfach ist das in meinen Augen *schulterzuck*

  • Nur mal eben meine 5 cent:


    Wenn ich ein Buch rezensiere schreibe ich meine ehrliche Meinung zu dem gelesenen Buch, wobei ich Kraftausdrücke auch nur im Notfall verwende.


    Bei Büchern von Eulenautoren, die ich größtenteils persönlich kenne, halte ich mich mit solchen Ausdrücken schon eher zurück, allerdings als Akt der Höflichkeit.
    Zu jemandem den ich kenne sage ich einfach aus Höflichkeit - nicht ais Feigheit - niemals "Das Buch war scheisse", weil ich es als unhöflich empfinde Bekannten und sogar Freunden gegenüber diese Wortwahl zu verwenden.
    Man kann durchaus ehrlich und höflich sein, ohne sich anzubiedern!

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Was mich allerdings etwas ... fassungslos ist vielleicht ein zu starkes Wort, aber mir fällt nichts anderes ein ... gemacht hat, ist etwas anderes: Es ist mehrfach angesprochen worden, dass nur positive Rezis – und das betraf, soweit ich es verfolgen konnte, nicht unbedingt nur Eulenautoren - unglaubwürdig seien. Ohne die jeweiligen Einzelfälle genau zu kennen und mich auch nicht unbedingt angesprochen zu fühlen, finde ich diese Pauschalierung etwas ... gewagt. Warum darf ich (um keine anderen Namen zu nennen) nicht sagen, was mir gut gefällt? Warum sollte ich unbedingt etwas kritikwürdiges mit der größten Lupe, die ich habe, suchen, wenn mich ein Buch so begeistert hat, dass ich diese gerne mitteilen möchte? Andere Leser lesen doch sowieso etwas anderes darin und daraus. Kritik um der Kritik willen ist nicht meine Art – und ich denke herausgelesen zu haben, dass ich da nicht alleine bin.


    Ich habe das Gefühl, dass Du da etwas enorm falsch verstanden hast. Wenn Dir ein Buch sehr gut gefällt, dann ist es natürlich quatsch, auf Teufel komm raus Kritikpunkte zu suchen. Dann spricht auch nichts gegen eine 10 von 10 Punkte-Wertung.
    Aber manche User schreiben offenbar AUSSCHLIESSLICH Bewertungen über Bücher, denen sie 10 Punkte geben. Und jeder, der viel liest, fragt sich doch dann: hmm, komisch, mir kommen auch 4 Punkte-, 7 Punkte-, 8 Punkte-Bücher unter, warum ist das bei diesem Rezensenten anders?


    edit: manche sagen ja auch, dass sie für sie schlechte Bücher lieber nicht rezensieren. Aber wie gesagt, es gibt auch 7, 8 oder 9 Punkte. Es gibt auch bei "gefällt mir" Abstufungen.

  • Mein ureigenes Fazit zum eigentlichen Thema dieses Threads:


    - Es gibt Eulen, die nur jene Bücher rezensieren mögen, die ihnen ganz besonders gut gefallen haben.


    - Es gibt Eulen, die mit Vorliebe Verrisse schreiben


    - Es gibt Eulen, die sich mit ihren Rezensionen zwischen diesen beiden Polen bewegen


    - Es gibt Eulen, die Gefälligkeitsrezensionen schreiben


    - Es gibt Eulen, denen es nie im Traume einfallen würde, eine Gefälligkeitsrezension zu schreiben.


    - Es gibt Eulen-Autoren, die sich mit Vehemenz dagegen wehren, dass man mit Wattebällchen nach ihnen wirft.


    - Es gibt Eulen-Autoren, die solche Wattebällchen ganz gerne annehmen, um jene Wunden zu pflegen, die ihnen von jenen Rezensenten geschlagen wurden, die von ihren Werken nicht überzeugt waren.


    - Es gibt Eulen, die niemals ein TB kaufen würden


    - Es gibt Eulen, die niemals ein HC kaufen würden


    - Es gibt Eulen, die sind heterosexuell


    - Es gibt Eulen, die sind homosexuell


    - Es gibt Eulen, die haben X-Beine


    - Es gibt Eulen, die haben O-Beine


    - Es gibt Eulen die sind katholisch


    - Es gibt Eulen, die sind atheistisch


    - Es gibt Eulen, die gerne über das alles diskutieren....


    :knuddel1


    Achso ja, fast vergessen....es soll sogar eine Eule geben, die nichts anderes mehr lesen mag als diese oberdooooofen Biografien. :grin

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  • ......und es gibt die Eulen, die ganz einfach nur ihre Meinung sagen. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Voltaire ()

  • Zitat

    Original von Bell
    Aber manche User schreiben offenbar AUSSCHLIESSLICH Bewertungen über Bücher, denen sie 10 Punkte geben. Und jeder, der viel liest, fragt sich doch dann: hmm, komisch, mir kommen auch 4 Punkte-, 7 Punkte-, 8 Punkte-Bücher unter, warum ist das bei diesem Rezensenten anders?


    edit: manche sagen ja auch, dass sie für sie schlechte Bücher lieber nicht rezensieren. Aber wie gesagt, es gibt auch 7, 8 oder 9 Punkte. Es gibt auch bei "gefällt mir" Abstufungen.


    Lipperin,
    dazu wurde in diesem Thread Videorezensionen einiges geschrieben.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    ......und es gibt die Eulen, die ganz einfach nur ihre Meinung sagen. :wave


    - Und es gibt Eulen, die diese Meinungen unterstützen


    - Und es gibt Eulen, die diese Meinungen zu atomaren Kleinstpartikelchen zerhacken....


    :grin

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  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Joan ,
    vielleicht solltest Du eine Umfrage starten, wer sich worin wiedererkennt. :-)


    JaneDoe....das würde mir im Traume nicht einfallen.


    Denn wenn ich eine Erkenntnis gewonnen habe bei meinem Mittun in der virtuellen Welt, dann ist es diejenige, dass es enorm viele Menschen gibt, die sich und auch ihr Verhalten sehr schlecht einschätzen können.
    Etwas, das mir in meinem realen Leben gar nicht so sehr aufgefallen ist.


    :knuddel1


    Edit: Text noch bisschen ergänzt.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • Selten hatte ich in einem Thread solches Lesefutter wie hier.


    Online Rezensionen haben Macht. In der Masse haben sie große Macht.
    Sie haben hier im Eulenforum längst nicht so viel Macht wie bei Amazon.
    Wenn jemand ein Buch mag und möchte, dass der Autor bestärkt wird, weiter in dieser Art zu schreiben, hilft einevon vielen positiven Eulenrezis vielleicht nicht mit der Vehemenz, welche die 21te Amaonrezi vermag. Es gibt Mechanismen, die bei Aamazon erst nach einer gewissen Anzahl von Rezis in Bewegung geraten.
    Also besser doppelt: hier geschrieben und nach Amazon kopiert, macht nicht viel Arbeit und wirkt.


    Wer gern etwas Wisseschaftliches zur Wirkung von Online-revies lesen möchte und gut Englisch kann, hier bitte:
    http://www.weberbooks.com/reviews.pdf


    Natürlich ist das nur mit Abzügen auf den deutschen Markt übertragbar, weil es natürlich viel mehr englisch sprachige Leser gibt, allein schon die Reviewzahlen bei den Topbüchern macht einen Autor schwindlig beim Hinschauen.
    Auch hat diese Umfrage von vor einer Weile gezeigt, dass Eulenleser eher dem Urteil von Freunden als Onlinerezensionen vertrauen.


    Wer ein Buch nicht mag, und möchte, dass der Autor und der Verlag ein klares Signal bekommen, dass diese Art von Lektüre nicht gewünscht wird, der würde es durch ignorieren am besten hinbekommen, denn bei Amazon werden Bücher ohne Reviews seltener gekauft als selbst jene mit negativen Reviews.


    Ich sehe keine Gefahr, dass sich eine Horde wilder Eulen aufmacht, das BücherWeb aufzumischen und die Programme der Verlage mit dem Eisenrechen durchfegt.
    Dazu sind die Geschmäcker einfach zu verschieden. Daher wundern mich auch unterschiedliche Rezensionswerte nicht. Jeder Mensch liest anders, daher gibt es bei vielen erfolgreichen Büchern bei Amazon auch trotzdem einser und zweier Wertungen.
    Und wer, bitteschön, hätte hier die Macht über eine große Zahl unterschiedlich denkender Bücherfreunde, um sie zu einem großen, hirnlosen Mob zu kneten?


    Niemand und am allerwenigsten diejenigen, die laut (weil schriftlich) mit dem Mob-Gedanken spielen.


    Das ist nicht nötig, mir gegenüber als Autorin zumindest nicht. Ich respektiere Online-Meinungen und weiß um ihre Wirkung. Anonym, Nicknames, hin oder her. Gut geschriebene Rezensionen, die hier oder bei Amazon geschrieben werden, haben Gewicht.

  • Zitat

    Original von Bell


    Ich habe das Gefühl, dass Du da etwas enorm falsch verstanden hast.


    Habe ich das wirklich?
    Den entsprechenden Faden wie auch einiges andere mehr habe ich sehr aufmerksam verfolgt.
    Wohlgemerkt: Es würde mich wahrlich freuen, wenn es tatsächlich so wäre, wie Du meinst.
    Aber weil ein anderer das viel besser ausdrücken kann wie ich, darf ich den Herrn Geheimrat zitieren:
    "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."

  • Hallo Lipperin,


    was immer Du da herausliest - schreib doch Deine Rezis einfach weiter so, wie es Dir gefällt. Ich habe in einer Rezi von Dir und einer von SiCollier aus den letzten Tagen gelesen: "Es wird ja immer wieder Kritik gefordert, aber ich finde an dem Buch nichts negatives, also sollten diese Leute diese Rezi hier am besten gar nicht lesen" - sinngemäß. Das finde ich albern und ärgerlich, weil die meisten wie gesagt m.E. keineswegs Kritik auf Teufel komm raus fordern. Und selbst, wenn es ein paar doch tun - na und?


    Wie hat Joan so schön geschrieben:



    Ich will mir das jedenfalls ein bisschen zu Herzen nehmen.

  • Zitat

    Original von Bell
    Ich habe in einer Rezi von Dir und einer von SiCollier aus den letzten Tagen gelesen: "Es wird ja immer wieder Kritik gefordert, aber ich finde an dem Buch nichts negatives, also sollten diese Leute diese Rezi hier am besten gar nicht lesen" - sinngemäß. Das finde ich albern und ärgerlich, (...)


    Da ich auch angesprochen wurde, eine kurze Antwort (zumal das hier OT ist): aus meiner Sicht ist das weder albern noch ärgerlich. Ich habe die entsprechenden Diskussionen verfolgt und fühle mich angesprochen, weil ich in der letzten Zeit, soweit ich mich erinnere, nur gute Rezis geschrieben habe. Das hängt sicher zum großen Teil auch mit der immer noch recht deutlich anhaltenden Leseunlust und der dadurch stattfindenden Vorauswahl der Bücher, die ich überhaupt lese, zusammen. Solche, die mir vermutlich nicht oder nicht so gut gefallen, fange ich überhaupt nicht erst an. Es werden also auch auf absehbare Zeit von mir vermutlich nur positive Rezis kommen.


    Angesichts der erwähnten Posts habe ich aber schon überlegt - und tue das immer noch - inwieweit ich dann auch Rezis hier einstellen soll. Denn, wie gesagt, ich finde es weder albern noch ärgerlich. Wenn es andere andererseits ärgerlich finden, nur positive Rezis lesen zu müssen, kann ich mir die Mühe und denen den Ärger ersparen.



    Zitat

    Original von Bell
    (...) weil die meisten wie gesagt m.E. keineswegs Kritik auf Teufel komm raus fordern. Und selbst, wenn es ein paar doch tun - na und


    Ich habe im „realen Leben“ mehr als genug Ärger, Sorgen und Sch... am Hals, da habe ich wirklich keine Lust, mir bei der Freizeitbeschäftigung „Rezi schreiben“ noch Gedanken machen zu müssen, weshalb ich schon wieder eine (sehr) positive geschrieben habe und mich dafür möglicherweise noch rechtfertigen soll. Anstatt ein neues Schlachtfeld zu eröffnen, würde ich es dann lieber lassen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")