Autoren und ihre Allüren

  • Ich habe mal gelesen, dass Günter Grass nach Lesungen nur gebundene Bücher signiert und Autogramme in Taschenbücher verweigert. Ist euch dieses oder ähnliches Verhalten auch von anderen Autoren bekannt?


    Und weiß vielleicht jemand, wie Grass seinen Schritt begründet?

  • Zitat

    Original von lazybear


    Und so entstehen blöde Gerüchte! :rolleyes
    *fröhlich meine von Grass signierten TB anguck*


    Naja, das Gerücht ist ja schon entstanden :gruebel
    Aber wahrscheinlich steckt hinter diesem Gerücht die Marketingabteilung von einem Buchgeschäft, die lieber HCs anstatt TBs verkauft :lache

    Ein Mädchen sollte zwei Sachen sein: Elegant und fabulös.

    (Coco Chanel)


    #proannika

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  • Javier Marías hat während einer Lesung mehrmals demonstrativ auf die Uhr gesehen (er hat auf spanisch gelesen, dann hat ein anderer dasselbe auf deutsch vorgelesen - und das deutsche dauerte immer viel länger).

  • @ Herr Palomar und lazybear


    Wenn ihr das sagt, scheint das wohl der Wahrheit zu entsprechen. Ich habe übrigens die Quelle nachträglich noch gefunden: Sie stammt aus der Rubrik "Fragen sie MRR" von faz.net.


    Link


    Zitat

    In Lübeck kaufte ich die „Blechtrommel“ im Taschenformat. Ich bat Grass, das Buch zu signieren. Er lehnte ab, er signiere nur gebundene Bücher. Würden Sie genauso reagieren? Eva-Maria Stegemann, Bruchköbel


    Nein, ich würde auch ein Taschenbuch signieren, aber ich verstehe Grass, der dies nicht tun wollte.

  • Hallo,


    ich verstehe den Günter Grass nicht. Schließlich kaufen die Leser ja die Bücher, egal ob HC oder TB und für jedes verkaufte Buch streicht er ja auch Geld ein. Weshalb sind die Leser seiner TB dann für ein Autogramm "unwürdig"? Ich möchte ihn mal sehen, wenn es von ihm keine TB mehr geben würde. Da müsste er auf verschiedene Einnahmen verzichten. Unglaublich dieses divenhafte Getue.


    René

  • Hallo,


    ich bezog mich auf den Beitrag von Solea. Es muss also vorgekommen sein. Vielleicht hat ihn etwas zu Umdenken angeregt, denn es wäre auch schändlich, würde er sich bei Taschenbüchern verweigert.


    LG


    René

  • Zitat

    denn es wäre auch schändlich, würde er sich bei Taschenbüchern verweigert


    Schändlich, so so. :grin


    Kein Autor muss überhaupt irgendwas signieren. Oder Signierstunden abhalten. Oder Lesungen veranstalten. Es gibt viele Schriftsteller, die nichts davon tun, weil sie sich nicht für Veranstaltungskasper halten, sondern für Leute, deren Job erledigt ist, wenn das Buch vorliegt. Einige lassen sich überhaupt niemals in der Öffentlichkeit blicken.


    Ich habe Douglas Adams ein paar Jahre vor seinem Tod live gesehen, das hat damals 25 DM Eintritt gekostet - viel Geld für eine Lesung. Dutzende Fans standen nach dem Ende der Veranstaltung vor der Bühne, darunter nicht wenige in Bademänteln, und warteten darauf, dass er käme, um ihre zerschlissenen "Anhalter"-Exemplare zu signieren - aber der Meister hat sich nicht mehr gezeigt. Wer wusste, dass Adams nur äußerst selten zum Signierstift griff, war nicht sehr überrascht.


    Und ob das "Allüren" sind, wenn jemand, der sehr erfolgreich ist, Bedingungen für seine Auftritte festlegt, ist eine weitere Frage. Ich habe in meiner Radiozeit viel mit (Rock-)Musikern zu tun gehabt, und da war es die Regel, dass die mitgereisten Promoter der Plattenfirmen vor den Terminen prüften, ob die zuweilen recht originellen Forderungen der (nicht immer großen) Stars bezüglich der Gegebenheiten auch eingehalten wurden. Von Bananen in einem ganz bestimmten Reifezustand (mit Farbskala zum Vergleichen für die Veranstalter) über exquisite, meistens aber kaum erhältliche Mineralwassersorten bis hin zur Raumausleuchtung (bei Radioterminen!) gab es da alles - und noch viel mehr.


    Ich finde, man sollte respektieren, was ein Künstler zu tun bereit ist und was nicht. Wenn man die Kunst mag, muss man möglicherweise die Kröte schlucken, dass sich hinter der Kunst ein Arschloch verbirgt. ;-)

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich finde, man sollte respektieren, was ein Künstler zu tun bereit ist und was nicht. Wenn man die Kunst mag, muss man möglicherweise die Kröte schlucken, dass sich hinter der Kunst ein Arschloch verbirgt. ;-)


    Okay, bisher war ja nur echten Größen die Rede ;-)
    Grass, Adams ...


    Aber wie ist das, wenn Frau Wilma von der Ecke plötzlich ihren Erstling veröffentlicht bekommt, der (vielleicht) ein Achtungserfolg wird ... aber sie wegen ihrem eigentlichen Brötchenjob keine Lesungsreise / Tournee veranstalten kann?
    Zählt die dann auch zu den Arschlöchern hinter der Kunst, weil sie nicht vom Vorschuss des Verlags (sofern gezahlt) alleine leben mag?
    ;-)


    Ich weiß, worauf du hinauswillst, aber ein wenig rasierst du da nicht nur des Kaisers Dreitagebärtchen, sondern direkt seinen Schnäuzer mit ;-)


    LG


    Dirk67


  • Hallo Rene,


    ich bin einfach nur vorsichtig bei solchen Behauptungen - niemand von uns war bei der einen Gelegenheit dabei, bei der Grass diese Signierung (angeblich) verweigerte - wer weiß denn, unter welchen Umständen dieses Nein zustande kam? Vielleicht war die gute Frau einfach nur unhöflich und bekam deshalb kein Sprüchlein ins Buch?
    Gleichzeitig gibt es hier mehrere Eulen, die das Gegenteil beweisen können - nämlich, dass Grass sehr wohl auch TBs signiert. Da finde ich es ungünstig, die nicht weitere belegte Ausnahme zur Regel stilisieren zu wollen ...


    Liebe Grüße,
    Monika

  • Zitat

    Original von Tom
    [QUOTE]


    Und ob das "Allüren" sind, wenn jemand, der sehr erfolgreich ist, Bedingungen für seine Auftritte festlegt, ist eine weitere Frage. Ich habe in meiner Radiozeit viel mit (Rock-)Musikern zu tun gehabt, und da war es die Regel, dass die mitgereisten Promoter der Plattenfirmen vor den Terminen prüften, ob die zuweilen recht originellen Forderungen der (nicht immer großen) Stars bezüglich der Gegebenheiten auch eingehalten wurden. Von Bananen in einem ganz bestimmten Reifezustand (mit Farbskala zum Vergleichen für die Veranstalter) über exquisite, meistens aber kaum erhältliche Mineralwassersorten bis hin zur Raumausleuchtung (bei Radioterminen!) gab es da alles - und noch viel mehr.


    Bananen von einem bestimmten Reifegrad bzw. exquisite Mineralwassersorte zu verlangen, halte ich sehr wohl für Allüren. Ich habe mal einige Jahre in einem Stuttgarter 5-Sterne-Hotel gearbeitet und kann von diesen - ich nenne das jetzt einfach mal - Allüren ein Liedchen singen. Meiner Meinung nach haben solche Stars ein Problem mit ihrem Selbstverständnis; die brauchen es, dass andere sich für sich krumm machen. Auf der anderen Seite hab ich in dieser Zeit aber auch eine ganze Menge völlig normale und umgängliche Prominenz ohne extravagante Sonderwünsche kennen gelernt.


    Etwas völlig anderes finde ich es, wenn jemand aus Publikumsscheu keine Lesungen geben oder keine Bücher signieren möchte. Da hätte ich Verständnis für, und das hat auch nichts mit Allüren zu tun.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von solea
    Ich habe mal gelesen, dass Günter Grass nach Lesungen nur gebundene Bücher signiert und Autogramme in Taschenbücher verweigert. Ist euch dieses oder ähnliches Verhalten auch von anderen Autoren bekannt?


    Und weiß vielleicht jemand, wie Grass seinen Schritt begründet?


    Das kann ich nicht bestätigen. Bei einer Lesung wo ich ihn erlebt habe, hat er alles signiert, was man ihm unter die Nase gehalten hat.


    Zu meinen aktiven Buchhändlerinnenzeiten war ich auch eine zeitlang für die Veranstaltungen zuständig. Bei Autoren sind mir da eher weniger Allüren untergekommen, eher bei Menschen, die sonstwie prominent waren und zu einer Signierstunde kamen oder nun auch mal ein Buch zu promoten hatten.
    Von einem, der das Hotel auf Buchhändlers Kosten gewechselt hat, weil das für ihn gebuchte ihm nicht genehm war, kann ich berichten oder von einer Prominenten, die für eine Veranstaltung nur erschien, wenn ein Stylist und ein Friseur in die Buchhandlung kam, um sie frisch aufzuhübschen.


    Wie gesagt, Autoren waren im Vergleich extrem pflegeleicht. Die hatten gelegentlich seltsame Wünsche wie möglichst billig und luxusfrei untergebracht zu werden und so bescheiden wie möglich bewirtet zu werden - aber Allüren würde ich das nicht nennen.
    Allerdings waren da gerne mal sehr eifrige Marketingabteilungen der Verlage, die einen mit Maßnahmekatalogen zuballerten - für bestimmte Wassersorten usw... wo sich dann der ein oder andere Autor doch sogar überrascht zeigte. Ich erinnere mich, dass eine Autorin sich über diesen Katalog mal köstlich amüsiert hat, bei einem Weinumtrunk nach der Lesung. Sie meinte, jetzt versteht sie endlich, warum sie immer und überall die gleiche Wassersorte hingestellt bekommt - sie hat das für einen bizarren Zufall gehalten. :lache

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Wenn ich ein Star wäre und angemessen dafür zahlen könnte, dass man meine Bananen mit einer Farbskala abgleicht, dann würde ich das auch machen.
    Erstens weil Bananen die gerade erst gelb geworden sind, mir einfach besser schmecken als solche mit braunen Stellen, zweitens, weil die Leute ja irgendwas brauchen um drüber zu reden. :grin


    Keine Taschenbücher zu signieren wäre mir dann doch eine zu unnette Macke, da leiden ja die Fans drunter.


    janda : Irgendwie ergibt das sogar Sinn... :gruebel
    Es gibt einige, wenige Mineralwassersorten, die schmecken so furchtbar, dass zu befürchten wäre, die Autorin verzieht nach dem Trinken das Gesicht. Da könnten sich einige paranoide Fans vielleicht persönlich gemeint fühlen. Sowas kann man als ehrgeiziger Verlag nicht dem Zufall überlassen.
    Vielleicht testen sie einmal unauffällig aus, welche Mineralwassersorte geht, und verlangen die dann bei jeder Lesung? :gruebel


    Aber die Autoren, die aus Höflichkeit nicht sagen, dass es ihnen nicht schmeckt, und es schaffen, nicht das Gesicht zu verziehen - die wären dann ja wirklich arm dran! Denen würde dann ja bei jeder Lesung die verhasste Sorte hingestellt!