Dolan, Harry: Böse Dinge geschehen

  • Dolan, Harry: Böse Dinge geschehen; © November 2010, DTV München; ISBN: 9783423248129


    Wenn der Krimiautor einen Krimiautor erfindet


    Der wiederum damit beschäftigt ist, die Leiche eines Krimiautors verschwinden zu lassen – dann ist die Polizei nicht weit. Loogan zieht nach Ann Arbor und mietet sich dort ein hübsches Haus. Schnell bekommt er Kontakt zur örtlichen Literaturszene, schreibt ein Buch, arbeitet in einem Verlag, befreundet sich mit dem Verleger – und fängt ein Verhältnis mit dessen Frau an. Als er eines Tages von seinem Verlegerfreund Tom Kristoll gebeten wird, die Leiche eines Mannes verschwinden zu lassen, wird aus der Theorie schnell die Praxis.


    Es bleibt nicht bei einer Leiche, und schnell muss Loogan beweisen, dass Morde nicht nur in der Theorie sein Metier sind. Jeder erzählt plausible Geschichten, die sich nur zu schnell als perfekte Lüge entpuppen. Mit Kripofrau Elisabeth liefert er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bis beide es schaffen, das immer verwirrender werdende Rätsel zu lösen.


    Dolan siedelt seinen Krimi in der Literatenszene an. Damit tut er des Guten m. E. zuviel. Jede seiner Figuren – soweit sie Schriftsteller sind - erzählt perfekte Geschichten, der Hauptdarsteller agiert so souverän, dass er die Grenzen der Glaubwürdigkeit überschreitet. Bei einigen Nebenfiguren jedoch, da patzt Dolan. Eine Nachbarin, die einem x-beliebigen Mann Vertraulichkeiten auf die Nase bindet, einen wichtigen Schlüssel aus der Hand gibt, und ein Lagerarbeiter, der vor Dummheit kaum noch laufen kann, taugen zwar als Stichwortgeber – aber zu sonst nichts.


    Der Autor ist über sein Ziel eindeutig hinausgeschossen. Das tut dem Werk nicht gut. Die Spannung leidet unter den endlosen Dialogen, die Überperfektion macht alles steril. Man kann sich einen Elfenbeinturm-Gelehrten vorstellen, der am Kamin dieses Buch liest, aber nicht Otto Normalverbraucher in Bett oder U-Bahn beim ganz normalen Schmökern.

  • Hmm, das sehe ich ein wenig anders ;-). Hier meine Meinung:


    Zuvor noch etwas über den Autor:
    Harry Dolan, geboren in Rome, New York, studierte Philosophie an der Colgate University und der University of North Carolina und arbeitete mehrere Jahre als freier Redakteur. Er lebt heute in Ann Arbor, Michigan.
    www.harrydolan.com


    Ein Titel, der richtig gut zum Buch passt! Unaufgeregt, manchmal fast lakonisch wird ein interessanter Krimiplot der etwas anderen Art vom dem Leser entfaltet.
    Ohne eine Ahnung zu haben, um was es eigentlich gehen könnte, ist man von Beginn an gefesselt und neugierig, wohin sich die Geschichte mit und um den mysteriösen David Loogan entwickeln wird.
    Trotz mehrerer Leichen kommt der Autor erfreulicherweise ohne blutige und/oder eklige Details aus. Er legt den Schwerpunkt eher auf die Ausgestaltung der Protagonisten und lässt sie Dialoge mit manchmal sehr trockenem Humor und Anflügen von Sarkasmus führen.
    Die Ermittlungen bezüglich der diversen Todesfälle gestalten sich kompliziert und es kommt immer wieder zu verblüffenden Wendungen, schlussendlich sogar zu einem spannenden „showdown“. Sie werden letztlich zufriedenstellend abgeschlossen und alle losen Fäden verknüpft. Auch das Geheimnis um David Loogan wird gelüftet. Lediglich der Sinn von S. 411 bis 413 hat sich mir nicht erschlossen!


    Fazit:
    Ein leicht zu lesender und trotzdem intelligenter Krimi, so gar nicht typisch amerikanisch! Mir hat das Buch richtig gut gefallen und ich würde jederzeit einen weiteren „Harry Dolan“ lesen.
    Mein Mann liest das Buch gerade und teilt meine Meinung. Mal sehen, was er zu den o.g. merkwürdigen Seiten meint :-).


    Von mir gibt es 9 Punkte für einen sehr unterhaltsamen Krimi.


    Edit fragt: Kann man den m. E. völlig unangemessenen Smiley im Betreff entfernen? Ich halte es nicht für richtig, quasi im Titel schon eine Wertung abzugeben!

  • Das Buch: David Loogan wird in der Kleinstadt Ann Arbour Lektor bei einem Krimimagazin. Er macht seine Arbeit gut und freundet sich schnell mit seinem Chef und dessen Frau an.
    Dieser ruft ihn eines Abends zu ihm - er bräuchte dringend Hilfe!


    Diese Hilfe besteht im Verbuddeln einer Leiche, die im Arbeitszimmer liegt. Loogans Freund hat auch gleich zwei Stories parat, wer der Tote ist und warum die Polizei besser nicht hinzugezogen wird.
    Diesem ersten Toten folgen bald weitere - ebenso wie Geschichten zu Motiv und Tathergang. Denn der Kreis der Verdächtigen hat viel Erfahrung was Krimiplots angeht.....


    Meine Rezension: Harry Dolan gibt seiner Geschichte viel Zeit sich zu entwickeln, er hat es nie eilig irgendwelche Tricks aus dem Hut zu zaubern um seine Geschichte am Laufen zu halten. Auch ohne solch faulen Zauber bleibt die Story immer spannend und interessant. Äußerst geschickt verwebt er die Theorien der involvierten Krimiautoren zu einem Verwirrspiel von Lügen und Schuldzuweisungen, immer neue Erkenntnisse und Enthüllungen über die Beteiligten lassen den Fall in immer neuem Licht erscheinen.


    Wir haben hier einen ruhigen und ebenso gut ausgedachten wie erzählten Kriminalroman der etwas anderen Art, hier zählen Geschichte und Protagonisten mehr als fordergrüdige Brutalität und Blutvergießen. Ein schönes Buch für lange, verregnete Abende auf dem Sofa - ich habe es sehr genossen!

  • Schade, dass die erste Rezi so schlecht ausgefallen ist. Ich kann dieser Meinung überhaupt nicht zustimmen habe aber Ähnliches schon befürchtet.

    Für mich ist dieser Erstling wirklich eine ganz feine und meisterlich erzählte Krimigeschichte. Hier ist wirklich nichts wie es scheint. Harry Dolan versteht es, seinen Plot so geschickt auszufeilen und spielt dabei mit dem Leser ein kniffeliges Versteckspiel. Wer ist hier wer? Wer hat wen und warum überhaupt ermordet? Auch wenn man von Anfang an das Gefühl hat, dass David Loogan der Gute in dieser Geschichte ist, wird man auf so manche falsche Fährte gelockt und auch David wird von allen möglichen Seiten beleuchtet und erscheint zeitweise auch mal in nicht so strahlendem Licht. Der Krimi ist so tricky, dass man ihn in Kurzform gar nicht richtig widergeben kann. Aber am Ende gibt es mehr als nur einen Mörder und jede Menge tote Menschen, die auf allerlei verschiedene Möglichkeiten zu Tode kamen - und keiner wirklich freiwillig. Die Spannung ist wirklich von der ersten Seite an hoch und steigert sich bis zum Finale hin leise aber stetig. Die letzten paar Seiten sind etwas "schillernd" und nicht ganz ernst gemeint, zeigen aber, dass der Autor sehr facettenreich erzählen kann.


    Besonders hervorzuheben ist, dass der Roman vor allem von seiner tollen wörtlichen Rede lebt. Die Gespräche sind glaubhaft und klug, funkeln vor Tiefe und Raffinesse. Eine angenehme Prise Sarkasmus und Humor und ein wirklich ganz zarter Hauch von Zuneigung zwischen Elisabeth und David untermauern dieses wirklich tollen Roman und machen ihn zu einem echten Lesehighligth. Ich hoffe sehr dringend auf ein zweites Buch dieses Autors und vermisse David und Elisabeth jetzt schon. Und ebenso hoffe ich, dass der Roman viele weitere Leser findet und sie ähnlich zufrieden das Buch nach der letzten Seite schließen lässt.


    Ich vergebe 9 von 10 Punkten. (Schade, dass die anderen den Punkte-Button nicht aktiviert haben, dann hätte das Buch nämlich schon Punkte von 3 positiven Bewertungen)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Den Punktebutton habe ich jetzt auch gedrückt, natürlich wieder mal vergessen :rolleyes!


    Ich bin sehr froh, dass sich inzwischen noch zwei Eulen gefunden haben, die meine Einschätzung des Buches teilen :-]! Ist halt nicht jedermanns Geschmack! Wer lieber Fitzek und ähnliche "Reißer" liest, wird an Harry Dolan nicht so viel Freude haben.


    Aber die Rezis machen schon deutlich, um welche Art der Krimiunterhaltung es sich hier handelt und danach kann man seine Kauf- bzw. Leseentscheidung Entscheidung treffen.

  • Ich habe die Leseprobe zu diesem Buch gelesen und muss sagen, dass mir der Schreibstil des Autors ziemlich gut gefallen hat..
    Man merkt schnell, dass es sich hier nicht um einen "typischen Krimi" handelt, aber genau das finde ich eigentlich nicht schlecht..


    Trotzdem bin ich mir noch unsicher, ob ich dieses Buch auf meine WL setzen soll...


    Edit: Ich finde den negativen Smiley im Titel auch nicht gut!

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von verena ()

  • Ja bitte weg mit diesem blöden Smiley. Dieses Buch hat mehr Leser verdient. Für einen Erstling ragt es wirklich aus dem Sumpf so einiger Thrillerstapel heraus. Intelligenter Anspruch und knisternde Spannung müssen sich nicht ausschließen - wie man an diesem Buch sehr gut sehen kann.


    An Lumos:


    /SP]

    Hollundergrüße :wave



    :lesend



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von hollyhollunder ()

  • Tja, nun habe ich doch etwas später damit begonnen, und für meine Verhältnisse relativ lange daran gelesen - was aber sicher nicht an dem Buch lag!Vorneweg: Ich bin froh es gelesen zu haben und es verdient wahrlich seine Leser!


    Harry Dolan schreibt mit "Böse Dinge geschehen" einen wunderbaren, sehr flüssig zu lesenden, spannenden Kriminalroman der Extraklasse. Unheimlich vielschichtig und mit sehr lebhaften Figuren strickt er die Geschichte um den geheimnisvollen Lektor David Loogan. Dieser wird eines Tages von seinem Chef Tom um Hilfe gebeten wird, nimmt die Geschichte ihren tödlichen Verlauf...
    Harry Dolan versteht es meisterhaft, den Leser auf falsche Fährten zu locken, ihn mit immer wieder neuen Handlungssträngen zu überraschen und ihn völlig von dem zu überzeugen was seine fiktiven Ermittler glauben. Aber erstens kommt es anderes...
    Ich habe mich während des ganzen Buches nicht einen Buchstaben lang gelangweilt - im Gegenteil. Für mich war dieses sprachliche kleine Meisterwerk, welches sich durch feine Rafinesse auszeichnet sehr genossen , jede Sekunde lang.
    Harry Dolan ist mein erstes Buch im neuen Jahr und jetzt schon mit Sicherheit eines meiner Highlights und Neuentdeckungen.
    10 Punkte ( Button aktiviert :grin) !

  • Endlich mal ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann...


    Zum Inhalt schreibe ich nichts mehr, der wurde ja hier schon ausführlich diskutiert.


    Ein Buch, dessen Charaktere endlich nicht aus Klischees bestehen. Zu oft wird mit Schubladendenken gearbeitet, hier aber haben die Personen eine Vergangenheit und Lebenswege, die den Leser fesseln und nicht diese langweiligen 0815 Schicksale.


    Außerdem endlich endlich einmal ein Krimi ohne diese übertribenen blutrünstigen Details. Hier geht es ums Wesentliche! Der Autor brilliert mit vielen Wendungen und Überraschungen, welche das Buch wirklich lesenswert und spannend bis zur letzten Seite machen.


    klasse - das Buch ist nur zu empfehlen!

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    (Albert Einstein)

  • Schön fand ich bei diesem Krimi, dass ich nicht bereits nach der Hälfte den Täter entlarvt hatte. Spannend und flüssig zu lesen - wenn auch die letzte Szene unpassend war.


    Gute 7/10.

    "Die Menschen sehen schlechtes Benehmen doch nur deshalb als eine Art Vorrecht, weil ihnen keiner auf's Maul haut!" (Klaus Kinski)

  • Ziemlich unterschiedliche Meinungen. Hört sich aber ganz so an, als wäre das ein Krimi für mich. Ich mag Krimis, die ein bisschen ungewöhnlich sind. Habe ihn mal auf meine Liste gesetzt. Danke für die Leseeindrücke.