Woher nehmt ihr die Zeit, ein Buch zu schreiben?

  • Zitat

    Original von Tom
    Wer die Zeit für etwas nicht findet oder "übrig hat", dem ist dasjenige dann doch nicht so wichtig (wie es sein sollte). Zeit "findet" man nicht - man hat sie oder man hat sie eben nicht. Wer es schafft, täglich zwei Stunden vor der Glotze zu verbringen, der kann auch ein Buch schreiben - vorausgesetzt, das ist für denjenigen bedeutsamer als die täglichen zwei Stunden Unterschichtfernsehen. Ich kenne Autoren, die haben Familie, "normale" Brotjobs, viele Interessen und gut gepflegte Freundeskreise, und trotzdem schaffen sie es, ein Romanmanuskript pro Jahr abzuliefern. Es gibt keine (bekannte) Technik, um Zeit zu vermehren. Der Tag hat für jeden 24 Stunden. Wenn man im Schnitt acht davon verschläft, bleiben 16 übrig. Wer davon - auf längere Zeiträume umgelegt - eine fürs Schreiben abzwacken kann, hat alle Voraussetzungen, um irgendwann ein Romanmanuskript zu beenden. Ob es ein gutes wird, hängt von anderen Dingen ab.


    Absolut, Tom, ich entspreche genau der von dir erwähnten Autorengruppe: Familie, Brotjob, Interessen usw.
    Man setzt schlicht Prioritäten und dabei bleibt sogar noch Zeit für ein Stündchen Fernsehen - Oberschichtenfernsehen, versteht sich ;-)


    Gruß Helene

  • Du solltest dich vielleicht mal fragen, warum du schreiben willst. Wenn es dir sehr wichtig ist, wirst du die Zeit finden. Wenn dir andere Sachen wichtiger sind, solltest du es lassen. Es kann sehr befriedigen, aber es kann auch sehr frustrieren. Vor allem, wenn du irgendwann den Anspruch haben solltest, nicht nur für dich schreiben zu wollen, sondern es auch anderen Lesern zugänglich machen zu wollen.


    Die Art des Herangehens hängt sehr vom Typ ab. Da gibt es Autoren, die erst alles von A - Z durchplotten und vorher nicht anfangen. Und es gibt die Bauchschreiber (zu denen ich mich im Wesentlichen zähle). Keines von beiden ist falsch, aber wenn du zu Letzeren gehörst, wirst du vielleicht diesselbe Erfahrung machen wie ich in meiner Jugend: x-"Romane" angefangen und keinen beendet, weil die Idee zu einem viel besseren immer "dazwischenkam".


    LG Cornelia

  • Ich habe vor etwa drei Jahren (da war ich wohl 15 oder 16) innerhalb recht kurzer Zeit einen 200-Seiten Roman geschrieben. Mit der Idee kam auch schon so ziemlich alles was passieren sollte, bishin zum Ende - Allerdings hab ich das Ganze dann nochmal so überarbeitet, dass es schließlich um die 500 Seiten waren :rolleyes Einen zweiten Teil habe ich dann auch angefangen und wollte sogar noch einen dritten schreiben, allerdings kam dann der Realschulabschluss und nahm mir meine ganze Zeit, bis ich das Schreiben schließlich ganz vernachlässigte. Als ich mit dem Fachabi anfing, wollte ich zunächst weiterschreiben, doch dann kam die nächste tolle Idee, ich ließ die eine Welt stehen und liegen und erfand eine Neue :write Tja, und jetzt ist wieder der Abschluss dran und mein Werk liegt unvollendet auf dem Pc. Es spukt mir zwar dauernd im Kopf herum und ich weiß ganz genau, was ich als nächstes schreibe, allerdings fühle ich mich irgendwie nicht "bereit" und will noch eine Weile warten, bis sich der Stress legt...

    Ich muss gestehen, dass ich sie für das entzückendste Geschöpf halte, das jemals im Druck erschienen ist; und wie es mir möglich sein soll, die zu tolerieren, die sie nicht wenigstens mögen, weiß ich nicht."
    Jane Austen über Elizabeth Bennet

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  • Zitat

    Original von Tom
    Der Tag hat für jeden 24 Stunden. Wenn man im Schnitt acht davon verschläft, bleiben 16 übrig. Wer davon - auf längere Zeiträume umgelegt - eine fürs Schreiben abzwacken kann, hat alle Voraussetzungen, um irgendwann ein Romanmanuskript zu beenden. Ob es ein gutes wird, hängt von anderen Dingen ab.


    Das würde sich bei mir nicht ausgehen. 13 Stunden am Tag gehen für Job und Arbeitsweg drauf. Und in dem Job ... sitze ich wie angenagelt am Computer und schreibe Texte. Irgendwann ist auch das robusteste Hirn leergeschrieben und es fällt einem nichts mehr ein.


    Das allerletzte, was ich nach Feierabend noch sehen kann, ist ein Manuskript oder ein Computer. Ich krieg schon die Vollmeise, wenn der Gatte abends am Rechner sitzt und meint, ich solle doch mal schnell gucken kommen, er habe da ein Problem. Noch ein paar Stunden Computergedöns, o Gott, nein! Da mach ich lieber noch den Haushalt.


    Ich hab zum Glück keinerlei Ambitionen in Richtung Roman. Ich hab auch nie verstanden, wie andere in schreibenden Berufen (Journalist, Werbetexter, Übersetzer, Redakteur ...) es machen, nebenher noch was aufwändiges Eigenes zu verfassen. Mehr als ein bisschen bloggen ist bei mir nicht drin.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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  • Kennst du die Schneeflockenmethode?


    http://www.advancedfictionwriting.com/art/snowflake.php


    Es ist eine Methode, ein Grundgerüst für einen Roman zu erarbeiten. Besonders wenn du nicht viel Zeit zum Schreiben aufbringen kannst, hilft es, nicht den Faden zu verlieren und jederzeit zu wissen, wie es weitergehen soll.


    Ich z.B. nehme mir vor, wenigstens 2 Normseiten am Tag zu schreiben. Es muss ja nicht perfekt sein, Überarbeiten kommt später, aber du wirst merken, wie glücklich du jeden Abend bist, wenn du dein persönliches Pensum erreichst.


    mlG
    Sayyida

  • Die Schneeflockenmethode klingt sehr logisch und vernünftig. Aber nach der Konstruktion der Geschichte hätte ich schon jegliche Lust daran verloren, sie auch noch zu schreiben.


    Ich langweile mich schnell. Mir dauert schon ein herkömmlicher Produktprospekt zu lange zum Betexten, weshalb ich mich gerne davor drücke. Was ich nicht innerhalb einer Woche vom Tisch hab, geht mir auf den Sender.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Es stimmt schon, wochenlange Vorarbeiten rechnen sich nur bei längeren Texten. Aber bei Romanen zahlt es sich aus, finde ich. Meiner Meinung nach kombiniert es Technik und Kreativität wunderbar miteinander, denn beim Schreibprozess kommen trotzdem noch so viele Ideen, die das Gerüst bereichern und ergänzen.
    Jeder muss wohl seine eigene ideale Methode herausfinden.


    lG
    Sayyida

  • Bei der Schneeflockenmethode komme ich immer maximal bis Schritt 4 oder auch mal 5. Dann verliere ich an der Methode die Lust - und die Gefahr ist zu groß, dann auch die Lust an der Geschichte zu verlieren.


    Ich kenne das, bei mir gehen auch locker 13 bis 14 Stunden täglich für Job und Arbeitsweg drauf. Dann noch den Haushalt, jetzt auch wieder den Garten, an freien Tagen gerne draußen sitzen (und immer noch keine Entspiegelungsfolie für's Laptop gekauft) ... es ist nicht einfach, das mit der Zeit.


    Aber ich WILL schreiben, WILL die Geschichte erzählen. Also klapp ich das Laptop in der Mittagspause auf der Arbeit auf (und muss unzählige blöde Kollegenfragen beantworten). Also hab ich ständig einen Block und Stift für Ideen neben der Kasse liegen oder wenigstens ein Stück Karton in der Kitteltasche, wenn ich dabei bin, Regal einzuräumen. Darum habe ich ein Handy, auf dem ich mit Stylus handschriftlich Notizen auf dem Display festhalten kann und das außerdem eine Mini-Tastatur wie eine Schreibmaschine hat. Also rede ich, wenn ich nicht gerade Kunden habe, geradezu ununterbrochen mit meinen Figuren (natürlich still und heimlich im Kopf), damit sie mir was Neues erzählen, und schreib es im Rekordtempo auf.


    Ich knapsele mir die Minuten vom Tag ab, an denen ich vor einem Bildschirm sitze und erzähle. Ich komme auf diese Weise an guten (Arbeits-)Tagen auf 4 bis 6 Seiten, an freien Tagen, wenn gerade nichts anderes anliegt, auf 10 bis 15. Manchmal blockiert's und nichts geht. Aber davon lasse ich mich schon lange nicht mehr beeindrucken. Am nächsten Tag geht es dann auch wieder. Oder am übernächsten.


    Ob das jemals ein Buch wird, weiß der Geier. Die Zeit ist (im Augenblick) nicht gefragt. Aber ich schreibe. Das ist (mir) wichtig.

  • Zitat

    Original von CorinnaV



    Ob das jemals ein Buch wird, weiß der Geier. Die Zeit ist (im Augenblick) nicht gefragt. Aber ich schreibe. Das ist (mir) wichtig.


    Diesen Satz sollte man sich an die Pinwand heften! Und sich auf jeden Fall einen Brotjob suchen, der vor dem Verhungern bewahrt!
    Denn Schreiben ohne Verkaufsdruck ist einfach schöner!


    lG
    Sayyida

  • Zitat

    Original von Mulle


    Tipp: Fang an!
    Nicht: Ach wann soll ich denn schreiben; nicht: Wie fang ich bloß an.
    Just do it.


    Ein guter Rat!


    Außerdem darf man schreiben (so mache ich das jedenfalls) nicht als Arbeit sehen. Für mich ist es Entspannung pur und auch ein Mittel den Alltagsstress etwas abzubauen. Daher schreibe ich auch nur, wenn ich in "Stimmung" bin. Sich hinzusetzen und zu sagen: "Ich muss jetzt unbedingt was schreiben", das funktioniert nicht.

  • Entschleunigung, ist doch wohl das moderne Zauberwort. Hat jemand von euch das aktuelle Dossier in der Zeit gelesen? Da schreibt ein Vater einen Brief an seine Tochter, die in die fünfte Klasse eines Gymnasiums geht und offensichtlich von morgens bis abends lernt, so dass er sich bemüßigt fühlt, auch bis abends am Schreibtisch zu sitzen, damit die Tochter beim Arbeiten nicht ganz so allein ist. Ist das krank? Ich habe 3 Kinder, zwei davon in der Schule, beide haben trotz Schule, Fussball, Tennis, Gitarre, Klavier mindestens am Tag noch 3 Stunden Zeit zum Spielen, Lesen und langweilen. Ich glaube einfach nicht, dass das Leben der Schüler heute ach so anstrengend ist. Ich glaube viel eher, dass Eltern heute mit aller Macht ihre Kinder ans Gymnasium verfrachten, da die Sekundarschulen (jedenfalls hier in Sachsen-Anhalt) keinen so guten Ruf haben. Ich will hier das Thema aber nicht vertiefen. Was ich eigentlich sagen wollte meine Tochter (12) schreibt, wie viele ihrer Freundinnen, immer wenn sie Lust hat an ihrem Buch. Sie hat sich auch wirklich die Mühe gemacht, einen Plot auszuarbeiten und die Charaktere vorher genau zu skizzieren. Für Dinge, die einem wichtig sind, findet man auch die Zeit, glaube ich.

  • Ich komme bald in die 9. Klasse und habe ehrlich gesagt bie jetzt auch keine richtige Zeit zum schreiben gehabt, obwohl ich schon so viele Ideen habe. Nach vielen Kurzgeschichten, habe ich endlich beschlossen mal etwas längeres zu schreiben. Meistens schreib ich an den Wochenenden und erst als ich denAnfang fertig hatte, habe ich begonnen, mir Stichpunkte über die Figuren und bestimmte Orte zu machen.
    So werde ich das bei meinen nächsten Geschichten auch machen und kann diesen Weg eigendlich jedem empfehlen.

  • Ich habe das Fernsehen abgeschafft - so habe ich diese Zeit zum Schreiben.
    Auch wenn ich mal einen Tag Urlaub habe - so wie jetzt, gehört er dem Schreiben.
    Und da ich Moment das große Glück habe, einen Schreibauftrag zu haben, muss ich auch den inneren Schweinhund nicht überwinden - das übernimmt schon der Blick auf meinen Terminkalender!! :-)

  • Als ich noch in die Schule ging, habe ich mich darauf beschränkt Gedichte zu schreiben. Meist wenn mich der Liebeskummer plagte. Momentan bin ich vom Job so gestresst, dass ich mich nicht mal zu einer Seite aufraffen kann. Denn, so wie eine meiner Vorgänger es schon sagte, die Seiten fließen aus deinen Fingern. Und das ist nicht anders als beim Lesen. Schreibe für dich und lass dich von deiner Fantasie beflügeln, wenn du erst mal eingetaucht bist, fällt dir das Schreiben ganz leicht. Und setzt dich nicht unter Druck. Du musst nicht mit zwanzig schon deinen ersten Bestseller-Roman geschrieben haben. Die Jugend vergeht viel zu schnell, genieße diese Zeit und wenn du unbedingt schreiben willst, wird alles andere unwichtig. Wenn ich schreibe versinkt dass Zimmer um mich herum. Ich sehe die Personen und Orte vor mir. Und so geht es den meisten auch beim Lesen. Wenn dich eine Geschichte packt legst du weder das Buch noch die Tastatur aus der Hand. An manchen Tagen musste mir mein Mann das Licht ausmachen um mich ins Bett zu kriegen. Schreiben kann süchtig machen. Anfangs hatte ich nicht das Bedürfnis einen Roman zu schreiben. Ich war schon glücklich eine Kurzgeschichte zu Tage zu befördern. In vielen Foren werden dazu Wettbewerbe angeboten Das hat mir viel Spaß bereitet. Als ich dann die ersten Kurzgeschichten verkaufte, war ich auch damit zufrieden. Der Wunsch nach einem Roman hat mich über Nacht ereilt. Setz dir kleine Ziele und wenn du momentan keine Muße dazu hast. Ist doch egal oder? Du bist ja nicht unter Vertrag und musst einen Abgabetermin einhalten. Für alles gibt es eine Zeit und wenn es dir bestimmt ist einen Roman zu schreiben, wirst du es auch tun.

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)