Massenmord in Norwegen

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Würden betroffene Eltern so handeln, so wäre das zwar auch eine klare Straftat - aber menschlich mehr als verständlich und nachvollziehbar. Nur sind die Leute, die über den Mörder zu Gericht sitzen, eben nicht betroffen. Wären sie betroffen, dürften sie nicht auf dem Richterstuhl sitzen.


    Das was die betroffenen Eltern jetzt empfinden, muss unvorstellbar schmerzhaft sein..... (Edit: Den privaten Part wieder gestrichen - hat hier nichts verloren).


    Voltaire : :knuddel1


    Und das ist genau richtig so. Ich wollte nur mal anmerken, dass ich, wenn ich in der Situation der Eltern wäre, für nichts garantieren könnte. Ich glaube, da wohnt ein Monster in mir, dem alle geltenden Gesetze und Menschenrechte nichtig erscheinen würden.


    Pilvi : ich finde es wichtig, an Resozialisierung im Allgemeinen festzuhalten- im Falle von dem Massenmörder allerdings sehe ich den Sinn nicht und beantworte Deine Frage mit nein. Es geht nicht bei jedem Menschen. :wave

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)


  • Der Grundgedanke im deutschen Strafrecht ist: Resozialisierung steht im Vordergrund, dann erst kommt der Sühnegedanke.


    Aber es ist genau wie du sagst, Pilvi - es gibt Menschen die nicht resozialisierbar sind. Vor diesen Menschen muss die Allgemeinheit natürlich ohne Wenn und Aber geschützt werden. Bei einer Verurteilung wegen Mordes kann das Gericht beispielsweise die besondere Schwere der Tat feststellen; dieses Feststellung sorgt dafür, dass eine Begnadigung nach mindestens 15 Jahren Haft nicht möglich ist.
    Dann gibt es auch noch die Sicherungsverwahrung. Hier werden die Täter, die ihre Haftstrafe abgesessen haben, weiterhin durch den Staat verwahrt, also nicht in die Freiheit entlassen, ganz einfach weil sie für die Allgemeinheit eine Gefahr darstellen und sich evtl. irgendwelchen Therapien verweigert haben. Diese Sicherheitsverwahrten sind zwar rechtlich nicht mehr in Haft, aber erheblich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.


    Menschen, die bei Begehung der Tat für diese nicht verantwortlich waren, können lebenslang in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden. Es sind kranke Menschen, es sind keine bewusst handelnden Straftäter.


    Und dann gibt es leider auch die fehlerhafte Sozialprognosen. Da werden Menschen vorzeitig aus der Haft entlassen, weil diese Prognosen positiv sind - und kaum sind sie draußen, werden sie wieder straffällig. Das hat leider oftmals mit der sehr unprofessionellen Gutachtertätigkeit zu tun. Da wird sehr vieles einfach nur Pi x Daumen gehandhabt. Es sind nicht die Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden die hier versagen - es sind diese sich unendlich wichtig nehmenden, oftmals sehr unprofessionell arbeitenden Gutachter. Gerade Psychologen verletzen hier sehr oft ihre Sorgfaltspflicht. Und gerade die Vollstreckungskammer der Gerichte und die jeweiligen Gnadenabteilungen der Länder sind auf diese Gutachten angewiesen. Glücklicherweise sind diese spektakulären Haftentlassungen mit anschließenden Wiederholungstaten (Sexualstraftäter etc.) relativ selten.


    Trotzdem aber - bei allen Mängeln die das System aufweist - sollte man nicht vergessen, dass auch Straftäter Menschen sind und das es das Ziel sein muss, jemanden, der seine Strafe verbüsst hat, wieder in die Gesellschaft aufzunehmen. Gerade gesellschaftliche Ächtung kann zu neunen Straftaten führen. Und man sollte auch nicht vergessen, dass es jeden treffen kann, jeder kann schneller als er denken kann, zu einer Haftstrafe verurteilt werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ja ihr habt beide Recht mit euren Aussagen.


    Selbstverständlich ist die Resozialisierung wichtig und bei vielen vielen Menschen, die straffällig geworden sind auch sicher nützlich.


    Und speziell an Voltaire: Du sprichst mir aus der Seele...ich kann nicht sagen, wie oft ich mich schon über solche Gutachter aufgeregt habe.

  • Ui, ich staune, dass hier über die Rechtmäßigkeit einer ordentlichen Strafverfolgung und Urteilsfindung diskutiert wird, bzw. darüber, wie der Massenmörder behandelt werden soll.


    Ich finde, es sollte ausser Frage stehen, dass dem Angeklagten ein Prozess gemacht wird, wie jedem Anderen auch. Ebenso ist er ein Gefangener mit allen Rechten, die auch für alle anderen Gefangenen gelten. Die besondere Schwere seiner Tat soll sich in der Urteilsfindung auswirken.


    Niedrige Racheinstinkte gibt es im Zweifel bei jedem Verbrechen. Wenn jemand "nur einen" anderen ermordet, wird es auch da einen Hinterbliebenen geben, der gerne Selbstjustiz üben möchte. Wird die Selbstjustiz moralisch besser, wenn es mehr Leute gibt, die das gerne möchten?


    Mal ein anderer Ansatz: Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich würde den Mörder meiner Frau töten, dann wäre ich wahrscheinlich einen kurzen Moment lang befriedigt. Aber langfristig hätte ich immer diese Bilder vor Augen. Und ich hätte eine Grenze überschritten, die mich nachhaltig verändert. Nach 5 Minuten wäre es mir der Racheakt wohl wert gewesen. Nach 5 Jahren? Wohl eher nicht. Man bürdet sich damit eine Lebenslast auf. Der Rechtsstaat nimmt uns diese Last ab, indem nach definierten Regeln ein Prozess gemacht wird. Seien wir doch froh drum.


    Was ich schade finde, ist, dass der Massenmörder eine so große Presse bekommt. Damit kann er negativen Einfluss auf andere fehlgeleitete Menschen ausüben. Insgesamt scheint er jemand zu sein, der diese Tat, aber auch seine Verurteilung als seine Berufung sieht. Dieser Mann wird auch im Gefängnis sein Gedankengut streuen. Hoffen wir mal, dass er keinen Internetzugang haben wird.

    Enttäuscht vom Affen, schuf Gott den Menschen.
    Danach verzichtete er auf weitere Experimente.

    - Mark Twain -

  • Ich bin absolut schockiert von seiner Selbstpräsentation, seiner Weltansicht, seiner Rührung angesichts seiner Taten...


    Ich möchte mir nicht ausmalen, wie man sich als Hinterbliebener fühlt, wenn man im Gerichtssaal sitzt und er auf Notwehr plädiert :S


    Es ist meiner Meinung nach auch absolut falsch, ihm diese Presse zu geben...genau das wünscht er sich ja.

  • Zitat

    Original von crycorner


    Was ich schade finde, ist, dass der Massenmörder eine so große Presse bekommt. Damit kann er negativen Einfluss auf andere fehlgeleitete Menschen ausüben. Insgesamt scheint er jemand zu sein, der diese Tat, aber auch seine Verurteilung als seine Berufung sieht. Dieser Mann wird auch im Gefängnis sein Gedankengut streuen. Hoffen wir mal, dass er keinen Internetzugang haben wird.


    Selbstverständlich ist es schwer zu ertragen, dass ein Schwerstverbrecher bei seiner Gerichtsverhandlung eine solche Bühne geboten bekommt. Aber es führt in einem Rechtsstaat nun einmal kein Weg daran vorbei. Es gehört eben zu den wichtigsten Rechten, richterliches Gehör erhalten zu können. Wenn dieses Recht von einem skrupellosen Mörder missbraucht wird, ist das zwar schmerzlich, muss in einer Demokratie aber hingenommen werden. Missachtet ein Gericht diesen Grundsatz, stellt es sich augenblicklich auf die gleiche Stufe wie der Verbrecher. Der hört seine Opfer ebenfalls nicht an.


    Eine Demokratie ist nun einmal die mühseligste (und nebenbei, die kostspieligste) Regierungsform. Wer in Frieden und Freiheit leben will, der muss diese Mühen allerdings auf sich nehmen.

    Es kann nur glücklich werden, wen auch der Ernst des Lebens glücklich macht. (Reinhard Mey)

  • Aber das sind doch zwei verschiedene Dinge, oder?
    Das rechtsstaatliche Verfahren und die mediale Präsenz.


    Irgendwo war es klar, dass so ausufernd darüber berichtet wird, aber ich finde das ebenfalls nicht gut. Für ihn bedeutet der Prozess eine Art Propagandaphase und die ganzen Kameras bieten ihm die entsprechende Plattform. Würde der Prozess unter Auschluss der Öffentlichkeit geführt werden, könnte man ihn wohl am ehesten ins Leere laufen lassen.

  • Um ihm nicht zu viel Präsenz zu geben, wurde heute nicht live aus dem Gerichtssaal übertragen.


    Und nur zur Erläuterung, die Verurteilung ist nach seiner Auffassung wohl nicht seine Berufung. Er hält sich für unschuldig. Er habe so gehandelt, um schlimmeres zu vermeiden (das ist nach norw. Recht nicht das selbe wie Notwehr).

    Anna Karenina (LR), Der blinde Mörder (LR), Alias Grace (LR), Die Bücherdiebin (LR), Das Rosenholzzimmer (LR), Töchter des Nordlichts

  • Zitat


    Original von marple


    Aber das sind doch zwei verschiedene Dinge, oder?
    Das rechtsstaatliche Verfahren und die mediale Präsenz.


    Irgendwo war es klar, dass so ausufernd darüber berichtet wird, aber ich finde das ebenfalls nicht gut. Für ihn bedeutet der Prozess eine Art Propagandaphase und die ganzen Kameras bieten ihm die entsprechende Plattform. Würde der Prozess unter Auschluss der Öffentlichkeit geführt werden, könnte man ihn wohl am ehesten ins Leere laufen lassen.


    Ich weiß nicht, wie es in dieser Hinsicht im norwegischen Recht aussieht, vermute aber stark, dass es ähnlich wie im deutschen Recht ist. Auch der Grundsatz der öffentlichen Sitzung ist von großer Bedeutung. Die Öffentlichkeit kann nicht so ohne weiteres ausgeschlossen werden. Es müssen schon wichtige Gründe dafür sprechen.

    Es kann nur glücklich werden, wen auch der Ernst des Lebens glücklich macht. (Reinhard Mey)

  • Zitat

    Original von Pilvi


    Und speziell an Voltaire: Du sprichst mir aus der Seele...ich kann nicht sagen, wie oft ich mich schon über solche Gutachter aufgeregt habe.


    Wie oft den? Bei einer Fehlerquote von unter 3%?

  • beowulf Woher hast du diese Prozentzahl? Denn eine solche Pauschalisierung konnte ich nirgends finden.


    Breivik gehört meiner Meinung nach zu den Menschen, die mit etwas spektalär Bösartigem in die Geschichte eingehen wollten. Das hat nichts mit Religion zu tun, nichts mit seiner Kindheit, nichts mit seinem Umfeld, er ist einfach böse.
    Die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, der Schmerz aller Beteiligten und Nichtbeteiligten macht ihm einfach Freude und ich denke, deshalb wird er wirkich keine Komplizen haben. Dieses Gefühl will jemand wie er nicht teilen.
    So wie es eine Mutter Theresa gab, gibt es halt auch einen Breivik als Gegenstück.
    Mal davon abgesehen glaube ich nicht, dass er im Gefängnis lange überleben wird wenn er nicht in Einzelhaft kommt. Und selbst dann...

  • Dafür, dass einige sich hier beschweren, weil der Attentäter von Oslo so eine Bühe geboten bekommt, um seine Hirngespinste zu verbreiten, verfolgen genau diese Leute den Prozess aber mit wirklich erstaunenswertem Interesse.


    Kaum beginnt der Prozess, schnellt hier die Anzahl der Kommentare in die Höhe und Breivik hat damit genau das erreicht, was er wollte: Aufmerksamkeit.


    Für mich gehört dieser Mann auf ewig in irgendeine düstere Zelle weggesperrt, am besten in Einzelhaft.

  • Die Aufmerksamkeit an sich hatte er mit seiner Tat bereits auf sich gezogen.
    Es ging einfach nur um die mediale forcierte Selbstdarstellung des Mannes. Das trotzdem alle Welt an seinem Strafmass interessiert ist, sollte bei so einer furchtbaren Tat nicht verwundern.

  • Ja, das stimmt. Ich gucke mir das an. Ich schaue Nachrichten und in diesen Nachrichten wurde nun mal darüber berichtet. Ich habe nicht weggeschaltet, weil mich die Informationen zu dem Prozess interessiert haben. Das heißt aber nicht gleich, dass ich geil auf all die Einzelheiten bin, die er von sich gibt.
    Ich könnte auch komplett auf Videos etc verzichten, es würde mir reichen, wenn der Nachrichtensprecher einige Sätze zum aktuellen Stand verlauten lassen würde. So.


    Und über diese Gutachter rege ich mich immer dann auf, wenn ein Vergewaltiger freigelassen wurde und erneut eine Frau ermordet o.ä.
    Auch wenn ich das zu meinem allergrößten bedauern nicht in exakten Prozentzahlen ausdrücken kann O.o