Unsicher wegen Leserunde - was schreiben?

  • Genauso wie SiCollier habe ich beides kennengelernt: LR mit tollen Autoren, denen man so ziemlich alles an den Kopf hätte schmeißen können und LR mit Autoren, die sich bei Kritikpunkten persönlich angegriffen fühlten. Autoren sind alle individuelle Wesen, genau wie jeder andere Mensch. Ein Patentrezept für "richtiges Verhalten in LR mit Autor" gibt es also nicht! Nach einigen LR merkt man aber sehr schnell, wie der jeweilige Autor drauf ist und wann man was wie sagen kann.


    Noch bedauerlicher finde ich es aber, wenn Eulen von vornherein LR mit Autoren ablehnen oder sich in ihrer Meinung zurückhalten. Wollen wir wirklich Weichspül-Leserunden, bei denen jeder begeistert ist und gar keine Diskussion mehr aufkommt? Ich nicht!


    Die betreffende LR ist einzigartig, ich habe zwar nicht das Buch, aber weite Teile der LR gelesen. Von dieser auf eine allgemeine Regel zu schließen ist sowieso ein Unding. Ich hatte neben den angeführten Gründen auch den Eindruck, die Autoren wussten nicht wirklich, auf was sie sich da einlassen.

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • Ich habe bei den Eulen schon ein paar Leserunde mitgemacht, sowohl mit als auch ohne Autorenbeteiligung, und würde vor dem Hintergrund dieser Leserunde mir keine Gedanken über mein Verhalten machen. Die Gegebenheiten in dieser Leserunde waren einfach zu speziell. Bisher habe ich es noch nie erlebt, dass einer der Autoren, die die Leserunde begleitet haben, so extrem reagierte. Warum dies hier der Fall war, hat Tom ja schon erwähnt.


    Warte doch einfach mal zwei weitere Leserunde ab. Wenn die ähnlich verlaufen, was ich nicht glaube, kann man sich immer noch Gedanken über sein Verhalten in Leserunden machen. ;-)

  • So speziell waren die Autorenreaktionen gar nicht. Es gab schon mal einen ähnlichen Fall, nur ging es da um eine Rezension.
    Manchmal lässt sich absehen, dass der Autor nicht den Abstand besitzt, um auf Kritik sachlich zu reagieren, und dann lasse ich die Finger von der Leserunde, weil ich nun mal auch meckere, wenn mir was nicht gefällt, und dabei eben auch mal flapsig schreibe. Egal, ob Autoren dabei sind oder nicht.

  • Und wenn ihr alle die Finger von Leserunden mit Autor weglässt, dann heißt es nachher in der Konsequenz, da treffen sich eh nur die Fans der Autoren. Wie in der Politik - das ist mir zu schmutzig, die sind doch alle korrupt, da mach ich nicht mit- und wenn das alle so machen blieben wirklich nur die Korrupten übrig. Wir brauchen Salz in der Suppe in Leserunden, nicht Jubelkochblasen.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen

    :lesend Morten König Die Ohrringe der Zeit. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • In der Regel reagieren die Autoren die eine Leserunde begleiten nicht dermaßen mimosenhaft. Natürlich muss man jeder Autorin und jedem Autor zugestehen, dass sie/er zu kritischen Bemerkungen Stellung nimmt und wenn eine solche Stellungnahme dann auch mal emotional rüberkommt dann ist das schon okay. Das hat dann aber auch nichts mit Mimosenhaftigkeit zu tun. Wer aber bei Kritik beleidigt reagiert, der hat in einer Leserunde als Autor nichts zu suchen.


    Man schaue doch einfach nur mal hier ins Forum wie super beispielsweise Nicole C. Vosseler, Jan Winter, SteffiB, Alex Berg, Tom und natürlich auch viele andere Autorinnen und Autoren die Leserunden ihrer Bücher begleiten. Die machen sich unglaublich viel Arbeit und setzen sich auch mit kritischen Bemerkungen sehr souverän auseinander. Da kann man dann eben wohl einfach mal die eine oder andere Mimose auch in Kauf nehmen.


    Aber was wäre eine Leserunde denn überhaupt wert, wenn man sich nicht mehr trauen würde Kritik zu äußern?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire



    Aber was wäre eine Leserunde denn überhaupt wert, wenn man sich nicht mehr trauen würde Kritik zu äußern?


    :write :write


    Da sind sich die Dattergreise mal wieder einig :wave

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen

    :lesend Morten König Die Ohrringe der Zeit. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Es ist nicht die Autorenbegleitung an sich, die mich von Leserunden abhält, sondern die zugegebenermaßen sehr seltene Kombination "Roman mit autobiographischen Bezügen & Autor begleitet Leserunde", die mich je nach Thema des Romans tatsächlich von der Teilnahme an einer Leserunde abhält. Fiktives Beispiel: Mutter verarbeitet die Ermordung ihrer Tochter im Roman und gibt auch an, dass das Schreiben Teil der Trauerarbeit war - da kriegen mich keine 10 Pferde in die Leserunde, mag mich das Buch auch noch so sehr interessieren.


    Edit schiebt Ergänzung nach: Ich habe kein Problem damit, Kritik zu äußern, wenn der angesprochene Autor dabei ist, im Gegenteil, ich finde das sehr hilfreich. Wenn ich aber davon ausgehen muss, dass dem Autor die innere Distanz zum Geschriebenen fehlt, kann ich keine sachliche Diskussion führen. Wenn ich bei jedem Satz überlegen muss, wie ich ihn so formulieren kann, dass er nicht verletzend aufgefasst wird, dann vergeht mir die Lust am Diskutieren.

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    ...Wenn ich aber davon ausgehen muss, dass dem Autor die innere Distanz zum Geschriebenen fehlt, kann ich keine sachliche Diskussion führen. Wenn ich bei jedem Satz überlegen muss, wie ich ihn so formulieren kann, dass er nicht verletzend aufgefasst wird, dann vergeht mir die Lust am Diskutieren.


    Liest du die Meinung der Autoren/des Autors/der Autorin (was immer da stimmt) aus dem besagten Leserundenfred, so wird da behauptet das Buch sei das "Baby", was ja letztlich bedeuten müsste kein Autor habe die innere Distanz zu seinem Werk, wer hat den schon innere Distanz zu seinem Baby?

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen

    :lesend Morten König Die Ohrringe der Zeit. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Zitat

    Original von Tilia Salix


    Wenn ich aber davon ausgehen muss, dass dem Autor die innere Distanz zum Geschriebenen fehlt, kann ich keine sachliche Diskussion führen. Wenn ich bei jedem Satz überlegen muss, wie ich ihn so formulieren kann, dass er nicht verletzend aufgefasst wird, dann vergeht mir die Lust am Diskutieren.


    Darüber würde ich mir kaum Gedanken machen. Kritik, so sie denn sachlich geäußert wird, kann eben auch schon mal sehr hart sein - wenn jemand da dann nicht mit umgehen kann, dann ist das dessen Problem, nicht meines.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Kritikfähigkeit hat etwas mit innerer Größe zu tun. Der eine hat sie, der andere nicht. Verallgemeinerungen kann man also nicht treffen.


    Autoren sind Menschen und Menschen gibt es in allen nur erdenklichen Ausführungen. :-]


    Ich plädiere für Einzelbetrachtung. Im Übrigen sind ganz viele Autoren souverän und können mit konstruktiver Kritik umgehen.


    Außerdem möchte ich auch den Blick mal in die andere Richtung lenken: Es gibt auch Leser, die ebenfalls mimosenhaft reagieren und nur ihre eigene Lesart gelten lassen wollen... ;-)


    Ich mag den Austausch mit anderen Lesern und Autoren. Von Fällen, bei denen es mal nicht so rund läuft, lasse ich mich nicht ausbremsen.


    Um noch Positivbeispiele zu nennen: Karl Olsberg habe ich ebenfalls als sehr entspannt in einer LR erlebt. Ebenso Andrea Gunschera. :anbet

  • Ich denke, jemand der mit Kritik gar nicht umgehen kann, sollte keine Bücher veröffentlichen - schon gar keine autobiographischen.


    So eine Leserunde hier ist ja nur die Möglichkeit, mit den Lesern direkt in Kontakt zu treten, zu diskutieren. Aber die Rückmeldungen in der LR machen ja nur einen winzigen Teil der Kritik aus, die ein Autor eben abzukönnen hat. Er liest ja bestimmt auch die Rezis hier bei den Eulen und bei Amazon und in Zeitschriften etc. etc. Warum man hier bei den Eulen manchmal meint, man müsse sich zurückhalten, nur weil der Autor die Worte nicht nur liest, sondern auch antwortet, verstehe ich nicht.


    Und zu dieser speziellen LR: ich fand nichts Schlimmes an dem, was pinky75 geschrieben hat. Aber ich wär aus der LR schon direkt im ersten Kapitel ausgestiegen, als die Autoren bemerkten, dass ihr Buch überall polarisiere, aber das wär ja auch toll so, dass jeder Leser seine eigene Deutung hat. "Ein Buch ist ein Spiegel. Wenn ein Affe hinein schaut, wird kein Apostel heraus schauen." ... Spätestens an der Stelle hätten die sich von mir schon ganz was anderes anhören können als nur die harmlose Kritik an ihrem Buch - und selbst die konnten sie nicht ab.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor


  • :write Klar kann man das nicht verallgemeinern und natürlich reagieren auch Leser ganz unterschiedlich - das ist es ja, woraus eine Leserunde ihre Spannung zieht. Denn was kann es Interessanteres geben als eine kontroverse Sicht auf das jeweilige Buch? Wobei ich zugeben muss, dass ich auch schon mal dickköpfig auf meine Meinung beharre, aber persönlich nehme ich die Diskussionen hier nicht.


    Ich wollte auch gar keine allgemein gültige Aussage treffen. Ich habe auf absehbare Zeit leider nur wenig Zeit für Leserunden und da habe ich nun mal keine Lust auf Runden, bei denen ich persönlich für mich rechnen muss, mit meiner Kritik anzuecken. Also lass ich es. Ich mach das hier als Freizeitbeschäftigung, da steht für mich das Vergnügen an erster Stelle. Wird Kritik persönlich genommen, hab ich keinen Spaß dran und deshalb versuche ich, solche Runden zu vermeiden. Vielleicht trügt mein Bauchgefühl und jede dieser Runden wäre eine tolle gewesen - wer weiß das schon? Ist halt mein persönliches Risiko. Das von Pinky hier angeführte Beispiel hat mir allerdings gezeigt, dass mein Bauchgefühl auch richtig sein könnte, nicht mehr und nicht weniger wollte ich hier ausdrücken.

  • Ich kann die Autoren sehr gut verstehen. Nachdem zum x.ten Mal bemängelt wurde, es wären zu viel "chen" im Buch waren sie eben genervt. Sie konnten ja schlecht das Buch zurückziehen und mit weniger "chen" neu drucken lassen. Wenn Autoren nicht mimosenhaft sein sollen, sollen es die Leser auch nicht sein.


    Ich habe auch den Eindruck, dass diese Autoren viel strenger beurteilt wurden, weil sie hinter einem Pseudonym versteckt waren? Würde zum Beispiel Kerstin Gier und Andreas Eschbach auf dem Cover stehen, wären die Leser dann nicht weniger agressiv?

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Wobei ich zugeben muss, dass ich auch schon mal dickköpfig auf meine Meinung beharre, aber persönlich nehme ich die Diskussionen hier nicht.


    Genauso soll es ja auch sein! Ich empfinde es keinesfalls als dickköpfig, wenn man bei seiner Meinung bleibt. Im Gegenteil. In der Regel sollten der Meinungsbildung Überlegungen vorausgehen. Und diese Gründe, warum man zu welcher Meinung gekommen ist, sind es, die mich bei einer Leserunde interessieren.


    Leider denken manche, man müsste andere mit der eigenen Denkart missionieren. Doch darum geht es nicht. Wenn jemand gute Ansätze hat und sie mir einleuchten, bin ich gerne bereit, auch mal meine Meinung zu ändern, sofern mir die Argumente schlüssig erscheinen. Aber genauso nehme ich mir die Freiheit heraus, bei meiner Meinung zu bleiben.


    Das Schlüsselwort ist und bleibt Toleranz. Die wünsche ich mir immer, in allen Lebenslagen. :wave

  • Vielleicht sollte sich ein Verlag oder seine Presseabteilung vorher fragen, wie sinnvoll es ist, ein "geschlossenes Pseudonym" in eine Leserunde zu schicken, wenn die Person/Personen dahinter mit Leserunden noch keine Erfahrung hat/haben. Die Geschlossenheit und die Diskussion über den Roman haben sich hier offenbar nicht miteinander vereinbaren lassen.


    Ich fand es etwas sonderbar, dass ein Autor einer Teilnehmerin rät, sie könne das Buch doch abbrechen, wenn sie gar nicht klar damit kommt. Soweit ich es verstanden habe, kann eine solche Vereinbarung nur mit Wolke oder dem Verlag direkt getroffen werden, da die Teilnehmer mit dem Leserundenexemplar eine Verpflichtung eingehen. Der Beitrag war Wasser auf meine Mühle vom Marketing-Gag, und ich habe mich gefragt, wie diese Aussage durch erfahrene Autoren mehrer Buchtitel möglich sein kann - und wer unter diesem Pseudonym hier wirklich diskutiert.

  • Zitat

    Original von xania
    Ich kann die Autoren sehr gut verstehen. Nachdem zum x.ten Mal bemängelt wurde, es wären zu viel "chen" im Buch waren sie eben genervt. Sie konnten ja schlecht das Buch zurückziehen und mit weniger "chen" neu drucken lassen. Wenn Autoren nicht mimosenhaft sein sollen, sollen es die Leser auch nicht sein.


    Ich habe auch den Eindruck, dass diese Autoren viel strenger beurteilt wurden, weil sie hinter einem Pseudonym versteckt waren? Würde zum Beispiel Kerstin Gier und Andreas Eschbach auf dem Cover stehen, wären die Leser dann nicht weniger agressiv?


    Vielleicht wäre die Einsicht, dass es für viele/den überwiegenden Teil der Leser (ich kenne die Mehrheitsverhältnisse nicht) tatsächlich zu verniedlichend ist und man bei zukünftigen Projekten entsprechend handelt, auch eine mögliche Reaktion gewesen?

  • Zitat

    Original von xania
    Ich kann die Autoren sehr gut verstehen. Nachdem zum x.ten Mal bemängelt wurde, es wären zu viel "chen" im Buch waren sie eben genervt.


    Es war ja nicht ein einziger, der ständig auf dem -chen herumgeritten ist. Es waren schlicht ganz viele Einzelstimmen, die das Gleiche bemängelt haben. Das ist ein Unterschied.


    Zitat

    Original von xania
    Ich habe auch den Eindruck, dass diese Autoren viel strenger beurteilt wurden, weil sie hinter einem Pseudonym versteckt waren?


    Auch das hatten die Autoren selbst in der Hand. Niemand hat sie gezwungen, Autoren- und Protagonistennamen gleich zu halten. Vielleicht war ihnen nicht bewusst, dass das nicht nur Neugier weckt, sondern auch gleichzeitig Fragen aufwirft.


    Außerdem konnte ich keine Aggressivität erkennen. Leser haben ihre Meinung kundgetan. Dass diese keine ausschließlichen Lobeshymnen waren, wurde von den Autoren vielleicht als aggressiv empfunden, aber das ist das Risiko, das man beim Veröffentlichen eingeht.

  • Zitat

    Original von xania
    Ich kann die Autoren sehr gut verstehen. Nachdem zum x.ten Mal bemängelt wurde, es wären zu viel "chen" im Buch waren sie eben genervt. Sie konnten ja schlecht das Buch zurückziehen und mit weniger "chen" neu drucken lassen.


    Verständnisfrage: haben viele Teilnehmer der Leserunde dies als problematisch erwähnt oder Eier immer wieder darauf herumgehackt? Zweiteres wäre wirklich nervig, ersteres logisch, weil jeder Leser seinen Eindruck darstellen sollte- und wenn viele Leser den identischen Eindruck haben, könnte es ja vielleicht doch am Autor liegen.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen

    :lesend Morten König Die Ohrringe der Zeit. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Ich würde es von den Autoren nicht gut finden, zu verspreche zukünftig etwas zu ändern, nur, weil das Buch ein paar Lesern nicht gefällt. Im grossen und ganzen kommt das Buch gut an, die anderen Leser sollen eben zu anderen Autoren greifen. Ausserdem würde dann wieder behauptet werden, der Autor stände nicht hinter seinem Werk.