Öffentliche Zurschaustellung von Leichen, der Fall Gaddafi

  • Es ist zwar schon ein paar Tage her, dass auf der Titelseite etlicher Tageszeitungen das Bild des toten Gaddafi zu sehen war, aber trotzdem- es ekelt mich an. Ich habe den Eindruck, das irgdendwie alles immer perverser ausgeschlachtet wird. Muss man so etwas wirklich zeigen?

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von rienchen ()

  • Nein muss man nicht....ich finde das respektlos, dem Toten gegenüber. Egal ob der Mensch bei einem Unfall ums Leben kam oder ein toter Diktator war.


    Aber dann muss ich auch gestehen, ich gucke hin, warum weiß ich nicht. Aber Tote ziehen mich an.


    Ich denke z.B. auch, dass man Mumien nicht ausstellen sollte, immerhin waren das vor ein paar Tausend Jahren mal Menschen wie du und ich. Auf der anderen Seite fazinieren mich Mumien und ich konnte in diversen Museen die Augen nicht abwenden.


    Vielleicht sind es auch gar nicht die Toten die einen anekeltn, sondern wie jüngst im Fall Gaddafi die Menschen die sich stolz mit ihrer 'Beute' ablichten lassen + die Zeitungen die das in ihrer Überschrift verurteilen, gleichzeitig aber auch das Foto zeigen.


    Irgendwie hat das die Menschen schon imer faziniert und engezogen, man muss nur mal die öfffentlichen Hinrichtungen im Mittelalter oder auch aktuell noch in einigen arabischen Ländern betrachten.


    Aber müssen muss man es nicht.

  • Ich gestehe, ich dachte zuerst, du willst über Gunter von Hagens' Leichenschau diskutieren.


    Zurück zum Thema:
    Ich finde so ein Zurschaustellung auch nicht gerade pietätvoll. Möglicherweise wird es damit gerechtfertigt, dass man einen toten Gaddafi präsentieren wollte, um der Legendenbildung vorzubeugen, dass er evt. doch noch am Leben und untergetaucht ist. Ich vermute allerdings, dass so eine Erklärung nur Alibifunktion hat; schließlich gibt es genügend Beispiele für fragwürdige Bilder anonymer Toter, die auch gern veröffentlicht werden.
    Ich glaube, der Tod hat immer schon eine gewisse Faszination auf Menschen ausgeübt, schon allein, weil er etwas ist, dem man selbst nicht entgehen kann. Vielleicht lenkt der Anblick toter Menschen auch ein bisschen von der eigenen Sterblichkeit ab. Solange man ihn von außen betrachten kann, betrifft er einen nicht persönlich. Aber das mag Küchenpsychologie sein. Um die Frage zu beantworten: ich finde diese Bilder auch nicht schön, aber ja, es muss (zumindest aus Sicht der Medien) wohl sein, schon allein wegen der Auflagenzahlen.

  • Ich muss das auch nicht haben, da bin ich ganz ehrlich. Habe neulich auch erst einen Schreck bekommen, als das Foto vom toten Michael Jackson bei der Gerichtsverhandlung aufgetaucht ist. Da frage ich mich auch, warum musste das extra noch gezeigt werden?
    Fairerweise muss ich allerdings sagen, ich habe generell ein Problem mit dem Tod. Ich mag es schon nicht wenn ich Leichenwagen in der Stadt sehe. :rolleyes

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Ich denke, das ist einfach eine Frage des Kulturkreises. In unserem Kulturkreis ist es normal keine Leichen zu sehen, man sieht vielleicht kurz verstorbene Familienangehörige, bevor man sie einäschert oder vergraben werden. Woanders werden Verstorbene einige Tage Zuhause aufbewahrt, zum Abschied, oder wie in der Luftbestattung offen dem Zerfall durch Tiere überlassen.
    Denn eigentlich gibt es kaum vernünftigen Grund für unseren rein künstlich anerzogenen Ekel vor Leichen, außer vielleicht die Angst vor Seuchen oder die Erinnerung an die eigene Sterblichkeit.
    Im Falle der Leichen von Gaddafi oder Mussolini war es der Aspekt, dass man den Mann sehen wollte, der so viel Schrecken verbreitet hatte. Bei der Körperschau-Ausstellung kommt dann noch ein wissenschaftlicher oder künstlerischer Aspekt hinzu.

  • Hier in Mexiko ist das leider Alltag. An jeder grösseren Strassenkreuzung laufen Tageszeitungsverkäufer durch die Autoschlangen und halten Titelseiten hoch, wo täglich ein Toter zu sehen ist. Erschlagen, erhängt, überfahren, erschossen, verstümmelt, gefoltert und enthauptet...etc. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wenn die keinen "neuen" Toten auftreiben können, wird irgendwo einer aus einer Tiefkühltruhe geholt.


    Das Schlimmste daran ist jedoch, dass Kinder das täglich sehen, sei es auf dem Weg zur Schule oder Kindergarten. Seitdem der Drogenkrieg auch lokal hart ausgetragen wird, gibt es die entsetzlichsten Fotos. Da stumpfen die Kinder und Jugendlichen direkt ab und dann wundert sich auch keiner mehr, warum es schon 10jährige Serienkiller bei den Kartellen gibt.


    Eine 28jährige Frau, die bei lebendigem Leib verbrannt wurde, vergisst man nicht. Genauso die bisher 6 Toten, die sie schlecht verbuddelt gefunden haben, die mittig durchgesägt wurden. Es gibt sogar einen Blog, dessen Betreiber bisher nicht ermittelt werden konnte, der sich ausschliesslich mit dem Drogenkrieg beschäftigt. Der Betreiber scheint Informationen sowohl von den Drogenkartells, als auch von Polizisten zu bekommen. Da findet man u.a. ein Video, wo die Polizei in einem Haus 7 geköpfte Opfer fand. Die waren an den Füssen an der Decke aufgehängt, Hände auf dem Rücken gefesselt. 7 Köpfe sauber an der Wand nebeneinander aufgereiht. Wie mag dem letzen Opfer zumute gewesen sein? Der hat ja eindeutig gewusst, was auf ihn zukam. Ein anderes Mal öffenete ich die Seite und sah ein Foto von aufgestapelten Kadaverteilen. Arme, Köpfe, Beine, Rümpfe... Das waren gut 20-30 zerstückelte Menschen.


    Es ist erschütternd, feststellen zu müssen, zu welchen Greueltaten Menschen fähig sind. Ich versuche wirklich jeden Tag zu geniessen, als wenn wenn es kein Morgen gäbe. Aus Rücksicht auf andere Forenmitglieder, speziell der Minderjährigen, sehe ich von entsprechenden Links ab. Wer meint einen starken Magen zu haben, kann mir ja eine PN schicken. Hab gerade mal geschaut, ob es den Blog noch gibt. Das Video auf der ersten Seite konnte ich mir nicht anschauen und beschreibe lieber nicht worum es ging.

  • So, ich habe die Threadüberschrift mal geändert.


    :gruebel


    Der Tod gehört zu meinem Leben dazu. Der Anblick von Leichen macht mir eigentlich "wenig" aus, da es nun mal der Lauf der Dinge ist. In meiner familie ist es eher der fall, dass die Toten aufgebahrt werden und man sich von ihnen verabschiedet. Das ist es also nicht, was mir zu denken gibt. Es ist eher so, dass ich es befremdlich finde, dass anscheinend überall auf der Welt einfach mal die Handys etc auf etwas schreckliches draufgehalten werden und diese Tatsache noch nicht einmal mehr einen Schrecken (von "Skandal" will ich ja gar nicht mal reden) auslöst, sondern anscheinend schon zur Normalität gehört.


    Zitat

    Das Schlimmste daran ist jedoch, dass Kinder das täglich sehen, sei es auf dem Weg zur Schule oder Kindergarten.


    Ja, genau das war der Grund für meine Gedanken- ich musste meinem Sohn erstmal erklären, wer der blutüberströmte Mann auf dem Titelblatt ist. Na klar, die Welt ist grausam und kein Ponyhof- trotzdem. Ein subtileres Bild hätte es doch auch getan. Ach, ich weiß auch nicht.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Ich mag es überhaupt nicht, dass man quasi dazu "gezwungen" wird, sich das anzusehen. Ich habe überhaupt kein Problem mit Toten, ich sehe sie mir auf irgendeine schräge Art sogar gerne an. ("Körperwelten" etc.)
    Was ich nicht mag ist dieses "Aufdrängen" auf Titelseiten oder Startseiten, sodass man die zerballerte Visage an jedem Zeitungsstand zu sehen bekommt. Kann man solche Bilder aus Rücksicht auf sensible Menschen nicht wenigstens hinter einem Link verstecken oder auf S.2 drucken, sodass die toten Schädel nicht aus jedem Zeitungsautomaten grinsen?


    Vor wenigen Jahren waren auf der BILD mal zwei getötete Terroristen mit zerschmetterten Schädeln abgebildet. Meine Tochter hat die Titelseite am Kiosk gesehen und noch Monate später Albträume, so sehr verstörten sie diese Bilder.
    Das ist echt unnötig. :fetch

  • Also ich lese ja nun keine Zeitungen und ich bin habe auch nicht auf die Auslagen von Kiosken geachtet, abgesehen von meiner monatlichen Ladung Zeitschriften. Aber ist es nicht gerade schwierig hier eine Trennung zu ziehen zwischen dem Interesse, der Botschaft und der Rücksichtnahme?


    Allein man jetzt ein Foto sieht: "Ja, Gaddafi ist tot!", ist das doch etwas anderes, als wenn man es nur hört und möglicherweise anzweifelt.

  • Es würde schon mal helfen, wenn die Journalisten die Geschichte des Toten schreiben würden. Hier wird aber nur darauf hingewiesen, wie jemand ums Leben kam, möglichst detailnah, aber wer die Person im Leben war und dass sie Angehörige zurückliess wird komplett ausgelassen.


    Wenn die Bevölkerung schon mit solchen Bildern abgestumpft wird, man aber die Geschichte der Person kennenlernt, dann kann man mitfühlen mit den Angehörigen. Dann kann man eine Verbindung zu sich selber herstellen und das Leben mehr zu schätzen wissen.


    Doch dieser reisserische, blutrünstige Journalismus ist es doch, der das Leben als wertlos erscheinen lässt. Ja wenn ich einfach von jetzt auf gleich so aus dem Leben gerissen werden kann, es nicht verhindern kann, dann kann mir ja auch alles scheissegal sein und allen voran die anderen. Genau das ist es was hier passiert. Jeder ist sich selbst der Nächste.


    Bestes Beispiel: Das Kind was in China überfahren wurde und wo Passanten einen Bogen drum gemacht haben, als wenn es ein Stück Müll wäre. :bonk Sorry, aber das kotzt mich so richtig an.

    Es kommt nicht darauf an, woher jemand kommt, sondern wo er hin will.

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von kasapv ()

  • Zitat

    Original von Delano
    Also ich lese ja nun keine Zeitungen und ich bin habe auch nicht auf die Auslagen von Kiosken geachtet, abgesehen von meiner monatlichen Ladung Zeitschriften. Aber ist es nicht gerade schwierig hier eine Trennung zu ziehen zwischen dem Interesse, der Botschaft und der Rücksichtnahme?


    Allein man jetzt ein Foto sieht: "Ja, Gaddafi ist tot!", ist das doch etwas anderes, als wenn man es nur hört und möglicherweise anzweifelt.


    Es heißt ja nicht, dass man als Zeitungsherausgeber "Rücksicht" übt, wenn man zB auf der Titelseit: GADDAFI TOT schreibt und das Bild des Ermordeten erst auf Seite zwei bringt, oder? (das finde ich ebenso pietätslos, könnte aber aus genau den Gründen, die Mulle genannt hat,


    Zitat

    Was ich nicht mag ist dieses "Aufdrängen" auf Titelseiten oder Startseiten, sodass man die zerballerte Visage an jedem Zeitungsstand zu sehen bekommt. Kann man solche Bilder aus Rücksicht auf sensible Menschen nicht wenigstens hinter einem Link verstecken oder auf S.2 drucken, sodass die toten Schädel nicht aus jedem Zeitungsautomaten grinsen?


    eher damit leben. Ich habe mich ja schon fast daran gewöhnt, dass in unserem Zeitungsbüdchen an der Ecke schon Pornoheftchen ausliegen (und ich meine keine A++++ und T++++ Magazine, nein richtige Pornographie), und zwar zwei Abteilungen über den Kinderzeitschriften, und das ist hier ein eher spießiger Stadtteil von Berlin.


    Jemand Ermordeten auf der Titelseite zu zeigen, nackte Brutalität und Gewalt, vor der man sich nicht entziehen kann.. das empfinde ich irgendwie als Verrohung. Vielleicht bin ich aber auch zu empfindlich, ich würde mir auch nie sowas wie "SAW" angucken.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Zitat

    Original von rienchen
    Es heißt ja nicht, dass man als Zeitungsherausgeber "Rücksicht" übt, wenn man zB auf der Titelseit: GADDAFI TOT schreibt und das Bild des Ermordeten erst auf Seite zwei bringt, oder? (das finde ich ebenso pietätslos, könnte aber aus genau den Gründen, die Mulle genannt hat,


    Also ich sehe da keinen Unterschied ob es auf dem Titel oder im Heft abgebildet wird, wenn es um die Pietät geht. Persönlich ist es mir ja aber auch lieber, wenn es nicht auf der Titelseite erscheint, wie in den meisten richtigen Zeitungen. Nein, die Vier-Buchstaben-Blättchen, die sich selbst auch Zeitung nennen, zähle ich nicht zu den richtigen Zeitungen. Aber:


    Zitat

    Original von rienchen
    eher damit leben. Ich habe mich ja schon fast daran gewöhnt, dass in unserem Zeitungsbüdchen an der Ecke schon Pornoheftchen ausliegen (und ich meine keine A++++ und T++++ Magazine, nein richtige Pornographie), und zwar zwei Abteilungen über den Kinderzeitschriften, und das ist hier ein eher spießiger Stadtteil von Berlin.


    Jemand Ermordeten auf der Titelseite zu zeigen, nackte Brutalität und Gewalt, vor der man sich nicht entziehen kann.. das empfinde ich irgendwie als Verrohung. Vielleicht bin ich aber auch zu empfindlich, ich würde mir auch nie sowas wie "SAW" angucken.


    Das klingt mir auch eher nach einem Problem der Händler. Wenn die meinen plakativ für Kinder ungeeignete Material dort auszulegen, würde es es doch dort mal zur Sprache bringen und ggf. dann in Zukunft einen anderen Händler aufsuchen.

  • Delano, ich rede von Zeitungen, nicht von der BILD! :grin


    Zitat

    Das klingt mir auch eher nach einem Problem der Händler.


    Das ist zumindest hier bei jedem Händler das Gleiche. Und die Zeitschriften liegen ja auch uneinsehbar für Kinder. Meine Gedanken sind eher die: war das immer schon so, und mir fällt es jetzt auf, weil ich durch die Kinder sensibilisiert bin, oder drängen sich Sex und Gewalt immer weiter in den Vordergrund?

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Delano, ich weiß es gar nicht mehr. Eine übliche Tageszeitung eben. ("Die Welt"? Gut, in dem Falle wäre es ja von der BILD nicht allzu weit entfernt...) Auf jeden Fall war es nur das blutenden Gesicht in GROßAUFNAHME, ohne Körper. Ist ja auch egal. :wave

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Mich stört das bei der BILD tatsächlich am meisten, unabhängig davon, dass ich die nicht kaufe.
    Aber die Bild liegt halt überall an prominentester Stelle. Unübersehbar, selbst wenn man nur am Kiosk vorbeihuscht oder im Supermarkt Windeln kauft. An der BILD kommst du nicht vorbei. Bei uns stehen außerdem überall diese Zeitungsautomaten: Matschkopfschädel in Augenhöhe von 2-5jährigen und das an jeder Ecke. :pille


    edit: Mir geht es dabei aber auch ausschließlich um die Leute, die das sehen müssen, aber nicht wollen. Ich denke da auch an alte Leute, die aufgrund von Kriegserinnerungen noch sehr sensibel sind.
    Die Toten sind mir verhältnismäßig egal. Die sind tot, die juckt's nicht mehr.

  • Zitat

    Original von Dori
    Nicht zu vergessen die Aufsteller vor den Läden mit den jeweiligen Tages-Schlagzeilen und -Bildern. :rolleyes


    Da wird dann der Zeitungskiosk zur Metzgerei. Heute neu, Gaddafi-Gehacktes!


    Zitat

    Original von xania
    Bei Computerspielzeitungen machen sie ein "ab 16" Bild drauf, dabei sind die Bilder in diesen Zeitschriften noch relativ harmlos.


    Wobei sich die Altersangabe hier auf die beigefügten Datenträger bezieht.