'Die Bucht des grünen Mondes' - Seiten 255 - 395

  • Der Alltag, die Rituale, die Geister, das ganze Leben der Indianer hat mich gefesselt und ich habe diesen Teil der Geschichte geliebt. Leider konnte Amely den Stamm nicht davon überzeugen, ganz von den Anderen wegzubleiben. Eigentlich hatten die Indianer Recht, irgendwann hätten sie keinen Platz mehr, wenn sie immer wieder fliehen, aber sie hatten gar keine Chance gegen die Weissen. Amely wird es wahrscheinlich auch nicht besser ergehen, Kilian ist und bleibt ein Monster.

  • Monster? Er ist in Mann seiner Zeit, mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit, mit dem Willen Macht und Geld zu mehren, nein, ein Monster ist er nicht. Und - wenn wir ehrlich sind mehr Rechte haben die Frauen der Ava auch nicht aus die Frauen der Weißen. So schön die Mär vom aufrechten Wilden auch ist, hier geht es um das nackte Überleben der Sozialgemeinschaft des Stammes in einer Wildnis, die zugleich Heimat und Bedrohung ist.

  • Ich seh ihn auch als fürchterlich fies, aber nicht als Monster. Er kennt es ja auch nicht anders. Etliche Männer waren so, sie waren so erzogen, und wenn man sie gefragt hätte, hätten sie gesagt, was denn, ich mein es doch nur gut.

  • Ok, Monster ist vielleicht etwas übertrieben als Ausdruck, aber als normal kann ich ihn auch nicht bezeichnen. Er ging über Leichen um das zu bekommen, was er wollte, was zu keinem Zeitpunkt als richtig angesehen wurde.

  • Zitat

    Original von Isabel B.
    Ich seh ihn auch als fürchterlich fies, aber nicht als Monster. Er kennt es ja auch nicht anders. Etliche Männer waren so, sie waren so erzogen, und wenn man sie gefragt hätte, hätten sie gesagt, was denn, ich mein es doch nur gut.


    Ich hoffe mal, dass damals nicht alle Männer ihre Frauen und Kinder derart malträtierten, dass die vor ihnen freiwillig in den Dschungel flohen. :-(
    Kilian ist schon reichlich extrem. Heute würde man sagen, der Mann braucht eine Therapie, aber damals hätte man mehr Verständnis für ihn gezeigt, das stimmt.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Vielleicht nicht "derart", aber ansatzweise? Die preußische Erziehung war ja auf Drill und Gehorsam ausgelegt, Schläge waren ganz normal. Zumindest die kräftige Ohrfeige für die ungehorsame Gattin dürfte gang und gäbe gewesen sein.

  • Jetzt saß die liebe Amely im Dschungelcamp und weil sie kein Star ist, hat sie auch so schnell keiner raus geholt. ;-)


    Es war ja schon manchmal harter Tobak: Maden essen, Schrumpfköpfe anfertigen etc. Ich könnte mir auch einen romantischeren Liebesbeweis vorstellen als einen Schlag mit einem glimmenden Scheit auf den Kopf. Aber das machte die Beschreibung des Lebens der Indios auch realistisch. Sie wurden nicht als edle Wilde idealisiert. Ein besonders schönes Leben ist das für Frauen dort auch nicht, aber Amely hat Ruben, und das macht den Dschungel für sie weitaus schöner als die Luxusvilla ihres Herrn Gemahls.


    Das Ende, da der Stamm nieder gemetzelt wird, war sehr traurig. Nun warte ich mal ab, wie Amely es anstellt, Killian los zu werden.


    Ach ja, was mir noch einfiel: völlig normal können Killians Prügel damals nicht gewesen sein, denn Amely soll die Spuren ja immer weg schminken, weil es in der Öffentlichkeit peinlich wäre. Als Herr Oliveira mal dazwischen kommt, ist auch er schockiert über Killian. Ich habe so eine Ahnung, dass Amelys Ehemann vielleicht einige Erlebnisse hatte, die ihn derrat verrohen ließen. Aber warten wir's mal ab.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Nein, völlig normal war das nicht. Und wenn man jemanden mit Diamanten auf den Zähnen ausstaffieren will, stört ja auch so ein Fleck.


    Zitat

    Original von Tereza
    Jetzt saß die liebe Amely im Dschungelcamp und weil sie kein Star ist, hat sie auch so schnell keiner raus geholt. ;-)


    Auf sowas hab ich gewartet. :rofl


    Die Bräuche stammen aus Erlebnisberichten von Frauen, die bei Yanomamistämmen lebten, oder indianischen Biografien. Da ist wirklich nichts erfunden.

  • Wie sie langsam lernt, diese Zivilisation zu akzeptieren, ist schön geschildert. Natürlich musste ich auch da an Grazia denken, sie kamen ja auch aus ähnlichen Verhältnissen.


    Dieses perverse nicht-wohin-wissen-mit-all-dem-Geld hat mich mehr abgestoßen als die Essgewohnheiten im Urwald.

  • Zitat

    Original von Susanne Ruit.



    Dieses perverse nicht-wohin-wissen-mit-all-dem-Geld hat mich mehr abgestoßen als die Essgewohnheiten im Urwald.


    Na ja, also wenn ich mich entscheiden müsste, den Dschungel würde ich nicht wählen. Kilians Haus ohne Kilian drin wäre mir lieber, nur der Umstand, dass das ganze Geld auf dem Rücken der Indianer gemacht wird, der würde mir nicht wirklich behagen. Also sitze ich lieber hier in München hinter dem PC. :-)


    Tereza

  • Mal ehrlich - hat sich das je geändert? Habe gerade in der Zeit den langen Artikel über die Oppenheim/Esch/Arcandor/Schickedanz-Affaire gelesen - da sind es nicht mehr Diamanten in den Zähnen, sondern Immobilien, aber das Prinzip ist dasselbe. Viel Geld, viel Leere im Hirn und im Herz und nicht wirklich lebensfähig. Alles errafft auf dem Rücken derjenigen, die es ausbaden müssen. Seien es schuftende Indios oder Karstadt-Mitarbeiter, die ihre Jobs verlieren nach jahrelanger Maloche.


    Ich fand sehr gut, wie diese ganzen sozialen Aspekte nahtlos in die Geschichte passten und bei mir nie ein Gefühl gaben, jetzt ein "Weltverbesserungsbuch" zu lesen - es war ein Mehrwert in einer guten Geschichte über Menschen, Leben, Liebe etc. Und dennoch augenöffnend.

  • Dieser Abschnitt hat mir besser gefallen als der Letzte. Ich finde die Geschichte zwischen Amely und Ruben sehr schön. Die beiden scheinen ein wahres Dreamteam zu sein und dies wird ohne jeglichen Kitsch erzählt, toll.
    Ich bin sehr gespannt wie es mit Amely und Kilian weitergeht. Wie er wohl reagiert, wenn Amely plötzlich vor ihm steht? Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass er vollkommen ausrastet und sie direkt verprügelt, oder aber er ist so geschockt, dass er nicht weiss was er tun soll und wendet sich ab (die Schläge kommen dann später, dafür aber umso heftiger). Ob Amely Ruben noch einmal wiedersieht? Ich bin gespannt......

  • Zitat

    Original von Susanne Ruit.
    Dieses perverse nicht-wohin-wissen-mit-all-dem-Geld hat mich mehr abgestoßen als die Essgewohnheiten im Urwald.


    Wobei ich es ja immer spannend finde, wie vieles von dem, was uns heute abstoßend oder zumindest ablehnenswert erscheint, auch bei uns vor hundert, vierhundert oder tausend Jahren üblich war. Mit der Meinung, dass man seinen Reichtum nicht allzu ungehemmt zur Schau stellen sollte, steht unsere Kultur (oder zumindest Teile davon) ja auch relativ allein da. :grin
    Gewalt in der Ehe gab es sicher damals noch häufiger als heute, aber trotzdem ist Kilian darüber hinaus natürlich ein Sadist. Ins Bordell zu gehen, weil die anständige Gattin normalerweise keine Lust auf Sex hatte - okay. Aber auch dort die Damen zu malträtieren, das mag ich doch nicht für zur damaligen Zeit üblichen Folklore gehörig ansehen.


    Meine Anmerkungen zu dem Teil:
    Ich finde den Perspektivwechsel am Anfang genial. Ich liebe es, wenn die Pespektive gerade nicht bei dem ist, der die heftigsten Gefühle hat, sondern wenn man ihn vorher so gut kennenlernen durfte, dass man, selbst wenn gerade aus einer einer anderen Perspektive erzählt wird, genau weiß, wie es ihm gerade geht, und es den Schmerz noch größer macht, weil das Mitgefühl noch dazu kommt.


    Schön, dass Amely ihre alte Geige wieder hat.
    Schön: ..."fragte sie sich, ob Wunden, die man mit Worten aufriss, nicht ebenfalls gefährlich waren."
    Wie klug Amely ist, zeigt sich, als sie das Beispiel mit der Anakonda bringt. Wenn du eine besonders große Anakonda tötest, denkst du dann auch, du hättest alle Anakondas ausgerottet? Ein Beispiel, das Aymáho versteht.


    Für mich war der Bezug zum Gläsernen Tor das Korsett, das Rückenschmerzen verursacht, wenn man es nicht mehr anhat. (So wie ja auch Zucker das Zeug ist, das den Kaffee so bitter macht, wenn man es nicht reintut. :grin)


    Auch auf Seite 290 wieder so ein herrlicher Satz: "Wenn man etwas in der Hand verbirgt, denkt jeder, es ist Honig."
    (OT: Diese Erkenntnis kommt für Micaela Schäfer leider zu spät ...)


    Die Szene ab Seite 296, wo Amely Aymáho von seiner Herkunft zu überzeugen versucht, und die Weise, wie er darauf reagiert, wie er versucht zu verleugnen - das war für die Psychotante ein wahrer Genuss. Für mich wahrscheinlich der Höhepunkt des Buches.
    Wobei es mir wurscht ist, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand sogar seinen eigenen Nachnamen vergisst. Woher soll ich das wissen? Ich kenne niemanden, der vor einem sadistischen Vater in den Dschungel geflohen ist (OT: Nein, Rocco, das kann man nicht vergleichen) und von Indianern rituell getötet worden ist. Von daher ist es mir nur wichtig, dass man es mir als überzeugend verkauft.

  • Auch ich habe diesen Teil nun beendet und bin immer noch begeistert über die ausführlichen Beschreibungen der Lebensumstände und Rituale der Indianer.


    Amely lernt notgedrungen, dass man mit einfachen Dingen überleben kann.


    Ich war entsetzt, wie die "Anderen" ohne Skrupel Leute erniedrigen, benutzen und wenn sie keinen Nutzen mehr darin sehen einfach beseitigen/ermorden.


    Kilian, nun "Kilians" gab es früher und gibt es heute und wird es auch in Zukunft geben. Noch schlimmer fand ich eigentlich Felipe. Um bei Kilian gut dazustehen gibt er nicht zu, Ruben damals nicht gefunden zu haben, sondern behauptet er wäre von den Indios umgebracht worden. Vor ihm muss sich Amely in acht nehmen, glaube ich, warum sonst hat er auf Ruben geschossen? Er hat bestimmt Angst, dass seine Lüge rauskommt.


    Ich fand den Schluss dieses Abschnitts so traurig, dass Ruben Tiacca den Piranhas überlässt, aber ich habe mir gedacht, dass er sie nicht den "Anderen" überlassen wollte.


    Muss unbedingt weiterlesen.


    Viele Grüße :wave

  • Katerina : Ja, das Korsett war mir natürlich auch aufgefallen. Ein wenig hat mich Amely ohnehin an Grazia erinnert. Allerdings empfand ich sie als deutlich weniger zimperlich. Kann subjektiv sein, das mache ich jetzt nicht an einzelnen Begebenheiten fest.

  • Zitat

    Original von Susanne Ruit.
    Katerina : Ja, das Korsett war mir natürlich auch aufgefallen. Ein wenig hat mich Amely ohnehin an Grazia erinnert. Allerdings empfand ich sie als deutlich weniger zimperlich. Kann subjektiv sein, das mache ich jetzt nicht an einzelnen Begebenheiten fest.


    Zumindest was die Jammerei um das Korsett betraf. Da war es mir ja eine Lehre, als sich so viele Leser darüber beklagt hatten (obwohl ich es gar nicht als so schlimm empfunden hatte), und ich hab es hier tunlichst zurückgefahren. ;-)

  • Das Unwetter war wirklich schrecklich. Alles verlroen und viele ließen ihr Leben. Vom Baby bis zum erwachsenen Mann :cry


    Amely geht zu Kilian zurück. Das kann doch nur schief gehen :-(


    Der Angriff von Rubens Stamm ... sinnlose Gewalt und Sterben. Tiacca wird geschändet und ist dem Tode nahe. Rubens Handeln, sie dann an die Piranhas zu verfüttern, klang für mich zum einen grausam, zum anderen schön, dass er sich noch mal um die gekümmert hat. :cry