Inflationäre Ich-Perspektive

  • hef : Es ging mir sicher nicht darum, einen Autor anzugreifen, weil er in der Ich-Perspektive schreibt. :wave


    Mir gefallen z. B. die Sookie-Stackhouse-Reihe und die Smokey-Barrett-Reihe in der Ich-Perspektive. - Aber früher konnte ich es gefühlt an einer Hand abzählen, was ich im Jahr aus dieser Perspektive gelesen habe. Deshalb ist es mir auch nie negativ aufgefallen.


    Es geht mir lediglich darum, dass es soviel geworden ist, dass es für mich verwirrend geworden ist. Und ich gerade wirklich dankbar für einen Perspektivwechsel bin.

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Es ist mir völlig egal ob ein Buch aus der "Ich-Perspektive" geschrieben wird - oder eben nicht.


    Hauptsache ist für mich ganz persönlich, dass mir das Buch gefällt. Alles andere ist für mich nicht von Interesse.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich fühle mich absolut nicht betroffen :kiss
    Nur, ich betreue noch eine Reihe von newfies, die alle in die Ich-Perspektive verfallen.


    Und ich muss ihnen sagen: Deine story eignet sich nicht dazu. Nimm die personale oder auktoriale Erzählung.


    Aber es ist inzwischen zu einem weit verbreiteten Irrglauben geworden, dass es sich leichter und schneller schreibt, wenn "ICH" das erzähle.


    Insofern ist deine Anmerkung schon berechtigt und sowohl Leser, wie auch die Verlage leisten dem Vorschub. Quantität vor Qualität :hau


    Mein statistisch belegter Querschnitt des üblichen Lesers, und somit Umsatzträgers (betrifft keine Eule) ist der des DAL. Und darauf wird hingeschrieben. zur INFO: es gibt in Deutschland nur 20 Mio Leser, die regelmäßig ein Buch kaufen. Da sind "Nachfragen" wie von Jazz schon erstaunlich und bemerkenswert. Da macht sich doch glatt jemand Gedanken, die Profi Autoren schon längst zur Verzweiflung treiben.


    Aber erklär das mal den DAL's :bonk

  • Als Jungkäfer las ich überwiegend Abenteuerromane und da hat es mich -abgesehen von Robinson Crusoe und einigen Karl Mays - häufig gestört. Ich ging nämlich davon aus, dass der, der erzählen kann, noch am Leben sein muss - und fand so einen Teil der Spannung genommen.
    Heute lese ich gemischter und es fällt mir nur noch selten auf, auch eine Zunahme habe ich bisher nicht bemerkt.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von Salonlöwin


    Du sprichst hier etwas an, was mich schon länger beschäftigt und mich veranlassen müsste, einen neuen Thread zu eröffnen. Fragt sich, ob ich dann mit faulen Eiern beworfen würde und meine Mitgliedschaft hier im Forum als beendet ansehen kann.
    Übrigens, meine Abbrecherquote beläuft sich im aktuellen Lesejahr auf Null.


    Macht's den thread auf, denn ich denk mir, das sollte einmal diskutiert werden. Bücher sind eine art massenware geworden, die man schnell konsumiert, und sofort weg wirft / vom e-reader löscht, wenn man nicht innerhalb von 20 seiten reinkommt, oder man etwas für sich interessantes drin findet. :chen

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Für mich kommt es auf die Art des Buches an, daß ich lese. Ein Krimi, bei dem die Hauptperson etwa den Mörder jagt passt ganz gut auf die Ich-Perspektive. Der Leser erfährt so eben nur die Dinge, die der Detektiv auch erfährt, was zur Spannung und der Mördersuche im eigenen "Kopfkino" gut beitragen kann. Wenn ich aber einen Fantasy-Roman lese, in dem typischerweise mehrere Charaktere zusammen ein Abenteuer bestehen, finde ich die Ich-Perspektive nicht so vorteilhaft, weil die anderen Charaktere nicht ausgelebt werden.


    Romance-Bücher werden von ihren Autoren offenbar recht gerne im "Ich" geschrieben, da passts auch ganz gut.

  • Zitat

    Original von Michi



    Am meisten finde ich es schade, dass aufgrund dieser Perspektive die anderen Charaktere immer etwas blass bleiben.



    Genau das ist auch einer der Gründe warum ich die Ich-Perspektive nicht mag. Hinzu kommt noch, dass mich der Ich-Erzähler mit der Zeit nur noch nervt.

  • Zitat

    Original von MagnaMater


    Macht's den thread auf, denn ich denk mir, das sollte einmal diskutiert werden. Bücher sind eine art massenware geworden, die man schnell konsumiert, und sofort weg wirft / vom e-reader löscht, wenn man nicht innerhalb von 20 seiten reinkommt, oder man etwas für sich interessantes drin findet. :chen



    :nono
    ne, ne, wer ein Buch wegwirft, ist ein Büchermörder :grin

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Es ist mir völlig egal ob ein Buch aus der "Ich-Perspektive" geschrieben wird - oder eben nicht.


    Hauptsache ist für mich ganz persönlich, dass mir das Buch gefällt. Alles andere ist für mich nicht von Interesse.


    :write


    Bis jetzt sind mir Bücher aus der Ich-Perspektive nicht negativ aufgefallen. Ich habe auch nicht nur ein Bild der Hauptperson im Kopf, da diese ja entweder männlich oder weiblich ist und vom Autor immer beschrieben wird. Ich muss sagen, dass sich die Charaktereigenschaften auch nicht gleichen, denn es sind Figuren, die unterschiedlich alt sind und die andere Lebensweisen an den Tag legen. Ich lese querbeet und da kommen eben nicht nur Ich-Perspektiven vor.


    JASS : Vielleicht liest Du nur Bücher aus dem gleichen Genre, mit einer (fast) identischen Storyline?

  • Zitat

    Original von Michi
    Am meisten finde ich es schade, dass aufgrund dieser Perspektive die anderen Charaktere immer etwas blass bleiben.


    Das stimmt so nicht. Nicht bei guten AutorInnen. (Geschmackssache, blabla etc.)
    Ich reihe mich auch ein unter denen, denen die Perspektive eher egal ist.

  • Zitat

    Original von Johanna
    Aber ich bin ja eh anders, da ich ein absoluter Fan der Ich Perspektive bin :schaem


    :write Ich auch, du bist also nicht alleine. :grin


    Mir gefällt die Ich-Perspektive sehr gut und ich freue mich immer, wenn ich ein solches Buch in die Hand bekomme. Als Kind war das anders, da hat es mich sehr verwirrt, da ich damals dachte, der Autor selbst hätte das alles erlebt. Da war ich doch überrascht, als Karl May plötzlich Old Shatterhand nicht als Ich-Erzähler auftreten ließ.

  • Zitat

    Original von Dori
    ... Ich glaube, die Ich-Perspektive ist zurzeit so populär, weil man sich 1. viele Beschreibungen des Protagonisten sparen kann (da bleibt mehr Zeit für sinnleere Dialoge oder adjektivgeschwängerte Beschreibungen) und 2. der Leser sofort eine Verbindung zum Erzähler aufbaut. ...


    Na ja, das muss aber nicht so sein. Gerade die Ich-Erzählung fordert viel vom Autor, will sie nicht oberflächlich bleiben. Du hast schon recht, da gibt´s ein paar schlimme Beispiele für schlechte Dialoge. Gerade die Wiedergabe von Unterhaltungen in wörtlicher Rede ist jedoch das wichtigste stilistische Mittel, dessen sich der Autor in der Ich-Erzählung bedienen kann, um den Leser ohne Perspektivbrüche in die subjektiven Wahrnehmungen auch anderer Charaktere einzuführen. Dies wird in manchen so erzählten Romanen nicht ausreichend gemacht, so dass die Welt, in der sich der Protagonist bewegt, oft farblos und einschichtig bleibt.


    Überdies ist eine Unterscheidung lediglich zwischen Ich-Perspektive und auktorialer Erzählung, wie sie in diesem Thread oft gemacht wird, nicht immer treffend. So ist es wichtig zu beobachten, ob der Autor einer auktional erzählten Geschichte eher die berühmte "allwissende" Position einnimmt oder eine (vielleicht sogar strikte) personale Erzählperspektive. Tut er Letzteres, also alles und jedes konsequent aus der Sicht seines Protagonisten zu schreiben, ist der Schritt zur Ich-Erzählung sowieso kaum mehr als eine grammatikalische Frage, darüber muss man sich klar sein.
    Mir gefällt die Unterscheidung nach dem „Ich-Erzähler“ und dem „Erzähler in der dritten Person“, wie sie Philipp Bobrowski macht, sehr gut:


    A. Ich-Erzähler
    1. personal
    2. auktorial
    B. Erzähler in der dritten Person
    1. personal
    2. auktorial


    In beiden „Obergruppen“ kann stilistisch sowohl „personal“ als auch „auktorial“ gearbeitet werden. Beide Erzählperspektiven sind also möglich (natürlich nicht gleichzeitig).


    Ich wage die Behauptung, dass sich niemand an der Erzählperspektive eines Romans reiben würde, wenn die jeweils vom Autor gewählte auch handwerklich sauber (also z.B. ohne Perspektivbrüche) und unter kunstfertiger Nutzung aller ihrer jeweils unterschiedlichen stilistischen Möglichkeiten geschrieben ist.

  • Vielleicht sollte ich ich nochmal "meinen" Punkt unterstreichen: Mir geht es nicht darum, dass die Geschichte NUR aus der Perspektive einer Person ist. Das finde ich nämlich ausgesprochen gut, allwissende Erzähler sind nur selten mein Fall.


    Es ist eher ein Phänomen, als würde ich 5 Geschichten mit einer Hauptfigur namens "Robert" lesen. Egal, wie viel Mühe sich ein Autor auch gibt, es kommt (in meinem) Gehirn dann zu verwaschenen Linien zwischen den Figuren.


    Und prinzipiell wollte ich wissen, ob es noch anderen aufgefallen ist, dass Geschichten in der "Ich"-Form zugenommen haben. (Da scheint das Ergebnis eher gespalten zu sein) [okay, und ich wollte ein bisschen jammern ;-)]


    Um eine Vorliebe / Abneigung gegen eine Erzählform ging es mir gar nicht. :gruebel

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Also ich bin auch kein Fan der Ich-Perspektive. Im direkten Vergleich meiner Lieblingsbücher, sind sie meist in der dritten Person gehalten oder wechseln zumindest zwischen diesen zwei Formen.
    Ja, ich habe auch das unterschwellige Gefühl, dass die Ich-Perspektive besonders in bestimmten Genres immer mehr werden. Aber mit Zahlen kann ich das nicht wirklich belegen, da ich diese Bücher einfach seltener lese. Ich versuche vor dem Kauf eines Buches immer einen Blick reinzuwerfen und an zu lesen. Und dabei denke ich oft, ach schon wieder in der Ich-Form.
    Im Endeffekt liegt es natürlich nicht an der Ich-Form, sondern am jeweiligen Schreibstil, wenn mich das Buch nicht anspricht. Aber in der dritten Person fällt es den Autoren vielleicht leichter neutraler zu erzählen oder es spricht mich einfach an, wenn ich die Personen mehr aus ihren Handlungen und Gesprächen kennen lerne, als aus ihren Gedanken.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich bin ein großer Fan der Ich-Perspektive.
    Aber ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass sie "inflationär" benutzt wird; etwa 90% der Bücher, die ich so in die Hand nehme, sind (leider) in der dritten Person geschrieben, sodass ich immer (positiv) überrascht bin, wenn doch mal ein "Ich" erzählt :)


    Das Gefühl, dass es überhand nimmt, könnte mit der Buch-Auswahl zusammenhängen: Die momentan angesagten Jugenddystopien sind überproportional häufig in der 1. Person, vielleicht wegen des Erfolgs der Panem-Trilogie?


    Dass die anderen Charaktere blass bleiben, kann ich nicht bestätigen - das ist nicht die Schuld der Perspektive, sondern des Autors, dann ist nämlich das Buch schlecht geschrieben und nicht die Perspektive falsch gewählt. Vor allem wird der Charakter des Autors m.M.n. umso deutlicher und das Geschehen wirkt auf mich realistischer - allwissende Erzähler sind das nicht und daher mag ich sie nicht so.

    Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
    Kurt Tucholsky


  • Die Farseer-Trilogie wollte ich grad eigentlich als Beispiel anführen, dass eine gut gemachte Ich-Perspektive auch richtig gut wirken kann... :grin


    Gerade da finde ich nämlich, dass Fitz (der Protagonist) einem u.A. dadurch richtig ans Herz wächst und kein bisschen schwammig wird. Mit einer der Gründe, warum die Reihe (plus Nachfolgetrilogie) zu meinen Lieblingsbüchern zählt, und mir auch besser gefällt als bspw. die "Ship of Magic"-Trilogie von derselben Autorin.

  • Zitat

    Original von Johanna



    :nono
    ne, ne, wer ein Buch wegwirft, ist ein Büchermörder :grin


    "Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen." (Heinrich Heine)



    Ich komme auch mit Ich-Erzählern als Charakteren klar und kriege die eigentlich ganz gut auseinander. Ausnahme sind Poes "Tales of Mystery and Imagination", da habe ich immer dieselbe Figur im Kopf.


    Aber bei Ich-Erzählern kann auch ein Deuter- oder Tritagonist als Erzähler gewählt werden, vgl. die Lycidas-Reihe. Emily ist Protagonistin, Wittgenstein der Ich-Erzähler. und gerade Wittgenstein neigt zu eher detaillierten Beschreibungen.


    Es kommt also (für mich) doch eher auf das Wie, nicht auf das Was an.

    "It is necessary to distinguish [...] between languages as such and their speakers. Languages are not hostile one to another. They are, in the contrast of any pair, only similar or dissimilar, alien or akin."
    -J. R. R. Tolkien, "English and Welsh"

  • Zitat

    Original von Nria
    ... Dass die anderen Charaktere blass bleiben, kann ich nicht bestätigen - das ist nicht die Schuld der Perspektive, sondern des Autors, dann ist nämlich das Buch schlecht geschrieben und nicht die Perspektive falsch gewählt. ...


    So ist es!

  • Hab es auch nicht so mit dem Ich-Erzähler und irgendwie ist es da auch schwer sich die Person vorzustellen. In solche Geschichten komme ich auch immer schlecht rein. Und es kommt natürlich auch auf die Geschichte an, um was es grad geht.


    Bei 'Die Bücherflüsterin' fand ich das nicht so dramatisch und liess die Geschichte realer wirken. Bei Krimis und Thriller find ich das enorm störend, weil es den Blickwinkel enorm einschränkt.


    Allerdings kann ich mich nicht daran erinnern, im Moment mehr Bücher mit Ich-Erzähler zu lesen.