'Die dunklen Farben des Lichts' - Kapitel 17 - 24

  • Der gewitzte Verhoeven hat also nicht wie versprochen das Bild entsorgt, sondern es an den Baesken verkauft, den wir schon im ersten Abschnitt kurz kennen gelernt haben.
    Für Henryk wird es so langsam brenzlig... In ihm geht momentan eine ziemlich heftige Veränderung vor. Er hat neue Freunde gefunden, hat eine luxuriöse Wohnung und hat sogar seinen Mantel, der ihm so viel Schutz und Geborgenheit verlieh, abgelegt. Aus dem introvertierten schrulligen Jungen wird nun also ein gesellschaftsfähiger, reicher Mensch, der seine Schüchternheit ablegt und dabei auch immer skrupelloser wird. Wie einfach er mit Verhoeven verhandelt, wie er ohne mit der Wimper zu zucken, Lügen über die Restauration verbreitet und nahezu ohne Hemmungen eine zweite Fälschung anfertigt. Sein Prof. Lauwaert scheint schon Verdacht zu schöpfen.


    Martha ist noch nicht wieder aufgetaucht, aber stattdessen ihre „Reinkarnation“ Helen. Ist diese Ähnlichkeit nur Zufall oder besteht da vielleicht ein Verwandschaftsverhältnis? So oder so ist Henryk ihr sicherlich jetzt schon verfallen.

  • Da ist das "zerstörte" Bild wieder aufgetaucht. Und dann noch bei Martha's Ebenbild - Zufall? Daran mag ich gar nicht glauben. Jetzt wird unser Maler etwas mutiger - er legt den Mantel ab - seine Schutzhülle vor der Außenwelt. Hoffentlich wird er nicht zu mutig... :gruebel


    Und dann taucht Professor Lauwaert auf, der Hendryk von früher kennt. Ob jetzt alles herauskommt? :wave

  • Vier Monate lang hat Henryk dem Staub zugesehen, der sich in seiner Wohnung sammelt. Eklig, aber gut beschrieben.


    Verhoeven hatte ich schon zugetraut, dass er das Bild reparieren lässt und danach verkauft, allerdings hätte ich nicht gedacht, dass Henryk so spontan und uneingeladen dabei mitmacht. Er geht bewusst die Gefahr ein, weil es sein Bild ist. Sein Professor schöpft zu Recht verdacht, Henryk ist kein sehr gerissener Lügner.


    Seine neue Freundin Helene scheint mir weniger kaltblutig zu sein als Martha, vielleicht verliebt sie sich sogar in ihn. Aber er sieht wahrscheinlich immer nur Martha in ihr.

  • Also doch. Wie erwartet benutzt Verhoeven das Bild und macht es zu Geld.


    Erstaunlich wie sich Henryk hier verändert. Er kämpft seine Skrupel weitgehend nieder und versucht das Geld zu genießen. So ganz gelingt es ihm nicht, aber wie er die zusätzlichen Millionen aus Verhoeven rausgeleiert hat - Respekt :grin.


    Ich frage mich, ob die Sache mit dem Vermeer irgendwie eine abgekartete Sache war, in die auch Baeskens von Anfang an verwickelt gewesen ist.


    Hier in diesem "Helene-Teil" ist für mich mehr Leichtigkeit hinein gekommen. Zwar spitzt sich die Situation insgesamt zu, aber die Atmosphäre scheint mir weniger düster. Trotzdem sagt mir mein Bauchgefühl, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen wird. Henryk ist einfach nicht skrupellos genug (obwohl er sich redlich bemüht ;-)) - und dann die Sache mit den giftigen Dämpfen..., es geht ihm auch gesundheitlich immer wieder schlecht.


    Gewundert hat mir hier die Sache mit den Zeitungen, die ihm wohl eingeworfen werden und aufgrund derer er von dem "Fund" erfährt. Für mich passt es nicht zu seiner Persönlichkeit und Lebenssituation, dass er eine Zeitung abonniert haben soll.


    Auf S. 151 heisst es bei mir an einer Stelle "Baukronen", ist das so gemeint, oder fehlt ein "m"?


    Genial fand ich diesen Satz auf S. 134:" Sein Bewusstsein tauchte auf wie ein schwerfälliges Tier, das zu lange unter einer Eisdecke gefangen war".
    Mit diesem Satz ist alles gesagt zu Henryks Situation :anbet!

  • Ich schließe mich dir an, Lumos, denn ich sehe alles ganz genauso. :write


    Meine liebsten Szenen sind in allen Abschnitten, die in denen Henryk malt. Das sind für mich aboslute Highlights. Ich warte beim Lesen richtig darauf. Das ist unglaublich intensiv geschrieben und schön, einfach schön zu lesen!


    Henryk ist, im Gegensatz zu vorher, sehr mutig. Es gehört eine ganze Menge dazu, sich sowohl Verhoeven als auch den Baeskens gegenüber so zu präsentieren. Ich frage mich, was ihn dazu treibt, das Bild von Martha oder die Ähnlichkeit zwischen Martha und Helene?


    Ich weiß nicht, ob man Baeskens trauen kann. Aber die beiden könnten so etwas wie Freunde werden.

  • Zitat

    Original von Saiya
    Meine liebsten Szenen sind in allen Abschnitten, die in denen Henryk malt. Das sind für mich aboslute Highlights. Ich warte beim Lesen richtig darauf. Das ist unglaublich intensiv geschrieben und schön, einfach schön zu lesen!


    Ich kann nicht sagen, dass es meine Lieblingsszenen sind, aber auf jeden Fall finde ich sie auch sehr eindrucksvoll. Und ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass die Autorin selbst Malerin sein müsste, was Andrea inzwischen irgendwo schon erwähnt hat. Es liegt so viel Gefühl und Intensität in diesen Szenen, dass ich es mir einfach nicht anders vorstellen kann. Mit reiner Recherche kann man das m. E. so nicht ausdrücken.

  • Zitat

    Original von LumosUnd ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass die Autorin selbst Malerin sein müsste, was Andrea inzwischen irgendwo schon erwähnt hat. Es liegt so viel Gefühl und Intensität in diesen Szenen, dass ich es mir einfach nicht anders vorstellen kann. Mit reiner Recherche kann man das m. E. so nicht ausdrücken.


    Das ist wirklich ein wichtiger Punkt, ich stelle es bei anderen Romanen immer wieder fest, Recherche bringt Dich nur bis zu einem gewissen Grad an Detail - willst Du näher heran, musst Du selbst getan haben, was Du beschreibst. Und ich finde, es sind tatsächlich die Details, die über die Intensität einer Szene bestimmen. Auch wenn es nur ein oder zwei Sätze sind, aber die müssen dann sitzen.
    Gerade vorhin bin ich beim Lesen eines Romans über einen Satz gestoßen, der soviel Stimmung rüberbringt, wie sonst eine ganze Seite. Das funktioniert nur, wenn man die Dinge wirklich auf den Punkt trifft. Was man wiederum nur schafft, wenn man sich 'aus erster Hand' damit beschäftigt hat.
    Bei diesem Buch hier habe ich, obwohl ich mich wirklich mit Maltechniken auskenne, trotzdem unendlich viel Zeit mit Recherieren verbracht, um die ganzen Details zum Fälschen zusammenzutragen. Ich habe in die Öle reingerochen und mal probeweise selbst Pigment angerührt und damit gemalt (sonst nehme ich der Bequemlichkeit halber die Tuben ;). Nur das mit dem Blei, da hab ich auf Selbsterfahrung verzichtet :grin ... da mussten meine Selbstversuche mit Koffein-Tabletten nach durchgearbeiteten Nächten mit Präsentation am nächsten Mittag als Referenz ausreichen.

  • Ich finde es auch sehr erstaunlich, dass Henryk plötzlich eine zweite Fälschung malen möchte. Ich verstehe ehrlich gesagt sein Motiv noch nicht. Ums Geld geht es ihm wohl eher nicht, da der Betrag den er dem Galeristen abgeknöpft hat, wohl eine Weile reichen wird.
    Helene ist mir sympatscher als Martha.
    Ich bin gespannt, ob Henryk bald auffliegen wird.

  • Zitat

    Original von xania
    Ich denke, den zweiten Vermeer malt er weil er es selbst entschieden hat und niemand sonst.


    So sehe ich das auch. Ich hab das Gefühl, daß er einfach einmal derjenige sein möchte, der die Kontrolle hat. Denn die hat er ja eigentlich nie, weder über sich selbst noch über sein Leben.

  • Dritter Abschnitt. Er wird benannt und beherrscht von der Figur der Helene.
    Sie ähnelt Martha, strahlt allerdings im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin eine - wenn auch zurückhaltende - Wärme aus.
    Zwangsläufig wird Henryk sich zu ihr hingezogen fühlen. Auf mich wirkt sie abgesehen von ihrer Schönheit bislang etwas blass. Ihre Entwicklung bleibt abzuwarten.
    Mit ihrem Ehemann Peter kann ich etwas mehr anfangen. Immer zu einem guten Geschäft bereit, verhehlt er nie seine Motive, handelt kalkuliert und einschätzbar.
    Positiv und eindrucksvoll beschrieben wird in diesem Abschnitt zudem das Haus mit Galerie des Ehepaares, das sich exclusiv und geschmackvoll eingerichtet hat.

  • Meine Lesegefühle in diesem Abschnitt:


    Jau, da war er wieder. Dieser wunderschöne Twist, diese Wendung im Charakter Henryks, wo er von jemandem der kontrolliert und geführt wird, zu jemandem wird, der die Dinge selber in die Hand nehmen möchte. Er geht dabei mit einer paradoxen Mischung aus Unsicherheit und Größenwahn vor, die einfach nur allzu menschlich ist.
    Habe ich schon erwähnt, dass ich Henryk einfach mag? Obwohl sein Verhalten bei mir einerseits Mitleid auslöst, aber andereseits auch manches Mal für Verblüffung und / oder Entsetzen sorgt?
    Ich frage mich im Moment, wie ich an seiner Stelle agieren würde.
    Wäre ich genau so wie er?
    Das ist es, was diesem Roman schon damals diese Würze verlieh, als ich ihn lesen durfte.


    Dazu kommen die herrlich eingewebten Krimi- und Thrillerlemente, das Auftauchen Helenes, die mich auch schwer an Martha erinnerte ... Aber jetzt sehe ich auch, warum es so schwer ist, dieses tolle Buch in irgendeine Schublade einzuordnen.
    Es ist voller Leben.
    Und das Leben lässt sich einfach nicht in Schubladen pressen.

  • Tja, das mit den zeitungen, das ist tatsächlich etwas merkwürdig. Mir wäre es selbst gar nicht aufgefallen. Aber ich hatte Gelegenheit ,mit Lumos über das Buch bei einem Treffen zu diskutieren. Das ist das tolle an Leserunden, das Austauschen mit Autor und Mitlesern.


    Henryk machte auch auf mich nicht den EIndruck, dass er sich großartig für das Geschehen in Brüssel oder dem Rest der Welt interessiert. Seine Welt besteht aus seinem Studio, was er ja kaum verlässt und neuerdings aus Helene.


    Ja, warum malt er einen zweiten Vermeer? Der Grund ist auch für mich nicht ganz klar. Wem will er damit imponieren? Helene?


    Ich war gespannt, ob und wie die Beziehung sich entwickeln würde.

  • Bei mir steht immer nur Kunsthall, da fehlt das e am Ende ;-)
    Ansonsten Helene was ich von ihr zu halten habe keine Ahnung irgendwie mag ich sie nicht und ist es nicht sonderbar das sie Henryks Geld so verprasst? Ihm liegt wenig daran anscheinend und doch macht er mit, will er dazu gehören? Wer will das nicht?