Schrottplatz oder Goldgrube - bietet der Indie E-Book Markt wirklich eine Chance für Autoren?

  • Zitat

    Original von beisswenger
    Liebe magali,
    ich lese gerade ein von manchen, aber nicht allen Kritikern für 'Gut' befundenes Buch, das so gar nicht meinen Geschmack trifft, weil ich beim Lesen fast immer einschlafe und mich darüber ärgere, warum die Autorin, die zweifelsfrei schreiben kann, meinem Bedarf nach mehr 'Tension' nicht nachgekommen ist und m.E. nach den Kriterien des 'Creative Writing' ein Produkt zusammengeschustert hat, das glatte 50% der Leser dazu bringt, dass ihnen bei der Lektüre desselben doch glatt die Füße einschlafen.
    Was ist ein gutes Buch?



    Was sagt Dein Bedarf an 'tension' aus? Warum soll die Autorin den befreidigen?
    Vielleicht will sie eine ganz andere Geschichte erzählen, als Du erwartest.
    Vielleicht verstehst Du sie nicht.
    Vielleicht kann sie es nicht.
    Alles möglich.


    Erste Regel einer Kritikerin:
    finde heraus, was die Autorin will.
    Daran miß, was sie erreicht hat.


    Wenn Du findest, daß sie das Ganze in den Sand gesetzt hat, dann begründe das einfach. Gib klare Gründe dafür, warum es mehr Spannung gebraucht hätte. Aus dem Text heraus, nicht aus Deinem Gefühl heraus.


    Ansonsten weiß ich halt, daß beisswenger es mag, wenn's fetzt.
    Hier hat es immer noch 25°C. Das mag ich.


    Nun stehen wir da mit unseren Vorlieben.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hallo,


    ich lese das alles so mit und frage mich die ganze Zeit: wer von den Indie-Autoren hat denn behauptet, dass ihre Bücher besser, innovativer, genialer etc. sind als alles, was die Verlage so auf den Markt werfen? Mir ist diese Behauptung bisher nirgendwo unter gekommen.


    Selfpublishing sehe ich in erster Linie als einen Versuch, seinen Text unter die Leute zu bringen. Dabei gehe ich fast schon davon aus, dass es bei Verlagen versucht wurde, das aber nicht klappte.
    Nun sollte der Autor sich vielleicht fragen warum, gerade als Anfänger. In den allermeisten Fällen ist wirklich der Text nicht gut genug. Ich weiß allerdings aus eigener Erfahrung, wie eng die durch die ganzen Trends bestimmten Auswahlkriterien der großen Verlage sind, und dass da durchaus auch gute Manuskripte durchs Raster fallen können. So war es im historischen Roman bis vor ein oder zwei Jahren sehr schwer, einen Text zu verkaufen, der nicht im Mittelalter spielte und keine weibliche Hauptfigur hatte (schwer wohlgemerkt, nicht wirklich unmöglich). Derjenige meiner Romane, der bisher - wenigstens im Internet - am Besten ankam, wurde von sämtlichen großen Verlagen abgelehnt, einfach, weil er den falschen Schauplatz hatte. Hier bleiben einem zum Glück noch Kleinverlage, aber die müssen auch ziemlich aussieben - ein bisschen Glück ist immer dabei.
    Indie-Publishing hätte eine Chance für unkonventionelle Texte werden können, doch scheint dies großteils nicht der Fall zu sein, das habe ich auch schon gemerkt. Ich gehe da auch mir Skepsis ran, gerade weil ich nicht so gern auf dem Kindle lese und so ein gedrucktes Buch dann gleich über 10 Euro kostet - und am Ende ist es Megaschrott, wer weiß. Trotzdem bin ich mir sicher, dass sich auch einige sehr gute Texte darunter verbergen.


    Das zerstörerische Element sehe ich aber nicht. Da hat vielleicht mal ein 18-jähriger seine erste, tragische, unerfüllte Liebe zu einer Schmonzette verarbeitet und stellt die bei amazon ein. Den meisten Lesern wird es wohl grausen oder sie werden sich kaputt lachen, um danach entsprechende Rezensionen zu verfassen. Damit muss der Bursche dann leben. Vielleicht findet sich ab er auch der eine oder andere Leser derselben Altergruppe, der sich in dem Text voll verstanden fühlt und hellauf begeistert ist.
    Wem, bitte, wird dadurch weh getan?


    Tereza

  • ....na hier war ja was los! Irre....


    David Gray ist erst mal Aus.


    Er muss nachlesen, welche Argumente hier geschleudert werden ...dann nachdenken (dauert bei ihm länger als bei anderen, ist ja offenbar nur n halber richtiger Autor :wow ) ...



    Aber - grundsätzlich ist ne heiße Diskussion ja immer ein gutes Zeichen. :-]


    Denn eines beweist die ja: sie wird engagiert von engagierten Menschen geführt. Was ja nun für die Literatur (ganz gleich welche) grundsätzlich schwer hoffen läßt :wave



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  • Zitat

    Ansonsten weiß ich halt, daß beisswenger es mag, wenn's fetzt. Hier hat es immer noch 25°C. Das mag ich. Nun stehen wir da mit unseren Vorlieben.


    Liebe magali,


    natürlich gibt es Schubladen, die den Schrank der Gutbuch-Kriterien zusammenhalten. Dennoch könnte ein Wisch manchmal besser in Schublade B passen, obwohl er gemäß Erbsenzählerverordnung in A gehört. Mag der Literaturpapst bestimmen, ob es ein antiker,- ein moderner,- oder ein revolutionärer Schrank ist, letztendlich entscheiden nicht dessen Kriterien (auch hier gibt es keinen gemeinsamen Nenner; ich erinnere an die Löffler/MRR-Diskussion), ob der individuelle Leser (und nur darauf kommt es an) ein Buch für gut befindet, sondern wie du geschrieben hast: seine Vorlieben.


    Auch wenn ich eher ein Fetzer bin, der sich bei 28°C. am wohlsten fühlt, auch wir haben eine gemeinsame Schnittmenge unserer Liebeleien - soweit ich mich richtig erinnere, magst du auch die Prosa von Christa Wolf. Aber das sagt nix darüber aus, ob wir ein Gutes Buch erkennen könnten.


    Davon abgesehen, glaube ich nicht, dass es per se Gute Bücher gibt, denn das könnten an sich nur Gute Leser beurteilen. Gibt es sie? Darüber wissen wir auch nichts.

  • Zitat

    Original von beisswenger
    Davon abgesehen, glaube ich nicht, dass es per se Gute Bücher gibt, denn das könnten an sich nur Gute Leser beurteilen. Gibt es sie? Darüber wissen wir auch nichts.


    Ah, das ist doch mal ein wichtiger Einschub: Qualitätsprüfung des Lesers. :chen


    Ich würde mal sagen, es gibt "gute" und "schlechte" Leser und jeder wird sich das suchen, was zu ihm passt.


    Um die "Qualität" eines Lesers einschätzen zu wollen, müssten man zuerst auch die Intention hinterfragen, warum er liest.


    Mich würde brennend interessieren, was für euch die Kriterien sind, die einen guten Leser ausmachen.


    Ich überlege noch... :gruebel

  • Zitat

    Original von Rosha
    Mich würde brennend interessieren, was für euch die Kriterien sind, die einen guten Leser ausmachen.


    Ich überlege noch... :gruebel


    Hauptkriterium: Er (der Leser) resp. sie (die Leserin) kann lesen. Wird dieses Kriterium nicht erfüllt, sind alle anderen Kriterien obsolet. ;-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Hauptkriterium: Er (der Leser) resp. sie (die Leserin) kann lesen. Wird dieses Kriterium nicht erfüllt, sind alle anderen Kriterien obsolet. ;-)


    :lacht Warum in die Ferne schweifen...


    Auf das Naheliegendste kommt man oft nicht. Aber zum Glück haben wir Voltaire. :grin :kiss

  • Zitat

    Original von Rosha


    :lacht Warum in die Ferne schweifen...


    Auf das Naheliegendste kommt man oft nicht. Aber zum Glück haben wir Voltaire. :grin :kiss



    Das wäre dann also der KGN: (der kleinste gemeinsame Nenner) : ein guter Leser ist zuerst, und vor allem anderen, ein Mensch, der gerne liest. :wow


    Dem Diktum schließe ich mich doch vorbehaltlos an :wave



    .............................

  • Zitat

    Original von Tereza
    wer von den Indie-Autoren hat denn behauptet, dass ihre Bücher besser, innovativer, genialer etc. sind als alles, was die Verlage so auf den Markt werfen?


    Gegenfrage eines Lesers: Wenn bei den Indie-Autoren nix besseres / innovativeres / genialeres rauskommt als bei den Verlagen, wieso sollte ich dann die Indie-Autoren lesen?


    Warum sollte ich als Leser den großen Stapel der SPs durchwühlen nach der Perle, wenn die Perle nicht besser ist als das, was die Verlage ohnehin anbieten? :gruebel

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    Warum sollte ich als Leser den großen Stapel der SPs durchwühlen nach der Perle, wenn die Perle nicht besser ist als das, was die Verlage ohnehin anbieten? :gruebel


    Weil die Perle billiger ist?


    Weil das die moderne Version des Goldschürfertums ist?


    Weil es deinen Stolz befriedigt, vor allen anderen das Besondere gefunden zu haben?

  • Zitat

    Original von Rosha


    Weil die Perle billiger ist?


    Wenn ich berechne, durch wie viel Schrott ich mich wühlen muß, um die Perle zu finden, müßte der angesetzte Stundenlohn schon sehr gering sein, damit die Perle wirklich "billiger" ist.


    Zitat

    Weil das die moderne Version des Goldschürfertums ist?


    Glaubst Du, ich setze mich mit dem Sieb an einen Fluß, wenn ich nebenan Goldbarren für eine Handvoll Dollar kaufen kann?


    Zitat

    Weil es deinen Stolz befriedigt, vor allen anderen das Besondere gefunden zu haben?


    OK, das mag für manchen Leser zutreffen - mir fehlt dazu der Ehrgeiz.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

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  • Tereza


    Die Behauptung, daß SelbstverlegerInnen innovativer, anders, nicht-Mainstream sind, stammt aus der Szene. Es ist längst Kleinmünze und griffige Begründung dafür, warum sie nicht bei einem ordentlichen Verlag gelandet sind. Es geht darum, den Grund für das Versagen abzuschieben.
    Die SelbstverlegerInnen sind keinesfalls schuld am mangelnden Erfolg, nicht einmal dann, wenn schon eine Twitter-Meldung von ihnen deutlich macht, daß sie keinen Satz geradeaus schreiben können.


    Ob von ihnen jemand versucht hat, eine Agentur/einen Verlag zu finden und in welcher Zahl sie das wie oft versucht haben, weiß ich nicht. Man müßte bei den Agenturen/Verlagen anfragen, wieviele Formabsagen sie wöchentlich verschicken. Allerdings wäre das nur ein erster Anhaltspunkt, denn Standardabsagen treffen rundum, werden aber auch geschickt, wenn wieder mal jemand einem Kochbuchverlag ein Krimi-MS geschickt hat.


    Ich gestehe an dieser Stelle, daß ich den starken Verdacht habe, daß die wenigsten der KritzlerInnen, die inzwischen selbstverlegend herumwesen, sich ernsthaft bemüht haben, ihr MS unterzubringen. Noch bereit sind, ihre Texte zu überarbeiten, Schreib-AmateurInnen sind eine unangenehm beratungsresistente Art. Erhebt man Einwände, ist die Kritikerin schuld, insistiert man, entdeckt die Betreffende plötzlich, daß sie eigentlich Legasthenikerin ist, sagt man, daß Legasthenie nichts damit zu tun hat, wenn keine Spannung in der Handlung aufkommt, versteht man eben nicht, daß da ein literarisches Genie vor einer sitzt, die schon drei Kurse 'Creative Writing' an der VHS Dimpfelhausen hinter sich hat. Es gibt keine Ausrede, die es nicht gibt, um das eigene Kind zu verteidigen. Schuld sind auf jeden Fall die anderen.


    Aber, wie gesagt, hier fehlen Zahlen.


    Ich weiß auch nicht, ob Selbstverlegen 'eine Chance für unkonventionelle Texte hätte werden können.' Wer soll die denn lesen?
    Das Publikum, das angezielt wird, will Genre. Pornografie, Thriller, Krimis, Chick.Lit., Fantasy. Es darf schrill und laut und blutigst sein, aber ganz bestimmt nicht unkonventionell.
    In den Buchandlungen stehen unkonventionelle Bücher. Geschichten, Romane, Lyrik. Gerade Lyrik ist ein Experimentierfeld in einem Ausmaß, das man sonst kaum findet. So etwas lesen SpezialistInnen. Nicht die Mehrheit der LeserInnen.


    Zu diesem Punkt gehört auch der Irrglauben, daß man sich als Selbstverlegerin bewähren kann, zeigen, was eine kann, auf sich aufmerksam machen. Tatsächlich gehen selbst solidere Texte in der Masse unter. Die LeserInnenschaft ist nahezu kritiklos, weil sie in erster Linie Unterhaltung sucht, schnell, auf den Effekt gebaut, möglichst billig.
    Die Leute, die selbstverlegen, sind keine naiven 18jährigen, wie Du sie erhoffst, sondern Naive jeden Alters und beider Geschlechter, die glauben, Geld machen zu können, möglichst ohne Anstrengung.


    Und hier beginnt ein schwerer Schaden: Geschriebenes wird in direkte Beziehung zum Geldwert gesetzt. Sätze, wie: das kostet nur 99 Cent, dafür darf ich nicht groß was erwarten, oder: ein kurzes Vergnügen darf auch nicht viel kosten oder: Bücher sind Abzocke, weil sie teuer sind, soviel ist der Roman doch gar nicht wert, sind ein Offenbarungseid für eine Gesellschaft, die behauptet, Bildung und Kultur zu kennen.
    Schnäppchenjagd auf dem Markt digitalisierter Texte.


    Ey, ich hab 'nen Porno für 1, 99!
    Ich hab einen für 0,99 Cent.
    Ey, cool! Und wie isser?
    Na, ja. Aber für 0,99 Cent kann man auch nix Dolles erwarten.
    Du, da biete eine einen für 2,45.
    Och, nee, ist mir zu teuer. Ich warte auf die Gratisaktion am Wochenende.


    Ich verstehe nicht, wie sich LeserInnen auf der einen und AutorInnen, denen ihre Tätigkeit etwas wert ist, auf der anderen Seite, sich dermaßen billig machen können.
    Das ist Straßenstrich.


    Eben das fällt auch auf die eher gering anzusetzende Zahl derer zurück, die tatsächlich etwas können und gezielt Klein-UnternehmerInnen werden, um ihre Texte zu verkaufen.
    Die trübe Brühe der Selbstverlags-Produkte klären, wäre die Aufgabe der Stunde. Ich verstehe bloß nicht, warum und wofür man sich die Mühe machen soll.
    Die Zahl derer, die aus diesem Augiasstall herausragen, weil sie besser sind als der Rest, ist verschwindend gering. Deswegen kann man niemandem empfehlen, ein Lesegerät zu kaufen.
    Die Ausnahmene bestätigen hier die Regel, wie man es sich schöner nicht wünschen kann.
    Wenn's nur schön wäre.
    :help



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus



  • Natürlich erkennen wir ein gutes Buch, denn wir können begründen, warum wir Christa Wolf lesen. Oder nicht lesen.
    Du und Deine Scheu, sich festzulegen! Aber okay, so bist Du eben.


    Und ja, natürlich braucht es gute LeserInnen. Was sonst? Lesen ist eine Fähigkeit, die sich stetig weiterentiwckelt. Das ist nicht statisch. Wie wir lesen verändert sich mit dem Lebensalter, mit der Erfahrung und mit der Büchermenge, die wir lesen.
    Lesen braucht Übung. Die Fähigkeit ist zunächst wenig ausgeprägt, das steigert sich aber.


    Von daher ist Voltaires Satz rundum richtig.
    Hauptvoraussetzung für eine/n gute/n LeserIn, ist, daß sie/er lesen kann.


    Da man diese Fähigkeit erwerben kann, bin ich immer hoffnungsvoll, selbst bei den dümmsten amazon-Kritiken.



    An dieser Stelle:


    herzlichen Dank an David Gray für die Eröffnung dieses wunderbaren Threads.
    Es war schon lange nicht mehr so spannend hier.


    :anbet :anbet



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali: Lesen braucht Übung. Die Fähigkeit ist zunächst wenig ausgeprägt, das steigert sich aber. Von daher ist Voltaires Satz rundum richtig. Hauptvoraussetzung für eine/n gute/n LeserIn, ist, daß sie/er lesen kann. Da man diese Fähigkeit erwerben kann, bin ich immer hoffnungsvoll, selbst bei den dümmsten amazon-Kritiken.


    :write.
    Wenn zu dieser Lesefähigkeit sich eine Erkenntnisfähigkeit gesellt, dann besteht durchaus Hoffnung, dass der Leser Literatur nicht kritiklos hinnimmt.
    Und genau an dieser Stelle habe ich meine Zweifel und schaue wenig hoffnungsvoll auf die Leserschaft. Es wird wenig beanstandet, über vieles hinweggegangen, Schwachstellen werden nicht erkannt.
    Ob diese Kritiklosigkeit in erster Linie am ungenauen Lesen liegt (ich erinnere mich an meine wenigen LR in diesem Forum, in denen mir dieses Phänomen besonders aufgefallen ist) oder mit Schwierigkeiten in der Leseentwicklung im Laufe eines Lebens zu tun hat, kann ich schwerlich beurteilen.

  • Salonlöwin


    ja, es ist ein Problem mit der LeserInnenschaft, die Lesefähigkeit entwickelt sich nur langsam und wird auch kaum gefördert. Von daher verstehe ich Deinen Pessimismus.
    Ich habe aber schon die wildesten Überraschungen mit Lesenden erlebt, deswegen bin ich nicht ganz hoffnungslos.
    Vielleicht ist es auch ein Fehler, ich sehe Dinge zu rosig.


    Das steht dann auf meinem Grabstein:
    Sie scheiterte unentwegt, aber die Menschen bleiben ein steter Quell der freudigen Überraschung für sie.
    R.I.P.


    :grabrede

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • Zitat

    magali: Du und Deine Scheu, sich festzulegen! Aber okay, so bist Du eben.


    Auch das ist Erfahrung, magali. In aller Regel schreibe ich eine Rezi einen Tag, nachdem ich das Buch gelesen habe. Natürlich im Überschwang der Gefühle und versunken im inneren Diskurs der Reflektionen, die sich oftmals widersprechen.


    Im Rückblick ist dann ein Buch, das ich einst zerrissen habe, viel nachhaltiger in meine Gedankenwelt eingegangen, als ein Buch, das ich in den göttlichen Literaturhimmel gelobt habe.


    Ich traue mir da nicht, deshalb lege ich mich auch nicht fest.

  • Zitat

    Original von magali


    Ob von ihnen jemand versucht hat, eine Agentur/einen Verlag zu finden und in welcher Zahl sie das wie oft versucht haben, weiß ich nicht. Man müßte bei den Agenturen/Verlagen anfragen, wieviele Formabsagen sie wöchentlich verschicken. Allerdings wäre das nur ein erster Anhaltspunkt, denn Standardabsagen treffen rundum, werden aber auch geschickt, wenn wieder mal jemand einem Kochbuchverlag ein Krimi-MS geschickt hat.


    Absagen werden sehr, sehr viele verschickt, wie ich immer wieder höre. Das liegt aber großteils wirklich daran, dass die Texte nichts taugen.


    Mit "unkonventionellen" Büchern meinte ich tatsächlich unkonventionelle Genreliteratur. Die sogenannte Hochliteratur ist ein Fall für sich, man könnte sie fast schon als eigenes Genre bezeichnen (wobei die Abgrenzung da im Einzelfall schwierig sein kann). Da ist Selfpublishing sicher der falsche Weg, denn man erreicht so die Zielgruppe nicht. Hier haben Autoren auch wirklich viele Freiheiten und Experimente sind durchaus willkommen.


    Ich mag aber auch Genreliteratur, als Autorin sowieso, doch auch als Leserin. Als Autorin habe ich recht früh zu spüren bekommen, wie es da läuft. Mein erster Text wurde erst einmal x-fach mit Standardbrief abgelehnt, dann meldete sich endlich eine kleinere Agentur und teilte mir mit: das ist zwar schön geschrieben, aber so eine Geschichte kauft mir kein großer Verlag ab.
    Problem war der Schauplatz Osteuropa (totales Nogo), die Liebesgeschichte (gay romance ist in dem Genre tabu) und dann fehlte auch noch das Happy End. Ich bin dann mit meinen unkonventionellen Geschichten zu Kleinverlagen gegangen und habe Kompromisse gemacht, um auch Verträge bei den Großen zu kriegen. Insgesamt kann ich damit ganz gut leben, aber als Leserin hätte ich eben gern auch mal was Anderes als die starke Frau im deutschen Mittelalter oder die naive Auswandererin im 19. Jahrhundert (die anfangs auch nur in bestimmten Regionen herumwandern durfte. :-))


    Ich kenne einige Autoren, die teilweise schon Bücher bei Publikumsverlagen herausgebracht hatten, und dann aus eben jenen Gründen aufs Selfpublishing umgestiegen sind. Weil sie z.B. Schauplatz und Epoche beim historischen Roman frei wählen wollten. Bei denen läuft das ganz gut, und daher hatte ich etwas mehr Hoffnungen in die ganze Sache gesteckt.


    Insgesamt sehe ich das nicht so schwarz. Ich rechne damit, dass Organisationen wie Qindie zunehmen werden, ebenso wie Ebook-Verlage, um etwas Ordnung in das ganze Durcheinander zu bringen. Auch Leute, die sich beim Lesen vor allem unterhalten wollen, können doch nicht alle Texte wollen, die schlecht und hölzern geschrieben sind, vor Fehlern strotzen und eine total hanebüchene Handlung haben. Es wäre daher wichtig, dass da mal ein bisschen gefiltert wird, und dann würde ich mir auch mehr solcher Bücher zulegen. Bisher beschränke ich mich bei Indie auf Autoren, die ich schon vorher kannte.


    Viele Grüße


    Tereza