'Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins' - Teil 3

  • Ich konsultiere mal meine Notizen.


    Dritter Teil - Unverstandene Wörter
    Andere Ort: Genf
    Hier leben Teresa und Tomas, zusammen und jeder für sich, ein ganz anderes Leben. Aber um sie geht es weniger.
    Andere Personen: Sabina, Franz


    Was sind das für unverstandene Wörter?
    Für jeden bedeuten diese Wörter, Begriffe (Frau, Treue und Verrat, Musik, Licht und Dunkel...) teilweise etwas anderes, was aus den Lebensgeschichten resultiert, den verschiedenen Wegen, die jeder so gegangen ist. Und manchmal sind die Unterschiedlichkeiten so groß, dass man einander missversteht, nicht begreift, warum der andere sich so verhält, wie er es tut.


    Franz ist schon eine tragische Figur. Sein Leben lang hat er die idealisierte Mutter in seine Frauen projiziert, bis er endlich den Schritt aus seinem eigenen Gefängnis heraus wagt und Sabina verliert. Ihre Blickwinkel sind so verschieden, wahrscheinlich auch das, was sie voneinander wollten.
    Sabina ist das Sprungbrett für Franz' Befreiung; die Befreiung vom Idealbild einer Frau, die es nicht gibt, die Befreiung aus einer unglücklichen, langweiligen Ehe, die Befreiung von der eigenen Angst vor Schritten aus der Gewohnheit heraus.
    Durch sie wird er ermutigt, "in der Wahrheit zu leben", auch wenn das für ihn etwas ganz anderes ist, als für Sabina. Für ihn ist es "Nicht zu lügen, sich nicht zu verstecken, nichts zu verheimlichen".
    Für Sabina ist "in der Wahrheit leben" im Gegensatz dazu, dass man seine Intimität nicht aufgibt, sein Geheimnis. Zur Lüge wird das Verhältnis für sie, indem man diesem ein Publikum gibt.


    Und Sabina erfährt vom Tod von Teresa und Tomas, den der Autor hier schon weit vorweg nimmt. Als Notiz steht bei mir nur vier Worte, die für mich sagen, wie die Beiden lebten und starben: Ungebremst in den Tod.
    Hier in diesem dritten Teil schließt sich für Sabina schon der Kreis, der für uns Leser noch geöffnet bleibt.



    Zitat kursiv geschrieben aus "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins", Fischer Taschenbuch Verlag

  • Meine "Abneigung" gegen das Buch lag wohl doch an Tomas und Tereza.


    In diesem Abschnitt kommen sie eigentlich gar nicht vor, sie werden nur am Rand mal erwähnt. Und dieser Abschnitt hat mir sehr gut gefallen, ich konnte damit etwas anfangen.


    Zunächst einmal paßt hier Philosophie und Geschichte wunderbar zusammen. Was für herrliche Aussagen sich in diesem Abschnitt befinden. Da ich mir grundsätzlich keine Notizen mache, kann ich natürlich kein Beispiel anbringen. Aber mir haben etliche Aussagen sehr gut gefallen.


    Sehr interessant war die unterschiedliche Sichtweise auf die gleichen Dinge. Ich stelle ja immer wieder fest, das Männer und Frauen unterschiedlich ticken und selbst wenn sie das selbe Wort verwenden, sie doch nicht das gleiche meinen. Aber es so aufgeschrieben zu sehen war schon irgendwie aufschlußreich.


    Sehr schön fand ich Sabinas Betrachtungen zum Friedhof. Vielleicht liegt es daran, dass ich auch gern auf Friedhöfe gehe, gerade auch in fremden Städten oder Ländern. Und es ist für mich immer wieder interessant, wie unterschiedlich doch die Gestaltung eines Friedhofes bzw. der Gräber sein kann.


    Franz ist schon irgendwie eine tragische Figur, mit der man Mitleid haben kann. Da lebt er ein Doppelleben weil er sich nicht traut seiner Frau die Wahrheit zu sagen und sie nicht verletzen will, dann gesteht er ihr endlich den Seitensprung und seine Frau kümmert es gar nicht, während er beide Frauen losgeworden ist. Ein Gutes hat es aber, er kann sich abnabeln und ein eigenes Leben leben.


    Tomas und Tereza scheinen also zusammen noch glücklich gewesen zu sein, denn ansonsten hätten sie keinen Sohn bzw. hätten nicht Ausflüge in ein anderes Hotel gemacht. Schön zu wissen, ich hätte es eigentlich nicht erwartet.


    Was ich jetzt nicht verstanden habe, warum den Tod vorweggenommen? Ich war der Meinung, der 3. Teil spielt Jahre später. Wenn Du jetzt aber sagst der Tod ist vorweggenommen, dann befürchte ich ja fast das mir die beiden in einem der nächsten Abschnitte wieder begegnen? :yikes

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Macska
    Meine "Abneigung" gegen das Buch lag wohl doch an Tomas und Tereza.


    In diesem Abschnitt kommen sie eigentlich gar nicht vor, sie werden nur am Rand mal erwähnt. Und dieser Abschnitt hat mir sehr gut gefallen, ich konnte damit etwas anfangen.


    Das freut mich sehr.
    Man spürt in diesem Abschnitt sehr deutlich Sabinas Intensität und Lebendigkeit, die Tomas und Teresa, die so in sich selbst gefangen sind, so oft fehlt.


    Zitat

    Tomas und Tereza scheinen also zusammen noch glücklich gewesen zu sein, denn ansonsten hätten sie keinen Sohn bzw. hätten nicht Ausflüge in ein anderes Hotel gemacht. Schön zu wissen, ich hätte es eigentlich nicht erwartet.


    Tomas und Teresa haben keine Kinder. Der Sohn kommt aus Tomas Ehe. Nachzulesen in Teil 1, Kapitelchen 5.
    "Mit seiner Frau hatte er knapp zei Jahre zusammengelebt und einen Sohn gezeugt. Im Scheidungsurteil sprach das Gericht das Kind der Mutter zu und verurteilte Tomas, ihnen als Lebensunterhalt ein Drittel seines Gehaltes zu zahlen. Gleichzeitig wurde ihm das Recht zugestanden, seinen Sohn alle zwei Wochen zu sehen."
    Sie versuchte den Sohn gegen ihn aufzuhetzen, sagte Termine ab etc., bis es Tomas schließlich reichte und er den Kontakt abbrach. Er sah seinen Sohn viele Jahre nicht. Wann sie sich wiedersahen, kommt später im Buch.


    Zitat

    Was ich jetzt nicht verstanden habe, warum den Tod vorweggenommen? Ich war der Meinung, der 3. Teil spielt Jahre später. Wenn Du jetzt aber sagst der Tod ist vorweggenommen, dann befürchte ich ja fast das mir die beiden in einem der nächsten Abschnitte wieder begegnen? :yikes


    Wieso den nicht "den Tod vorweggenommen"? :gruebel
    Den Brief des Sohnes erhielt Sabina Jahre nachdem Tomas und Teresa wieder in Tschechien waren. Sabina lebte zu dem Zeitpunkt in Paris.
    "Nach vier Jahren in Genf ließ Sabina sich in Paris nieder.
    ...
    Sie war bereits drei Jahre in Paris, als sie einen Brief aus Böhmen erhielt."
    (Kapitel 10)

  • Zitat

    Original von Clare


    Tomas und Teresa haben keine Kinder. Der Sohn kommt aus Tomas Ehe. Nachzulesen in Teil 1, Kapitelchen 5.
    "Mit seiner Frau hatte er knapp zei Jahre zusammengelebt und einen Sohn gezeugt. Im Scheidungsurteil sprach das Gericht das Kind der Mutter zu und verurteilte Tomas, ihnen als Lebensunterhalt ein Drittel seines Gehaltes zu zahlen. Gleichzeitig wurde ihm das Recht zugestanden, seinen Sohn alle zwei Wochen zu sehen."
    Sie versuchte den Sohn gegen ihn aufzuhetzen, sagte Termine ab etc., bis es Tomas schließlich reichte und er den Kontakt abbrach. Er sah seinen Sohn viele Jahre nicht. Wann sie sich wiedersahen, kommt später im Buch.


    Das mit dem Sohn aus erster Ehe wusste ich ja. Ich fand sein Verhalten bzw. seine Entscheidung den Kontakt zu seinem Sohn abzubrechen nachvollziehbar und auch konsequent. Und da er zu ihm keinen Kontakt hatte konnte ich mir halt auch nicht vorstellen, dass dieser Sohn dann den Kontakt zu Sabina aufnimmt.
    Von daher ( und weil der Teil ja meiner Meinung nach Jahre später spielt ), bin ich halt davon ausgegangen das beide noch einen Sohn bekommen haben. Es steht zwar nur im Buch Thomas Sohn hat Sabina informiert, aber für mich lag darauf die Betonung, weil Sabina ja eine Freundin von Tomas war und nicht von Tereza.





    Ganz einfach, weil ich das Buch noch nicht gelesen habe und daher nicht weiß was in den folgenden Teilen passiert. Für mich als Erstleser des Buches spielte der Abschnitt Jahre später in Paris. Tereza und Tomas sind ja nach Prag zurückgegangen und Sabina ist irgendwann von Genf nach Paris gegangen. Und so wie ich es vorher verstanden hatte, lebten sie vorher in Zürich. Daher war für mich Sabinas Weg Zürich ( Dauer?) – Genf ( 4 Jahre ) – Paris ( nach 3 Jahren erhielt sie den Brief ). Da hätte gut und gern ein Sohn von Tereza und Tomas an Sabina schreiben können.
    Vorweggenommen deshalb, weil wie gesagt der Abschnitt Jahre später spielte und ich nicht erwartet habe, das Tomas und Tereza noch einmal auftauchen, nachdem sie gestorben sind. Alles was im Klappentext zu Tereza und Tomas stand passierte im Teil 1+2, Teil 3 handelte nur von Sabina, also bin ich davon ausgegangen, die anderen Teile spielen von anderen Leuten, entweder Sabina später, oder Franz oder auch Jahre später von dem Sohn.
    Wie gesagt, bis zu Deinem Eintrag über den „vorweggenommenen Tod“ waren die beiden für mich im Buch Geschichte.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Ich hatte angenommen, dass du Teil 3 schon zu Ende gelesen hast und daher alles auch zeitlich einordnen kannst.
    Dass das ganz anders aussehen kann, wenn man das Gesamtkonzept noch nicht kennt, habe ich nicht bedacht. Vielleicht ist das wirklich so.
    Ich wollte nicht vorgreifen. Auch wenn die Fakten schon bekannt sind, kann die Geschichte und ihr Fortgang ganz anders wirken.
    Ich halte mich mal ein wenig mehr zurück. :knuddel1

  • Zitat

    Original von Macska


    Sehr interessant war die unterschiedliche Sichtweise auf die gleichen Dinge. Ich stelle ja immer wieder fest, das Männer und Frauen unterschiedlich ticken und selbst wenn sie das selbe Wort verwenden, sie doch nicht das gleiche meinen. Aber es so aufgeschrieben zu sehen war schon irgendwie aufschlußreich.


    Ich fand das auch sehr gelungen. Ich hatte mal ein Seminar in Gesprächsführung. Bei der allerersten Sitzung sollten wir in Paaren zusammen gehen. Einer hatte ein Bild vor sich, das der andere nicht sehen konnte und sollte dieses Bild so gut wie möglich beschreiben. Es war völlig unmöglich. Jeder hatte ein anderes Bild im Kopf.


    Hier sind auch wieder beide Charaktere jeweils eine Verkörperung von dem "Leichten" (Sabina) und dem "Schweren" (Franz). Auch hier erhält keiner von beiden das vom Leben, was er/sie sich eigentlich wünscht. Keine Methode führt zum Ziel und keiner wird wirklich glücklich. Die Verbindung zwischen beiden klappt nicht, jeder bleibt in seiner Welt und sie lernen sich eigentlich gar nicht wirklich kennen. Vielleicht wäre das tatsächlich aber möglich gewesen, wenn Sabina nicht einfach die Tür hinter sich zugeworfen hätte.


    Im Grunde ist das ein Plädoyer für bessere Kommunikation. Und als Voraussetzung dafür überhaupt erst mal das Bewusstsein dafür, dass jeder eine eigene Perspektive hat, die sich anderen meistens nicht gleich auf den ersten Blick erschließt.

    It’s not enough for the phrases to be good; what you make with them ought to be good too. - Aldous Huxley

  • Also Leute, es tut mir echt leid, aber ich langweile mich zu Tode und breche jetzt ab.
    Ich wünsche euch aber natürlich noch weiterhin eine erfolgreiche Leserunde und viel Spaß...


    Ich bin dann mal weg :wave

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Zitat

    Original von Clare
    Ich hatte angenommen, dass du Teil 3 schon zu Ende gelesen hast und daher alles auch zeitlich einordnen kannst.
    Dass das ganz anders aussehen kann, wenn man das Gesamtkonzept noch nicht kennt, habe ich nicht bedacht. Vielleicht ist das wirklich so.
    Ich wollte nicht vorgreifen. Auch wenn die Fakten schon bekannt sind, kann die Geschichte und ihr Fortgang ganz anders wirken.
    Ich halte mich mal ein wenig mehr zurück. :knuddel1


    Ich hatte den 3. Teil schon zu Ende gelesen, habe es aber wie gesagt ganz anders zeitlich eingeordnet. :-]


    Und nein Clare, Du brauchst Dich nicht zurückhalten, warum auch? Schließlich bist Du ja mehr oder weniger im aktuellen Teil geblieben, nur das Du mit Deinem Hintergrundwissen das halt anders eingeschätzt hast als ich. Kann allerdings auch sein, das nur ich das wieder in den falschen Hals gekriegt habe und andere das ganz anders auffassen. Dafür sind ja LR nun einmal da, das man sich darüber unterhält.
    Und sieh es einfach positiv, durch Dich war ich vorgewarnt das mich Tereza und Tomas halt doch noch verfolgen. :-]

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Brigia
    Im Grunde ist das ein Plädoyer für bessere Kommunikation. Und als Voraussetzung dafür überhaupt erst mal das Bewusstsein dafür, dass jeder eine eigene Perspektive hat, die sich anderen meistens nicht gleich auf den ersten Blick erschließt.


    Das ist ein sehr schönes Resümee, Birgia. :wave Der ganze Roman ist so inhaltsschwer und doch irgendwie mit leichter Hand geschrieben. Kundera hat das Schwere und das Leichte wunderbar miteinander verknüpft.

  • Der 3.Teil hat mir sehr gut gefallen. Interessant fand ich die Sichtweisen von Sabina und Franz. Die gleichen Sachen werden ganz anders gesehen und eingeordnet. Schon sehr interessant. Und dann das Verhältnis zwischen Franz und seiner Frau! Da haben wohl auch zwei Personen komplett aneinander vorbeigelebt! :gruebel


    Der Tod von Tomas und Tereza hat mich auch erschreckt - ich wollte jetzt noch nichts von ihrem Tod wissen... :wave

  • Zitat

    Original von bibliocat
    Der 3.Teil hat mir sehr gut gefallen. Interessant fand ich die Sichtweisen von Sabina und Franz. Die gleichen Sachen werden ganz anders gesehen und eingeordnet. Schon sehr interessant. Und dann das Verhältnis zwischen Franz und seiner Frau! Da haben wohl auch zwei Personen komplett aneinander vorbeigelebt! :gruebel


    Der Tod von Tomas und Tereza hat mich auch erschreckt - ich wollte jetzt noch nichts von ihrem Tod wissen... :wave


    Eigentlich sind sie die genauen Gegenteile von Tomas und Teresa.
    Franz ist irgendwie, obwohl er ein Verhältnis mit Sabina hat, treu und immer noch monogam. Dafür spricht auch, dass er nicht einfach und überall mit Sabina schlafen kann und will. Er muss erst einen gewissen räumlichen Abstand zwischen seine Ehe und sein Verhältnis bringen. Für ihn ist eine Frau einzigartig, und er sucht in jeder Frau seine Mutter.
    Sabina ist in gleichem Maße voller Leben und Leidenschaft wie Teresa passiv und gelähmt durch ihre Eifersucht ist. Was für die Eine ein Idealzustand ist, wäre für die Andere ein Käfig.

  • Zitat

    Original von Clare
    Eigentlich sind sie die genauen Gegenteile von Tomas und Teresa.
    Franz ist irgendwie, obwohl er ein Verhältnis mit Sabina hat, treu und immer noch monogam. Dafür spricht auch, dass er nicht einfach und überall mit Sabina schlafen kann und will. Er muss erst einen gewissen räumlichen Abstand zwischen seine Ehe und sein Verhältnis bringen. Für ihn ist eine Frau einzigartig, und er sucht in jeder Frau seine Mutter.
    Sabina ist in gleichem Maße voller Leben und Leidenschaft wie Teresa passiv und gelähmt durch ihre Eifersucht ist. Was für die Eine ein Idealzustand ist, wäre für die Andere ein Käfig.


    Ja - Franz und Tomas kann man wirklich nicht miteinander vergleichen. Schön fand ich, daß er immer auf Reisen mit Sabina schläft - um nicht am gleichen Tag mit zwei Frauen in deren Betten zu schlafen. Und nachdem er seine Frau verlassen hat, heiratet er ja auch wieder. Als Don Juan kann man ihn wirklich nicht bezeichnen. Und Tomas hingegen braucht ja seine "erotischen" Freundinnen... (Sabina und Tomas sind sich hierin sehr ähnlich - sobald die Beziehung zu Franz zu "eng" wird, verläßt sie ihn). :gruebel

  • Zitat

    Original von bibliocat
    Ja - Franz und Tomas kann man wirklich nicht miteinander vergleichen. Schön fand ich, daß er immer auf Reisen mit Sabina schläft - um nicht am gleichen Tag mit zwei Frauen in deren Betten zu schlafen. Und nachdem er seine Frau verlassen hat, heiratet er ja auch wieder. Als Don Juan kann man ihn wirklich nicht bezeichnen. Und Tomas hingegen braucht ja seine "erotischen" Freundinnen... (Sabina und Tomas sind sich hierin sehr ähnlich - sobald die Beziehung zu Franz zu "eng" wird, verläßt sie ihn). :gruebel


    Es ist gerade so, als müsste er die Realität aus seiner Beziehung zu Sabina heraushalten, sie klar von seiner leeren Ehe trennen, eine Art Reinheit zu erhalten.

  • Ja, Macska, so schnell bist dur Tomas und Teresa allerdings noch nicht los, sie sind immerhin die Hauptpersonen des Buches und daher noch nicht nach knapp 70 Seiten (Teil 1 + 2) von der Bildfläche verschwunden. Übrigens hat Sabina glaube ich nie in Zürich gelebt, sondern sie und Tomas haben sich immer nur dort getroffen während sie in Genf gelebt hat.


    Für mich war der 3. Teil etwas schwächer, ich mag T + T lieber als Sabina und Franz. Ich fand es zwar auch interessant, wie unterschiedlich sie die Bedeutung der Wörter sehen, aber es hat mich auch ein wenig gelangweilt, dass es immer exakt gegensätzliche Interpretationen waren. Allerdings fand ich auch "lustig", wie Sabina sich genau dann von Franz trennt, als er seine Frau verlässt, und er statt zweier Frauen plötzlich keine mehr hat. Für Sabina scheint der Reiz der Beziehung tatsächlich im Verrat zu bestehen. Franz dagegen hat die Lücke dann durch seine Studentin gefüllt.


    Ich sehe in Kapitel 10, S.114 (SZ-Ausgabe) die Erklärung des Titels, als Sabina nach Paris zieht:
    "Ihr Drama ist nicht das Drama des Schweren, sondern des Leichten. Auf Sabina ist keine Last gefallen, sondern die unerträgliche Leichtigkeit des Seins."


    Zum Schluss des Abschnitts, auf dem Friedhof, kommt Sabina mir sehr einsam vor, und sie erkennt, dass die gemeinsamen Motive im Leben und der Liebe auch eine gewisse Zeit brauchen, um sich aufeinander abzustimmen, so hätte sie rückblickend evtl. Franz doch ein Chance geben sollen.

  • Ich hatte gestern die Teile 1 bis 3 alle hintereinander gelesen. Auch mir haben Teil 1 und 2 mit T+T bislang besser gefallen als Teil 3 mit S+F.


    In welchem Teil war das Gleichnis mit den FKK-Bildern und der russischen Besetzung? Das muss im zweiten Teil gewesen sein, oder? Ich schreib aber mal hier, da ich das Buch gerade nicht zur Hand habe und es nicht mehr genau weiß. Wie habt ihr das Gleichnis denn verstanden? Ich kam da auf keine Lösung. :gruebel

  • Hallo xexos, ja das war im 2. Teil. Und zwar anläßlich der Fotos von der anderen Fotografin (eben vom FKK-Strand) und Teresas Panzer-Fotos. Als der Redakteur meinte, das sei genau das Gegenteil sagte Teresa nein, es sei genau dasselbe. Das bezog sich eben auf die Nackheit, die sie durch ihre Mutter als Tabubruch und Bedrohung empfand. Das war ja auch eine Art von Grenzüberschreitung, und zwar von Teresas Scham. Das ist aber eine sehr persönliche Sichtweise und wohl nicht für jeden so zutreffend.

  • So, nachdem ich eine turbulente und lesensarme Woche hinter mich gebracht habe, kann ich endlich zu Teil 3 schreiben. Auch mir hat dieser deutlich besser als Teil 1 und 2 gefallen, das mag an den Personen liegen.


    Franz finde ich ... niedlich. Er wird als gütig beschrieben und hat, meiner Meinung nach, ein deutlich realitätsfernes Bild von seiner Frau. Als diese während ihres Festes Sabina so deutlich angegangen ist, dachte ich schon: oh oh, sie ahnt etwas und schlägt als giftige Gattin zurück. Dies war wohl nicht so, zumindest wird später nicht erwähnt, dass sie etwas von der Affäre ahnte. So freundlich-gutmütig wie Franz beschrieben wird, hat sie ihm dies vielleicht nicht zugetraut. Sie hat vermutlich ein ebenso fremdes Bild von ihrem Mann. Marie-Claire und Marie-Anne ... mit diesem Namen konnte die Tochter nur nach ihrer Mutter geraten. Beide halten ihren Mann im Hause wahrscheinlich für schwach, gutmütig, ein bisschen blöd. Deshalb habe ich ihm die Affäre mit Sabina durchaus gegönnt. Das Marie-Claire niemanden von der Affäre bzw. Liebhaberin erzählt, weil diese besser als sie aussieht, fand ich recht spitzbübisch von Kundera. Ich fürchte, er macht sich hier auch ein wenig über die Eitelkeiten der Damenwelt lustig.


    Sabina selbst finde ich recht nett. Sie stellt irgendwann fest, dass sie dieses und jenes Gegensätzliches an einem Mann möchte und deshalb wohl keinen passenden Mann finden wird. Das ist sehr schön ehrlich und zeigt wohl auch, dass sie die Männer, individuell wie sie sind, akzeptiert und nicht versucht, sich einen zu formen und zu biegen bis etwas zerbricht. Sie selbst mag sich auch nicht verbiegen, kann es vielleicht auch nicht und geht also konsequent ihren Weg ohne festen Partner.


    Ich bin unschlüssig, ob es von Franz in Ordnung war, seiner Frau den Namen seiner Geliebten zu nennen. Hätte er nicht mit Sabina vorher darüber sprechen sollen? Schließlich sind beide keine Beziehung eingegangen sondern lebten eine heimliche Affäre. Naja, wenn er sie natürlich zu seiner nächsten Frau machen wollte ... hier hat man schon erkennen können, dass er sich auch von Sabina ein Bild gemacht hatte, das nicht sehr nahe an der Realität war. Verstanden hat er sie bestimmt nicht. Dennoch, trotz des Verlustes seiner Geliebten hat der ganze Abschnitt eine leichte, witzige, ironische Grundstimmung.

  • Auch dieser Teil hat mir großartig gefallen.


    Das große Thema diesmal ist gestörte Kommunikation. Kundera spielt damit und räumt ihr einen großen Platz in diesem Teil ein und zeigt das am Beispiel der Figuren Franz und Sabina.


    Am Ende des letzten Abschnittes ist von Franz von Assissi die Rede, von den Zufällen, die sich wie die Vögel auf den Armen des heiligen Franz niederlassen. Sicherlich ist es kein Zufall, dass der Autor nun dieser auch unschuldig anmutenden Figur den Namen Franz verpasst.


    Ganz ehrlich? Franz finde ich einen langweiligen, unmännlichen Typen. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Er betrügt seine Frau, legt sich aber selbst "die Strafe" auf, mit Sabina nur unterwegs zu schlafen. Er hat dieser Beziehung "die Ordensregel der Reinheit" auferlegt, will sie vor der Banalität des Alltags bewahren. Sabina bezeichnet Franz als schwach.

    Zitat

    Seine Schwäche heißt Güte.

    S. 160
    In der Beziehung zu Sabina sucht er das Abbild seiner Mutter- langsam könnten sich Kunderas Figuren beim Psychotherapeuten einfinden. :grin
    Wenn er schon betrügt, dann soll er es doch krachen lassen. Er ist Brustfetischist, saugt an Sabinas Brust wie ein Säugling und während seine Sexualität unschuldig und unerfahren wirkt, sehnt sich Sabina nach einer härteren Gangart. Für sie ist Gewalt untrennbar mit Lust verbunden.

    Zitat

    Körperliche Liebe ist undenkbar ohne Gewalt.

    S. 161
    Er wünscht sich

    Zitat

    (...) das Gefühl der Lust mit dem orgiastischen Getöse der Musik zusammenfließen zu lassen.

    S. 134
    Unterschiedlicher können die Vorstellungen von erfüllendem Sex nicht sein.
    Sein säuglinghaftes Verhalten löst fast schon Ekel in Sabina aus.

    Zitat

    Franz' Körper, der sich immer mit geschlossenen Augen auf ihr bewegte, war für sie ein Körper ohne Seele. Er glich einem jungen Tier, das noch blind war und hilflose Töne ausstieß, weil es Durst hatte. Dieser Franz mit seinen prächtigen Muskeln war beim Koitus wie ein riesiges Hündchen, das sie an ihrer Brust stillte. [...] Die Vorstellung, dass er unten ein ausgewachsener Mann war und oben ein Neugeborenes, der gestillt werden will, dass sie also mit einem Säugling schlief, diese Vorstellung lag für sie an der Grenze des Ekels.

    S.167/168
    Wie Sabina Franz beschreibt, hat etwas Erniedrigendes. Mit dem Verrat der Beziehung degradiert Franz Sabina und bricht die Intimität auf. Jetzt verrät sie Franz an den Leser.


    Bevor ich nochmal genauer zu Sabina schreibe, lese ich mal eure Beiträge.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin