'Als wir unsterblich waren' - Seiten 158 - 226

  • Gut, dass Du mal darauf hinweist, Zwergin, das wollte ich auch schon gesagt haben: Mein Geschichtsunterricht war zwar auch doof, aber meine Kinder beispielsweise hatten durchweg grossartigen Geschichtsunterricht, der junge Leute da abholte, wo sie standen und die Vergangenheit zum Erlebnis machte.
    Der juengste Sohn (11) ist inzwischen selbst so ziemlich zum Geschichtslehrer mutiert ...

  • Wow, Charlie, das war mal ne Antwort zu meiner Frage. Danke. Ich hatte Geschichte GK und rückblickend gab es irgendwie nur 2 große Themen: französische Revolution und 3. Reich. Nun gut, ich bin in Potsdam zur Schule gegangen, das ist ja nochmal geschichtsträchtiger als Kleinkleckersdorf. Aber es ist schon interessant, wie unterschiedlich das Thema Judenverfolgung in den Jahrhunderten behandelt wurde.

  • Ich bin in Steglitz zur Schule gegangen - und mit der franzoesischen Revolution und der Aufklaerung sind wir so gejagt worden, dass ich bis heute mit gestraeubtem Nackenfell aufspringe, sobald ich nur die Worte hoere (keine Uebertreibung, die Verherrlichung dieser beiden Ereignisse hat auf mich so nachhaltig negativ gewirkt, dass ich die Allergie sozusagen zum Beruf gemacht habe.)
    Meine Schule war ein sogenanntes humanstisches Gymnasium. Was Humanismus bedeutet, hat uns aber leider niemand erklaert, den Namen Erasmus von Rotterdam hatte ich, als ich die Schule ueberlebt hatte, noch nie gehoert.
    Aber ich glaub', den Renaissance-Tick hab ich auch daher - das wollte ich danach alles nachholen.

  • Ich hatte erst einen überforderten alten Geschichtslehrer, dann eine supertolle Geschichtslehrerin, die genau die richtige Balance zwischen Kumpel und Respektsperson fand und geschickt unser Interesse zu wecken verstand, und dann einen tyrannischen jungen Schwafeler.
    Problematisch war der Lehrplan: Angekommen entweder bei 1870/71 oder beim zweiten Mal in der Weimarer Republik, ging es auf einmal wieder zurück zu den alten Griechen, Ägyptern oder Römern.
    England kam auch kaum vor, auch Russland wenig, dafür sehr viel Frankreich und USA.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Habe mit Kapitel 13 begonnen und dazu gleich mal eine Frage. Was bedeutet auf dem Button das "Nimm zwei"? Ich kann mich dunkel an den Button erinnern, aber nicht mehr an die Bedeutung. Ich rätsle schon den ganzen Vormittag und komm einfach nicht drauf :gruebel

  • "Nimm zwei" war so ein Bonbon, das angeblich so gesund war, dass man zwei davon nehmen sollte.
    Der Text auf dem Button, den Gegner der Wiedervereinigung trugen, bezog sich auf ein Zitat des franzoesischen Schriftstellers Francois Mauriac, der 1966 erklaert hatte: ""Ich liebe Deutschland so sehr, ich bin sehr zufrieden bin, daß es zwei davon gibt."


    Nach dem Button hat mich neulich schon meine Freundin gefragt. Bei uns in Berlin war der damals so bekannt, den sah man ueberall. Ich hab wohl ein bisschen vergessen, wie lange das schon her ist und dass das nicht ueberall so war, sonst haette ich den genauer erklaert.

  • Danke dir, Charlie :wave das es sich auf dieses Zitat bezog war mir total entfallen. Jetzt erinnere ich mich wieder. Den Button sah man auch bei uns, aber die Bedeutung wollte mir partout nicht mehr einfallen. Ich werde alt :grin

  • Zitat

    Original von killerbinchen


    Ansonsten fällt mir zu diesem Abschnitt nur extrem auf: Die Mutter von Clemens hätte ich nicht so gern als Schwiegermutter! So, wie sie ihren Sohn vergöttert und verehrt, kann keine gut genug sein... Diese Figur finde ich einen Tick zu überzeichnet, und die Reaktion von Clemens darauf eigentlich auch, wenn gerade noch nachvollziehbar.


    Mir geht es gerade ganz genauso. Die Frau ist richtig ätzend für meine Laune. Das weinerliche (ich geh in die Spree) das sülzige (mein Funkelstern mit dem wunderschönen Haar) das vorwurfsvolle-erwartungsvolle (nein mein toller Sohn wird mich nicht enttäuschen, gell.). Das geht bei mir gar nicht. Und Clemens windet sich und fürchtet sich, seine Mutter könnte sich etwas antun. Sorry, soll sie doch. Ich mag keine Menschen, die andere mit Selbstmord unter Druck setzen. Ein mir nahe stehender Mensch hat auch schon mal mit dem Selbstmordgedanken gespielt (wegen Depression) und da haben die Ärzte gemeint, kein anderer Mensch könnte einen aufhalten, wenn man das machen möchte, aber die die drohen tun es meistens nicht, sondern wollen nur Aufmerksamkeit und Entgegenkommen.
    Die Frau gehört in die Psychatrie. Und Clemens sollte sein Verhalten ändern, denn zu so einer Beziehung gehören immer zwei und inzwischen ist er ja kein kleines wehrloses Kind mehr. Ich weiß, ich rede schlau daher. Aber wie gesagt, die Frau bringt mich auf die Palme.


    Also weiterhin, Harry ist mein Favorit in diesem Roman. Clemens ist mir eindeutig zu schön, zu gebeutelt von der Welt, zu unsicher in unsicheren Zeiten.


    Das Thema Juden und Judenhass zieht sich durch eine Vielzahl von historischen Romanen aller Jahrhunderte. Z.B. waren sie vielerorts mit Schuld an Epidemien wie der Pest. Wir haben ja in der Schule gelernt, dass der Hass seine Ursache einst darin hatte, dass die Juden oft Geldverleiher waren und die Leute, denen man Geld schuldet mag man halt weniger und versucht sie schon mal durch üble Nachrede los zu werden.
    Ich habe auf meinem SUB neu das Buch "Süß und ehrenvoll" in dem es um jüdische Soldaten im ersten Weltkrieg geht. Das werde ich wohl gleich anschließend lesen.


    Überrascht hat mich auch, wie rigoros Alex plötzlich Oliver wegstößt. Noch weiß sie doch gar nicht, warum die Momi bei seinem Anblick so zu Tode erschrocken ist. Oliver kann doch gar nichts dafür. Fand ich etwas überzogen. Erst himmelhoch jauchzend und dann zu Tode betrübt, viel mir dabei ein.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ob ich mich bei dir bedanken oder dir boese sein soll, weiss ich nicht so richtig.
    Also ist mein Konto dir boese, und ich bedank mich:
    "Suess und ehrenvoll" musste ich mir unbedingt jetzt sofort bestellen ... So'n Buch koennte ja weglaufen, stimmt's?

  • Zitat

    Original von Charlie
    Ob ich mich bei dir bedanken oder dir boese sein soll, weiss ich nicht so richtig.
    Also ist mein Konto dir boese, und ich bedank mich:
    "Suess und ehrenvoll" musste ich mir unbedingt jetzt sofort bestellen ... So'n Buch koennte ja weglaufen, stimmt's?


    :kiss


    Weglaufen tun die nicht. Die wollen eingefangen werden. :-)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • hollyhollunder, das Buch ist so gut wie bestellt! Vielen Dank für den Tipp!!!


    Edit: Und in Bezug auf Clemens, ist es tatsächlich so, dass man auch als Erwachsener sehr schwer aus dieser Kind-Rolle herauskommt und sich immer noch verantwortlich fühlt, manche schaffen es, viele aber nie. Er wird sich wohl schon als Kind verantwortlich gefühlt haben für seine Mutter. Dass er so ist, wie er ist, hat sie mit zu verantworten. Da er sich nicht von ihr lösen kann, zieht er in den Krieg und versucht vor dieser Verantwortung, die er nicht tragen kann, zu fliehen. Aber dass ihm auch das nicht gelingt, sieht man an seinem Lebensweg.

  • "Und Johnny zog in den Krieg" bzw. "Süß und ehrenvoll"... das Buch habe ich schon seit Ewigkeiten auf der WL, aber olle, zerfledderte Taschenbuchausgaben waren immer noch so unverschämt teuer, dass ich auf die jetzt endlich erschienene Neuausgabe gewartet habe. Selbstverständlich konnte man das nur als teures HC rausbringen - ob es eine neue Taschenbuchausgabe geben wird, bleibt fraglich. Aber auch an dieses Buch musste ich wieder oft denken.


    Ich habe noch eine Frage zu dem Button Nimm-2, ob ich das richtig verstanden habe:
    Das heißt doch soviel, dass das Ding als Meinungsausdruck für "Anti"-Wiedervereinigung stand, oder??

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Zitat

    Original von Saiya
    hollyhollunder, das Buch ist so gut wie bestellt! Vielen Dank für den Tipp!!!


    Edit: Und in Bezug auf Clemens, ist es tatsächlich so, dass man auch als Erwachsener sehr schwer aus dieser Kind-Rolle herauskommt und sich immer noch verantwortlich fühlt, manche schaffen es, viele aber nie. Er wird sich wohl schon als Kind verantwortlich gefühlt haben für seine Mutter. Dass er so ist, wie er ist, hat sie mit zu verantworten. Da er sich nicht von ihr lösen kann, zieht er in den Krieg und versucht vor dieser Verantwortung, die er nicht tragen kann, zu fliehen. Aber dass ihm auch das nicht gelingt, sieht man an seinem Lebensweg.


    Gern geschehen.


    Ist mir bewusst, dass es sehr schwer ist sich zu lösen. Mein Mann hat das tatäschlich geschafft (von seinem Vater) was natürlich ein sehr schmerzhafter Prozess war und darin geendet hat, dass er keinerlei Kontakt mehr zu ihm hat. Aber alles ist besser als die ständigen Vorhaltungen und Drohungen. :-( Vielleicht kommt Clemens ja auch noch so weit. :gruebel

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Die Mutter von Clemens ist eine Person, die die unterschiedlichsten Gefühle in mir wachruft. Einerseits tut sie mir total leid. Was muss mir ihr passiert sein dass sie sich so an ihren Sohn klammert. Andererseits finde ich sie einfach nur extrem nervig und unheimlich egoistisch. Ist doch vollkommen egal, was die Bekannten denken. Und das Ende vom Lied, Clemens geht in den Krieg, allerdings nicht auf den sicheren Posten, sondern direkt an die Front. Ob seine Mutter damit wohl klar kommt?


    Das Verhalten von Alex kann ich auch nicht so ganz nachvollziehen. Sicher hängt sie an ihrer Oma, aber sie muss auch bedenken, dass die Dame bereits 93 ist. Zeit für sie, auf eigenen Füßen zu stehen. Allerdings ist die Entscheidung, die der Arzt im Krankenhaus von ihr möchte, sicherlich schwer zu treffen, gerade wenn man einen Menschen so liebt.


    Ich finde das Buch richtig klasse, es macht sehr viel Spaß, es zu lesen. Genauso, wie ich es mag, eure Beiträge hier zu lesen. :welle

  • Zitat

    Original von saphiria
    Die Mutter von Clemens ist eine Person, die die unterschiedlichsten Gefühle in mir wachruft. Einerseits tut sie mir total leid. Was muss mir ihr passiert sein dass sie sich so an ihren Sohn klammert. Andererseits finde ich sie einfach nur extrem nervig und unheimlich egoistisch. Ist doch vollkommen egal, was die Bekannten denken. Und das Ende vom Lied, Clemens geht in den Krieg, allerdings nicht auf den sicheren Posten, sondern direkt an die Front. Ob seine Mutter damit wohl klar kommt?


    :write So geht es mir auch


    Harry ist auch eine tolle Figur, ich mag ihn, er zeigt sehr gut die Zerrissenheit. Manfred hingegen würde ich mal gerne den Kopf waschen, er kann doch nicht alles seiner Schwester überlassen.


    Alex kann den Zustand iher Großmutter nicht akzeptieren. Auf der einen Seite kann ich sie verstehen, einen geliebten Menschen gehen zu lassen, der zudem eine so wichtige Bezugsperson ist, ist sicherlich sehr schwierig. Auf der anderen Seite muss man auch ganz klar ihr Alter sehen, und ob man ihr da einen Gefallen tut, weiß ich auch nicht. Den Arzt fand ich toll, er hat den Mut ein Tabuthema anzusprechen, das nötigtmir gehörigen Respekt ab. Gut finde ich auch, dass Oliver so standhaft bleibt und Alex wirklich helfen will, das zeigt, dass er wirklich an Alex interessiert ist.


    Ich freue mich schon auf morgen früh, wenn ich um kurz nach sieben im Zug sitze und den nächsten Seiten genießen darf.