'Untreue' - Seiten 079 - 164

  • Soo, inzwischen muss ich sagen, dass ich nichts mehr mit Linda gemein hab :lache
    Also die verrennt sich ja total! Ich glaub Jacob will gar nichts von ihr!
    Und dann die Sache mit den Drogen, also wie verrückt! Wie kommt man denn auf solche Ideen?? Die Frau von Jacob fertig machen, also nee. Selbst wenn das geklappt hätte, dann wäre ja wohl Jacob nie auf ihrer Seite.
    Bin mir nicht mehr so sicher, ob mir das Buch noch gefällt.

  • Ich habe auch mittlerweile eher das Gefühl, dass Linda nicht depressiv, sondern persönlichkeitsgestört ist. Langeweile hin oder her, was soll das werden?


    Mit Linda werde ich einfach so gar nicht warm. Mit den anderen Personen aber auch nicht. Gut, dass ich noch andere Bücher parallel lese. Ich glaube, ich brauch hier erst mal eine Pause.


    Von Coelho hatte ich das so nicht erwartet.

  • Tatsächlich scheint es bei Linda ja nicht nur eine Depression, sondern auch eine schon lange vorliegende, merkwürdige Sicht auf sich selbst zu sein.


    In ihren Erinnerungen an die Kindheits- und Teenagerzeit gibt es Momente, in denen sie sich alleine und anders als die anderen fühlt. Sie spürt auch hinter der äußeren Fassade eine Leere.


    Komischerweise denkt sie gleichzeitig, ihre Mitschülerinnen haben sie als überlegen wahrgenommen und sie beneidet.
    Ich bin da nicht so sicher. Sie hat zwar Erfolge und einen hohen sozialen Status, aber offenbar wenig Freunde. Das mag daran liegen, dass es ihr an Empathie für andere mangelt. Ihre Gedanken kreisen sich hauptsächlich um sich selbst, die Emotionen der anderen nimmt sie wenig wahr. Vielleicht stimmt ja ihre Einschätzung von sich selbst auf Seite 114: “Eines der Symptome, die ich an mir selbst festgestellt habe, war eine Art von Autismus.”

  • Eine Sache ist ja die seltsame Persönlichkeit von Linda. Die andere ist, wo will Coelho hin. Da blicke ich noch gar nicht durch.
    Ich halte sie noch immer nicht für depressiv. Da stimmen die Symptome absolut nicht.
    Tatsächlich scheint sie überhaupt keine Gefühle zu haben. Außer der ständigen Beteuerung, dass sie Mann und Söhne liebt. Davon ist aber wenig zu spüren.
    Sie scheint sich überhaupt nicht für sie zu interessieren. Besonders krass fand ich das bei dem Ausflug. Am wichtigsten war ihr, dass sie sich unpassend angezogen fand.
    Oder die Szene, S. 96, 97, wo sie sich das Leben von Madame König vorstellt und sich die -phantasierten- glänzende Zukunft der Königs ausmalt, während sie ja nur zu einem Picknick in Nyon fährt.


    Warum Coelho ausgerechnet die Schweiz als Handlungsort wählt, weiß ich auch nicht. Reiche Leute und ihren besonderen Lebensstil gibt es überall - nicht nur in der Schweiz.


    Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass alles nur eine Art Bühne ist, hinter der sich etwas anderes verbirgt. Obwohl sich das Buch ganz gefällig liest, macht es mich wütend und unzufrieden. Irgendwie zu glatt. Besser kann ich es nicht ausdrücken.

  • Die Figur Linda beschäftigt mich. Sie ist sicher kein sympathischer Charakter an sich, aber ihr Zustand der Unzufriedenheit ist nicht von der Hand zu weisen.


    Linda lehnt einige Alternativen zur Lebensänderung für sich ab, da sie diese als Flucht empfindet. Deswegen engagiert sie sich z.B. nicht für andere. Antidepressiva nimmt sie auch nicht. Den Weg, den sie sucht, ihre Leere auszufüllen, empfinde ich aber als grundlegend falsch. (Zum Beispiel ihre Abneigung gegen Marianne, die sie als perfekte Frau ansieht und der sie das neidet, ist doch recht armselig.)


    Es ist kein Problem, einen Roman mit einer unsympathischen Hauptfigur zu lesen, aber langsam sollte Coelho den Leser etwas an die Hand geben, was man den überhaupt mit ihr anfangen soll.
    Die Gestaltung der Figuren kann ich dem Autor nicht abnehmen.
    Auch die Nebenfiguren bleiben fast durchgehend blass!


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Warum Coelho ausgerechnet die Schweiz als Handlungsort wählt, weiß ich auch nicht.


    Auch schon Coelhos Roman 11 Minuten hat teilweise in der Schweiz gespielt.


    Ich glaube, Paulo Coelho hat selbst auch eine Zeit lang in der Schweiz gelebt.
    Neben Rio und Paris war Genf sein dritter Wohnsitz! Ob er immer noch da lebt, weiß ich nicht.
    Hat da jemand mehr Info?

  • Seite 121: Hier sehe ich einen Widerspruch.
    Einerseits ist Linda von Melancholie gespackt und denkt daran, wie viele Menschen vor Kälte erfrieren müssen, während sie im luxuriösen Clubhouse die Wärme genießt.
    Anderseiits ist sie schon ein paar Sätze weiter nur aufgeregt, weil sie möchte, dass die Leute ihre schönen Kleider sehen und bewundern.


    Was denn jetzt? Ist Linda tiefgründig oder oberflächlich?
    Autor, entscheide dich!


    Oder sollte das Ausdruck ihrer Manie sein? Kaufe ich jedenfalls nicht!


    Seite 126: Linda wurde abserviert, fühlt sich als Versagerin.
    Sie tut mir leid, aber ihre verrückten Drogenpläne ersticken dieses Gefühl augenblicklich wieder.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass alles nur eine Art Bühne ist, hinter der sich etwas anderes verbirgt. Obwohl sich das Buch ganz gefällig liest, macht es mich wütend und unzufrieden. Irgendwie zu glatt. Besser kann ich es nicht ausdrücken.


    Dieses Gefühl habe ich auch. Oder sagen wir, ich WÜNSCHE mir, dass es so ist und noch "irgendwas kommt". Sonst blieben bei mir nämlich tatsächlich nur die Gefühle Unzufriedenheit und leichte Wut übrig. Auch die von Herrn Palomar in seinem letzten posting aufgezeigten Widersprüche tragen dazu bei... :gruebel

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Seite 128: Linda denkt an 1816 und die berühmte Begegnung Lord Byrons mit Percy Shelley und Mary Shelley, die später den Roman Frankenstein schreiben wird.
    Die vierte Person, deren Name Linda nicht einfällt, ist Claire Clairmont, Geliebte von Lord Byron und Marys Stiefschwester.


    Die Episode ist bekannt, wurde von Ken Russell sogar verfilmt: Gothic
    mit Gabriel Byrne, Julian Sands, Myriam Cyr und Natasha Richardson in den Hauptrollen
    Ziemlich guter Film finde ich. Atmosphärisch und bedrohlich. Da geht es bei „Untreue“ eher lahm zu.




    Kurzbeschreibung des Films:

    Zitat

    Es ist die Nacht vor dem 16. Juni 1816. Inspiriert von den Blitzen des draußen tobenden Unwetters, berauscht von Champagner und Opiaten, halten Lord Byron und seine Gäste eine Séance ab. Lord Byron verlangt, daß alle ihren geheimsten Ängsten eine Gestalt geben - er will einen Dämon heraufbeschwören. Es wird eine Nacht des Horrors, ein Kampf gegen die Geister, die sie gerufen haben.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Seite 121: Hier sehe ich einen Widerspruch.
    Einerseits ist Linda von Melancholie gespackt und denkt daran, wie viele Menschen vor Kälte erfrieren müssen, während sie im luxuriösen Clubhouse die Wärme genießt.
    Anderseiits ist sie schon ein paar Sätze weiter nur aufgeregt, weil sie möchte, dass die Leute ihre schönen Kleider sehen und bewundern.


    Was denn jetzt? Ist Linda tiefgründig oder oberflächlich?...


    Dieses Verhalten ist für mich Ausdruck ihrer gestörten Persönlichkeit. Ich denke, Linda besitzt viel zu wenig Selbstbewußtsein. Eine Folge davon ist ihr starker Geltungsdrang und der Wunsch ständig von anderen bewundert zu werden. Auch die Tatsache, dass sie immer darum bemüht ist, die Erwartungen der anderen zu erfüllen, unterstützt diese Vermutung. Wäre sie selbstbewußter, würde sie ihre eigenen Ansichten und Wünsche viel stärker durchsetzen.

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Für mich ist nichts an Linda überzeugend und nachvollziehbar. Mal soll sie depressiv rüberkommen, eine Depression sieht aber doch etwas anders aus.
    Dann will sie unbedingt verliebt sein und Jacob, der ihr eigentlich gar nichts bedeutet, für sich gewinnen.
    Tatsächlich ist sie am ehesten eine Egomanin, sie sieht nur sich selbst, ihre Leere, ihre Größenphantasien. Geradezu absurd dann ihr Sermon über ie Liebe auf S. 132-137. Das hat Paulus nicht verdient.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Für mich ist nichts an Linda überzeugend und nachvollziehbar. Mal soll sie depressiv rüberkommen, eine Depression sieht aber doch etwas anders aus.
    Dann will sie unbedingt verliebt sein und Jacob, der ihr eigentlich gar nichts bedeutet, für sich gewinnen.
    Tatsächlich ist sie am ehesten eine Egomanin, sie sieht nur sich selbst, ihre Leere, ihre Größenphantasien. Geradezu absurd dann ihr Sermon über ie Liebe auf S. 132-137. Das hat Paulus nicht verdient.


    :write
    Ehrlich gesagt, habe ich da quer gelesen bis es rum war, notiert habe ich mir zu dieser Passage - was für ein langweiliger Sermon. Da kam uns die gleiche Bezeichnung in den Sinn :grin.


    Besonders spannend und aufschlussreich fand ich diesen Abschnitt nicht.
    Ihre Gedanken zu Mary Shelley fühlten sich für mich aufgesetzt an, ohne wirklichen Sinn zu machen.
    Doch was macht hier schon Sinn :grin!
    Meines Erachtens spinnt Linda ganz schön, ab und zu hat sie den ein oder anderen lichten Moment, in dem ihr die Absurdität ihres Denkens und Handelns bewusst wird, z. B. S. 155 unten. Aber das ändert nichts an ihrem Zustand. Ich fürchte, sie gleitet immer weiter in eine Art psychischer Störung oder was auch immer. Ich kenne mich damit nicht so gut aus.
    Ganz bestimmt sollte sie damit nicht allein bleiben und professionelle Hilfe annehmen. Wenn sie diesen Weg weiter geht, nimmt es bestimmt kein gutes Ende.


    Auch dass und wie sie damals den Hund ihres Freundes gehasst und gequält hat, weil sie dessen Aufmerksamkeit nicht teilen wollte. "Ich wollte aber dessen ganze Liebe".


    "Die Liebe" nimmt einen großen Raum in ihrem Denken ein, immer wieder reflektiert sie darüber. Aber ich habe den Eindruck, dass sie die Liebe auf der einen Seite total verklärt und auf der anderen nicht fähig ist zu lieben.
    Meines Erachtens hat sie da ebenso dezidierte wie abstruse Vorstellungen, z. B. S. 157 oben "Liebe heißt Sklaverei in Freiheit zu verwandeln". Klingt vielleicht ganz nett, aber was soll das ?(?


    Meinem Pragmatismus kommt diese Geschichte so gar nicht entgegen.
    Aber ich lese mit Interesse ohne in irgendeiner Weise berührt zu sein, jedenfalls bisher.
    Am meisten hat mich bisher der gepiesackte Hund beschäftigt ;-).

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich glaube, Paulo Coelho hat selbst auch eine Zeit lang in der Schweiz gelebt.
    Neben Rio und Paris war Genf sein dritter Wohnsitz! Ob er immer noch da lebt, weiß ich nicht.
    Hat da jemand mehr Info?


    Laut dem St. Galler Tageblatt vom 28.5.2014 wohnt Coelho seit 8 Jahren gemeinsam mit seiner Frau in Genf.

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



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  • Was ist denn bitte mit Linda los? Viele ihrer Überlegungen sind für mich vollkommen unlogisch, ihr Wunsch, Marianne König zerstören zu wollen, scheint mir tatsächlich krankhaft zu sein und diese Idee mit den Drogen ist auch ziemlich abgedreht.


    Da behauptet sie doch immer wieder, ihren Mann zu lieben und dennoch möchte sie für die Erwiderung ihrer Liebe zu Jacob kämpfen. Was glaubt sie wohl, wird passieren, selbst wenn er sich auf eine Beziehung zu ihr einlassen sollte?


    Ich bezweifle, dass sie in aller Konsequenz daran denkt, ihren eigenen Mann zu verlassen... oder?


    Und dann weist diese Geschichte mit dem Hund, den Linda in ihrer Jugend gequält hat, für mich auf einen ziemlich gestörten Geisteszustand hin... gruselig. Die Geschichte entwickelt sich irgendwie anders, als ich das bei dem Klappentext vermutet hätte.

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns."

    Franz Kafka, Brief an Oskar Pollak, 27. Januar 1904






    :lesend

  • Zitat

    Original von maikaefer


    Dieses Gefühl habe ich auch. Oder sagen wir, ich WÜNSCHE mir, dass es so ist und noch "irgendwas kommt". Sonst blieben bei mir nämlich tatsächlich nur die Gefühle Unzufriedenheit und leichte Wut übrig. Auch die von Herrn Palomar in seinem letzten posting aufgezeigten Widersprüche tragen dazu bei... :gruebel


    Ja, das kann ich so unterschrieben....


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Für mich ist nichts an Linda überzeugend und nachvollziehbar. Mal soll sie depressiv rüberkommen, eine Depression sieht aber doch etwas anders aus.
    Dann will sie unbedingt verliebt sein und Jacob, der ihr eigentlich gar nichts bedeutet, für sich gewinnen.
    Tatsächlich ist sie am ehesten eine Egomanin, sie sieht nur sich selbst, ihre Leere, ihre Größenphantasien. Geradezu absurd dann ihr Sermon über ie Liebe auf S. 132-137. Das hat Paulus nicht verdient.


    Ja, das stimmt. Sie ist irgendwie in sich selbst bisher nicht sehr kongruent... :gruebel
    Und was das alles so, das blick ich auch null um ehrlich zu sein!

  • Zitat

    Original von Lumos
    Auch dass und wie sie damals den Hund ihres Freundes gehasst und gequält hat, weil sie dessen Aufmerksamkeit nicht teilen wollte. "Ich wollte aber dessen ganze Liebe".
    ...
    Am meisten hat mich bisher der gepiesackte Hund beschäftigt ;-).


    Diese Hunde-Passage hat mich auch beschäftigt!
    Kein schöner Zug von Linda, sicherlich.
    Aber gedanklich bringt sie es heute in Zusammenhang mit Menschen, die schlimme Dinge taten, und dennoch nach außen die vorbildlichen, liebevollen Familienväter gaben.
    Das ist etwas, was in der Deutschen Vergangenheit leider auch vorkam.
    Ich muss da z.B. an den Film "Music Box - Die ganze Wahrheit" denken.


    Von daher ein wichtiger Gedanke, nur scheint Linda die falschen Schlüsse daraus zu ziehen.


    Ihre dennoch zutreffenden Gedanken:


    "Wir sind rätselhafte Tiere"


    "ich bin ernsthaft krank"

  • So, gestern Abend beendete ich auch diesen Abschnitt.


    Linda verrennt sich ja total in ihrem Liebeswahn, zumal sie ja nicht gerade auf viel Gegenliebe seitens Jacob stößt. Nun möchte sie auch noch seine Frau aus dem Weg räumen, besorgt sich extra dafür Drogen, wie kann man nur so niederträchtig sein?


    Selbstam fand ich die Szene mit dem Drogendealer, warum ist so jemand so rücksichtsvoll? Ist es denen prinzipiell nicht egal, was ihre Kunden mit dem Zeug anstellen?


    Unheimlich fand ich die Szene, als sie den Hund malträtiert hat, also etwas stimmt gewalting nicht mit ihr.


    Zitat

    Original von Groupie
    Ich habe auch mittlerweile eher das Gefühl, dass Linda nicht depressiv, sondern persönlichkeitsgestört ist. Langeweile hin oder her, was soll das werden?


    Ja, ich glaube auch nicht so recht, dass man zu sowas aus einer depressiven Verstimmung fähig ist, vor allem nicht, wenn man anfangs mit der Lebenssituation nicht zufrieden ist.
    Selbst in ihrer Jugendzeit glaubte sie, die anderen würden sie irgendwie bewundern.
    Meiner Meinung hat sie ein Problem mit ihrem Selbstbewusstsein, zumindest scheint es ein Problem zu sein.

  • Zitat

    Original von TiGi86
    Linda verrennt sich ja total in ihrem Liebeswahn...


    Ich glaube, das ist wirklich der richtige Begriff.


    Das sie Jakob wirklich liebt, nehme ich ihr keinen Moment ab.
    Sonst würde sie vielleicht mal sagen oder zeigen, was es eigentlich ist, dass sie an diesem Typen so schätzt. Ich sehe bei Jakob wenig liebenswerte Eigenschaften.