'Ismaels Orangen' - Seiten 063 - 159 (ab 1956)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Wäre Salim denn mit der Mutter mitgegangen, wenn er die Wahl gehabt hätte? Ich frage mich das ernsthaft. Denn obwohl er seine Mutter sehr liebt, wäre er ihr vielleicht nicht in den Libanon gefolgt, wo er ja auch eine unsichere Zukunft gehabt hätte.


    .


    Vielleicht wäre er nicht mitgegangen, aber er hätte sich wenigstens verabschieden können.
    Diese Verlassenwerden ist auch für einen 15jährigen nicht so leicht.

  • Zitat

    Original von Richie


    Genau an den dachte ich auch immer :chen


    :write :grin


    Das verlinkte Buch las ich kürzlich. Haupthandlung während des Blitzkrieges 1956 mit Rückblicken nach (Nazi)Deutschland, Großbritannien und USA. Es zeigt mE sehr deutlich das damalige "Klima", wie sich durch kleine Provokationen und immer weitere Vergeltungsschläge alles weiter hochschaukelt. Der Titel klingt leider schmalzig, die Liebesgeschichte nimmt auch tatsächlich etwas Raum ein, aber sie "passt" und störte mich nicht.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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  • Im Fall von Judith möchte ich mich deiner Meinung anschließen, das hat die Autorin wunderbar verstanden zu übermitteln (Pubertät, Religion etc).


    Bei Salim habe ich andere Gefühle, ihn mag ich sehr und habe ihn ins Herz geschlossen. Er ist ein zwar noch junger, dennoch zielstrebiger Knabe. Hoffentlich verliert er in London sein Ziel nicht aus den Augen.


    :lesend

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Dieser Abschnitt hat mich sehr berührt.


    Zum einen weil ich mit der Familie von Salim gelitten habe. Wie furchtbar, wenn man absolut tatenlos zusehen muss, wie einem der Besitz und die Hoffnung genommen wird - von Bürokraten und dem eigentlichen Freund der Familie. Damit wäre ich nicht zurecht gekommen und ich denke, ich hätte mich nicht zurückhalten können. Aber Salims Vater wirkt vollkommen resigniert und nimmt auch das Verschwinden seiner Frau und seines jüngsten Sohnes einfach nur hin. Traurig.
    Um Salim tut es mir noch mehr Leid. Ich hätte niemals gedacht, dass seine Mutter und sein Bruder ihn allein lassen würden. Das kann ich nicht verstehen und ich könnte ihnen an seiner Stelle wohl auch nie vergeben. Hoffentlich findet er sich in London zurecht und er findet dort zumindest ein wenig Glück.


    Judits Stellen mochte ich sehr, aber auch hier habe ich mehrmals schlucken müssen um die Ungerechtigkeit zu ertragen. Diese Peggy ist ein schreckliches Mädchen, aber dennoch kann die die Anziehungskraft, die sie auf die anderen Schülerinnen ausübt, irgendwo verstehen. Ob Judit die eigentliche Bedeutung von Jude wirklich nicht kennt und sieht? Sie sollte da eigentlich viel von Gertie erzählt bekommen haben. Aber vielleicht will sie auch einfach nur dazugehören und eben nicht ständig die Assoziationen zum jüdischen Volk sehen.
    Ich stelle mir ihre Situation unheimlich schwer vor. Sie hat ja eigentlich nichts von alledem mitbekommen, was ihr Volk so zerstört hat und trotzdem wird sie Tag von Tag damit konfrontiert, ohne sich einfühlen zu können. Sie möchte nur ein normales Leben führen, was ihr aber nicht gelingt.


    Der Brief der Großmutter war bedrückend, da könnte man ja auch wieder ein Buch drüber schreiben. Wie furchtbar muss es gewesen sein, die eigene Schwester dem Tod zu überlassen...

  • Hoppla mittlerweile ist nun schon einiges an Zeit vergangen und unsere Protagonisten sind älter geworden und ich habe mich derweil besser an den Schreibstil gewöhnt und konnte si leichter voran kommen.


    Die Handlung um Judit hat mir hier sehr gut gefallen und tief berührt hat mich der Tod der Großmutter.


    Bat Mizwa ist ja wie für uns die Jugendweihe oder Konfirmation und an so einem bedeutenden Ereignis die geliebte Großmutter zu verlieren, das muss ganz schlimm sein.

  • Zitat

    Original von Saiya


    Salim hat mir in diesem Abschnitt sehr leid getan. Er verliert hier alles, woran sein Herz hing. Ich bin sehr gespannt, wie es ihm in London ergeht.


    Ja so ist es. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich muss beim Lesen des Buches an die vielen Asylanten denken, die nach Deutschland kommen und frage mich, ob diese Menschen ähnliche Geschichten in ihrem Gepäck haben? Das macht mich traurig und sehr nachdenklich. :cry

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    Stimmt, die Aktualität dieser Geschichte lässt mich das Buch auch nochmal ganz anders erleben. Was für ein Glück wir hier haben.


    Ja allerdings haben Weile viel Glück!
    Ich fand diesen Abschnitt auch teilweise sehr bedrückend und traurig!
    Salims Vater, der alles verliert. Schon krass, auch wie er einfach das kämpfen aufgegeben hat! Ich frage mich, ob sich nicht Salim vll später, wenn er wirklich studiert hat und vll gut verdient, sich das Anwesen wieder zurück kaufen kann. Er hängt ja wirklich sehr an den Bäumen!
    Aber wenn man sich halt nie wirklich zu Hause fühlt, das stell ich mir schon extrem schwer vor!


    Und arme Judith, das mit dem Namen und so war echt sehr gemein und demütigend! Aber ich kann so gut nachvollziehen, dass sie vieles nicht versteht, weil sie es nicht selber erlebt hat.
    Auch ich kann zb null mit Religion anfangen und kann daher oft schlechter nachvollziehen, wie extrem da manche drauf sind und vor allem warum!
    Für Kinder ist es sicher nicht leicht, wenn sie quasi an den falschen Tagen daheim bleiben müssen und an anderen Tagen andere Sachen feiern etc! Weil als Kind will man ja oft einfach nur so sein wie die anderen um einen herum!


    Ich wollte noch anmerken, dass ich verwirrt war, dass Salim Bier in London mit deinem Bruder trinkt. Die sind doch schon gläubige Muslime?
    Und ich hätte gerne gewusst, wie einfach es für Salims Mutter war abzuhauen, so als Frau in diesem Land. Oder war/ist es fort nicht so, dass Frauen oft nicht lange alleine wo hin dürfen etc? Kenne das halt von arabischen Ländern, aber vll ist das in Israel nicht so? Weiß das vll jmd? Oder wie liberal der Libanon mit sowas zB umgeht. Immerhin wurde die Mutter damals verkauft!

  • Wir heute würden einen Brautpreis sicher als Verkauf ansehen. Die Sitten dazu waren und sind in muslimischen Ländern dazu aber sehr unterschiedlich. Teilweise gab es auch die Morgengabe, die aber an die Braut gezahlt wurde und zu ihrer Absicherung im Falle einer Scheidung dienen soll.
    Hier war es aber offenbar tatsächlich eine Art Kauf.


    Der Libanon war bis zu den 70er Jahren des letzten Jh sehr stark westlich geprägt.


    Salims Vater war zu diesem Zeitpunkt schon ein recht alter Mann und durch den Verlust seines Eigentums völlig gebrochen. Er hätte auch keine Chance gehabt - alles kämpfen hätte gegen die Macht der fremden Gesetze nicht geholfen.


    Und wie in allen Religionsgemeinschaften gibt es solche und solche. Die einen halten sich strikt an religiöse Vorschriften, die nächsten sind eher lax.

  • Gerade gelesen:
    Lt UN-Auskunft war die Zahl der palästinensischen Opfer im vergangenen Jahr so hoch wie seit dem 6-Tage-Krieg von 1967 nicht mehr: Insgesamt mehr als 2200 Menschen, darunter geschätzte 1500 Zivilisten, unter denen 550 Kinder gewesen sein sollen.
    Die israelische Zahl ist geringer.
    Das macht es aber auch nicht besser.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Und wie in allen Religionsgemeinschaften gibt es solche und solche. Die einen halten sich strikt an religiöse Vorschriften, die nächsten sind eher lax.


    Jep, Hassan kommt mir jetzt auch nicht unbedingt wie der gläubigste aller Moslems vor. Und auch Salim kommt mir wenig gottesfürchtig vor.

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf


    Jep, Hassan kommt mir jetzt auch nicht unbedingt wie der gläubigste aller Moslems vor. Und auch Salim kommt mir wenig gottesfürchtig vor.


    Ja! Absolut!
    Mir ist eh schon aufgefallen, dass die Religion hier überhaupt keine Rolle zu spielen scheint, was mich ein wenig verwirrt... :gruebel
    Aber es scheint ja wirklich um den Ort an sich zu gehen und dass die einen immer gegen die anderen sind und umgekehrt, einfach schon so aus Prinzip... Bisher dachte ich schon, dass es da vor allem um die Religionen geht, aber das scheint ja so gar nciht der Fall zu sein!

  • In dem speziellen Fall Palästina geht es um Land, dass durch die zunehmende Radikalisierung des Islam die Religion in den Vordergrund tritt ist allenfalls Augenwischerei.
    Da geht es um Unterdrückung und Macht.


    Vor dem Ausrufen des Staates Israel haben die Menschen dort mehr oder weniger friedlich nebeneinander gelebt.


    Allerdings gab es schon unter Mohammed Judenverfolgungen da diese sich ihm nicht anschließen wollten.

  • Ich möchte Findus da recht geben - zunächst spielte die Frage der Religion eine untergeordnete Rolle. Die wird seit einigen Jahren als Deckmäntelchen für alles mögliche gebraucht. Es macht sich heute nicht mehr gut, wenn man offen Vertreibung und Morde propagiert - da kann man wunderbar ein religiöses Mäntelchen drüberhängen.
    Die palästinensische Bevölkerung wurde meist nicht wegen ihrer Religion vertrieben, sondern einfach weil sie da war, wo man selber sein wollte.

  • Im zweitern Teil wird Judith's Geschichte erzählt:
    Sie steckt mitten in der Pubertät.
    Sie steht kurz voh ihrer Bat Mizwa, und fühlt sich dazu mehr oder weniger gezwungen und ihre Freundschaft mit Peggy ist eine recht Einseitig.
    Am Tag ihrer Bat Mizwa stirbt Judith's Großmutter Rebecca und hinterlässt ihrer Enkelin einen Brief mit ihrer Geschichte.


    Und natürlich wird Salim's Geschichte weiter erzählt:
    er und seine Familie leben mittlerweile bei seiner Halbschwester in Nazareth, seine Familie hat alles verloren - die Orangenhaine, den Schmuck der Mutter und alles verfügbare Geld.
    Aus der Not heraus wird Salim nach England zu seinem Bruder Hassan geschickt, der mittlerweile dort eine Autowerkstatt besitzt.


    Nun sind Judith und Salim in einem Land. Ich bin gespannt, wann und wie sie sich zum ersten Mal begegnen.

    ... Liebe, die, weil sie nie genung bekommt,
    stets schon im Augenblick lebt, der noch kommen wird.
    Marcel Proust

  • Die Geschichte wird sehr einfühlsam aber nicht so übertrieben emotional erzählt was mir gut gefällt. Mich erinnert der beschriebene Konflikt an unsere aktuellen Probleme hier in unserem Land.
    Die Menschen lernen einfach nicht, sie haben nichts gelernt aus der Nazizeit oder aus den Konflikten in Israel und Palästina, und wo auch sonst auf unserem Planeten. Das gilt nicht nur für die Menschen die in unserem Land leben sondern überall.