Neuntöter - Ule Hansen

  • Ich war ebenso in der Vorab-Leserunde. Danke, dass ich mitlesen durfte und für das Rezensionsexemplar.
    Das Design des Covers wirkte auf mich edel.


    Meine Eindrücke beim Lesen:


    Zuerst war ich angenehm überrascht über das sprachliche Niveau. Weit besser, als es bei der Menge der Thriller üblich ist. Daher machte mir das Lesen Spaß, der Spannungsbogen war super und alles wird sehr gut inszeniert. Die Protagonistin fand ich interessant und gut charakterisiert. Für mich war ihr Verhalten zwar oft bizarr, doch nachvollziehbar. Zunächst war ich neugierig, was dahinter stecken könnte. Da der Hintergrund schon bald angedeutet wurde, verstand ich ihre recht extremen Schwankungen im Verhalten als Psychogramm. Ich mag Protagonist/innen, die etwas schräg sind meist lieber als die eher "normalen".


    Die Morde, die es aufzuklären galt, waren kunstvoll inszeniert, ungewöhnlich, rätselhaft und äußerst fies. Und es blieb nicht dabei...


    Und hier liegt das Problem. Einerseits ein faszinierendes Rätsel, waren mir die Morde andereseits zu fies, zu eklig, zu schlimm. Es gibt Sachen, die möchte ich mir gar nicht vorstellen. Manches sollte lieber nicht "mit allen Sinnen" beschrieben werden. Blut-Ekel-Schmodder-bestialischer Gestank usw. muss ich nicht in allen Details haben, diese Art von Voyeurismus ist zwar "up to date", mir aber unangenehm.


    Zum Ende hin nahm leider die Glaubwürdigung dieses Thrillers immer mehr ab. Die große Aufklärungsszene schließlich konnte mich nicht überzeugen - ich fand sie völlig "daneben". Das Ende verdarb mir diesen Thriller vollends.


    Hier wird der aktuelle Hype bedient, immer noch "schrägere" brutalere Morde und Verbrechen aufzufahren, noch verrücktere sadistische Qualen anschaulich, ausgreifend und "sinnlich" zu beschreiben, so dass die Leser sich daran weiden können. Oft sprachlich "sehr gut gemacht", aber gerade deshalb erst recht too much. Der Punkt dessen, was ich mir zumuten mag, ist mehrmals heftigst überschritten worden, obwohl ich nicht zimperlich bin. Weniger wäre mehr gewesen. Zudem störte es mich, dass die Protagonistin mit ihrem krassen Verhalten etwa ab der Hälfte/im letzten Drittel immer unglaubwürdiger wurde.


    Fazit: Sehr guter Anfang, auch im Weiteren spannend - zum Ende hin geschmackloser Absturz.


    Weiterempfehlen kann ich diesen Thriller nur an diejenigen, die auf dem Hardcore- Psycho- und-Splatter-Hype mitschwimmen und denen es auch nichts ausmacht, wenn die Charaktere und Handlung zunehmend unglaubwürdiger werden.


    Ich vergebe 5 Punkte für die sprachliche Qualität und die spannende, geschickt aufgebaute erste Hälfte des Thrillers.

  • Inhalt (lt. amazon.de):
    Berlin, Potsdamer Platz. Beim Klettern auf einem Baugerüst macht ein Junge eine grausame Entdeckung: Drei Leichen, einbandagiert in Panzertape, hängen in schwindelerregender Höhe an den Gerüststangen. Sie sehen aus wie Mumien und scheinen in dieselbe Richtung zu blicken, als würden sie auf etwas warten. Als die menschenscheue Fallanalystin Emma Carow auf den Fall angesetzt wird, ist ihr schnell klar, dass er für ihre Karriere entscheidend ist. Doch je fester sie sich verbeißt, desto mehr droht ein altes Trauma sie in den Abgrund zu ziehen.


    Meine Meinung:
    Auf der Rückseite des Buches findet sich die Beurteilung „Verstörend genial“ - und zumindest dem Begriff „Verstörend“ stimme ich völlig zu. „Genial“ ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber der Fall, mit dem wir es hier zu tun haben, ist sehr ungewöhnlich und von daher faszinierend. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Emma, eine Profilerin, die in ihrer Arbeit völlig aufgeht, im Umgang mit ihren Mitmenschen jedoch einige Probleme hat. Wir begleiten Emma dabei, wie sie aus wenigen vorhandenen Fakten ein Puzzle zusammensetzt, das letztlich ein Bild des Täters ergeben soll. Diesen Prozess fand ich sehr spannend, und das war es, was mich letztlich gefesselt hat. Außerdem mochte ich, dass die Figuren sehr lebendig gezeichnet waren, es waren nicht nur Ermittler oder Profiler, sondern auch Menschen, die auch ein Leben neben der Arbeit haben. Sympathieträger habe ich allerdings nicht gefunden, keine Figur war frei von Macken. Allerdings finde ich es für einen Thriller auch nicht entscheidend, dass mir die Figuren sympathisch sind.


    Manchmal hat es mir aber auch zu viel „gemenschelt“ - wenn die zwischenmenschlichen Konflikte den eigentlichen Fall in den Hintergrund drängen, nimmt das die Spannung. Außerdem hat mich massiv gestört, dass Emma im Verlauf der Geschichte immer mehr zu einer Art „Superwoman“ wurde, die immer wieder auf eigene Faust loszog und sich selbst in Gefahr brachte. Dabei spielte dann auch keine Rolle, dass so eine Aktion aus medizinischer Sicht kaum möglich war. Zum „Finale“ schreibe ich an dieser Stelle nichts, da ich nichts verraten möchte – mir persönlich war es aber zu dick aufgetragen.


    Fazit:
    Auch wenn das Buch einige Schwächen hat, konnte mich die Geschichte fesseln und ich fühlte mich gut unterhalten. Wenn es eine Fortsetzung gibt, werde ich sie gern lesen. Danke an Wolke und den Verlag, und natürlich an die Autoren für die Begleitung der Leserunde.
    8 von 10 Eulenpunkten

  • Auch ich habe das Buch hier im Rahmen einer LR gelesen und bedanke mich nochmals herzlich dafür.


    Meinung zum Schreibstil und Inhalt:
    Das Buch hat super angefangen. Ich bin gut reingekommen, der Schreibstil hat mich beeindruckt, die Protagonistin fand ich interessant und ihre Arbeit faszinierend. Auch der Spannungsbogen wurde die ganze Zeit aufrechterhalten und ich fand auch die Morde, das wie und warum drumherum sehr spannend. Aber leider leider hat das Buch so nach 1/3 -1/2 an Glaubwürdigkeit verloren. Als Mediziner waren für mich manche Dinge nicht mehr nachvollziehbar bzw unrealistisch. Und ich finde, das darf in einem Thriller nicht sein. Er spielt in der Realität und nicht in einer Fantasywelt. Die Protagonistin ist immer mehr zu Superwoman mutiert und nein, das kann ich dann irgendwie nicht ab. Es hat mich super genervt.

    Das kann einfach in echt so nicht sein. Das Ende fand ich dann total abgedreht.


    Fazit: Leider habe ich das Buch kopfschüttelnd beendet und hab mich geärgert, weil ich es anfangs ganz toll fand.


    Leider nur 6/10 Punkten.

  • Neuntöter von Ule Hansen ist ein Thriller, der es wirklich in sich hat. Es geht nicht um einen Mörder und ein Opfer, auch nicht um einen Serienmörder. Eine Gruppe von Tätern steht einer Gruppe von Opfern gegenüber. Erst nach und nach begreift man, welchen Umfang das Ganze annommt und wie machtlos die Polizei dagegen wirkt. Es werden Mumien an abgelegenen Orten aufgehängt gefunden, zuerst drei, dann fünf. Emma als Profilerin sucht nach dem Täterprofil, Kollegen und Freunde, Familie, alles konzentriert sich um sie, die die Lösung zu haben scheint und doch wieder nicht. Sie selbst ist mehr als undurchsichtig und problembehaftet. Sie hat selbst mehr als genug mit sich zu kämpfen. Nicht nur einmal stellte ich mir die Frage, wer denn hier mehr psychisch belastet ist und zurechnungsfähig im Handeln.


    Insgesamt ist die Geschichte meiner Meinung nach faszinierend aufgebaut, die Charaktere unglaublich intensiv beschrieben. An manchen Stellen wollte ich gar nicht mehr wirklich weiterlesen und doch hat es mich so in Bann genommen, dass ich einfach weiterlesen musste. Vieles war so abwägig, so unrealistisch, brutal und abstoßend, dann auch wieder so intensiv im Zwischenmenschlichen, dass ich mich ständig hin und hergerissen fühlte zwischen Ablehnung und Fasziniertheit.


    Jedenfalls ein sehr einnehmendes Buch, das mich noch weiter beschäftigen wird. Sicherlich nichts für jeden, aber ich bin weiterhin beeindruckt.


    8 von 10 Punkten.

  • Meine Meinung zu dem Buch in Worte zu fassen fällt mir ziemlich schwer. Im Grunde hat es mir gut gefallen, es gab aber auch einiges was mich gestört hat.


    Emmas Art und Weise ging mir von Anfang an massiv auf den Keks. Das konnte auch ihre schwere Vergangenheit nicht entschuldigen. Auch der sehr abgehackt Schreibstil hat mich ziemlich im Lesefluss gestört.


    Der Fall an sich war spannend und die Auflösung hat mich ziemlich in Atem gehalten, so dass ich zeitweise das Buch nicht aus der Hand legen konnte.


    Trotz Spannung und durchaus sympathischen Charakteren (bis auf Emma ;-)) habe ich mich mit dem Buch sehr schwer getan und habe ewig lange dran gelesen.


    Daher leider nur 6 Eulenpunkte.

  • Ein düsteres Buchcover und eine düstere Mordserie in Berlin. Der Titel erklärt sich im Laufe der Handlung und soweit ist auch noch alles schlüssig.
    Die Mordserie ist nicht so schnell schlüssig für die Profilerin Emma, was jedoch auch auf ihr eigenes Verhalten und ihre Persönlichkeit zutrifft. Bei diesem Thriller war ich so manches Mal hin- und hergerissen, ob mir das Buch gefällt oder nicht. Die Spannung wird gut aufgebaut, die Tatorte sind definitiv nichts für schwache Nerven und Emma ist für mich ein Mensch, der irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn liegt. So manches Mal hätte ich sie gerne mal geschüttelt und geweckt. Mit ihr bin ich nicht 100%ig warm geworden. Ich lese gerne Krimis und Thriller, aber bei diesem hier könnte ich nicht einmal sagen, mit wem ich es am ehesten vergleichen könnte. Die Erzählung ist einmalig und das macht das Buch wieder besonders. Wenn es einen Folgeband geben wird, dann würde ich ihn auf jeden Fall lesen wollen.

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Ich bin wieder einmal spät dran, habe aber im Zuge des SUB-Abbaus jetzt zu Ule Hansen "Neuntöter" gegriffen.


    Meine Meinung: Die Geschichte wird mit hohem Tempo erzählt. Das sprachliche Niveau hat mich fasziniert auch die Geschichte an sich. Aber auch ich kann den Typus "Ermittler" (in dem Fall Profiler) nicht mehr ertragen: Gescheiterte soziale Existenz, selbst Opfer, keine Beziehung oder Beziehungsprobleme. Diese ganzen Episoden um die Vergewaltigung fand ich mühsam und anstrengend. Deshalb gibt es auch von mir nur 6 Punkte.