Nick Hornby: "A long way down"

  • Sitcom auf dem Dach


    "High Fidelity" ist das Buch von Nick Hornby, das seinen Weltruhm letztlich begründet hat, und alle Nachfolger müssen sich an diesem wunderbaren, einfühlsamen, schnoddrig erzählten, einfallsreichen Kultbuch um Musik, Freundschaft, Liebe und Erwachsenwerden messen lassen. Bereits "About a boy" lahmte hier und da, "How to be good" rettete sich - gerade noch - durch den Themenwechsel, überraschte eher, als es befriedigte. Bei beiden blieb ein leicht fader Nachgeschmack. Wären sie von einem anderen Autor interessant (genug) gewesen? Ist Nick Hornby vielleicht doch ein langanhaltendes One-Hit-Wonder?


    Silvester, London. Vier Menschen treffen sich auf dem Dach eines Hochhauses, alle vier vermeintlich kurz davor, sich in den Tod zu stürzen - Martin Sharp, der TV-Mann, dessen Karriere- und Privatglück jäh endete, als die Affaire mit einer Fünfzehnjährigen publik wurde. Maureen, die Einundfünfzigjährige, die seit zwanzig Jahren den schwerstbehinderten Sohn pflegt und kein Privatleben kennt. JJ, der amerikanische Vollblutmusiker, dessen Band sich aufgelöst hat und der jetzt Pizza ausliefert. Jess, die rotzige Ministertochter, die seit dem Verschwinden der großen Schwester von Verlustängsten geplagt wird und über keine eigene Identität verfügt.
    Die vier springen nicht, sondern finden sich zu einer Notgemeinschaft zusammen, einer Art Anti-Selbstmord-Selbsthilfegruppe. Der Suizid wird um sechs Wochen auf den Abend des Valentinstages vertagt, und auch an diesem Tag werden sie - natürlich - nicht springen. Von der ersten Seite an ist klar, daß der Roman nicht auf diese Option hinauslaufen kann.


    Hornby erzählt diese Geschichte wechselnd aus den Perspektiven der Beteiligten, die sich und die jeweils anderen betrachten, nach und nach die Hintergründe ihres Lebensunwillens offenbaren. Sie offenbaren aber nicht nur das, sondern die vielen Fallstricke des recht mühseligen Plots, die herbeikonstruierte Ausgangssituation - und Hornbys latenten Wunsch, doch lieber (wieder) ein Buch über die Musik der vergangenen Jahrzehnte zu schreiben.


    Genaugenommen sitzen da Joey, Rachel, Chandler und Ross auf dem Dach - die Figuren wirken wie einer amerikanischen Sitcom entnommen, ohne je komisch zu sein, das persönliche Schicksal als Beiwerk, und natürlich gewinnt es einzig bei JJ, dessen Todeswunschgründe die fadenscheinigsten sind, an Plastizität, und ein bißchen bei Jess, die auch hier und da mit einem Song-Vergleich kommt, den man der Figur eigentlich nicht abnimmt. Ansonsten plaudern, palavern und behaupten die Protagonisten viel - zu viel - und bewegen sich wenig innerhalb der recht starren Geschichte, die selbstverständlich vorhersehbar endet. All das in einer Short Story - okay, da wären die blasse Figurenzeichnung, das Vorhersehbare, das Willkürliche der Ausgangssituation, das Unechte der "Konflikte" vielleicht verzeihlich, aber nicht in einem Roman. Und erst recht nicht von Hornby. Enttäuschend.


    ASIN/ISBN: 3462040510

  • Huhu, Wolke.


    Es funktioniert einfach hinten und vorne nicht, und manchmal ist es wirklich hanebüchen. Schade. Ich hatte mich so gefreut, daß es einen neuen Hornby gibt. :-(

  • Hallo, Azrael.


    Nun, es gibt ja auch einige Amazon-Rezensenten, die das Buch ausgesprochen gut finden - vielleicht liege ich ja weit neben dem Geschmack oder habe irgendeine Kurve nicht gekriegt. Immer möglich.

  • Schade schade, hatte mich gefreut auf das Buch. Aber ich glaube, das wird mir dieses Mal auch nicht wirklich gefallen. Man liest ja momentan viel über ihn und sein neues Buch.
    Hier zum Beispiel.
    Vielleicht leihe ich es mir aus. Kaufen werde ich es wohl nicht.

  • Hmmmm, ich hatte ja schon High Fidelity gelesen. Es war nicht schlecht, hat mich aber auch nicht übermäßig vom Hocker gerissen. Irgendwie nicht so mein Stil.... zu schnoddrig, zu lakonisch??? *grübel*

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • ich werde es kaufen, wenn es als TB erscheint. freu mich schon drauf. da ich von high fidelity überhaupt nicht angetan war, hoffe ich, dass mir das neue besser gefällt. auch wenn ich auf die günstigere ausgabe noch etwas warten muss.

  • So, ich habs nun durch und muß Tom leider in vielen Punkten recht geben. Hier meine Meinung:


    Die Kurzbeschreibung klingt spannend und verspricht viel. Leider hat das Buch meine - hohen - Erwartungen nicht erfüllt. Das liegt vor allem daran, daß die Figuren sehr klischeehaft wirken und die Psyche der Charaktere für mich nur oberflächlich rüberkommt. Was mir gut gefallen hat, war die Erzählweise: abwechselnd berichten die vier Suizidkandidaten über ihr Leben, ihre Ansichten übers Leben und ihre Meinung über die anderen. Nur halt eben zu oberflächlich. Was den Schluß betrifft, so ist dieser enttäuschend, da von Anfang an absolut vorhersehbar.
    Fazit: eine unterhaltsame Story, leicht zu lesen, aber sicher kein Muss.

  • Ich hatte es mir aus der Bücherei ausgeliehen und bin da wirklich froh drüber dass ich es nicht gekauft habe, den nach der Hälfte hatte ich es weggelegt, es wurde mir einfach zuviel "geschwafelt" auch das die vier dann in der Presse erscheinen und solche Sachen waren mir irgendwie zu unglaubhaft.... schade ich hatte mir soviel von dieser " guten" idee versprochen...

  • Nach "How to be good" und "About a boy" bleibe ich im Moment bei Hornby und lese nun "A long way down". Die ersten 20 Seiten sagen mir sehr zu, besonders nach der Lektüre von "About a boy", für mich ist das als würde eines der Themen vertieft. Ich werde weiter berichten, wenn ich fertig bin.

    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das nicht allemal das Buch.
    Georg Christoph Lichtenberg

  • Habe es vor zwei Tagen fertig gelesen - und bin ganz überrascht. Mir hat es verdammt gut gefallen und ich hab mir währenddessen gewünscht, dass es erst ein bisschen später zu Ende geht, weil mir die Charaktere wirklich ans Herz gewachsen sind - sie waren so echt und hatten gleichzeitig etwas an sich, was sie interessant machte. Das ganze mit Witz und Herz zu einer originellen Geschichte zusammengeflickt - für mich war es ein perfekter Hornby-Roman, den ich bestimmt mehr als einmal lesen werde. (Habe ihn auf Englisch gelesen und kann mir gut vorstellen, dass die Übersetzung um einiges schlechter ist)

  • Zitat

    Original von Lotta
    (Habe ihn auf Englisch gelesen und kann mir gut vorstellen, dass die Übersetzung um einiges schlechter ist)


    Ich habe den Roman auch auf englisch gelesen. Das funktioniert bei Hornby ganz gut. Da kommt der Wortwitz am besten zur Geltung! :-)

  • Ja :grin


    Ich liebe diese Stelle:


    **
    "So were all gonna jump?" the pizza man asked us.
    We didn't say anything.
    "The f---?" he said.
    "The f---?" said Jess. "The f--- what?"
    "It's an American abbrevation," said Martin. ""The f---?" means "What the f---?" In America they're so busy that they don't have time to say the "what"."


    **


    Oder auch dieses simple "Shut up, then, Yankee boy." :grin

  • Ich lese es gerade, bis jetzt finde ich es gar nicht mal sooo übel, bin aber noch nicht so weit und hab vorher noch keinen Hornby gelesen.


    EDIT:
    Ok ich stehe kurz vorm Ende und bin hingerissen.
    Ich stimme in keinster Weise mit Tom oder Azrael überein. Die Charakter wirken weder seicht, noch unecht, sie sind genauso, wie das Leben sie formt.
    Der Erzählstil, sagt mir ausgesprochen zu und Hornbys kleine gemeinen unterschwelligen Witzigkeiten, sind einfach der Hammer.
    Nach diesem Buch brauch ich unbedingt mehr... ganz dringend.
    Aber jetzt erstmal das Ende lesen. :-]


    EDIT 2:
    Ich bin durch. Und ich fand es super. Herrlich schräg und doch so wahr. Tausend Sachen hätte ich raus schreiben können, am Besten aber hat mir der Spruch gefallen:


    JEDER WEIß WIE MAN SPRICHT, ABER KEINER WEIß WAS ER SAGEN SOLL...


    Und davon gabs so viel.... Herrlich the next Hornby, please. :lache

  • Man liest ja viele, sehr gemischte Kritiken über dieses Buch und das kann ich nach vollziehen. Denn es gibt wenig Bücher, die ich gelesen habe, die für mich beides sind: an manchen Stellen einfach nur schlecht und langweilig und an anderen Stellen brilliant ausgearbeitet und formuliert. Das Buch wirkt auf mich sehr inhomogen.
    Im einzelnen: die Ausgangssituation ist für den Leser absolut faszinierend und die Vorstellung all der Kandidaten ist sehr gelungen. Ich mag auch die Erzählweise, die anfangs, wenn man mit den Figuren nicht so vertraut ist, mich ein bißchen verwirrt hat. Die Personen wirken durch den Schreibstil und die Erzählweise sehr authentisch und ehrlich und wachsen einem im Laufe des Buches wirklich ans Herz. Auch wenn der ein oder andere Charakter wie ein Klischee-Abziehbild wirkt: die rebellierende Tochter eines englischen Politikers, wo hinter der heilen familiären Fassade Abgründe klaffen oder der oberflächliche Zyniker Martin, der feststellen muß, das Geld und öffentliche Popularität vergänglich ist und nicht die Sinnsuche befriedigt.
    Aber allein die Dialoge und die Sprachfinessen und die gekonnte Darstellung der einzelnen, sehr unterschiedliche Charaktere sind es, was das Buch über 340 Seiten lesbar macht.
    Die Geschichte ist es leider nicht, wie ich feststellen muß.


    Mein Fazit ist: es ist ein lesbares Buch und wer Spaß an spitzzüngigen Formulierungen hat und an Charakterzeichnungen, wird das Buch mögen. Wem es um eine mitreißende Handlung geht, der wird sich sehr langweilen.
    Ich habe beides: manche Stellen gemocht und mich besonders in der Mitte des Buches erheblich gelangweilt.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Ich habe die TB Ausgabe im Urlaub dabeigehabt. Ich weis ehrlich nicht so recht was mir zu dem Buch einfallen sollte. Nett- nett? Nette Idee, nette Leute, nett geschrieben, nette Pointen aber- warum sollte man dieses Buch eigentlich lesen? Was will uns der Autor damit sagen oder will er unterhalten? Weder noch so richtig passiert. Keine seichte oberflächliche Unterhaltung (täte ja bei 30 Grad in der Sonne auch ganz gut) noch eine Geschichte an die man nächste Woche noch denkt.


    Vermutlich mein zweiter Hornby in einem Band- der erste und der letzte.