'Norden und Süden' - Kapitel 01 - 07

  • Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. ;-) Ich bin tatsächlich weiter gekommen, es geht aber deutlich langsamer, als ich dachte (und das vom ersten Lesen in Erinnerung habe). Na ja, damals war ich noch ein paar Jahre jünger und das Gehirn offensichtlich noch ... leistungsfähiger. Das Alter eben. :alter :grin


    Zum Kapitel 2 da findet sich die Stelle:

    „Margaret used to tramp along by her father’s side, crushing down the fern with a cruel glee, as she felt it yield under her light foot, (...)“

    In meinem „Erläuterungsbuch“ steht dazu, das sei ein Anzeichen für ihre Kraft und Sexualität („power and sexuality“).


    Es ist in der Tat interessant, ein Buch zum wiederholten Male zu lesen, wenngleich dies das Schreiben hier schwierig macht, denn leicht kommt man da ins Spoilern. Ich denke jetzt an den Hinweis (wenige Absätze später), daß Margaret keine „shoppy people“ mag, sinngemäß hier wohl als „Geschäftsleute“ zu verstehen. Das ist vor allem dann interessant, wenn man den Fortgang der Geschichte kennt, weswegen ich hier auch nichts weiter darüber schreiben will.


    Bei dem Antrag von Mr. Lennox habe ich allerdings zu keinem Zeitpunkt an Mr. Darcy gedacht. Ich habe ihn nach den Hinweisen hier jetzt unter diesem Gesichtspunkt gelesen, aber ich sehe immer noch keine Verbindung oder Ähnlichkeit. Mr. Darcy stellt da erst mal darauf ab, wie viel höher er gesellschaftlich als Elizabeth stehe und welche Gnade es für sie sei, seine Frau zu werden. Dies fehlt hier völlig (zumindest in meinem Verständnis). Eine Ähnlichkeit ergibt sich höchstens auf der Plötzlichkeit und Unerwartetheit des Antrags. Aber vielleicht kommen wir darauf zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu sprechen.



    Rouge

    Ich bin gespannt, ob Du bei Deiner Einschätzung zum Buch bleibst, wenn es erst einmal fortschreitet. Dein Kommentar hat mich an den Beginn meiner Rezi damals erinnert.



    Ich frage mich manchmal, was das für ein Leben war: Stunden mit dem Reden über indische Schals zu verbringen oder gebrauchte Kleidung als Spenden für die Armen aus den Schränken und Truhen zu kramen - oder das von der Dienerschaft erledigen zu lassen. War das angenehm oder sterbenslangweilig?

    Na ja, solche "hohlen" Tätigkeiten gibt es doch auch heute noch zur Genüge, wenngleich auch auf andere Art. Mit sog. "sozialen Netzwerken" oder Computerspielen lassen sich ganz grandios ganze Stunden und Tage "totschlagen", ohne daß etwas Produktives oder Kreatives dabei herauskommt.


    Da gibt es übrigens eine schöne Szene dazu im letzten (?) Film, in dem Roger Moore mitgespielt und darin ehr überzeugend einen älteren, etwas mißmutigen Lord gab. Den mußte (es ist ein Weihnachtsfilm, "Eine Prinzessin zu Weihnachten") man auch erst davon überzeugen, daß es nicht unbedingt sinnvoll ist, den Weihnachtsbaum vom Personal schmücken zu lassen, sondern dabei selbst hand anzulegen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • An Jane Austen fühlte ich mich eigentlich weniger erinnert - eher an den düsteren Realismus von Charlotte Brontë, die ja Zeitgenossinnnen waren.

    Ach so, Elizabeth Gaskell hat ja auch eine Biographie über Charlotte Bronte geschrieben: "The Life of Charlotte Bronte", gab es auch mal in deutscher Übersetzung:

    Das Leben der Charlotte Brontë: Biographie

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ja, das mit den "hohlen" Tätigkeiten mag stimmen, auch wenn ich mich da nicht so sehr betroffen fühle. Außer du nimmst das Schreiben und Diskutieren in Foren auch in diese Kategorie auf :grin

    Für mich liegt der Unterschied in der Ausschließlichkeit - wir haben hier immerhin auch Berufe. Was bei den "höheren" Persönlichkeiten damals natürlich absolut verpönt war.


    Na ja, damals war ich noch ein paar Jahre jünger und das Gehirn offensichtlich noch ... leistungsfähiger. Das Alter eben. :alter :grin

    Melde dich einfach, falls ich dir mit dem Rollator oder beim Überqueren der Straße helfen soll :handhalten...

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • SiCollier - cruel glee bedeutet doch brutale Schadensfreude.

    Da sehe ich anders als die Erläuterung. :gruebel

    Nach einem Online-Lexikon ließe sich das auch wörtlich etwa mit "harter Freude/Entzücken" übersetzen. Frei übersetzt wäre dann "lustvoll". Der von mir erwähnte Hinweis kam sowohl im Kommentar zum Kapitel als auch den Erläuterungen zu einzelnen Phrasen (aus denen ich zitiert habe).



    Für mich liegt der Unterschied in der Ausschließlichkeit - wir haben hier immerhin auch Berufe. Was bei den "höheren" Persönlichkeiten damals natürlich absolut verpönt war.

    Na ja, deren Beruf war das "Nichtstun" und von "Erträgen aus Vermögen" leben. Auch ganz schön anstrengend, einen Tag so mit Nichtstun zu verbringen. :chen


    :grin

    Melde dich einfach, falls ich dir mit dem Rollator oder beim Überqueren der Straße helfen soll ...

    Mach ich, kann aber noch eine Weile dauern. Seit dem letzten Hexenschuß tue ich zumindest für mein körperliches Wohlbefinden etwas (Physiotherapie), da sollte es noch einige Jahre ohne Rollator gehen. :grin

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Auch ich habe den Abschnitt durch und mir gefällt die Geschichte nach wie vor. Auch wenn nicht soviel passiert wie in "neueren" Büchern, das Erzähltempo erscheint mir eher gemächlich. Dennoch, toll.

    Ich persönlich finde es ganz schön feige von Mr. Hale seiner Tochter aufzubürden die Mutter zu informieren. Mutig, dass er den Schritt von der Kirch weg wagt, aber feige um die Konsequenz seiner Frau mitzuteilen. Von einem Mann seinerzeit erwarte ich da etwas anderes. Aber, dass scheint wohl Mr. Hales Charakter zu sein, und der spricht ja sonst für sich, also sei es vergeben. Margaret kann ja auch damit leben.

    Mittlerweile schwindet auch mein erster Eindruck die Ähnlichkeit Jane Austens Bücher betreffend. Hierfür ist die Geschichte eindeutig etwas zu "schwer", gerade was die Fabrikstadt betrifft.

    Mein "Fabrikstadt" schreit das Medizinerherz in mir laut auf, denkt an Lungenemphysem und Co....=O

  • Mein "Fabrikstadt" schreit das Medizinerherz in mir laut auf, denkt an Lungenemphysem und Co....=O

    So weit bin ich in dem Abschnitt zwar noch nicht, aber wenn Dein Medizinerherz jetzt schon schreit, solltest Du es wappnen. Da kommt noch einiges... :yikes


    Das Vorbild für Milton ist übrigens Manchester, die Stadt, in der die Autorin seinerzeit gelebt hat. Sie kennt die Zustände also aus eigener Anschauung.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Bei dem Antrag von Mr. Lennox habe ich allerdings zu keinem Zeitpunkt an Mr. Darcy gedacht. Ich habe ihn nach den Hinweisen hier jetzt unter diesem Gesichtspunkt gelesen, aber ich sehe immer noch keine Verbindung oder Ähnlichkeit. Mr. Darcy stellt da erst mal darauf ab, wie viel höher er gesellschaftlich als Elizabeth stehe und welche Gnade es für sie sei, seine Frau zu werden. Dies fehlt hier völlig (zumindest in meinem Verständnis). Eine Ähnlichkeit ergibt sich höchstens auf der Plötzlichkeit und Unerwartetheit des Antrags. Aber vielleicht kommen wir darauf zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu sprechen.


    Lennox und Darcy? Sehe ich keine Ähnlichkeit.


    Offenbar habe ich mich unglücklich ausgedrückt.


    Ich hatte die Ähnlichkeit zwischen Henrys und Darcys Antrag ausschließlich hinsichtlich Henrys Bemerkung: "almost in spite of himself" gemeint. Mit anderen Worten, Henry macht diesen Antrag (beinahe) gegen seinen eigenen Willen, wie dies Darcy bei seinem ersten Antrag auch wenig schmeichelhaft zu verstehen gab. Dabei dachte ich nicht an die (sehr) unterschiedlichen Gründe ihres Widerwillens. Ich fand nur bemerkenswert, dass sie diesen so unverblümt zum Ausdruck bringen. :bluemchen


  • Ich bin ja jetzt erst im 4. Kapitel, also noch nicht weit fortgeschritten. Aber zwei Sachen verstehe ich nicht so recht.

    Zum einen: Frederick ist der Bruder von Margaret. Aber was genau ist da mit ihm passiert? Es wird praktisch gar nicht von ihm gesprochen. Immer wenn die Sprache auf ihn kommt, wird sofort abgebrochen Er ist, soweit ich das verstanden habe zum Militär gegangen. Aber er ist irgendwie geächtet. Weil er beim Militär ist oder wegen etwas anderem??

    Und zweitens: Mr. Hale will seine Pfarreistelle aufgeben. Weil er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Aber warum genau?? Das verstehe ich nicht so ganz. Ist etwas vorgefallen oder wieso kann er plötzlich nicht mehr als Pfarrer arbeiten, wie er es jetzt jahrelang gemacht hat? Es ist ja anscheinend nicht sein Glauben an Gott oder seine Einstellung zur Kirche. Das verstehe ich nicht so recht. :gruebel

    Aber vielleicht wird das ja auch noch gleich aufgeklärt und ich bin einfach noch nicht weit genug.

  • So wie ich es verstanden habe, war es schon sein Glaube, der ihm Zweifel bereitete. Er konnte manches in der Religion nicht mehr glauben und daher nicht mehr vertreten.

    Obwohl er sich seiner Familie gegenüber als äußerst schwach und antriebslos zeigt, bewundere ich diesen Schritt irgendwie. Für mich hat das Charakter: wegzugehen, wenn man nicht (mehr) heucheln will.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Ich verstand es so, dass sein Glaube an Gott nicht mit der Kirchenführung mehr übereinstimmt. Die Kirche von England war ja oft und auch zu der Zeit im Umbruch.


    Zu Frederick erfährst Du im nächsten Abschnitt, was Dir an Info fehlt, liebe Rouge . :wave

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Jetzt habe ich den Abschnitt auch gelesen.


    Danke, Brigitte, für die Erklärung zum Heiratsantrag. Da hatte ich das in der Tat falsch verstanden. So gesehen hast Du recht.


    In den Gesprächen kommt immer wieder der Gegensatz zwischen Nord und Süd zum Ausdruck, zwischen den verschiedenen Lebensweisen. Und auch wenn es im Süden die Gormans aus dem Bekanntenkreis gibt, die tätig sind, so stellen sie doch immerhin Kutschen für die Gentry her, was sie heraushebt. Und wer um alles in der Welt trägt schon Baumwolle, wenn man sich Leinen leisten kann?! ;-) (vgl. Kapitel 5, etwa in der Mitte, bei mir S. 44).


    Neu für mich war, daß es schon damals Vorschriften zur Luftreinhaltung gab (Kapitel 7, S. 55), die aber genausowenig eingehalten wurden wie heute...


    Mr. Hale ist wirklich eine seltsame Type und vor allem ein Feigling erster Ordnung. Er gebärdet sich zwar wie ein Mann seiner Tage, nur die Konsequenzen daraus überläßt er anderen. Falls er überhaupt darüber nachdenkt. Eigentlich ziemlich lebensuntüchtig, da wäre er als Pfarrer mit sicherem Einkommen eigentlich richtig. Aber das Gewissen halt...


    Es ist dieser Satz, er sei besser nicht verheiratet, der den Kern –denke ich – trifft, und der für seine Tochter furchtbar zu hören sein muss.Aber darüber macht sich Mr. Hale keine Gedanken. Das finde ich so unglaublich.Die Selbstverständlichkeit mit der er Margaret alles aufbürdet.


    Ja, das wundert mich auch immer wieder. Und Margaret läßt sich alles aufbürden und versucht, möglichst viel davon zu tragen, damit die Eltern entsprechend weniger zu tragen haben. Ich schätze, heute würde sie manche Antworten anders geben als hier im Buch.



    Frederick und was mit ihm ist, wird später im Buch noch thematisiert und Gegenstand sein.


    Zu Mr. Hales Entscheidung: in meinen Erläuterungen steht, daß er nicht im Glauben schwankend geworden ist, sondern nicht mehr mit den Vorschriften der Kirche von England übereinstimmt. Wäre er befördert worden, hätte er erneut unterschreiben müssen, daß er alle deren Regeln und Vorschriften bedingungslos akzeptiert - und das konnte er nicht mehr. Deshalb geht er.


    Den Kommentar zum 4. Kapitel aus meinem Erläuterungsbuch spoilere ich jetzt, weil er einen indirekten Hinweis auf die weitere Entwicklung gibt:


    Das Gedicht zu Kapitel 6 von Tennyson ist Elizabeth Gaskell sehr wichtig. Es beginnt eigentlich mit den Worten „We leave the well-beloved place.“ (Sinngemäß: „Wir verlassen den überaus geliebten Ort.“) Es war Gaskells Lieblingsgedicht und wurde in Auszügen auch auf ihrer Beerdigung zitiert. Hier steht es für Margarets Trauer über den verlorenen Süden.


    Im Kapitel 7 dann die erste Begegnung mit Mr. Thornton. Nun, es werden zur Freude der Leser noch viele folgen...



    Ich habe übrigens beim Lesen immer die Schauspieler aus der BBC-Verfilmung vor Augen (Richard Armitage als Mr. Thornton und Daniela Danby-Ashe als Margaret Hale). Die passen auch zu den Beschreibungen im Buch.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • :yikes

    Oh mein Gott, bin doch grad so sensibel... =O

    Damit es Dich (hoffentlich) etwas beruhigt, zitiere ich jetzt doch den Beginn meiner damaligen Rezi zum Buch (nach dem ersten Lesen):


    "Kann man ein Buch als „schön“, gar „sehr schön, einfach wunderbar“ bezeichnen, wenn darin so viel un-schönes, so viel Leid und Schmerz und Tod vorkommen, wie in North And South?"


    Ziemlich identisch habe ich seinerzeit auch Scholochows "Der stille Don" beschrieben.


    In beiden Fällen konnte ich die Bücher als "schön" beschreiben. Sie gehören beide mit zu den besten, die ich je gelesen habe - und wieder lesen will (was ich mit "North And South" ja nun auch tue).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich bin jetzt mit dem ersten Abschnitt fertig und das Buch gefällt mir sehr gut. Gerade das gemächliche Erzähltempo ist gerade richtig für mich. :)

    Mr. Hales Verhalten seiner Frau gegenüber geht für mich gar nicht. Er spricht nicht mit ihr selbst über seine Entscheidung sondern überlässt das seiner Tochter. Also ich kann gut verstehen, dass seine Frau da sauer auf ihn ist. Er müsste doch auf jeden Fall zuerst seine Ehefrau darüber informieren.

  • Ich habe übrigens beim Lesen immer die Schauspieler aus der BBC-Verfilmung vor Augen (Richard Armitage als Mr. Thornton und Daniela Danby-Ashe als Margaret Hale). Die passen auch zu den Beschreibungen im Buch.

    Das geht mir genauso.


    Soweit ich mich erinnere, ist der Film sehr nah am Buch. Wenn auch das Buch viel ausführlicher ist und mich dadurch einzelne Szenen noch stärker berühren.