'Frauen und Töchter' - Seiten 001 - 078

  • Jetzt habe ich doch pünktlich begonnen. :-) Und, wie so üblich, mit dem Nachwort. Das war insofern interessant, als manche gesellschaftlichen Gegensätze mir auch in dem gerade ausgelesenen „Gut Greifenau - Abendglanz“ begegnet sind, wenngleich dieses 1913/1914 in Hinterpommern spielt. Aber die englische Aristokratie scheint manchen Neuerungen aufgeschlossener gegenüber gestanden zu haben als die deutsche. Die englische gibt es noch - die deutsche nicht mehr.


    Ich bin jedenfalls gut im Buch angekommen, das erste Kapitel ist gelesen, und im Gegensatz zum letztjährigen „Tom Jones“ scheint es dieses Jahr durchaus das richtige Buch zur richtigen Zeit zu sein. Auf eine schöne Leserunde! :-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich bin gut im Buch angekommen, das erste Kapitel habe ich auch gelesen. Mir sagt es sehr zu, ich glaube auch, es ist zur richtigen Zeit . Zumindest für mich. Ich hoffe, das bleibt so.

  • Darf ich mich als Zaungast dazugesellen?


    Da ich die englische Ausgabe lese, weiß ich nicht, ob ich durchhalten werde.


    "Frauen und Töchter" ähnelt mehr als ich dachte an Jane Austens "Stolz und Vorurteil".

    Insbesondere die Einführung der Figur Mrs. Kirkpatrick erinnerte mich stark an Charlotte Lucas aus Austens Roman. Gut, dass der Ehemann verstorben ist; einen zweiten Mr. Collins benötigt wohl niemand.


    Die Gartenszene und das Übernachtungsangebot an Molly bringen nochmals Erinnerungen an "Stolz und Vorurteil" auf (die erkältete Jane übernachtet im Hause Bingley).


    Während Austens Roman im Jahr 1813 erschien, wurde Gaskells Geschichte erst ab 1864 veröffentlicht, also gut fünfzig Jahre später. Stilistisch sind in den ersten Kapiteln noch keine großen Unterschiede bemerkbar.

    Erstaunt hat mich im Vorwort die Erwähnung von Karl Marx, die nicht weniger erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass Gaskell und Marx zur gleichen Zeit in England gelebt haben.

  • Ich habe auch schon gestern angefangen und den ersten Abschnitt nun fertig gelesen.


    Bisher bin ich ziemlich begeistert. Das Buch ist, wie erhofft, ein guter Griff und trifft meinen Lesegeschmack sehr genau :freude


    Geschmunzelt habe ich zuerst über den Namen "Mrs. Goodenough" (die armeFrau!), laut gelacht habe ich bei der Erzieherin namens "Miss Eyre".


    Mir gefällt die Beschreibung der Vater-Tochter-Beziehung, einerseits ist der Arzt sicherlich vollkommen ein Mensch seiner Zeit (Molly soll um Himmels willen bloß nicht zu viel lernen), andererseits ist er ein äußerst fürsorglicher Vater, was zu der Zeit sicherlich nicht alltäglich war.

    Ganz herrlich auch die Beschreibung, wie der Vater plötzlich entdeckt, dass seine fast siebzehnjährige Tochter nun das Ziel männlicher Begehrlichkeiten wird.:lache


    Übrigens habe ich gerade einen Eintrag bei '"Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches" gemacht. Beim Abtippen ist mir erst aufgefallen, dass Frau Gaskell eine Vorliebe für lange Sätze hatte. Beim Lesen habe ich das nicht einmal bemerkt. Was dafür spricht, dass mir das Buch gut gefällt.

  • Nur ein wenig hineinlesen wollte ich in die Frauen und Töchter, denn eigentlich war ich noch mitten in einem anderen Buch.

    ... Und dann hat mich Gaskell einfach bezaubert, und ich habe die ersten drei Kapitel in einem Rutsch gelesen.


    Lange war ich auf der Suche nach Cranford - und nun scheine ich es wiedergefunden zu haben: die einfühlsame Schilderung des Lebens in diesem kleinen Hollingford finde ich wunderschön, der leichte Zuckerguss über dem Ganzen weckt in mir wieder einmal die Sehnsucht nach "damals" - obwohl ich natürlich schon lieber heute und mit den Annehmlichkeiten von heute lebe. Aber so ein kleiner Abstecher ins 19. Jahrhundert ist doch schön.


    Elizabeth Gaskell versteht es meiner Meinung nach hervorragend, weibliche Charaktere zu erschaffen und zu gestalten. Die Männer bleiben dagegen eher farblos und klischeehaft. Aber am allerschönsten sind für mich ihre Landschaftsbeschreibungen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Bei meinem ersten Blick ins Buch drängte sich mir die Frage auf, warum Elisabeth Gaskell ihren Roman mit einem "Es war einmal ..." anfängt, das auf ein Märchen hindeutet. Hat die Autorin gleich von vorneherein klarstellen wollen, dass es sich hier nur um eine ausgedachte Geschichte handelt, damit sich nur ja niemand persönlich angesprochen oder blosgestellt fühlen soll? Musste eine Schriftstellerin damals so vorsichtig sein, um ihre Ideen veröffentlichen zu können? :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Diana Wynne Jones: Howl's Moving Castle

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  • Bei meinem ersten Blick ins Buch drängte sich mir die Frage auf, warum Elisabeth Gaskell ihre Geschichte mit einem "Es war einmal ..." anfängt, das auf ein Märchen hindeutet. Hat die Autorin gleich von vorneherein klarstellen wollen, dass es sich hier nur um eine ausgedachte Geschichte handelt, damit sich nur ja niemand persönlich angesprochen oder blosgestellt fühlen soll? Musste eine Schriftstellerin damals so vorsichtig sein, um ihre Ideen veröffentlichen zu können? :gruebel

    Das glaube ich nicht. Wenn schon ein besonderer Sinn in diesem Anfangssatz sein muss, dann vielleicht der, dass in diesem Kapitel vorrangig um ein kleines Mädchen geht.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Parallelen zu Jane Austens Stolz und Vorurteil kann ich beim besten Willen nicht feststellen.


    Zeitweise ertappe ich mich dabei, zu lesen ohne den Inhalt aufzunehmen um dann wiederum andere Abschnitte amüsiert zu lesen. Ich bin noch ein wenig unschlüssig, ob mit der Roman zusagt. Weiterlesen und herausfinden, wohin die Geschichte führt.

  • Da ich bisher nur den Film gekannt habe, ist es schon interessant, die ersten Kapitel im Original zu lesen. Im Film wird nicht erklärt, wie Molly zu dieser Veranstaltung im Herrenhaus gekommen ist und warum diese überhaupt stattfindet.


    Im Film ist ein deutlich jüngeres Mädchen für diese Szene ausgewählt worden, was auch besser zu ihren Reaktionen passt als zu einem 12jährigen Mädchen (das losheult, weil sie nicht gleich zu ihrem Papa heim kann).

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  • Den Abschnitt habe ich zwar noch nicht ganz durch (am Wochenende komme ich nicht so viel zum Bücherlesen), aber ein paar Anmerkungen gehen schon.


    Scgön, daß Du dabei bist, Salonlöwin .

    Ich hatte auch überlegt, auf Englisch zu lesen (zumal ich das Buch auch in Originalsprache besitze), mich dann aber doch für die Übersetzung entschieden, weil ich das erste Quartal - entgegen meiner Gewohnheit - lesemäßig ziemlich „durchgeplant“ habe. Für die englische Fassung würde ich vermutlich zu lange brauchen. Auch macht meine deutsche Übersetzung von Andrea Ott einen ganz hervorragenden Eindruck. So ein schönes Deutsch liest man heute selten, da kommt bei mir der Wunsch nach englischem Lesen gar nicht auf.


    Etwas irritiert hat mich Dein Vergleich mit „Stolz und Vorurteil“, (SuV) denn Elizabeth Gaskell hat doch eine so ganz andere Zielrichtung als Jane Austen. SuV ist handlungsmäßig um 1800 angesiedelt, während dieser Roman um 1830 spielt. Ich habe die Stellen jetzt nicht gekennzeichnet, aber hier werden auch Dienstboten erwähnt, was bei Jane Austen extrem selten bis gar nicht vorkommt. Zumindest was die Übersetzung betrifft, bin ich der Meinung, daß Elizabeth Gaskell einen ganz anderen Stil schrieb als Jane Austen.


    Als ich das erste Mal „North And South“ las, habe ich mich etwas mit der Autorin beschäftigt. Von daher weiß ich, daß sie die Verhältnisse auch und vor allem der „kleinen Leute“ in Manchester, wo sie lebte, recht gut kannte, auch die Not und das Elend der Menschen. Insofern scheint mir die Erwähnung von Karl Marx im Vorwort Deiner Ausgabe nicht ganz unlogisch, wenngleich ich natürlich nicht den Zusammenhang kenne. In meiner englischen Ausgabe gibt es ein Vorwort des Senior Lecturer der University of Westminster, vielleicht sollte ich das doch erst noch lesen?


    Generell ist mir hier ein Gegensatz zum gerade ausgelesenen „Greifenau - Abendglanz“ (handelt 1913/1914) aufgefallen: eine der Figuren dort - Katharina - ist ähnlich alt wie hier Molly zu Beginn. Nur das Katharina fast schon wie eine Erwachsene denkt und handelt, Molly hier jedoch noch ganz Kind ist.


    Insgesamt gefällt mir das Buch bisher sehr gut. Bisher (bin im 4. Kapitel) erscheint es mir noch wie eine Ouvertüre: die Autorin stellt das Personal vor und richtet die „Bühne“ ein. Ich bin gespannt, wo das hinführen wird.




    Geschmunzelt habe ich zuerst über den Namen "Mrs. Goodenough" (die armeFrau!), laut gelacht habe ich bei der Erzieherin namens "Miss Eyre".

    :write :grin



    Bei meinem ersten Blick ins Buch drängte sich mir die Frage auf, warum Elisabeth Gaskell ihren Roman mit einem "Es war einmal ..." anfängt, das auf ein Märchen hindeutet. Hat die Autorin gleich von vorneherein klarstellen wollen, dass es sich hier nur um eine ausgedachte Geschichte handelt, damit sich nur ja niemand persönlich angesprochen oder blosgestellt fühlen soll? Musste eine Schriftstellerin damals so vorsichtig sein, um ihre Ideen veröffentlichen zu können? :gruebel

    Hm, so habe ich das eigentlich nicht verstanden. Lt. dem Nachwort meiner Ausgabe ist der Beginn der Handlung zur Zeit der Kindheit der Autorin angesiedelt, und es tauchen wohl auch autobiographische Elemente auf. Das ist ja Gaskells letzter Roman, vorsichtig mußte sie mE zu dem Zeitpunkt nicht mehr sein, weil sie eine anerkannte Autorin war.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo SiCollier,


    ich denke, dass wir das gleiche Original besitzen.

    Da ich für das Original länger benötige und unter keinem Zeitdruck stehe, nehme ich mir die Zeit, die ich brauche.


    Da einige Teilnehmer bereits Längen einzelner Sätze erwähnten, kann ich die Leser verstehen, die nicht ins Buch reinkommen. Gaskells Stil ist weniger anstrengend als ermüdend, wenn sie ausschweifend und detailverliebt erzählt.


    Bemerkenswert ist der Tatsache, dass Gaskell bereits im 4.Kapiel ihre Zurückhaltung ablegt, als es um Mollys Bildung geht. Der Vater hält das Lesen gerade für das Nötigste, tatsächlich lernt Molly Lesen und Schreiben.

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    Zeitweise ertappe ich mich dabei, zu lesen ohne den Inhalt aufzunehmen um dann wiederum andere Abschnitte amüsiert zu lesen. Ich bin noch ein wenig unschlüssig, ob mit der Roman zusagt. Weiterlesen und herausfinden, wohin die Geschichte führt.

    So geht es mir seit dem 2. Kapitel auch. Die langen Sätze empfinde ich zum Teil recht anstrengend und die ausschweifende Erzählart läßt mich oft abschweifen. So ertappe ich mich dabei zu lesen, ohne zu wissen was ich gelesen habe. Dann nochmal lesen.

    Daher passiert in meinen Augen nicht viel in den 5 Kapiteln.

    Zum Glück kenne ich das von "Norden und Süden", daher werde ich dran bleiben.


    Allerdings werde ich für das Buch wohl auch länger brauchen, denn meine erste Euphorie hat einen ordentlichen Dämpfer bekommen.

  • Ich finde es hoch interessant über das Umfeld des Doktors und Mollys Herkunft und Erziehung zu lesen. Ich habe kein Problem mit dem englischen Text der Leseprobe (nur zwei, drei Worte pro Kapitel habe ich bisher im Wörterbuch nachgeschlagen).


    Seltsam wie peinlich die tieferen Gefühle, die der Doktor zu seiner verstorbenen Frau und dann zu seinem einzigen Kind hat, von ihm verborgen oder nahezu verleugnet werden. Glaubt er, es würde seinem Ansehen als Arzt schaden, wenn er sie zugibt? :gruebel


    Geschmunzelt habe ich zuerst über den Namen "Mrs. Goodenough" (die armeFrau!), laut gelacht habe ich bei der Erzieherin namens "Miss Eyre".

    :wave Witzig finde ich auch den Namen Cuxhaven, weil ich da einen persönlichen Bezug zur deutschen Stadt habe. :)

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    :lesend Diana Wynne Jones: Howl's Moving Castle

  • Kapitel 4 und 5 haben meinen ersten Eindruck bestätigt: schwache Männer, starke Frauen.

    Dr Gibson ist zwar teilweise sympathisch, aber ziemlich schwach und feige. Feige "rächt" er sich an dem von ihm abhängigen Schwächling Coxe, dessen einzige Schuld darin besteht, Molly aus der Ferne anzuschwärmen. Und ausbaden darf es Molly. Er drückt sich feige darum, Molly rechtzeitig zu informieren, dass diese weggeschickt wird. Seltsame Vaterliebe...


    Und die Sprache finde ich schön. Sie passt perfekt zum Inhalt.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Es ist immer wieder für mich erstaunlich, welche unterschiedlichen Assoziationen, Empfindungen und Beobachtungen in jedem von uns geweckt werden, obwohl wir dasselbe Buch lesen. Ich finde es spannend, durch die jeweilige "Brille", mit der Ihr das Buch lest, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick zu sehen.


    So war meine erste Reaktion des Vergleichs mit Stolz und Vorurteil von Dir, Salonlöwin, (nebenbei ein spitzer Nickname) Unverständnis. Dabei hattest Du ja geschrieben, dass es Dich mehr an SuV erinnert, als Du dachtest. Das setzt eine Erwartungshaltung von Dir voraus.


    Die "Brille", die ich dagegen anhabe, achtet auf die Wiedererkennung und den Vergleich mit der Verfilmung. Ich habe mir den Film bewusst nicht mehr angeschaut, nachdem ich mir das Buch vor einem Jahr gekauft habe. Und auch davor habe ich den Film schon länger nicht mehr gesehen. So interessierte mich bei der Einführung von Mrs. Kirkpatrick, ob mir die Dame im Buch genauso unsympathisch wie im Film ist. Ich finde, ihr Charakter wird durch die wenigen Begebenheiten (Der Verzehr von Mollys Essen, ohne dies später richtigzustellen; das Nichteinhalten ihres Versprechens, Molly zu wecken; und schließlich das Vorführen derselben in der Gesellschaft.) sehr deutlich gezeichnet. Dass Molly mit zwölf Jahren überaus kindlich reagiert, worauf Du, Tante Li, uns hingewiesen hast, war mir völlig entgangen. Ich hatte das junge Kind im Film in Erinnerung.


    Dabei ist es wirklich erstaunlich, dass ein zwölfjähriges Mädchen, das zudem im Alter von drei Jahren seine Mutter verlor, sich so kindlich verhält. Es zeigt, wie behütet Molly unter der Aufsicht von Miss Eyre :grin (gleiche Assoziation) aufgewachsen ist.


    Seltsam wie peinlich die tieferen Gefühle, die der Doktor zu seiner verstorbenen Frau und dann zu seinem einzigen Kind hat, von ihm verborgen oder nahezu verleugnet werden. Glaubt er, es würde seinem Ansehen als Arzt schaden, wenn er sie zugibt? :gruebel


    Ich denke, Tante Li, das zu verstehen, sind wir von dieser Zeit zu weit entfernt. Ein Vater sollte seine Gefühle offenbaren? Für einen Gentleman jener Tage wohl eine kuriose Vorstellung.

    Das gleiche gilt für die Brisanz, ein junges Mädchen in einem Haus mit zwei ledigen jungen Männern ohne eine greifbare Anstandsdame zu haben. Auch dieser in der Gesellschaft jener Zeit untragbare Zustand ist für uns heute schwer nachzuvollziehen.



    Köstlich fand ich die Beschreibung, wie die Gäste nacheinander mit einer Kutsche abgeholt werden! Ja, besitzt die Familie Cumnor denn nur eine Kutsche? :chen Wie beruhigend, dass zur Heimfahrt des Besuches doch mehrere Kutschen gleichzeitig ausschwärmen konnten.


    :lacht Gelacht habe ich bei:


    "... daß man ihn [Mr. Gibson] damals, ehe das Muskulöse im Christentum Mode wurde, als «sehr elegante Erscheinung» beschreiben konnte," (Ott, S.38)


    "... Lesen und Schreiben ... verwässert nur den Mutterwitz." (Ott, S.43)


    Mr. Hamley nach seiner Hochzeit zu sagen pflegte: "... er habe nun aus dem Häuserhaufen namens London alles rausgeholt, was der Rede wert sei;" (Ott, S.54)

  • Auf Molly und ihr Alter würde ich gern nochmal eingehen.

    Ihre Reaktion und ihre Entschuldigung als sie schlafend im Garten aufgefunden wird, hinterlassen einen sehr erwachsenen Eindruck.

    Vielleicht wirkt auch die Sprache völlig anders als in der Übersetzung und ich bin mir noch nicht sicher, ob es eine gute Idee war, den Roman im Original zu lesen.

  • Kapitel 4 und 5 haben meinen ersten Eindruck bestätigt: schwache Männer, starke Frauen.

    Dr Gibson ist zwar teilweise sympathisch, aber ziemlich schwach und feige. Feige "rächt" er sich an dem von ihm abhängigen Schwächling Coxe, dessen einzige Schuld darin besteht, Molly aus der Ferne anzuschwärmen. Und ausbaden darf es Molly. Er drückt sich feige darum, Molly rechtzeitig zu informieren, dass diese weggeschickt wird. Seltsame Vaterliebe...


    Und die Sprache finde ich schön. Sie passt perfekt zum Inhalt.

    An Rache habe ich dabei gar nicht gedacht - eher an Sorge um seine Tochter, die noch zu kindlich für romantische Verwirrungen gesehen wird - oder auch Egoismus, weil Dr. Gibson seine Tochter nicht als kleines Mädchen, für das er die wichtigste Person ist, verlieren will.

    Coxe kommt auf keinen Fall als Schwiegersohn in Frage. Seine Schwärmerei wird nicht ernst genommen. Sein Lehrherr möchte klar stellen, dass seine Tochter nicht für pubertäre Experimente zur Verfügung steht.


    Dass er ihr nicht verraten will, warum er sie so überstürzt wegschickt, hängt damit zusammen, dass er sie erst gar nicht auf die Idee kommen lassen will, dass es da einen jungen Mann gibt, der sich für sie romantisch interessiert. Das könnte ja ähnliche Gefühle in ihr hervorrufen oder sie in Peinlichkeiten verwickeln.

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