'Bella Ciao' - Seiten 317 - 381

  • Ich war auch zunächst enttäuscht, dass Anita ihre Rache nicht ausleben konnte. Dann habe ich es mir so erklärt, dass sie erkannt hat, dass dieser Wurm Risso es nicht Wert ist, dass sie zur Mörderin wird. Ich hätte das aber nicht Mitleid genannt. Vielleicht war ja der versteifte "Wurmfortsatz" ein Hinweis darauf. Der Typ war ja gefährlicher Psychopath (was man an der völlig überzogenen Grausamkeit bei Nicos Vernichtung erkennen konnte) - so einer geilt sich an der Katastrophe, die so viele Menschenleben gekostet hat, glaubhaft auf und fängt das Winseln an, wenn er sich selber ernsthaft bedroht sieht. Das passte für mich schon zum Charakter.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Mir hat Adelmo, der Sohn von Risso gefallen, auch wie er mit Adelaide umgeht nach ihrer Heirat oder wie er sie einfach nur in Ruhe lässt, leben lässt, damit sie sich entfaltet.

    Und sie entfaltet sich vom verwöhnen Marchesetöchterlein zur bodenständigen, schlauen Frau, die verwaltet, hilft, sich menschlich verhält.

    Nach Rissos Meinung, ist Adelmo ein Weichei - mir scheint er als asexuelles Wesen, das die Natur liebt und sich außerhalb der damals üblichen Männerwelt bewegt.

    Mir hat es sehr gefallen, dass sich Rissos Hoffnungen, die er sich von dieser Verbindung versprochen hat, nicht erfüllt haben.

    Adelaide wird immer interessanter. Selbstbewusstsein hatte sie ja schon. Jetzt zeigt sich, was sie mit ihren Fähigkeiten alles bewegen kann. Endlich mal eine Frau, die in diesem Roman ihre Handlung bestimmt und nicht nur von den Umständen und Schicksalsschlägen getrieben wird.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Tante Li ()

  • @Sayia du hast Recht, mit dem Pilcher Vergleich, irgendwie fügt sich alles so passend.

    Mit einem Pilcher-Roman würde ich das Ganze hier nicht vergleichen. Dafür wird hier zu viel gestorben und das Leid der ärmlichen Bevölkerung beleuchtet. Dazu noch die schwerwiegende Historie der Kriege und echte Katastrophe der Sturzflut.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Mit einem Pilcher-Roman würde ich das Ganze hier nicht vergleichen. Dafür wird hier zu viel gestorben und das Leid der ärmlichen Bevölkerung beleuchtet. Dazu noch die schwerwiegende Historie der Kriege und echte Katastrophe der Sturzflut.

    Ich sprach ja auch von "Pichelsteiner Eintopf" und der entsprechenden Sonntagabendunterhaltung. Das wertet dann auch für mich die Beschreibung von Leid und Krieg bei mir nicht auf. Denn das haben diese Themen nicht verdient.

  • Irgendwie hätte man aus den ganzen einzelnen Handlungsfäden ganz gut jeweils ein eigenes Buch machen können ... Adelmo wirkt ein bisschen zu konstruiert, die ganze Zeit spielt er keine Rolle, und dann erweist er sich als Glücksgriff unter den Ehemännern ...

    Anita hat in Michael offenbar Pietro erkannt (warum wundert mich das nicht ...), und mir ist immer noch nicht klar, was Giulia eigentlich in Italien sucht. Wenn ihre Ehe mit Libero so glücklich war, hätte sie dann nicht schon lange ihren Frieden mit Anitas und Pietros Verhalten schließen müssen?

    Dass Michael jetzt auf einmal wissen will, woher seine Mutter stammt, kommt etwas überraschend, bisher hatte ich auch den Eindruck, dass es ihm eigentlich um Geschäftliches geht.

    Mal sehen, was der letzte Abschnitt bringt.

  • was Giulia eigentlich in Italien sucht. Wenn ihre Ehe mit Libero so glücklich war, hätte sie dann nicht schon lange ihren Frieden mit Anitas und Pietros Verhalten schließen müssen?

    Ich glaube nicht, dass es nur noch um deren Verhalten geht. Verziehen hat sie ihnen innerlich bestimmt schon lange. Ich denke, sie will sie nochmal wiedersehen, klären, was zu klären ist und für sich abschließen. Aber wenn Michael sie nicht zu dieser Reise gedrängt hätte, dann hätte sie es wohl auch dabei belassen. Ich Drang oder auch Bedürfnis wird nicht glaubhaft im Roman, leider.

    Insgesamt liegen ihre Probleme da wohl eher in den unverarbeiteten Schulden ihrer Familie, dem Verhältnis zur Mutter, ihrer familiären Bindung zu Anita, Pietro und Familie, wo sie sich mehr wiederfand und zu Hause fühlte. Vielleicht fühlt sie sich auch schuldig.


    Dass Michael jetzt auf einmal wissen will, woher seine Mutter stammt, kommt etwas überraschend, bisher hatte ich auch den Eindruck, dass es ihm eigentlich um Geschäftliches geht.

    Ja, den Eindruck hatte ich auch. Dass er nie fragte, um seine Eltern nicht zu verletzen, finde ich nicht glaubhaft. Auf so etwas nehmen Kinder keine Rücksicht, wenn sie etwas wissen wollen.

  • Auch ich habe diesen Abschnitt nun fertig.


    Giulia steht vor den Trümmern des verbrannten Hofes der Leons und somit auch vor "den Trümmern ihrer Vergangenheit". Diese Familie hat sie als ihr "Zuhause" identifiziert. Sie wollte bestimmt noch mit ihrer Vergangenheit abschließen - denn sie ist krank. Was genau sie hat können wir nur vermuten.


    Wer mir in diesem Abschnitt auch sehr gut gefallen hat war Adelmo. Er weiß, wie er mit Adelaide umgehen muss, damit sie sich richtig "entfalten" kann.


    Ich mache mich nun an den Rest des 4. Leseabschnittes, den ich schon begonnen habe.

  • Ich bin mir gar nicht so sicher, ob sie das wirklich wollte. Sie wollte ja nicht einmal reisen, hat man den Eindruck.:gruebel

    Ja, mir geht es genauso. Außerdem ist sie generell sehr zögerlich, selbst als sie schließlich in Borgo di Dentro ist. Sie zögert, ihre alte Wohnung aufzusuchen, sie hält sich zurück, als sie eine Frau sieht, die sie an Anita erinnert ... was die eigene Vergangenheit angeht, scheint sie sehr zerrissen zu sein.