'Bella Ciao' - Seiten 001 - 161

  • Ich wollte mich kurz melden. Ich bin immer noch erst im 2. Kapitel und komme nicht wirklich vorwärts.

    Mich nerven zum einen diese ausufernden Beschreibungen und zum anderen, dass die Autorin nie wirklich an einem Ort, in einer Zeit bleiben kann. Dieses Hin- und Hergespringe hat ein bisschen was "ADHS-haftes".

    Das verleitet mich zum oberflächlichen Lesen und das möchte ich eigentlich nicht.

    Gefallen hat mir das beschriebene Gefühl, wie klein einem die Orte der Kindheit erscheinen an die man zurückkehrt, wenn man woanders lebt.

    Interessant finde ich auch die politische Auseinandersetzung der Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Geschichte des Liedes "Bella Ciao" ist mir bekannt und war der Grund, warum ich auf dieses Buch aufmerksam geworden bin. Ich hoffe, es kommt diesbezüglich noch mehr.

  • Ich glaube nicht, dass es sich bei Giulia um einen Einzelfall handelte. Unter den Millionen, die sich nach Amerika aufmachten, gab es bestimmt genügend (alleinreisende) junge Mädchen. Solange sie ausreichend Geld besaßen, wurden keine Fragen gestellt. Warum auch?

    Da kannst du Recht haben. Ich habe keine Ahnung, wie groß die Ströme wirklich waren. und wie ich auch schon sagte: das Geld zu nehmen und reichlich davon war einfach.

  • Mich nerven zum einen diese ausufernden Beschreibungen und zum anderen, dass die Autorin nie wirklich an einem Ort, in einer Zeit bleiben kann. Dieses Hin- und Hergespringe hat ein bisschen was "ADHS-haftes".

    Das verleitet mich zum oberflächlichen Lesen und das möchte ich eigentlich nicht.

    Mir ging es ähnlich, aber ich habe mich eingelesen. Lies noch ein paar Kapitel, wird vielleicht noch!:knuddel1


    Gefallen hat mir das beschriebene Gefühl, wie klein einem die Orte der Kindheit erscheinen an die man zurückkehrt, wenn man woanders lebt.

    So etwas kenne ich auch.:)

    Dieses etwas unwirkliche Gefühl hat die Autorin gut beschrieben.


    Interessant finde ich auch die politische Auseinandersetzung der Arbeiter und Arbeiterinnen.

    Davon kommt noch mehr, also doch weiterlesen!

  • Mir ging es ähnlich. Den Anfang habe ich zweimal lesen müssen, um richtig in das Buch reinzufinden. Ich habe jetzt das erste Kapitel gelesen und habe mich mit dem Schreibstil angefreundet.


    Wie findet ihr den Schreibstil?


    Ich habe nun die ersten 30 Seiten gelesen und finde es ziemlich anspruchsvoll. Diese lyrische Sprache klingt zwar wunderschön aber es erfordert einige Konzentration, um daraus die für die Handlung wichtigen Aspekte heraus zu filtern. Vom Stil erinnert es mich an den Roman Schilf im Wind von der Nobelpreisträgerin Grazia Deledda, den ich mir vor vielen Jahren für meine Sardinienreise angeschafft aber leider nie beendet habe.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Diese lyrische Sprache klingt zwar wunderschön aber es erfordert einige Konzentration, um daraus die für die Handlung wichtigen Aspekte heraus zu filtern.

    Anspruchsvoll zu lesen ist ja gut, aber mir sprang die Autorin zu viel hin und her, mitten im Kapitel im nächsten Absatz und nicht immer für mich auf den Sinn und die Notwendigkeit bezogen nachvollziehbar.

  • Anspruchsvoll zu lesen ist ja gut, aber mir sprang die Autorin zu viel hin und her, mitten im Kapitel im nächsten Absatz und nicht immer für mich auf den Sinn und die Notwendigkeit bezogen nachvollziehbar.

    :write
    Ich empfinde die Sprache auch nicht als lyrisch oder besonders. Sie beschreibt eben gerne und ausführlich Gegenstände, Kleidung, die Umgebung usw.

  • :write
    Ich empfinde die Sprache auch nicht als lyrisch oder besonders. Sie beschreibt eben gerne und ausführlich Gegenstände, Kleidung, die Umgebung usw.

    Das mag ich eigentlich gerne. Die Handlungszeit und die Lebensumstände kommen mir dabei näher, wenn sie vor meiner Geburt liegen.

  • Das mag ich eigentlich gerne. Die Handlungszeit und die Lebensumstände kommen mir dabei näher, wenn sie vor meiner Geburt liegen.

    Das funktioniert hier bei diesem Buch aber bei mir nicht unbedingt.

    Ich bin jetzt mit dem ersten Abschnitt fertig und weiß nicht so wirklich, was ich dazu schreiben soll. Der schon weiter oben von mir kritisierte Stil ist verantwortlich dafür, dass ich noch nicht weiß, was ich mit dem Buch bzw. der Geschichte anfangen soll. Ich versuche mal ein wenig meine Gedanken zu ordnen:

    Guilia finde ich sehr unnahbar. Ich frage mich, ob das Absicht ist, um zu zeigen, dass Menschen eben so werden können, wenn sie von lieblosen Müttern aufgezogen werden.
    Sie hat viel Glück gehabt. Den meisten jungen Auswanderinnen dürfte es nicht so gut ergangen sein. Gefallen hat mir ihre Konversation mit der Freiheitsstatue. Ihre hier geäußerte Einstellung zum Leben und zum Glück passt sehr gut zu der Figur und wie sie angelegt ist.
    Ein bisschen schmunzeln musste ich über ihre Vergleiche zu Scarlett O'Hara. Zum einen deshalb, weil sie sich selbst ein wenig in der Figur wieder erkennt, zum anderen wegen dem Verbundenheit, die sie zum Buch und der Figur fühlt. Letzteres dürften wir alle kennen.
    So unnahbar wie sie auf den ersten Blick scheint, ist sie beim näheren Hinsehen nämlich nicht. Sie ist eine starke Frau, hat viel erreicht und kämpft jetzt mit Erinnerungen und Ängsten am Ort ihrer Kindheit. Das wiederum finde ich von der Autorin sehr authentisch erzählt.

    Wirklich berührt hat mich die Erzählung von Pietro und dem Krieg. Hierzu passt die distanzierte und auf Beschreibungen ausgelegte Erzählweise der Autorin sehr gut. Seine Sprachlosigkeit, sein Sehnen nach seinen Lieben, ging mir beim Lesen wirklich nah.

  • Das frage ich mich auch die ganze Zeit. Eine konkrete Antwort gibt der Roman bisher nicht. Mehrfach wird davon gesprochen, "eine Rechnung zu begleichen", aber im Dorf angekommen, handelt Giulia überhaupt nicht danach, irrt eher ziellos umher und verkriecht sich dann im Hotel. Eine Ähnlichkeit zu Claire Zachanassian kann ich keine erkennen.

    Ich habe eher das Gefühl, dass sie nach Italien gereist ist, um allen zu zeigen, das aus ihr etwas und was aus ihr geworden ist. Das passt zu der von ihr verehrten Figur der Scarlett O'Hara.
    Diese Arroganz wird dann vor Ort von Ängsten und Erinnerungen überlagert bzw. eingeholt.
    Ich habe auch nicht das Gefühl, dass sie als ältere Frau mit Anitas und Pietros Glück hadert. Im Gegenteil denke ich, dass sie froh ist, wie es gekommen ist. Sie hat ihren Mann ja nicht geheiratet, weil sie es musste oder um Pietro zu ersetzen. Sie hat Libero wirklich geliebt. Vorwärts, immer vorwärts das ist ihr Verständnis von Glück. Stehen bleiben und ausharren passt nicht zu ihr. Deshalb passt sie auch so gut ins Amerika der damaligen Zeit.

  • Ziemlich gut gelungen finde ich die den ersten Teil abschließende Beschreibung von Pietros Kriegserlebnissen, brutal und realistisch, wenn auch ziemlich knapp. Ein gelungenes Motiv ist Molinaris "Tanz" zwischen den Schützengräben (S. 142/43), der stellvertretend für den allgemeinen Wahnsinn des Krieges steht, ebenso eindrücklich wie Pietros beinahe nebensächlich erwähnter Tod durch das Gas und den so brachialen wie anachronistischen Morgenstern. Irritierend fand ich hingegen, dass Pietro plötzlich anfängt, seiner Frau Gedichte zu schreiben. Sorry, aber so romantisch es auch scheint - das nehme ich der Autorin nicht ab. Ein ungebildeter Spinner und bauern, aufgewachsen unter Illiteraten, soll plötzlich seine Neigung zur Lyrik entdecken. Nee, nichts als Wunschdenken, total unrealistisch.

    Die Beschreibung der Kriegserlebnisse habe ich genauso empfunden. Das Kapitel finde ich richtig gut.

    Die Gedichte habe ich allerdings nicht als Versuch aufgefasst, romantisch sein zu wollen. Im Gegenteil, ist das für mich der Ausdruck der Sprachlosigkeit, der Ermüdung, des Entsetzens, die ihn befallen haben. Er kann seiner Frau die Gefühle nicht schildern, selbst dann nicht, als er eine Vorlage bekommt, die alles enthält, was er ausdrücken möchte. Er müsste es nur abschreiben. Dazu ist er aber nicht in der Lage, weil er ihnen nicht schildern möchte, was tatsächlich um ihn herum passiert und in ihm vorgeht (ich denke, dass haben viele Soldaten auch so gehandhabt). Und er kann die Gefühle, die damit verbunden sind, auch nicht zulassen. Stattdessen schreibt er ein Gedicht aus seiner Erinnerung auf, das sein Kommandant, der sicherlich gebildeter war, auch noch verbessern muss.

  • Spröde kommt mir diese Art der Erzählung auch vor. So karg wie das Leben dieser armen Leute, die ihr Schicksal eher gottgegeben hinnehmen. Sie müssen erst von den Sozialisten zum Streik aufgestachelt werden, obwohl sie wie Anita und Giulia ganz gute Vorstellungen von einem gerechten Lohn haben.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ich habe jetzt das erste Kapitel beendet. Spannend fand ich, wie und wann Giulia endlich den Betrug bemerken wird. Ziemlich schäbig von ihren beiden besten Freunden, dass sie ihr nicht die Wahrheit gesagt haben.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ich habe jetzt das erste Kapitel beendet. Spannend fand ich, wie und wann Giulia endlich den Betrug bemerken wird. Ziemlich schäbig von ihren beiden besten Freunden, dass sie ihr nicht die Wahrheit gesagt haben.

    Ich kann die beiden verstehen. Die drei sind jung, noch keine 20 und das passiert eben manchmal auch im echten Leben. Und ob sie ihr die Wahrheit nicht doch bald gesagt hätten, wissen wir ja nicht. Dazu hatten sie ja keine Chance mehr.

  • Sie waren ja schon seit mehreren Wochen zusammen und haben sogar öffentlich Händchen gehalten - haben es anscheinend einfach darauf ankommen lassen, dass Giulia das sieht oder von anderen hört.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Sie waren ja schon seit mehreren Wochen zusammen und haben sogar öffentlich Händchen gehalten - haben es anscheinend einfach darauf ankommen lassen, dass Giulia das sieht oder von anderen hört.

    Na ganz so ōffentlich war das ja nicht. Sie haben sich schon sehr bedeckt gehalten und sich nur zusmmen gezeigt, wenn sie Giulia nicht in der Nähe vermuteten. Die Liebe hat sie überfallen und ich fand, dass sie recht diskret damit umgingen, sicher auch, weil sie keinen Weg sahen da rauszukommen.

  • Öffentlich genug, dass Giulia von ferne die richtigen Schlüsse ziehen konnte und keine Hoffnung mehr für ihre bevorstehende Hochzeit hatte.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust