Beiträge von Nicole Wellemin

    Ich wüsste immerhin zwei Personen, denen man dieses - wenn es den gedruckt wird- Buch zu Weihnachten schenken könnte. Selber kaufen würde ich es dann doch nicht. Bisher haben es ganze zwei Bücher auf mein Handy und ins Bücherregal gleichzeitig geschafft.

    Dass du überhaupt erwägen würdest, es zu verschenken, freut mich sehr :)

    Und ich verstehe total, dass man Bücher nicht doppelt (e-Book und Print) kauft, daher verstehe ich ja die Messlatte der e-Book-Verkaüfe als Indikator, ob sich ein Print "lohnt" auch so wenig. *seufz*

    Ich bin heute fertig geworden, wer entscheidet denn bzw wieviele positive Leseeindrücke braucht denn der Verlag um das es in den Druck geht?

    Das weiß niemand so genau, und ich fürchte, es wird hauptsächlich von den reinen Verkaufszahlen entschieden - warum auch immer, weil die E-Book-Leser:innen fallen ja dann eigentlich ehr für den Kauf des Prints aus. Aber leider weiß man nie so wirklich, was bei den Verlagen so vor sich geht.

    Ich mag gerade das, was diese Geschichte in meinem Kopf wieder aus der Versenkung holt. Ich bin zwar Katholikin aber schon lange keine Kirchgängerin Testament-Leserin mehr. Das Buch veranlasst mich dazu, mal wieder über all das länger nachzudenken und auch für mich Dinge wieder ganz bewusst einzuordnen.

    So ging es mir beim Schreiben auch. Der Prozess hat mich immer wieder dazu veranlasst, noch mal über Dinge nachzudenken, die lang einfach irgendwo im Hinterkopf geschlummert haben.

    Gibt es eigentlich verlässliche Quellen aus der Zeit, die verdeutlichen, wie die generelle Haltung von Frauen zu ihrer rechtlichen Stellung so aussah? Ich frage mich bei diesem fast schon klassischen Histo-Setting - junge Frau rebelliert gegen gesellschaftliche Rolle - immer mal wieder, wieviel da von unserer heutigen Sicht der Dinge drüber liegt. Die eine oder andere wird es schon kritisch gesehen haben, aber hier ist es jede Frau, das bringt mich zum Grübeln.

    In Personenverzeichnis, das KarinS hier auch schon verlinkt hat, ist gekennzeichnet, welche der Figuren historisch verbürgt und welche von uns dazu erfunden wurden.


    Sicher war Herodias’ Aufwachsen alles andere als typisch. Wenn man das auf unsere heutige Zeit übertragen wollte, müsste man sich das so vorstellen, dass sie mit Angela Merkel, Anna Wintour und Hillary Clinton unter einem Dach aufgewachsen ist.


    Antonia Minor, zu der Berenike mit ihren Kindern flieht, und in deren Haus Herodias unter anderem laut Flavius Josephus, unserer wichtigsten historischen Quelle (seine Chronik zum Judentum entstand in etwa zur selben Zeit wie die ersten Evangelien), aufgewachsen ist, gehörte zu den mächtigsten Frauen ihrer Zeit: als Schwester und Nichte von Kaisern, Mutter und Großmutter weiterer Kaiser hat sie tiefgreifenden Einfluss ausgeübt. Sie wird nicht als rebellisch, aber als moralisches, politisches und dynastisches Zent­rum dargestellt – etwa durch ihre Rolle bei der Machtvermittlung in der julisch-claudischen Dynastie und durch ihren beträchtlichen Besitz und exzentrische Lebensweise (sie hielt sich zB Moränen als Streicheltiere). Ihre Existenz und politische Rolle wird neben ihrer Erwähnung bei Flavius Josephus und Tacitus auch durch die Tatsache gestützt, dass man sogar Münzen mit ihrem Porträt fand.


    Die zweite prägende Frauenfigur in Herodias Kindheit dürfte ihre Großmutter Salome gewesen sein. Auch sie gehört zu den einflussreichsten Frauen ihrer Epoche, wie Flavius Josephus zu berichten weiß. Salome war nicht nur für ihre politische Klugheit bekannt, sondern auch für ihre Fähigkeit, Ehen als Machtinstrument einzusetzen: Sie war mehrfach verheiratet und nutzte ihre Stellung, um dynastische Allianzen zu schmieden.Dass sowohl Antonia Minor in Rom als auch Salome in Judäa über beträchtlichen Einfluss und Besitz verfügten, macht deutlich, dass Herodias in einem Umfeld von Frauen aufwuchs, die keineswegs nur „im Hintergrund“ standen, sondern reale politische Macht ausübten und als zentrale Figuren dynastischer Politik wahrgenommen wurden. Sicher haben diese Vorbilder auch Herodias Selbstbild stark mitgeprägt.

    Warum habt ihr- die wohl historisch verbürgte- Sonnenfinsternis weggelassen? Das von der Auferstehung, trotz der Rolle Mariams nicht die Rede ist, ist zwar schade, aber aus der Sicht Herodias nachvollziehbar. Sie hört Gerüchte und nimmt sie als solche wahr.

    Astronomisch gesehen, kann es keine Sonnenfinsternis bei der Kreuzigung Jesu' gegeben haben. Pessach findet immer an Vollmond statt und bei Vollmond sind Sonnenfinsternisse unmöglich, da dann der Mond auf der "falschen" Seite der Erde steht, also genau gegenüber der Sonne. In dieser Stellung kann er die Sonne nicht verdecken – im Gegenteil, er geht auf, wenn die Sonne untergeht.


    Dagegen steht die Schilderung in den Evangelien: Markus 15,33, Matthäus 27,45 und Lukas 23,44-45 berichten übereinstimmend, dass es „von der sechsten bis zur neunten Stunde“ (also ungefähr von 12 bis 15 Uhr) dunkel wurde über dem ganzen Land. Auch das ist naturwissenschaftlich gesehen nicht möglich. Der Kernschatten des Mondes, also der Bereich, in dem die Sonne wirklich ganz verdeckt ist (totale Sonnenfinsternis), ist auf der Erdoberfläche nur etwa 200 bis 300 km breit. Dieser Schatten „wandert“ über die Erdoberfläche, weil sich der Mond mit rund 1 km/sec weiterbewegt. An einem Ort dauert die totale Phase daher höchstens ein paar Minuten. Der Weltrekord liegt bei ca. siebeneinhalb Minuten.


    Beides zusammengenommen hat uns davon überzeugt, die beschriebene Verdunkelung als Mythos zu verorten. Es wäre aber spannend, welche historisch-verbürgten Quellen es zu dem Thema gibt, denn die müssten dann eigentlich darauf hinweisen, dass die Kreuzigung nicht an Pessach stattgefunden hat.

    Wie grausam diese Machtmänner doch waren! Und Sara muss dafür büßen, dass sie anderen Frauen geholfen hat.

    Julius wird so in Form gepresst. Wer sich mit den römischen Besatzern einlässt, muss früher oder später mit den Wölfen heulen. :(

    Zu dem in Form pressen, wollte ich noch was sagen. Unter all seinen Verwandten war Antipas der einzige, der kein Massaker unter den Juden angerichtet hat. Außerdem hat er sich zB auch an das jüdische Abbildungsverbot gehalten - deshalb wissen wir bis heute nicht, wie er ausgesehen hat. Es gibt keine Münzen, etc von ihm. Für mich spricht das eigentlich für einen Herrscher, der so gut es ging, versucht hat, die jüdischen Traditionen zu wahren und zu honorieren. Nur natürlich ist auch er an seine Grenzen gekommen.

    Ich finde die Idee viel schöner, dass der Jünger den Jesus liebte eine Frau war. Schaut euch doch mal auf den Abendmahldarstellungen bis in die Renaissance hinein die Johannesdarstellungen an. Bei Michelangelo z.B. Mir ist wahrscheinlicher, dass die brutale römische Tradition, die von der Kirche mehr oder weniger zunächst notgedrungen übernommen wurde vom fortschrittlichen Weltbild eines Jesus und seinem Verhältnis zu Frauen soweit abrückt, dass dieses Wissen um die Rolle der Frau bei Jesus bewusst unterdrückt wurde.

    Da geht es mir wie dir. In dem Zusammenhang finde ich auch das Verhältnis Johannes / Jesus sehr interessant. Nach allem, was wir während der Recherche gelesen haben, war Johannes ein Extremist, der die Welt in "rein/unrein" getrennt hat. Jesus selbst hat sich zwar von ihm taufen lassen, hat sich dann aber deutlich von seinen Lehren abgegrenzt. Johannes verkörpert einen apokalyptischen Bußpropheten: Strenge, Gericht, Endzeit. Jesus dagegen brachte eine vollkommen andere Tonlage ins Spiel: Tischgemeinschaft, Heilung, die unmittelbare Erfahrung von Gottes Nähe - heute würde man wahrscheinlich Inklusion dazu sagen - und da gehörten Frauen dazu. Das war keine bloße Fortsetzung, sondern eine Verschiebung der Perspektive – von „Gottes Gericht steht vor der Tür“ hin zu „Gottes Reich ist schon mitten unter euch“.


    Ich möchte das gerne so interpretieren, dass Jesus sich von Johannes trennte, weil seine Vision von Gottes Nähe eine andere war – weniger drohend, mehr heilend. Dazu passen für mich auch die "Probleme", die Herodias und Julius mit Johannes hatten.

    Der Begriff "Re-Telling" hat ja auch in den letzten Jahren so richtig an Popularität gewonnen, baut allerdings auf eine ziemlich lange Tradition auf.


    Auch wenn euch der Begriff vielleicht nicht so vertraut ist, werden die meisten von euch einige Beispiele kennen, oder zumindest die Vorläufer der aktuellen Re-Telling-Welle. Ich beschäftige mich mit dem Thema schon ziemlich lange, weil es mich immer schon total angesprochen hat.


    Ohne Anspruch auf literarurwissenschaftliche Korrektheit habe ich für mich die Entwicklung in etwa so erlebt:


    Schon Ende des 19. Jahdt. fingen einige Schrifteller:innen an, historische Frauenfiguren neu zu betrachten und in den Mittelpunkt von Romanen zu stellen. Mir fällt da als erstes z.B. "Hypatia" von Charles Kingsley ein. Der ist zwar noch stark viktorianisch geprägt und sicher weit davon entfernt feministisch zu sein, aber es ist einer der ersten (mir bekannten) Versuche, eine historische Frauenpersönlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen.


    Vor allem die 1980er/1990er brachten eine Welle Stoffe hervor – inspiriert durch Feminismus, Esoterik und die Rückbesinnung auf „weibliche Spiritualität“ in Sagen und Märchen, die man heute sicher schon als Re-Telling einstufen könnte.


    In den 1980er Jahren war z.B. Marion Zimmer Bradley einer der Vorreiterinnen darin, bekannte Mythen aus feministischer Sicht neu zu erzählen. In "Die Nebel von Avalon" erzählt sie zB die Artussage aus der Sicht von Morgaine.


    Ende der 1990er/Anfang der 2000er haben diesen Trend dann einige Autorinnen aufgegriffen und haben keltische Mythen und Märchen zum Ausgangspunkt ihrer feministisch geprägten Neuerzählungen genommen. Ich habe zB damals die Sevenwaters-Bücher von Juliet Marillier (zB "Die Tochter der Wälder", das das Märchen "Die sieben Schwäne" in einem keltischen Setting nacherzählt) geradezu verschlungen.


    "Das Lied des Archill" von Madeleine Miller und später ihr Roman "Ich bin Circe", der 2018 rauskam, hat dann eine neue, riesige Re-Telling-Welle ausgelöst. Jennifer Saint mit ihren Neuinterpretationen der Geschichten von "Elektra" und "Ariadne" zB, oder die Troja-Neiinterpreatationen von Natalie Haynes (Die Heldinnen von Troja) oder Pat Baker mit "Die Stille der Frauen", in dem sie Briseis eine eigene Stimme verleiht.


    Dieser erzählerischen Tradition wollten wir uns mit "Ich bin Herodias" anschließen, nur eben mit einer Frauenfigur aus der Bibel.

    Ich bin auch schon ganz gefangen genommen von der Geschichte. Wobei es mir irgendwie schwerfällt, den historischen Roman darin zu sehen - für mich liest sich das mehr wie ein Liebesroman. Ich weiß nicht woran das liegt. Vielleicht, weil ich mit "Die Dolmetscherin" zuletzt ein Buch gelesen habe, das sehr nah am Zeitgeschehen geschrieben war, und ich nun in eine Zeit eintauche, die für mich nicht ganz so "wirklich" ist.


    Nichtsdestotrotz finde ich Herodias' Geschichte sehr interessant und folge ihr gerne Manches Mal liest es sich wie ein Märchen (z.B. in der Szene, wo sie die Wache überzeugt dafür bezahlt, eine Botschaft vom barfüßigen Mädchen zu überbringen und sofort eingelassen wird). Und eigentlich ist es ja auch ein bisschen so: Die Flucht vom gewalttätigen Ehemann zu einem wahren "Prinzen" - das ist schon märchenhaft. Und ganz offensichtlich bleiben sie ja auch ihr Leben lang zusammen.

    Es freut mich sehr zu lesen, dass du in die Geschichte eintauchen kannst :) und voll spannend, dass du den Eindruck hast, dich nicht in einem einem klassischen historischen Roman zu befinden. Damit liegst du nämlich total richtig. "Ich bin Herodias" ist nämlich auch kein historischer Roman im klassischen Sinn, sondern ein Re-Telling.


    Ein historischer Roman versteht sich in der Regel so: Er versucht, eine historische Epoche möglichst realistisch nachzuzeichnen. Das bedeutet, er orientiert sich eng an belegbaren Fakten, historischer Atmosphäre, Gesellschaftsstrukturen, Sprache und Lebenswelt. Selbst wenn die Hauptfigur fiktiv ist, soll das Ganze so wirken, als könne es genau so passiert sein. Das ist das, was KarinS in der Vergangenheit auch schon so oft erfolgreich in ihren Büchern gemacht hat.


    Ein Re-Telling dagegen nimmt einen historischen Stoff, eine bekannte Figur oder auch einen Mythos und erzählt ihn neu – oft mit einem ungewohnten Fokus oder in einem anderen Kontext. Es geht nicht in erster Linie um detailgetreue Geschichtsdarstellung, sondern um Interpretation, Neuakzentuierung und das Herausarbeiten zeitloser Themen. Da Re-Tellings sich oft auf Mythen beziehen, ist dieses leicht Märchenhafte, das du herausliest, also ganz typisch.


    Als Konsumen:in können einem diese ganzen Genre- und Subgenrekonventionen im Grunde ja egal sein. So lange das Buch einem Spaß macht, ist alle im grünen Bereich ;-) Aber hier sieht man mal schön, dass es eben doch mehr ist, als Marketing-Geschwätz, sondern dass diese Unterschiede eben doch auch fühlbar beim Lesen sind.

    Wie schön, dass die Geschichte berühren kann.

    ich überlege immer mal wieder, wer wohl welchen Abschnitt geschrieben hat. :-)

    Selbst wenn wir wollten, könnten wir diese Frage gar nicht so wirklich beantworten. Es hat zwar immer abwechselnd eine von uns die "Rohfassung" einer Szene übernommen, aber dann haben wir die Szenen immer gegenseitig überarbeitet / ergänzt / gekürzt, bis wir eine Version hatten, die uns beide überzeugt hat. Dazu kamen zahlreiche Telefonate und Gespräche, weil jede von uns ihre speziellen "Steckenpferde" hat - Karin hatte ein sehr genaues Auge auf historische Genauigkeit, wo ich wohl öfter mal gesagt hätte 'aber das ist doch ein Romaaaannn' und hat mich immer wieder total damit verblüfft, wie sie bei diesen Familienverhältnissen und politischen Umständen den Überblick bewahren konnte, während ich mich der Geschichte eher aus einem narratologischen, erzähltheroretischem Standpunkt aus genähert habe. Wenn Karin also gesagt hat, 'das muss aber / darf nicht passieren, weil es historisch (höchstwahrscheinlich) so (nicht) war', habe ich gesagt, 'aber es muss für die Geschichte an dieser Stelle auch Sinn ergeben, wenn es historisch nicht so gewesen wäre'.


    Diese unterschiedlichen Herangehensweisen hat ein total interessantes Spannungsfeld ergeben, weil es, glaube ich, uns beiden die Möglichkeit gegeben hat, mal über den Tellerrand zu schauen und uns gezwungen hat, die eigene Erzählweise auf den Prüfstand zu stellen und mal darüber hinauszublicken. Das ist auch, was ich anfangs meinte, mit "the best of two worlds" :)

    Ach, wir haben zuerst ewig versucht, irgendwas mit unseren Namen zu machen, aber weder Wellmayer noch Seemin konnte uns so recht überzeugen. Auch das "Wasser", "Welle", "Meer" Thema in beiden Nachnamen hat irgendwie nicht wirklich was hergegeben. Und dann haben wir einfach nach Namen gesucht, die auf deutsch funktionieren, aber auch einen "römischen" Touch haben und so ist es dann Diana Remus geworden.

    Da Diana / Artemis ja neben ihrer Funktion als Göttin der Jagd auch noch als Beschützerin der Frauen und Mädchen gilt, erschien uns der Vorname ganz passend für die Geschichte über "unsere" Herodias.

    Ich bin ja erst im dritten Abschnitt, aber für mich sieht eure Zusammenarbeit mehr als gut gelungen aus. Daher bin ich neugierig, ob ihr weitere gemeinsame Projekte plant. :)

    Konkret geplant ist nichts. Ich bin gerade ziemlich beschäftigt mit meinem kommenden Roman für Piper und wir wollen auch ein bisschen abwarten, wie das mit dem e-book-only so läuft.


    Aber uns hat die Zusammenarbeit großen Spaß gemacht, und sollten wir mal wieder auf ein Thema stoßen, für das sich so ein Gemeinschaftsprojekt anbietet, können wir uns eine Wiederholung schon gut vorstellen.

    Insbesondere kommt nicht zum Ausdruck, welche Macht eine römische Matrone im Haushalt hatte, auch gegenüber dem Herrn des Hauses. Hier wird diese Realität verzerrt dargestellt.

    Ich finde es sehr spannend, dass du das so siehst.

    Die einzige römische Matrone, die wir im ersten Leseabschnitt zeigen, ist ja Antonia, findest du, dass wir sie als machtlos zeigen?


    Generell ist die Frage nach der Macht einer römischen Matrone bis heute umstritten. Manche Historiker:innen betonen ihre informelle Macht im Haushalt und über die Familie, andere verweisen auf die rechtliche Unmündigkeit der Frau unter der patria potestas. Mit Sicherheit lässt sich also nicht sagen, wie groß ihre tatsächlichen Handlungsspielräume waren – das bleibt Spekulation und hing sicher auch von ihrem individuellen Umfeld ab.


    Uns ging es in dem Roman hauptsächlich um die emotionale und psychologische Realität einer Frau, die sich in einer Welt behaupten muss, die von Männern bestimmt ist, und deren Geschichte wir bisher ausschließlich durch eine männliche Perspektive lesen konnten. Auch deshlab war es uns ein Anliegen, im Roman Frauen mit Macht zu zeigen – Salome oder auch Antonia sind Beispiele dafür.


    Aber selbst, wenn römische Matronen faktisch mehr Macht gehabt haben sollten, als wir es zeigen, war das nicht die Frage, die uns zu dem Roman inspiriert hat. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, den Schwerpunkt auf die persönliche Wahrheit unserer Figuren zu legen – und damit auch auf eine andere Art von „Macht“, die in den historischen Quellen kaum überliefert ist: emotionale Stärke, Loyalität, Widerstandskraft.

    Aber die Familie ist erst neun Jahre zuvor nach Rom ausgewandert (das wird am Anfang des siebten Kapitels noch mal erwähnt).

    Ooops, ja da habt ihr recht, da ist uns ein Fehler unterlaufen ;(


    Richtig sind, wie Karin ja schon ausgeführt hat, die 11 Jahre. Manche Fehler verstecken sich leider offensichtlich auch nach zigmaligem Lesen - vor allem, da dieser Roman ja auch über fast 2 Jahre hinweg entstanden ist. Natürlich hatten wir unsere Listen und alles, aber das ist uns durchgerutscht.

    Nun trifft auch Herodias dasselbe Schicksal wie ihre Schwester,

    Oft ist Fruchtbarkeit ja wirklich oft familiär bedingt. Dass Herodias trotz zweier Ehen nur eine Tochter hatte, wissen wir aus den historischen Quellen. Auch der Grund für die Verstoßung von Mariamne ist überliefert.

    Und dabei wissen wir ja heute, dass die Unfruchtbarkeit von Paaren mindestens genauso oft am Mann liegt wie an der Frau :(

    Herodias darf an dem allgemeinen Unterricht der Jungen teilnehmen aber von religiösen Unterweisungen ist sie ausgeschlossen. Trotzdem kann sie Bibelstellen zitieren - wie passt das zusammen?

    Das kann ich gerne ausführen. Natürlich wurden auch Mädchen religiös unterrichtet und kannten die Tora. Ich schätze, du beziehst dich auf diese Stelle im Buch:


    Es war ein leeres Versprechen, das wussten wir alle. Denn es gab eine Sache, über die weder meine Mutter noch Antonia sich hinwegsetzen konnten: Mariamne und ich durften zwar im Haus unterrichtet werden, aber am Studium der Gesetze beim Rabbi der jüdischen Gemeinde in Rom durften wir nicht teilnehmen.


    Damit ist der Unterricht in den Schulen der Rabbiner gemeint . Dazu ist die Unterscheidung zwischen Tora und Talmud wichtig. Die Tora ist der Ursprungstext: DIe göttliche Lehre in den Büchern Moses.

    Der Talmud baut auf der sogenannten "mündlichen" Tora auf - die es schon vor seiner ersten Verschriftlichung im 3. bis 6. Jhd n Ch. gab. Darin geht es um die Diskussion, Auslegung und Rechtsdebatten der Rabbiner zu den Gesetzen der Tora, wie sie zB Jesus mit den Pharisäern geführt hat. Von diesen Diskussionen und Interpretationen waren Mädchen ausgeschlossen.

    Kurz gesagt: Mädchen durften und sollten natürlich die Texte der Tora KENNEN, ihnen wurde jedoch vorenthalten, sie zu INTERPRETIEREN.

    Dass sich ein wissbegieriger, kluger Kopf aber natürlich trotzdem eigene Gedanken gemacht hat, wird wohl kein Gesetzestext verhindert haben können.

    Ja, sicher! Aber es gibt auch Gläubige, denen die Personen der Bibel heilig sind.


    Wie Zimööönchen schrieb: Sollte sich jemand merken, dass die Figuren in der Geschichte oder unsere Darstellung ihm oder ihr persönlich oder dem eigenen Glauben nicht guttut, kann die/derjenige jederzeit aussteigen.


    Zum Thema Wespennest: Natürlich wissen wir das. Allerdings sehe ich es nicht als Aufgabe von Schriftstellenden, es allen recht zu machen. Literatur war schon immer ein Medium, um biblische Gestalten neu zu durchdenken. Wir befinden uns da in der Tradition von großen Namen wie Dante über Thomas Mann bis hin zu zeitgenössischen Autoren. Eine neue Auseinandersetzung mit den immerhin historisch verbürgten Figuren und Ereignissen kann neue Sichtweisen eröffnen.
    Viele Menschen, ob gläubig oder kulturell an biblischen Stoffen interessiert - und da schließe ich mich persönlich ein - stellen sich die Frage, wie sie diese alten Geschichten mit ihrem heutigen Leben und allem anderen, was ihnen wichtig ist, in Einklang bringen können. Mit weiblichen Vorbildern geizt die Bibel da bedauerlicherweise: In den Evangelien werden je nach Zählung gerade einmal 10 bis 12 Frauen namentlich erwähnt. Umso spannender ist es doch, diese wenigen Frauen genauer anzuschauen und ihre Geschichten zu erzählen.


    Genau diese Gedanken haben jedenfalls dazu geführt, dass ich 2023 KarinS zum ersten Mal von der Idee zu dem Romanstoff erzählt habe.