Beiträge von Googol

    Ich finde es bemerkenswert, wie wir alle in unseren Listen von Comedians, die wir so überhaupt nicht mögen, zwei Kategorien vermischen.


    Einerseits die plumpe Unterschichtscomedy (Barth, wie es sich anhört, auch König), die komplett unpolitisch ist, dafür bewegt sie sich auf einem intellektuell zu niedrigen Level, und andererseits, je nach unserer politischen Gesinnung, dann eben entweder Böhmermann, Welke, Bosetti aus dem einen Lager oder Nuhr aus dem anderen.

    Heute 22.30 deutscher Zeit wird der Preis vergeben.


    Ich habe die Shortlist gelesen und insgesamt 9 Titel der Longlist, und mein persönliches Ranking sieht so aus:


    1. Katie Kitamura - Audition (5 von 5 Sternen)

    Ein sehr dichtes und kühles Experiment über das Performative im Leben, ohne eindeutige Auflösung und Interpretation. Wird Leser, die eine geradlinige Geschichte wollen, frustrieren, mich hat der verspielte, experimentelle Ansatz aber begeistert.


    2. Kiran Desai - The Loneliness of Sonia and Sunny (5/5)

    Fast 700 Seiten. Die Geschichte über zwei Inder, teilweise in den USA. Eine Art literarischer Liebesroman mit einem internationalen, geopolitischen Hintergrund, den ich spannend und zeitgemäß fand. Teilweise durch die Länge aber auch geradezu ausufernd in der Detailfülle und den Nebenplots. Das komplette Gegenteil zur Dichte und Kühle von Audition.

    Dann lange nichts, weil jetzt wird die Qualität eher gruselig.


    3. David Szalay - Flesh (2.5/5)

    Soll wohl ein Roman über moderne maskuline Toxizität sein und ist so umgesetzt, dass die Unfähigkeit der Hauptfigur, Emotionen auszudrücken, in einer Sprache widergespiegelt wird, die komplett ohne Beschreibung von Emotionen, Sensorik, Haptik und deskriptiven Details auskommt. So reduziert und runtergekühlt, dass es einerseits interessant, andererseits wiederum frustrierend zu lesen ist. Zudem scheint mir die Idee dieses Experiments doch recht banal umzusetzen zu sein, und ich werde das Gefühl nicht los, Juroren und Kritiker werden hier mit relativ wenig Aufwand verarscht, indem man ihnen diesen pseudo-literarischen Happen hinwirft. Trotzdem für den Versuch und die Chuzpe noch mein dritter Platz.


    4. Susan Choi - Flashlight (2.5/5)

    Das erste Kapitel hat mir gefallen, das auch so vor ein paar Jahren im New Yorker als Kurzgeschichte abgedruckt wurde. Die sprachliche Qualität nimmt dann doch über den Rest dieser koreanisch-japanisch-amerikanischen Mehrgenerationensaga deutlich ab, als hätten da die New Yorker-Lektoren gefehlt. Ist mir insgesamt viel zu konventionell erzählt. Der politische Hintergrund mag interessant sein. Wen ein Familienmysterium mit einem nordkoreanischen Setting interessiert und es nicht zu literarisch ausgearbeitet braucht, mag hier auf seine Kosten kommen.


    5. Andrew Miller - The Land in Winter (2/5)

    Langweilig. Sehr gewöhnliche Geschichte im England der 60er Jahre, wo es um die Beziehung zweier Paare geht, sonst eigentlich nichts. Sehr minutiöse Sprache (die literarisch besten zwei Seiten über die Zubereitung von Rührei, die ich je gelesen habe). Die angedeuteten Post-Weltkriegs-Traumata fand ich nicht ausgearbeitet, einfach nur da für so etwas wie minimal anspruchsvollen Hintergrund.

    6. Ben Markovits - The Rest of Our Lives (2/5)

    Midlife-Crisis als Roadtrip. Der Roman enthält nichts, was man nicht schon in x Filmen oder Büchern gesehen hat. Keine Originalität, kein Subtext, keine Sprache.


    Von den anderen drei Büchern, die es nicht auf die Shortlist schafften, waren Endling und Seascraper (Der Krabbenfischer) exzellent und hätten bei mir mit Audition um Platz 1 konkurriert.


    Mein Tipp für den Sieger wäre Flesh, aber außer The Rest of Our Lives könnte es eigentlich jeder Titel schaffen.


    One Boat war indiskutabel.

    Interessantes Buch, vor allem für die heutige Zeit. Danke für die Rezi!


    Aber Scheck hätte es natürlich nicht in die Mülltonne gekloppt. Du hast doch erst kürzlich seine Liste mit seinen Favoriten des 21. Jahrhunderts hier gepostet. Da stand das Buch doch drauf. Bei Druckfrisch kann man auch ein Interview von ihm mit der Autorin sehen.

    Scheck wird ja nicht zufällig die Bestsellerliste für seine Papiertonnen-Nummer ausgewählt haben, das ist das klassische Nach-oben-Treten, das nun einmal eine andere moralische Note hat, als würde man nach unten treten. Insofern kann ich, wie Tom, diesen Beschützerdrang hier nicht so recht verstehen, gibt es doch so viele andere Ungerechtigkeiten in der Welt.


    Ich vermute eher, dass sich in den meisten Fällen die Leser auf den Schlips getreten fühlen, nicht die Autoren selbst. Wie bereits erläutert, einen wirtschaftlichen Schaden werden sie dadurch nicht erfahren, einen psychischen sehr wahrscheinlich auch nicht.


    Nun mag Denis Scheck vielleicht einen plakativeren Stil haben, aber Literaturkritik im Allgemeinen ist wichtig. Deren Bedeutung nimmt jedoch immer mehr ab mit den niedrigeren Auflagen der Feuilletons und dem allgemeinen Trend zur besseren Inhaltsangabe statt zur kritischen Analyse von Texten, manchmal sogar zum Hofieren von Bestsellerautoren in den Feuilletons. Man sehe Caroline Wahl, die interessanterweise von ihrem Publikum härter verrissen wurde als von der insgesamt eher zahmen Literaturkritik.


    Insofern haben Denis Schecks Verrisse im Fernsehen ebenso ihren Platz verdient wie Iris Radischs Verrisse in der Presse und die Voltaires Verrisse hier auf der Büchereule.

    Unangebracht aber ist es, wenn jemand Bücher die er nicht mag verächtlicht macht und sie wie Dreck in eine Mülltonne wirft. Das ist fast schon "Literatur-Faschismus". Scheck ist nur ein Populist, mehr nicht und wird auch nichts anderes mehr werden.


    Lass ihn doch. Wir lassen dich doch auch ;)

    Willkürliches Zitat von dir aus einer Rezi: „Seine Lebenszeit kann man wahrlich sinnvoller verbringen als mit diesem Thriller-Flop. Ein Buch für die Mülltonne.“ Super viele „Müll“-Treffer in der Suche bei dir.


    Er tut niemandem weh. Selbst die Bücher, die er in die Tonne wirft, verkaufen sich wahrscheinlich immer noch besser, als hätten er sie gar nicht erwähnt.

    Diese Listen, auch genau diese spezielle (Das Beste aus dem 21. Jahrhundert), sind ja sehr beliebt. Hatten die New York Times und, ich meine, The Guardian auch schon. Da ist dann ja meistens eine Gruppe von Leuten, die das ermittelt, hier eben nur eine Person. Entsprechend subjektiv ist das vielleicht auch, aber ich denke mal, dass bei den besagten Leuten Kracht, Murakami, Zeh viele gute Bücher eben aus den 90ern stammen. Ja klar, Faserland ist bedeutender als Eurotrash, und bei Murakami gäbe es selbst aus den letzten 25 Jahren noch mehr Konkurrenz, und Karte und Gebiet ist vielleicht auch eine überraschende Auswahl bei Houellebecq. Aber diese Listen sind ja hauptsächlich dazu da, dass es dann Diskussionen über die Titel gibt.

    Natürlich gibt es die objektiv besten Bücher nicht, ich finde hier aber interessant, einmal eine nicht angelsächsisch gefärbte Version, sondern eine mit einer deutschsprachigen Färbung zu sehen.

    Typisch für Scheck ist eben auch sein Faible für SF, Chiang und Le Guin sind halt seine persönlichen Lieblinge, dadurch auch mehr Genre auf der Liste als vielleicht üblich.


    Im Detail finde ich auch ein paar Dinge bei Denis Scheck kritisch, finde aber immer gut, wenn jemand im TV Literatur präsentiert. „Literaturclown“ und „Möchtegern-MRR“ sind natürlich Spitzen und Übertreibungen, die man im Krawallmodus eben gerne mal so macht, die ich aber unangebracht finde.

    Und die Shortlist sieht so aus:


    Susan Choi – Flashlight
    Kiran Desai – The Loneliness of Sonia and Sunny
    Katie Kitamura – Audition
    Ben Markovits – The Rest of Our Lives
    Andrew Miller – The Land in Winter
    David Szalay – Flesh

    4 Treffer.
    3 habe ich gelesen, 3 noch nicht. Choi und Desai werde ich vielleicht lesen, bei Markovits noch unsicher.

    Morgen wird die Shortlist bekannt gegeben und ich habe sechs der Longlist-Bücher gelesen.

    Mein Ranking

    1. Maria Revas - Endling
    2. Katie Kitamura - Audition
    3. Benjamin Wood - Seascraper
    4. David Szalay - Flesh
    5. Andrew Mitchell - The Land in Winter
    6. Jonathan Buckley - One Boat

    Mein Bauchgefühl ist, dass 4 bis 5 dieser Bücher auch nominiert werden. Unabhängig davon, ob ich die Romane nun gut fand oder nicht, scheinen sie ein bisschen mehr Aufmerksamkeit erzeugt zu haben als viele der anderen Titel. Nur One Boat war so absurd schlecht, dass ich da beim besten Willen keinen Weg auf die Shortlist sehe.


    Meine Top 3 ist fast gleichauf. Da würde ich mich für jedes Buch gleichermaßen freuen. Endling von einer kanadisch-ukrainischen Autorin, sehr verspielt, komisch, manchmal ungewöhnliche Wege gehend. Audition, ein sehr reduzierter, theaterhafter, kompakter Text, der viele Leser in der Ambiguität hinsichtlich eindeutiger Irritation irritieren wird. Und Seascraper, einfach nur atmosphärisch, auch kompakt, ein schöner Roman. Ich könnte jeweils ins Detail gehen, aber hier erstmal nur kurz.


    Flesh so na ja. Extrem minimalistischer Text, fast ohne Figurenpsychologie, über einen einfachen ungarischen Jungen, den es dann als Bodyguard nach England und in die Oberschicht treibt. So ungewöhnlich im Stil, dass es dann irgendwie wieder faszinierend ist, aber in seiner sehr vordergründigen „Was ist heute Männlichkeit?“-Thematik dann auch wieder etwas platt.


    The Land in Winter auch sehr reduziert, interessantes erstes Kapitel, aber danach nur noch langweilig. Austauschbare Charaktere, fast kein Plot, irgendwie prätentiös in der Art, wie hier durch sehr gewolltes Understatement Bedeutung generiert werden will, aber kein Vergleich zu...


    One Boat. Ein Buch ohne Humor, das aber wie ein Scherz eines Autors wirkt, der anspruchsvolle Literatur verarschen will. Prätentiös bis zum Exzess. Gehört zu den schlechtesten Büchern, die ich in meinem Leben gelesen habe.


    Mein Tipp für die Shortlist:

    • Maria Revas - Endling
    • Benjamin Wood - Seascraper
    • David Szalay - Flesh
    • Andrew Mitchell - The Land in Winter
    • Susan Choi - Flashlight
    • Kiran Desai - The Loneliness of Sonia & Sunny

    Warum gilt das eigentlich nur für „rechte“ Politiker - weshalb werden „linke“ so gut wie immer automatisch als Demokraten angesehen und so behandelt - und wenn dann von linker Seite die Systemfrage gestellt wird (wie kürzlich von Heidi Reichinnek), ist das ein ganz normaler Vorgang, über den sich kaum jemand aufregt?! Sind die automatisch und von Natur aus "reingewaschen"?


    Ich habe ausschließlich Politiker aus dem rechten Spektrum aufgelistet, um die Vergleichbarkeit zu Meloni herzustellen. Natürlich kann Undemokratisches sowohl von links als auch von rechts kommen, aber bei den zitierten Leuten frage ich mich jeweils: Wieso ist das bei Meloni vielleicht noch im Rahmen, sind es die anderen nicht, oder sind sie alle zusammen total okay?

    Das ist keineswegs ein Abstempeln deinerseits als rechtsradikal. Das würde mir eh nicht zustehen, sondern wirft eher die Frage auf, wie man politische Sachthemen, zur Europapolitik meinetwegen, die grundsätzlich erstmal nichts mit Rechtsradikalismus zu tun haben, vom ganzen anderen Ballast trennt, den zumindest teilweise die aufgelisteten Personen mit sich herumtragen: Fremdenfeindlichkeit, Homophobie, Nähe zu postfaschistischen Ideologien oder zumindest eine mangelnde Abgrenzung von entsprechenden Gruppierungen oder Tendenzen in den jeweiligen Parteien. Wenn das jetzt auf Meloni gerade nicht zutrifft oder dieses Buch dafür den Beweis bringt, dann gut. Aber meine Skepsis hat nichts mit Medienwäsche oder Wokeheit zu tun, die ich übrigens in unserer Gesellschaft für übertrieben halte und nicht gutheißen möchte. Eine klare Abgrenzung von den extremen Ausprägungen rechter Politik erwarte ich von Demokraten, und ich sehe das zumindest nicht in diesem erwähnten Personenkreis.

    Der einzige Grund, warum ich mich in einem Thread zu einem Buch äußere, das ich nicht gelesen habe, ist der, dass es hier ja nicht nur darum geht, ob das jetzt ein gutes oder schlechtes Buch ist, sondern um die Behauptung, basierend auf diesem Buch, dass es sich bei ihr um eine lupenreine Demokratin handelt.

    Insofern: auch oder vor allem, wer Giorgia Meloni von vornherein als „rechtsextrem“ abstempelt (was sie nicht ist), sollte dieses Buch lesen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Bleibt man (ohne zu lesen) beim Vorurteil, könnte es möglicherweise sein, daß man nach der Devise „wenn die Realität von meinen Vorstellungen abweicht, ist die Realität falsch“ (vgl. S. 238) denkt und/oder handelt.


    Diesem Statement möchte ich deutlich widersprechen. Eine eigene Meinung zu bilden, basierend auf Melonis Selbstdarstellung (siehe oben), ist Quatsch. Man bleibt beim Vorurteil, weil man es nicht gelesen hat? Das ist Quatsch, weil man sich über die Person und ihr Werk besser fachgerecht von außen ein Bild machen lässt bzw. das Material selbst sichtet und bewertet.


    Was das Zurechtbiegen der Realität angeht: Da muss ich dir sogar teilweise zustimmen, weil es in diesem Diskurs, glaube ich, wirklich darum geht, in der jeweiligen Social Bubble zu verharren und dem Confirmation Bias zu folgen. Aber das gilt umgekehrt ja genauso. Die Besprechungen lesen sich auch jeweils so, als würdet ihr in diesem Buch genau das finden, was ihr ohnehin gesucht habt und dann eigentlich mehr über eure privaten Sichtweisen und "Darf man ja nicht sagen"-Komplexe redet als über irgendein Buch.

    Wenn Meloni das sogar selbst in ihrem Buch einbaut und die Kritik an ihr schon proaktiv abwehrt, dann ist das für mich manipulativ und zielgruppenorientiert.

    Zwei Rückfragen sollten ohne Lektüre dieses Buches trotzdem erlaubt sein:


    1. Inwiefern kann ein Buch, das von jemandem selbst verfasst, autorisiert oder kuratiert wurde, tatsächlich als Beleg dafür gelten, dass bestimmte Vorwürfe gegen diese Person nicht zutreffen? Eine Autobiografie ist immer ein subjektiver Bericht. Selbstbeschreibungen sind interessengeleitet und selektiv. Wie sollen Vorwürfe damit abschließend geklärt werden, allein durch ein „Nö, das bin ich nicht“ oder „Das habe ich nicht getan“?

    Wer beschuldigt wird, neigt dazu, ein Selbstbild zu rekonstruieren, das dem Vorwurf widerspricht. Das gilt besonders dann, wenn man geschickt vorgeht und nicht den Impuls verspürt, sich mit dem Vorwurf gleich komplett "all in" zu identifizieren.

    Zur Klärung fände ich eine seriöse politkwissenschaftliche Auseindersetzung wichtiger als eine Autobiografie und die Politkwissenschaft geht aktuell in eine andere Richtung (nicht nur die "woke Medien", aber ich stimme zu, dass eine differenzierte Einordung der Person sinnvoll wäre.

    Ich persönlich hadere mit der direkten Traditionslinie ihrer Partei und ihrer eigenen Nähe zur postfaschistischen Bewegung Italiens. Warum greift sie auf deren Symbolik und kulturelle Bezüge zurück? Sie wird mit dem Satz zitiert, sie habe ein „entspanntes Verhältnis zum Faschismus“. Warum diese Nähe, wenn es angeblich nur um konservative Europa- oder Migrationspolitik geht?


    Und umgekehrt stellt sich die Frage, wie man solche gravierenden ideologischen Ausfälle tolerieren kann, nur weil man einzelne fachpolitische Positionen teilt. Genau darin liegt das Problem im Umgang mit dem Begriff rechtsradikal. Entweder man ist es oder man ist es nicht. Man kann nicht zu zehn Prozent faschistisch denken und zu neunzig Prozent seriös und wählbar sein.


    2. Wenn es tatsächlich notwendig ist, Meloni durch Lektüre reinzuwaschen, stellt sich die Frage, wo die Grenze zu anderen Politikern verläuft, die ähnlich eingestuft werden, etwa Viktor Orbán, Marine Le Pen, Alice Weidel, Jair Bolsonaro oder Geert Wilders. Sind das alles nur Opfer woker Medien? Vielleicht unterscheiden sie sich im Ton oder treten strategisch geschickter auf, aber inhaltlich ist die Linie vergleichbar.

    Ich hatte so einige Probleme mit diesem Buch und würde eher bei 2 von 5 Punkten landen. Ich habe den Roman im Original gelesen, und auch wenn er mit einer recht gut geschriebenen Passage über die Großmutter beginnt, verliert der Roman sich doch sehr schnell in sprachlichen Allgemeinplätzen und einer sehr plakativen Psychologie der Hauptfigur. Außerdem hat der Roman auch strukturell ein Problem, denn er braucht über 400 Seiten, um überhaupt zum zentralen Thema des Romans zu kommen, jenem, das auch durch den Titel suggeriert wird, obwohl es dann tatsächlich noch einen Twist gibt, der mich mit dem Roman zumindest etwas versöhnt hat.


    Aber das Autobiografische des Romans ist für mich symptomatisch. Auch wenn die Literarizität der Hauptfigur durch literarische Referenzen immer wieder vorgeführt wird, für meine Begriffe eine der besonderen Schwächen des Buches, denn diese Passagen wirken oberflächlich und aufgesetzt, ist das am Ende doch ein Memoir, das jemand aufgrund dieser Erfahrung geschrieben hat bzw. das deshalb publiziert wurde. Mir fehlt bei diesem Buch jegliche eigene Literarizität, Kunstfertigkeit oder zumindest handwerkliche Sorgfalt. Es wirkt doch relativ schludrig und einfach heruntergeschrieben.

    Was man tatsächlich hervorheben muss, bei aller Detailkritik: Die Tatsache, dass es diesen Wettbewerb gibt, dass er im TV übertragen wird und diese Strahlkraft hat, ist etwas, worüber wir alle froh sein sollten, dass es ihn gibt. Und so richtig gesichert, dass es weitergeht, ist es ja nicht. Der Wettbewerb steht permanent auf der Kippe, und dieses Jahr fielen ja auch der parallele Literaturkurs und die Stadtschreiber-Position weg.

    Bei diesem Punkt...

    Ich finde, dass es keinesfalls ein Vorteil für Gangl war, dieses Thema zu nutzen. Man kommt an der entscheidenden Bestialität des 20. Jhdts. kaum vorbei, wenn man im deutschsprachigem Raum

    agiert. Es ist hingegen eher ein Nachteil, das zum 1000. Male repetieren zu müssen.


    ... agree to disagree. Dass es Texte gibt, die bei der Jury größere Chancen haben als andere, da gibt es sichtbare Muster, und es ist ja auch nicht weiter überraschend: Damit ein Text würdig für einen der großen Preise ist, muss er idealerweise nicht nur sprachlich, sondern eben auch inhaltlich relevant sein. Themen aus dem Nationalsozialismus mögen nicht neu sein, aber sie sind relevant, und die Jury hat in Serie Relevanz vor Originalität gesetzt. Damit meine ich nicht, dass Natascha Gangl gewonnen hätte ohne zusätzlich raffinierte Textarbeit, es muss also noch irgendetwas dazu kommen, aber ohne dieses inhaltliche Zentrum hätte der Text definitiv nicht gewonnen.

    Sophie Sumburane hat leider keinen der Preise gewonnen. Ihr Text "Sickergrubenblau" hätte schon mehr Anerkennung verdient. Ich fand ihn gut und leichter verständlich als so manchen anderen.


    Ich fand ihn zu sehr auf das Thema hingeschrieben. Das Thema ist wichtig, aber das macht es ja nicht automatisch zu einem Text, den man aus literarischen Gründen würdigen muss.


    Das war generell so eine Sache dieses Jahr. Wir haben zwei Nazi-Texte, wobei ich vor allem Natascha Gangl die Kunstfertigkeit des Textes nicht absprechen möchte, aber das gibt diesen Texten immer automatisch einen Vorteil, den sich die Autorin selbst ja nicht wirklich verdient hat.

    Unfreiwillige Brecher der Veranstaltung war die Einführung der Autorin "... „Wie heißt sie noch? Simbo …Simoo --- Simba...?“ :-)))))))))

    Peinlicher geht’s nicht, und sie hat dann tatsächlich auch alles dafür getan, dass dieser Eindruck nicht verloren geht.:-)) Als der Kameramann sie nach einiger Suche direkt vor der Wohnsilofront in Potsdam posieren lässt herrlich! Als sei dies ein prototypischer Ost-Ort, wiewohl es im Westen nicht anders aussieht, was einst schon Burgess inspirierte zu: „Clockwork Orange“ ....

    Du meinst Sophie Sumburane?


    Diese Autorenvideos sind vieles und nicht immer gelungen, aber unfreiwillig sind sie nicht.