'Alte Sorten' - Seiten 066 - 143

  • Die beiden ahnen gar nicht wie ähnlich sie sich sind. Jede fühlt sich auf ihre Weise nicht richtig, weil sie nicht so sind, wie die Familie es gern hätte. Liss scheint einfach nur einen herrischen und Pentameter Vater zu haben und eine Mutter, die bei ihm unter geht. Aber Sally hat egoistische Eltern, die dazu auch nicht mal in der Lage sind oder sein wollen ihre Tochter zu verstehen. Der schöne Schein und deren Wille ist alles was zählt. Solche Leute müssen doch zutiefst unglücklich sein. Kein Wunder, dass Sally sich da nicht zu Hause fühlt.


    Ich finde es krass wie selbstverständlich Liss das Reh getötet hat. Das ist ihr so anerzogen worden und auf dem Land ist ja vieles noch mal anders, aber es beeindruckt mich trotzdem. Die Szene mit dem Schwein fand ich total schrecklich. Ich mag Schweine sehr und konnte kaum abstellen das Geschrei nicht in meinem Kopf zu hören.


    Dieses Dorfleben nervt mich zunehmend. Nicht das Leben, das Liss lebt, das finde ich sogar ziemlich interessant und verstehe Sally für ihre Neugier sehr, eher der Umgang der anderen mit Liss.


    Ich bin sehr gespannt, was es mit Sonny und mit der Ausgrenzung von Liss zu tun hat.

  • Ich finde es krass wie selbstverständlich Liss das Reh getötet hat. Das ist ihr so anerzogen worden und auf dem Land ist ja vieles noch mal anders, aber es beeindruckt mich trotzdem. Die Szene mit dem Schwein fand ich total schrecklich. Ich mag Schweine sehr und konnte kaum abstellen das Geschrei nicht in meinem Kopf zu hören.

    Das sind anerzogene Eigenschaften, die in Fleisch und Blut übergehen. Und es war schließlich notwendig. Gut, sie hätte es anzeigen können, aber da sie sich ja auskennt, finde ich es auch in Ordnung.

    Ich glaube, die Ausgrenzung hat mit ihrem Vater zu tun und ihren Kindheitstraumata. Vielleicht gab es ein Unglück, und das Dorf gibt ihr die Schuld daran? Wir werden es erfahren.


    Bezeichnend die Szene, als Liss sich die Schnittwunden zugefügt hat und Sally es entdeckt. Liss will sich in sie hineinversetzen, wissen, wie es sich anfühlt. Das ist sicher mehr, als ihre Eltern je getan haben.

    Super beschrieben die Episode mit ihrem Freund Ben. Der nicht versteht, was sie meint als sie das mit der Tür erzählt die irgendwo einen Spalt aufgeht, sich aber schnell wieder schließt.


    Es ist, als wüsste man, wo man hin muss aber nicht weiß, wie man hinkommt oder was man dafür tun muss.


    Ich habe jetzt noch nicht weiter gelesen, weil ich sonst einfach zu schnell durch bin, das will ich dem Buch und mir nicht antun.


    Ach ja, die Bienen, die Arbeit, die Liss so selbstverständlich macht, beeindruckt Sally. Manchmal ist es so ein wortloses Verständnis, das die beiden füreinander haben. Aber Sally hat auch recht, wenn sie sagt, Liss weiß mehr über sie als umgekehrt. Sicher wird das noch anders werden.

  • Ich poste gleich mal hier, weil mir das Buch sehr gut gefällt, bis auf wenige sprachliche Ausnahmen, dass ich gleich weitergeslesne habe über den ersten Abschnitt hinweg.

    Die beiden ahnen gar nicht wie ähnlich sie sich sind.

    Ich glaube schon, zumindest Liss, sie vergleicht sich ja immer wieder mit Sally. Und ich denke, dass Sally es ahnt, sonst würde sie nicht bleiben.

    Ich finde es krass wie selbstverständlich Liss das Reh getötet hat. Das ist ihr so anerzogen worden und auf dem Land ist ja vieles noch mal anders, aber es beeindruckt mich trotzdem. Die Szene mit dem Schwein fand ich total schrecklich. Ich mag Schweine sehr und konnte kaum abstellen das Geschrei nicht in meinem Kopf zu hören.

    Ich bin ja auch auf dem Land groß geworden, in einem kleinen Dorf, in dem auch noch selbst geschlachtet wurde. Auch mir kam die Aufgabe zu, das frische Blut zu rühren. Beim Lesen hatte ich den Geruch wieder in der Nase. Als Kind habe ich das gerne gemacht. Es war eine verantwortungsvolle Aufgabe. Ich habe auch immer die Blutwurst probiert, also den rohen Teig, und abgeschmeckt, bevor sie gekocht wurde. Das hat mir alles nichts ausgemacht, weil wir Kinder so groß geworden bin.

    Es kam im Dorf öfter vor, dass Tiere ganz pragamtisch von ihren Leiden erlöst wurden, z.B. angefahrene Katzen. Da kam niemand auf die Idee, zum Tierarzt zu gehen, sondern das erledigte man selbst.

    Also fand ich die Szene mit dem Reh eigentlich selbstverständlich, obwohl natürlich nicht erlaubt.


    Mir gefällt sehr, wie Arenz die Annäherung der beiden Frauen beschreibt. Auch wie nach und nach aufedeckt wird, welches Schicksal die beiden haben und welche Erlebnisse in der Vergangenheit sie zu den Menschen geformt haben, die sie heute sind.


    Einzig stören mich manchmal, dass Arenz manchmal einzelne Sätze kurze Zeit später fast wörtlich wiederholt.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Also fand ich die Szene mit dem Reh eigentlich selbstverständlich, obwohl natürlich nicht erlaubt.

    Erstaunt hat mich an der Szene auch nur, mit welcher Selbstverständlichkeit Liss eine Pistole spazieren fährt.


    Die Schlachtszene mit dem Schwein fand ich auch schrecklich, vernünftig schlachten geht anders ...


    Die beiden ahnen gar nicht wie ähnlich sie sich sind.

    Ich denke auch, Liss weiß es und Sally ahnt es zumindest.

  • Je länger ich das Buch lese um so besser gefällt es mir.:-]

    Mir gefällt sehr, wie Arenz die Annäherung der beiden Frauen beschreibt.

    Diese Annäherung zwischen den Frauen finde ich auch am interessantesten. Es beginnt damit, dass sie einfach Sachen gemeinsam erledigen ( wie zum Beispiel Brot backen, oder sich um die Bienen zu kümmern) und führt dann doch zu ersten gemeinsamen Gesprächen. Diese Annäherung ist sehr schön und glaubhauft beschrieben. Ich weiß nicht mehr genau, in welchem Kapitel das jetzt war, aber Liss äußert mal ihre Gedanken, von kleinsten Fädche wie Spinnenweben, die sich zu größeren Fäden verknüpfen und endlich zu einem Netz werden. So kommt mir die Beziehung zwischen den beiden Frauen auch vor. Ganz langsam verknüpfen sich ihre Geschichten.


    Erstaunt hat mich an der Szene auch nur, mit welcher Selbstverständlichkeit Liss eine Pistole spazieren fährt.

    Mich hat auch sehr erstaunt, dass Liss einfach mal so eine Pistole zur Hand hat. Ich frage mich auch, ob sie die die ganze Zeit mit sich führt? Also auch wenn sie nicht mit dem Traktor rumfährt? Oder liegt die immer in dem Fach von dem Traktor? Man kommt doch nicht einfach mal so an eine geladene Pistole.

    Einzig stören mich manchmal, dass Arenz manchmal einzelne Sätze kurze Zeit später fast wörtlich wiederholt.

    Das ist mir bisher gar nicht aufgefallen. Ich werde mal darauf achten.

  • Mich hat auch sehr erstaunt, dass Liss einfach mal so eine Pistole zur Hand hat. Ich frage mich auch, ob sie die die ganze Zeit mit sich führt? Also auch wenn sie nicht mit dem Traktor rumfährt? Oder liegt die immer in dem Fach von dem Traktor? Man kommt doch nicht einfach mal so an eine geladene Pistole.

    Ich denke, mit der Pistole hat es eine besondere Bewandtnis. Aber so als Frau alleine, auch im Wald, ist es vielleicht auch nicht schlecht, eine Waffe dabei zu haben. Vor allem kann sie damit umgehen. Wahrscheinlich steckt da auch ihr Vater dahinter.


    Einzig stören mich manchmal, dass Arenz manchmal einzelne Sätze kurze Zeit später fast wörtlich wiederholt.

    Mir sind die Wiederholungen nicht explizit aufgefallen, was heißen wird, sie sind ein stilistisches Mittel um eine Aussage zu bekräftigen. Ich hatte das jetzt eben im letzten Abschnitt:" Ich hab an Dich gedacht, als ich es gemacht habe, wirklich. Ich hab da schon an dich gedacht." Wiederholungen dieser Art gibt es wirklich und ich bin sicher, sie sind gewollt und stören mich nicht. Vielmehr intensivieren sie das Gesagte, oder die Gedanken der Protagonisten.

  • Mir sind die Wiederholungen nicht explizit aufgefallen, was heißen wird, sie sind ein stilistisches Mittel um eine Aussage zu bekräftigen. Ich hatte das jetzt eben im letzten Abschnitt:" Ich hab an Dich gedacht, als ich es gemacht habe, wirklich. Ich hab da schon an dich gedacht." Wiederholungen dieser Art gibt es wirklich und ich bin sicher, sie sind gewollt und stören mich nicht. Vielmehr intensivieren sie das Gesagte, oder die Gedanken der Protagonisten.

    Man hat ja auch tatsächlich bei manchen Sachen solche Gedankenschleifen. Da hat sich was festgesetzt im Kopf und man denkt immer wieder die gleichen Gedanken. Besonders bei dramatischen und einen stark berührenden Geschehnissen. Die Wiederholungen sind ein Stilmittel und auch realistisch, denke ich.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Auch in diesem Abschnitt gefiel mir die bildhafte Sprache sehr gut und es war schön zu lesen, wie sich die Beziehung der beiden Frauen langsam vertieft.


    Richtig schräg fand ich aber, dass Liss sich auch selbst verletzt hat.


    Liss´ Wutanfall und die Tatsache, dass sie eine Waffe hat, haben mich erschreckt.


    Ich finde es beeindruckend, wie Sally ihre Gefühl beschreiben kann. Traurig nur, dass sie bisher keiner verstehen konnte (oder wollte)...

    Liebe Grüße von Ronja :flowers


    ~Manchmal denke ich, der Himmel besteht aus ununterbrochenem, niemals ermüdendem Lesen.~ (Virginia Woolf)

  • Ich denke, mit der Pistole hat es eine besondere Bewandtnis. Aber so als Frau alleine, auch im Wald, ist es vielleicht auch nicht schlecht, eine Waffe dabei zu haben. Vor allem kann sie damit umgehen. Wahrscheinlich steckt da auch ihr Vater dahinter.

    Ich bin auch ständig allein im Wald unterwegs und hatte noch nie das Gefühl eine Waffe zu brauchen.8o

  • Ich kann mich euch eigentlich nur anschließen, auch mir gefällt das Buch weiterhin ausnehmend gut. :-)


    Die Wiederholungen sind mir bislang nicht bewusst aufgefallen, nur im 1. Abschnitt bin ich mal über einen Satz gestolpert, wo 3 Synonyme für 1 Verb hintereinander standen, ohne ersichtlichen Grund (und ohne Komma dazwischen). Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Wiederholungen vielleicht dazu dienen, manche Dinge noch eindringlicher zu formulieren.


    Ich denke auch, dass Liss und Sally sich ziemlich ähnlich sind - ganz "normal" ist Liss in ihrem Verhalten ja auch nicht. Besonders krass zeigt sich das m.M.n. in der Szene, wo sie sich ritzt, um mal zu erfahren, wie sich das anfühlt - so ganz rational nachvollziehbar ist diese Aktion ja nicht. Spannend fand ich Sallys heftige Reaktion, fast hatte ich da den Eindruck, sie fühlt sich von Liss verarscht! :gruebel Andererseits wurde hier ja schon sehr deutlich, dass Sally ganz genau weiß, dass Ritzen nichts ist, was man "einfach" so mal ausprobiert, dass es verdammt schmerzhaft ist und nichts, was man normalerweise mit sich macht.


    Die Szene Sally-Ben fand ich auch sehr aufschlussreich, zeigt sie doch, wie sensibel Sally ist, wie sie versucht, sich mitzuteilen, und wie wenig sie von ihrem Umfeld verstanden wird. Kein Wunder, dass sie sich irgendwann verschlossen hat wie eine Auster.


    Nach und nach erfährt man auch mehr über Liss. Ihre Kindheit muss ja auch eher traumatisch gewesen sein, mit dem überstrengen, pedantischen Vater und der schwachen Mutter. Aber ich war ganz hingerissen von der Szene im Birnengarten, als Sally ihr klarmacht, wie sich die strenge Anordnung durch Liss' Nicht-Pflege in einen "Zaubergarten" verwandelt hat. Hier merkt man auch, dass nicht nur Liss für Sally gut ist, sondern auch umgekehrt.


    Das Liss eine Pistole spazierenfährt, hat mich auch erschreckt, das hätte ich so nicht erwartet. Eher ein altes Jagdgewehr in irgendeiner Rumpelkammer, aber sowas? :gruebel Dass sie dagegen weiß, wie man ein Reh aufbricht, und das ganz pragmatisch dann auch tut, das hat mich weniger gewundert. Das passt zu ihr, dem Landkind, die ja mit allen Facetten der Land- und Waldwirtschaft aufgewachsen ist.


    Auf die Geschichte mit Sonny bin ich auch sehr gespannt - und auch, ob die alte Anni noch eine größere Rolle spielen wird, als immer nur mit dem Rad vorbeizufahren und Liss dadurch daran zu erinnern, dass sie nicht ganz allein dasteht im Dorf.


    LG, Bella

  • Das Buch gefällt mir nach wie vor gut, das ja, aber ich finde es trotzdem sehr anstrengend zu lesen. Da ist jedes Wort an seinem Platz, jeder Halbsatz genau abgemessen. Für mich ist das alles etwas zu bedeutungsschwer, zu bemüht, zu perfekt. Mir fehlt eine gewisse Leichtigkeit. Toll finde ich manche Beschreibungen und Ideen, da wird eine ganze Weltanschauung in ein paar spröden Sätzen wiedergegeben.

    Ich denke auch, dass Liss und Sally sich ziemlich ähnlich sind - ganz "normal" ist Liss in ihrem Verhalten ja auch nicht. Besonders krass zeigt sich das m.M.n. in der Szene, wo sie sich ritzt, um mal zu erfahren, wie sich das anfühlt - so ganz rational nachvollziehbar ist diese Aktion ja nicht. Spannend fand ich Sallys heftige Reaktion, fast hatte ich da den Eindruck, sie fühlt sich von Liss verarscht! :gruebel Andererseits wurde hier ja schon sehr deutlich, dass Sally ganz genau weiß, dass Ritzen nichts ist, was man "einfach" so mal ausprobiert, dass es verdammt schmerzhaft ist und nichts, was man normalerweise mit sich macht.

    Es gibt mehrere erschreckende Szenen in diesem Abschnitt (ich würde an der Stelle auch gerne mal die Beinhaus-Szene am Ende erwähnen, die fand ich auch heftig - vor allem auf Liss Seite), aber das mit dem Ritzen fand ich auch mit Abstand am krassesten, da kann ich mich belladonna nur anschließen. Es als "fühlen wie Sally empfindet" kann ich nicht nachvollziehen - als erwachsene Frau sollte sie sich wirklich nicht "des Ausprobierens wegens" selbst verletzen und verstümmeln. Entweder es tut weh und sie schämt sich hinterher, solche einen Blödsinn gemacht zu haben oder sie findet Gefallen daran - dann hat sie aber ein größeres Problem!


    Ich hab mir auch überlegt, ob sie es macht, um Sally einen Spiegel vorzuhalten - denn ihr ist ja durchaus klar, dass es nicht ok ist, sich selbst zu verletzen. Bei der Hühnergeschichte hat Liss das ja auch ganz toll hinbekommen. Aber ob das wirklich ihr Beweggrund war und wenn ja, fände ich es trotzdem sehr heftig!


    Ich denke, mit der Pistole hat es eine besondere Bewandtnis. Aber so als Frau alleine, auch im Wald, ist es vielleicht auch nicht schlecht, eine Waffe dabei zu haben. Vor allem kann sie damit umgehen.

    Ich denke auch, dass es mit der Pistole noch etwas Besondereres auf sich hat. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie "aus Sicherheitsgründen" eine Pistole sparzierenfährt, einen ängstlichen Eindruck macht sie nämlich ganz und gar nicht auf mich. So gefährlich ist es in Deutschlands Wäldern nun wirklich nicht. Und im Übrigen: was hilft ihr die Pistole im Traktor, wenn sie von ihrgendjemanden plötzlich überfallen wird? Kommt sie ja doch nicht ran.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Es gibt mehrere erschreckende Szenen in diesem Abschnitt (ich würde an der Stelle auch gerne mal die Beinhaus-Szene am Ende erwähnen, die fand ich auch heftig - vor allem auf Liss Seite), aber das mit dem Ritzen fand ich auch mit Abstand am krassesten, da kann ich mich belladonna nur anschließen. Es als "fühlen wie Sally empfindet" kann ich nicht nachvollziehen - als erwachsene Frau sollte sie sich wirklich nicht "des Ausprobierens wegens" selbst verletzen und verstümmeln. Entweder es tut weh und sie schämt sich hinterher, solche einen Blödsinn gemacht zu haben oder sie findet Gefallen daran - dann hat sie aber ein größeres Problem!


    Ich hab mir auch überlegt, ob sie es macht, um Sally einen Spiegel vorzuhalten - denn ihr ist ja durchaus klar, dass es nicht ok ist, sich selbst zu verletzen. Bei der Hühnergeschichte hat Liss das ja auch ganz toll hinbekommen. Aber ob das wirklich ihr Beweggrund war und wenn ja, fände ich es trotzdem sehr heftig!

    Liss hat ja auch psychische Probleme. Da handelt schon mal anders und denkt anders, als einer der da stabil ist. Dass sie ihr einen Spiegel vorhalten will denke ich eigentlich nicht. Es geht wirklich ums fühlen. Hilft es wirklich? Gegen den inneren Schmerz? Verdrängt es die Frustration, die Verzweiflung? Ist der Schmerz da stärker? Das alles kann man nur wissen, wenn man es selbst durch macht.

  • Ich denke, dass sie die Pistole im Traktor dabei hat genau aus dem Grund, für den sie diese auch benutzt hat. Bei uns im Dorf hatten auch viele ein Gewehr. Ich war ja noch Kind und kann heute nicht mehr beurteilen, welcher Art diese waren, aber da wurden z.B. Vögel mit verjagt, die das Obst holen wollten oder Füchse erschossen. Legal war das bestimmt nicht, wurde aber gemacht.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Lese-rina Wieso fandest du die Szene im Beinhaus so heftig? Und wieso v.a. auf Liss' Seite? :gruebel


    Ich fand die Beinhaus-Szene sehr spannend - vielleicht auch, weil ich selber gerne mal sowas "in echt" sehen würde. Hier hatte ich beim Lesen das Gefühl, als ob Liss intuitiv wüsste, dass Sally solche extremen Erfahrungen braucht. Erfahrungen, bei denen sie sich nicht körperlich verletzen kann, die aber so intensiv sind, dass sie etwas in ihr auslösen, die also fast schon therapeutischer Natur sind.


    Es ist ja schon auffällig, dass es gerade die sinnlichen Erfahrungen sind, die Sally helfen, wieder zu sich selbst zu finden, sich quasi im wörtlichen Sinn zu "erden" - Kartoffeln klauben, Birnen ernten und maischen, aber auch das Erlebnis mit dem Reh.


    Interessant ist, dass in meinem aktuellen Hörbuch "Schattwald", das teilweise in einer psychiatrischen Einrichtung im Jahr 1943 spielt, der (nicht regime-konforme) Arzt auch den Ansatz vertritt, körperliche Arbeit helfe seinen Patienten dabei, sich zu "erden" (so wird es wortwörtlich erwähnt). Die Patienten dort leiden zwar unter ganz anderen psychischen Problemen/Krankheiten als Sally, aber gewisse Parallelen sind durchaus zu erkennen.


    LG, Bella

  • Das Buch gefällt mir nach wie vor gut, das ja, aber ich finde es trotzdem sehr anstrengend zu lesen. Da ist jedes Wort an seinem Platz, jeder Halbsatz genau abgemessen. Für mich ist das alles etwas zu bedeutungsschwer, zu bemüht, zu perfekt. Mir fehlt eine gewisse Leichtigkeit.

    Ich finde es sehr interessant, dass Du das Buch als anstrengend zu lesen empfindest.

    Ich habe genau wie Du das Gefühl, jedes Wort ist exakt an seinem richtigen Platz. Aber ich empfinde das als so angenehm zu lesen, ich genieße richtig diese tolle Sprache und muss mich eher manchmal zurückhalten, um nicht zu schnell durch das Buch zu fliegen. Ich hatte ja jetzt eine kleine Pause einlegen müssen mit der Lektüre. Aber auch jetzt beim zweiten mal zur Hand nehmen finde ich das Buch sprachlich einfach wunderbar und für mich liest es sich fast wie von selbst.

    Ich finde das bei Leserunden immer wieder interessant, wie unterschiedlich ein Buch auf verschiedene Leser wirken kann.