Gendern - notwendig oder nervig?

  • Die etwas absurde, aber immerhin konsequente Phettberg-Methode ist ein gutes Beispiel bzw. zeigt anschaulich, woran all das - zum Glück, wie ich ganz persönlich finde - scheitern wird: An der Akzeptanz beim "gemeinen Volk". All das ist ja ohnehin eine zutiefst akademische Angelegenheit, initiiert in den Terrorzellen der Universitäten, die früher "soziologische Fakultät" hießen, und von dort fast ausschließlich innerhalb der akademischen Blase multipliziert. Mann und Frau auf der Straße geht das komplett am Arsch vorbei. Diese Entwicklungsrichtung entkräftet auch das regelmäßig wiederholte Argument, Sprache sei in Bewegung und man solle sich dem nicht verweigern. Wir sind hier mit einer anderen Phänomenologie konfrontiert als beim Verlust von Begriffen wie Kutsche oder Telefonzelle oder der Durchsetzung von Termini wie geil, urst oder googeln.


    Ich fürchte, es verhält sich anders.

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schülerinnen und Schüler...

    Liebe Schüler

    Durch die nicht nur in den Schulen zunehmend etablierte Wiederholung der weiblichen und männlichen Bezeichnungen oder eben auch andere Formen, verliert das generische Maskulinum seine Generik. Und wird damit tatsächlich immer mehr zu dem, was ihm vorgeworfen wird.


    Und wenn es soweit ist, dann gibt es vermutlich kein zurück mehr.
    Und wir werden tatsächlich eine andere Möglichkeit für eine generische Ausdrucksform suchen müssen. Und da ist mir persönlich ein verniedlichendes, lustig klingendes y tatsächlich immer noch lieber, als irgendwelche technisch aussehenden Sonderzeichen-Konstruktionen.

  • Ich musste kürzlich das eine ums andere Mal, quasi zwanghaft, über das "Mitgemeint"-Argument nachdenken, und ergänzend zu meiner mehrfach formulierten Auffassung, dass es bei einem Oberbegriff ohnehin unsinnig ist (und alle bekannten Abhandlungen über Genus und Sexus voraussetzend), würde ich inzwischen sogar wagen, es umzukehren. Während sich die Frauen in der Konkretisierung eine eigene Form gönnen, sind eigentlich, wenn überhaupt, die Männer immer höchstens mitgemeint, weil sie auch in der Konkretisierung lediglich den Begriff abbekommen, der zugleich für das Abstrakte steht. Anders gesagt: Es ist technisch unmöglich, explizit hervorzuheben, dass der Terminus "die Ärzte" in einer konkreten Situation nur Männer bezeichnet, wohingegen das bei Frauen unproblematisch ist, da ihnen eine eigene Form gegönnt wurde. Eine Gruppe Skifahrer kann alle Geschlechter repräsentieren, eine Gruppe Skifahrerinnen nur eines.

  • Ich musste kürzlich das eine ums andere Mal, quasi zwanghaft, über das "Mitgemeint"-Argument nachdenken, und ergänzend zu meiner mehrfach formulierten Auffassung, dass es bei einem Oberbegriff ohnehin unsinnig ist (und alle bekannten Abhandlungen über Genus und Sexus voraussetzend), würde ich inzwischen sogar wagen, es umzukehren. Während sich die Frauen in der Konkretisierung eine eigene Form gönnen, sind eigentlich, wenn überhaupt, die Männer immer höchstens mitgemeint, weil sie auch in der Konkretisierung lediglich den Begriff abbekommen, der zugleich für das Abstrakte steht. Anders gesagt: Es ist technisch unmöglich, explizit hervorzuheben, dass der Terminus "die Ärzte" in einer konkreten Situation nur Männer bezeichnet, wohingegen das bei Frauen unproblematisch ist, da ihnen eine eigene Form gegönnt wurde. Eine Gruppe Skifahrer kann alle Geschlechter repräsentieren, eine Gruppe Skifahrerinnen nur eines.

    Stimmt. Aber was hilfts, diese fehlende Symmetrie ist dennoch das Problem.

    Denn technisch ist es dann doch ganz einfach Skifahrer zu einem Begriff zu machen, der nur ein konkretes Geschlecht repräsentiert:
    Skifahrer und Skifahrerinnen

    Das passiert in der Schule vielfach und dadurch verliert die Form, die konkret und abstrakt gleichzeitig sein kann, zunehmend die abstrakte Bedeutung, während die konkrete zunehmend an Bedeutung gewinnt. Und dann auch zunehmend so empfunden wird.

  • Aber was hilfts, diese fehlende Symmetrie ist dennoch das Problem.

    Aber ein herbeibehauptetes, darauf will ich hinaus. Man kann diese Argumentation beliebig verdrehen, unterm Strich bleibt nur der Machtbeweis.


    Die Sprache ist nicht diskriminierend oder ungerecht. Das sind Eigenschaften, die höchstens ihre Anwender besitzen können.

  • Aber ein herbeibehauptetes, darauf will ich hinaus. Man kann diese Argumentation beliebig verdrehen, unterm Strich bleibt nur der Machtbeweis.


    Die Sprache ist nicht diskriminierend oder ungerecht. Das sind Eigenschaften, die höchstens ihre Anwender besitzen können.

    Dazu fällt mir das hier ein:


    „Merkel stellt am Abend ihr Kabinett aus 15 Ministerinnen vor. Auf den Wunsch einiger Ministerinnen, mit "Herr Minister" angesprochen zu werden, reagierten die übrigen Ministerinnen mit Gelächter.“

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Ja. „Von zwei Ärzten war einer schwanger.“ Siehe weiter oben verlinkter Text auf meiner Site. Man kann es auch herbeikneten.


    Edit: Wer sich um beinahe jeden Preis beleidigt oder diskriminiert fühlen möchte, dem wird man das nicht ausreden können, genauso wenig, wie man jemanden, der beleidigen oder diskriminieren möchte, dadurch davon abhalten kann, dass man ihm sprachliche Vorschriften macht oder die Syntax "gerecht" ausdekliniert (was in aller Konsequenz vollständig unmöglich ist). Jede Weltsprache lässt sich für beides verwenden, für Beleidigung und Diskriminierung, und Gesellschaften haben sich ganz unabhängig von ihrer vermeintlich gerechten oder ungerechten Sprachkultur in der einen oder anderen Weise entwickelt. Konnotation und Semantik sind von der Syntax entkoppelt.

  • Ja. „Von zwei Ärzten war einer schwanger.“ Siehe weiter oben verlinkter Text auf meiner Site. Man kann es auch herbeikneten.


    Edit: Wer sich um beinahe jeden Preis beleidigt oder diskriminiert fühlen möchte, dem wird man das nicht ausreden können, genauso wenig, wie man jemanden, der beleidigen oder diskriminieren möchte, dadurch davon abhalten kann, dass man ihm sprachliche Vorschriften macht oder die Syntax "gerecht" ausdekliniert (was in aller Konsequenz vollständig unmöglich ist). Jede Weltsprache lässt sich für beides verwenden, für Beleidigung und Diskriminierung, und Gesellschaften haben sich ganz unabhängig von ihrer vermeintlich gerechten oder ungerechten Sprachkultur in der einen oder anderen Weise entwickelt. Konnotation und Semantik sind von der Syntax entkoppelt.

    Lieber Tom,


    ich lese jetzt gerade nur eine ( männliche) Person, die sich "beleidigt und diskriminiert" fühlt. 😉 Ganz ruhig. Ich erkläre mich und holte aus.


    Meine Mutter wurde 1970 mit 17 schwanger, in Bremen. Dafür wurde sie ausgestoßen und geächtet. Meinem Bruder wurde die Taufe verweigert und meine Eltern durften nur standesamtlich heiraten, der Pfarrer wollte sie in ihrer Gemeinde nicht haben. Meine Mutter musste ihre Lehre zur Rechtsanwaltsgehilfin abbrechen. "Sowas" wollte man nicht im gutem Hause sitzen haben. Warum erzähle ich das? Weil die "Schuld" für solch ein ungeheures Verhalten natürlich immer nur bei der Frau zu suchen gewesen ist.


    Weil es Frauen bis 1977 verboten war, arbeiten zu gehen, wenn dies nicht mit ihren Pflichten in Ehe und Familie in Konflikt geriet. Seit 1958 ist es Frauen überhaupt erst erlaubt gewesen, eigenes Geld zu verdienen und ein eigenes Konto zu eröffnen. Vorher hat einfach der Ehemann darüber verwaltet.


    Seit 1980 soll es (theoretisch) Geschlechter unabhängig gleiches Geld für gleiche Arbeit geben. Ist dies der Fall? Ich glaube nicht.


    Seit 1994 ist es überhaupt erst Gesetz, in Stellenausschreibungen alle Geschlechter anzusprechen. Frauen wurden bis dato NICHT angesprochen.


    Ich bin Pharmazeutisch technische Assistentin. Meine Kollegin ist Apothekerin. Meine Freundin ist Ärztin. Wir sind keine Assistenten, keine Apotheker, keine Ärzte. Für männliche Hebammen wurde im übrigen der Begriff "Geburtshelfer" eingeführt.


    Ich verdiene mein eigenes Geld und bin eigenständige Kundin bei einer Bank. Und als diese möchte ich auch angesprochen werden. Ich bin Frau Marina Albert, Kundin. Nicht Frau Jürgen Albert, Kunde.


    Und darum geht es. Zumindest mir. Ich stehe nicht hinter irgendeinem Mann, der mich verwaltet, ich bin ein gleichwertiges Geschlecht dieser Gesellschaft. Das ist mein Recht.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Huhu, Rienchen.


    Nein, ich bin alles andere als beleidigt, und nein, das ist eigentlich auch nicht das Thema. Aber trotzdem ein schöner Beitrag. :)


    Ansonsten: Die Sonne ist eine Frau.


    Respekt und Gleichberechtigung und Anerkennung erzwingt man nicht dadurch, dass man einen Sprachgebrauch durchsetzt, und zwar durchaus gewaltsam, denn inzwischen wird auch mit dem braunen Etikett gehandelt, das diejenigen flugshurtig abbekommen, die das Gendern und Partizipkonstruktionen bei abstrakten Oberbegriffen aus durchaus nachvollziehbaren und ganz unbraunen Gründen ablehnen. Und die, linguistisch fundiert, die zugrundeliegenden Axiome infragestellen.


    Mein persönliches Schicksal war auch nicht immer großartig, um es noch nett zu sagen, und ich bin sehr dankbar dafür, dass es Eltern heutzutage nicht mehr gestattet oder sogar staatlich gefördert ist, dass sie ihre Kinder misshandeln. Auf die Idee, aus Rache für die glücklicherweise (wenigstens formell) überwundene Zeit überwiegend symbolische und unnötig komplizierte Regeln für das jetzige Miteinander abzuleiten, käme ich allerdings nicht. Dieser Vergleich ist übrigens auf mehreren Ebenen zutreffend.


    (Edit: Link korrigiert.)

  • "Coming Up"-Jubiläumstour im Mai 22? Ich habe ja Hoffnung, dass ich im Oktober zu Biffy Clyro kann.

    Ich auch, hab auch Karten...


    Glaube aber eher nicht dran. Kann es mir ehrlich gesagt mit meinem realistischen Blick der Dinge nicht vorstellen, aber wer weiß. 🙂

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Geschlechtergerechte Sprache setzt sich z.B. in Behörden zunehmend durch.

    Wie sieht's dabei um die Gleichberechtigung aus? Und wie um den Wahlkampf?


    Ich fand diesen Artikel dazu interessant:

    »Gendersprache« und Vorstandsquoten, nichts könnte mir egaler sein

    I never predict anything, and I never will. (Paul Gascoigne)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Maarten ()