Gendern - notwendig oder nervig?

  • Im Zuge des Genderns, habe ich nun gelernt spricht man bei Themen zur Menstruationshygieneartikeln nicht mehr von Frauen, sondern bei uns im Ort wurde eine politische Anfrage eingereicht diese Produkte den menstruierenden Menschen kostenlos zur Verfügung zu stellen in den Schulen.


    Wenn es tiefergehend interessiert https://www.facebook.com/spdst…9891120/4334701219897877/


    An sich ja keine schlechte Sache, aber zu meiner Schulzeit konnte man die schon bei der Schulschwester oder im Schulbüro erfragen.

    Muff Muff Muff dat Muffelinchen


    Leben ist was uns zustößt, während wir uns etwas ganz anderes vorgenommen haben. (Henry Miller)

  • Ich schmeiss mich weg :rofl - den Begriff kenne ich nur aus Internatsbüchern.:S In meinen Schulen gab es nur Ersthelfer.


    Wenn ich mir dann vorstelle, in den Aufzügen im Verlagshaus würde vor meinem Namen Verlagsschwester stehen, statt Ersthelferbeauftragte... dann bin ich darüber froh. ;)

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Interessant finde ich übrigens bei den 3 Artikeln von


    Judith Sevinç Basad

    Margarete Stokowski

    Alan Posener

    die in den kürzlichen Beiträgen hier zitiert wurden, dass sie alle 3 - trotz ihrer unterschiedlichen Positionen zum Gendern von ablehnend (Judith), zu eher mittig/befürwortend (Alan) und befürwortend (Margarete) - die Meinung äußern, dass es für die Gleichberechtigung wohl eher nix bringt, aber dafür hervorragend geeignet ist, um sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.

    Andererseits habe ich kürzlich ein Brettspiel gespielt, bei dem es darum geht möglichst viele Assoziationen in möglichst kurzer Zeit aufzuschreiben. Eine Frage dabei war: "Nenne deutsche Schauspieler". Es wurden tatsächlich fast nur Männer aufgeschrieben und als jemand eine Schauspielerin vorlas, wurde moniert, aber es wäre doch nach Schauspielern gefragt worden.
    Es ist was dran, an der notwendigen Ablösung des generischen Maskulinums.

    Aber ich halte es da mit Alan Posener: Die jetzt diskutierten Lösungen mögen für unverständliche Amtstexte gehen, aber für mehr bitte nicht, da sind sie wie ein Stachel im Fleisch.
    Da brauchen wir schon was besseres...

  • Schulschwester, ja? 😉

    meist waren das damals noch Ordensschwestern, die für die Kranken zuständig waren. Wir hatten im Ort noch eine Station mit Schwestern, die für die Kindergärten aber auch für die Kranken zuständig waren. Das galt auch noch für die Schule, die zu versorgen war.

  • Ich verstehe den Text nicht zu hundert Prozent, sondern nur ungefähr zu 93 Prozent, und ich wundere mich darüber, dass er sich in Teilen mehrmals wortgenau zu wiederholen scheint, aber ich verstehe und teile das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit und seine enorme Bedeutung unbedingt. Ich bin allerdings nicht sicher, ob alle Menschen darunter derzeit noch auch nur ungefähr das gleiche verstehen. Es gibt Untersuchungen, nach denen viele Menschen im Moment die Befürchtung bzw. das Gefühl haben, in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt zu sein, worauf fast reflexartig erwidert wird, dass das nicht so wäre - es gäbe momentan nur mehr "Gegenwind" für "bestimmte Auffassungen". Aber mit "Gegenwind" ist nicht die Gegenrede, also das widerstreitende Argument im - unbedingt notwendigen - Diskurs gemeint, sondern die substantielle Attacke, der ad-hominem-Angriff und der Versuch, einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Das ist, fürchte ich, dann keine Meinungsfreiheit mehr. Die wir allerdings, und das ist ein Missverständnis, auch nicht einander gewähren (obwohl nicht wenige zu glauben scheinen, genau so wäre es), sondern die wir alle gleichermaßen als Bestandteil derselben Sozialstruktur ohne Wenn und Aber* jederzeit genießen (*es sei denn, wir brechen andere Rechte, aber das tun wir nicht, indem wir beispielsweise eine vermeintlich transphobe Meinung äußern, wozu wir auch das Recht haben, so bedauerlich das manchem vorkommen mag).


    Ich empfehle in diesem Zusammenhang von ganzem Herzen diese umfangreiche, profunde, kluge und weitsichtige Lektüre. Okay, Ash ist Universalist, was sozusagen (aber nicht ganz genau) der Gegenentwurf zur Identitätspolitik ist, da Unversalismus die Gemeinsamkeiten sucht und betont, während Identitätspolitik die Unterschiede zur Hervorhebung, Abgrenzung und Rechteverteilung heranzieht, aber mir kommt Universalismus als der deutlich klügere Ansatz vor (und er verneint Identität auch nicht).


    ASIN/ISBN: 3446244948


    Edit: Das komplette Buch gibt es in mehreren Sprachen und mit tonnenweise Vertiefungsmaterial und aktuellen Hinweisen hier, wo es auch sozusagen entstanden ist: https://freespeechdebate.com/de/

  • Mein neuer Chef hat mich explizit gefragt, ob er Fahrer oder Fahrerin (chauffeur/chauffeuse) sagen soll. Ich bevorzuge dort die männliche Bezeichnung. "Chauffeuse" hat für mich - und auch andere - einen eher anrüchigen Beiklang :unverstanden

    Bei conducteur/conductrice überlasse ich meinem Gegenüber die Entscheidung. Mir ist es egal, die Arbeit, die ich mache ist ja die gleiche, die auch meine - ausschliesslich - männlichen Kollegen auch machen :wave

  • Ich habe mich jetzt nicht durch alle 16 Seiten dieser Diskussion gelesen, die vorhergehende Diskussion kenne ich gar nicht.

    Aber um die in der Überschrift gestellte Frage zu beantworten: Beides. Leider.


    Viele Jahre hatte ich beruflich mit Gehaltsabrechnungen zu tun, ich WEIß, wie groß die Gehaltsunterschiede in gleichen Tätigkeiten sind. Auch im Öffentlichen Dienst.

    Viele Jahre bin ich strikt gegen Quoten weiblicher Mitglieder in Gremien aller Art (ich meine wirklich alle Arten, von Dax-Konzernen bis Kirchenvorständen) gewesen und glaubte, dass sich Qualität eben langfristig durchsetzt und "Quotenfrauen" eben auch immer "Quotenfrauen" bleiben. Die letzten etwa zwanzig Jahre haben eindrucksvoll gezeigt, dass ich falsch lag. Auf freiwilliger Basis bewegte sich gefühlt gar nichts, tatsächlich sind die Fortschritte minimal.


    Als Selbstständige zahle ich auch Steuern wie ein Mann. Es ist schon eine gewisse Ironie: einer der wenigen Bereiche, in denen die Gleichstellung tatsächlich funktioniert. Ich zahle auch gern im Restaurant für mich selbst und lade meinen Begleiter gerne ein (das nur, weil es am Anfang dieser Diskussion erwähnt wurde).


    Gestern habe ich rein zufällig in einen Fernsehbericht geschaltet, in dem die Rede davon war, dass Unfall-Dummies von Größe und Gewicht her Männer darstellen. Ausschließlich, wohlgemerkt. Dummies, die Frauen verkörpern, werden nicht getestet. Ein Auto zu fahren ist für mich also automatisch unsicherer, als für einen Mann, dessen Sicherheit getestet wurde.


    Mag sein, dass dies nun klingt, als ob ich eine Mega-Emanze sei. Ich sehe mich nicht so.


    Zumindest in der Sprache möchte ich sichtbar werden und nicht nur "mitgemeint" sein. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass mich Gendersternchen nicht auch nerven. ;)

  • Das mit den Dummys kenne ich auch. Es gibt nur Männer-Dummys (1,80m, ca. 80kg) und Kinder-Dummys. Ist bei Medikamententests ähnlich, aus Angst vor Schwangerschaften und Folgeschäden wird fast ausschließlich an Männern getestet, obwohl der weibliche Körper eben nicht genauso reagiert. Gendern hilft da aber auch nicht...

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Ist bei Medikamententests ähnlich, aus Angst vor Schwangerschaften und Folgeschäden wird fast ausschließlich an Männern getestet, obwohl der weibliche Körper eben nicht genauso reagiert.

    Stimmt, das wurde auch erwähnt.


    Zitat

    Gendern hilft da aber auch nicht...

    Stimmt auch. Aber es ist in meinen Augen ein überfälliger Schritt, damit Frauen überhaupt wahrgenommen werden.

  • Gestern habe ich rein zufällig in einen Fernsehbericht geschaltet, in dem die Rede davon war, dass Unfall-Dummies von Größe und Gewicht her Männer darstellen.

    Das war im Rahmen der Berichterstattung über das Buch "Das Patriarchat der Dinge", das einige Beispiele dafür enthält/enthalten soll, wie sehr das Design der Welt darauf ausgerichtet ist, dass es Männern gut geht, während das Leiden der Frauen in allen Bereichen akzeptiert wird oder sogar gewünscht ist. Weder im Buch, noch im Beitrag wurde allerdings darauf hingewiesen, dass dieser männliche Durchschnittsdummy seit dem Jahr 2016 nicht mehr maßgeblicher Bestandteil des Euro NCAP ist, sondern dass darin längst festgelegt ist, dass mit verschieden großen und verschieden ausgestatteten Dummys gearbeitet wird. Diese Information ist schlicht veraltet, was auch die Redaktion dann wohl nicht mehr geprüft hat.

    Und das gleichfalls im Beitrag genannte Beispiel mit den kostenlosen Urinalen (die man allerdings mit der Lupe suchen muss, denn meistens gibt es diese Unterscheidung überhaupt nicht) für Männer, denen kostenpflichtige Toiletten für Frauen gegenüberstehen, fällt auch an der Stelle, wo ein Mann zum Kacken geht, in sich zusammen. Aber es ist absolut nötig, darauf hinzuweisen, dass unsere Welt an vielen Stellen Mikroungerechtigkeiten in sich trägt, und wenn jeder irgendwo auf eine, die echt ist und wirklich Folgen hat, hinweist, dann ist schon etwas erreicht - und dann auch mehr als nur Selbstdarstellung.


    ASIN/ISBN: 3832181369


    Edit und Ergänzung: Wir leben ohne jeden Zweifel immer noch in einer u.a. geschlechterungerechten Welt, aber wir leben in einer sehr, sehr viel geschlechtergerechteren Welt bzw. Republik als noch unsere Eltern. Das Gender-Pay-Gap wird jedes Jahr kleiner, die allseitige Anerkennung wächst, wir sind auf einem wirklich guten Weg. Wir begegnen aber auch tradiertem Verhalten, wir begegnen bewusst angenommenem Rollendasein, wir begegnen Menschen und müssen mit ihnen umgehen, weil sie die gleichen Rechte wie alle anderen haben, die unter Gleichbehandlung nicht absolute Gleichheit verstehen. Es ist falsch, finde ich, einem Diskurs dadurch die Beine wegzuschlagen, indem man wütende Sexismus- und Misogynievorwürfe dorthin vor sich herträgt, wo längst keiner mehr ist, der ihnen begegnen könnte. Diese Sicht, die diesem Buch zugrundeliegt, ähnelt, was ihre Argumentationsbasis anbetrifft, der CRT, der Critical Race Theory, die in fundamentaler, fast schon extremistischer Weise einfach alle nichtbunten Menschen als Rassisten klassifiziert und ihnen zugleich das Recht abspricht, an irgendwelchen Debatten teilzunehmen, noch die Fähigkeit zubilligt, irgendwas zu hinterfragen oder sich gar zu ändern. Das ist meines Erachtens ein in krasser Weise falscher Weg. Und es soll ja auch keiner sein. Dieser Weg soll die eine Dominanz durch eine andere ersetzen.

  • Breumel : Ja, und es gibt vernünftige Argumente für dieses Modell und vernünftige dagegen, aber die einen sind nicht notwendigerweise sexistisch bzw. misogyn und die anderen das Gegenteil davon. Damit stehen sie aber als gutes Exempel für das, was (nicht nur) in unserer Gesellschaft gerade geschieht. Ich weiß nicht, ob das ein nötiger Vorgang ist, aber wenn eine Gruppe zuvorderst von einem möglicherweise ungerechten Vorgang betroffen ist, steht sofort und zunächst ohne Widerspruch der Vorwurf im Raum, man würde gegen diese Gruppe als solche bzw. gegen die Eigenschaft, die sie zu einer Gruppe macht, vorgehen. Es gibt aber nicht nur diese Perspektive, die oft auch hanebüchener Blödsinn. Wenn die Dealer im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg einfach allesamt und ausnahmslos schwarz sind, dann wird es schwierig, wenn jedes Vorgehen gegen die Dealer, die immerhin sehr schädliche Drogen unter anderem Kindern anbieten, vor allem aber Straftaten begehen, als Rassismus gebrandmarkt wird. Dabei hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Wenn es einfacher und hygienisch trotzdem nachvollziehbar und momentan strukturell gegeben ist, Männern ein kostenloses Urinal zur Verfügung zu stellen, hat auch etwas mit den biotechnischen Voraussetzungen des Miktionsvorgangs zu tun. Es ist keine gelebte Ungleichbehandlung mit der Absicht der Unterdrückung. Männer können quasi im Gehen pissen, und leider tun das viele auch, weil sie offenbar asoziale Arschlöcher sind (was aber eine andere Baustelle ist), also hilft hier ein kostenloses Urinal möglicherweise, das sehr leicht zu warten und zu pflegen ist. Für alle richtig nutzbare und hygienische Toiletten sind aber eine andere Herausforderung. Man kommt nicht voran, wenn man wirklich jeden beschissenen Vorgang zu einem Schlachtfeld des gesellschaftlichen Gerechtigkeitskriegs macht, wo es doch nur um Pragmatismus im Umgang miteinander geht. Mich kotzt dieser Ansatz allmählich ziemlich an.

  • Kostenlos Pipi machen kann ich hier an der Autobahn an (fast) jedem Parkplatz. Und auch da bin ich heute auf die Seite der Herren gegangen, da bei den Damen nur eine zugänglich, die Toilette aber vollgestopft und verstopft mit Klopapier war