'Die Buchhändlerin' - Seiten 268 - Ende

  • Ja, ihr habt da meine volle Zustimmung. Ich muss das, glaube ich, etwas anders erklären.


    Natürlich halte ich nichts davon, dass Christa sich selbst aufgibt. Das meinte ich auch gar nicht.

    Ich finde es aber auch nicht passend, wenn Christa sozusagen ohne Rücksicht auf Verluste ein Studium aufnähme und alles stehen und liegen ließe. Ja, das Leben spielt ihr, was ihre Lebenswünsche anbelangt, nicht gut mit. Aber ich finde, sie macht das Beste aus jeder Situation und sie übernimmte in jungen Jahren schon große Verantwortung, auch oder gerade für ihre Mitmenschen. Das ist eine Stärke, die doch bewundernswert ist.


    Totenleserin Aus deinen Postings habe ich eher rausgelesen, dass du dir gewünscht hättest, dass Christa ihr Leben selbst in die Hand nimmt und ihr Studium auf Biegen und Brechen durchsetzt. Vielleicht wäre auch eine solche Geschichte toll geworden (ich bin mir sicher, dass Ines das genauso passend umgesetzt hätte), aber es wäre mit Sicherheit nicht Christas Geschichte gewesen. Und in meinen Augen wäre das in gewisser Weise auch kein gesunder Egoismus gewesen. Nach der Lektüre des Buches kann ich sagen, dass ich eine solche Geschichte eben nicht hätte lesen wollen, sondern Christas Geschichte für mich genau so gepasst hat, weil Christa eben nicht zuerst an sich denkt und ihr Leben trotzdem einigermaßen für sie passend gestaltet.

  • Ich glaube, man darf auch nicht vergessen, dass damals auch mehr von Tag zu Tag gelebt wurde. Da war es wichtiger sich zu überlegen, wie man an Essen, Brennholz und andere Dinge des Lebens kommt. Ein Studium, das erst einmal Geld kostet und vielleicht erst später etwas einbringt war damals für die meisten einfach auch das, was es letztendlich für Christa war, eben ein Traum.


    Und das Bedürfnis nach Sicherheit war nach dem Krieg ganz groß. Lieber gleich das Geld in der Hand halten, auch wenn es weniger ist, als noch ein paar Jahre zu warten und auch nicht zu wissen, ob dann wirklich mehr Geld rein kommt. Vor allem waren die Berufsaussichten für Frauen damals ja noch eher schlecht.


    Bei meinem Vater hat sich das ganz deutlich bemerkbar gemacht, ihn hat der Krieg da für's Leben geprägt. Er ist später immer wieder gefragt worden, warum er Beamter geworden ist und nicht in der freien Wirtschaft gearbeitet hat, wo er deutlich mehr hätte verdienen können. Ihm war aber die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz und eine gute Pension lieber als das schnelle Geld.

  • Und das Bedürfnis nach Sicherheit war nach dem Krieg ganz groß.

    Und das Bedürfnis, seine Lieben zu schützen und die Familie zusammenzuhalten. Gerade wenn es menschliche Verluste zu beklagen gab wie bei Christa der Vater - und fast der Onkel. Da würde es sie doppelt treffen, wenn sie Heinz verlieren würde.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Bei meinem Vater hat sich das ganz deutlich bemerkbar gemacht, ihn hat der Krieg da für's Leben geprägt

    Mein Vater war ein Flüchtlingskind. Er hat zum Beispiel sein Leben lang sehr schnell gegessen und jedes Fitzelchen von seinem Teller. Er hat sogar manchmal den Teller mit der Zunge leergeschleckt. ^^

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

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  • Mein Vater war ein Flüchtlingskind. Er hat zum Beispiel sein Leben lang sehr schnell gegessen und jedes Fitzelchen von seinem Teller. Er hat sogar manchmal den Teller mit der Zunge leergeschleckt. ^^

    Meiner ja auch. Er hat sogar die bereits eingespeichelten und wieder getrockneten Brezen meiner Kinder noch gegessen, Essen wegwerfen kann er gar nicht.

    An seinem 10. Geburtstag waren sie bei Mauthausen und er hat da von einem gerade befreiten KZ-Insassen einen Kanten Brot zum Geburtstag bekommen, das hat nicht nur ihn geprägt, ich tu mir auch schwer mit Essen wegwerfen.

  • ich tu mir auch schwer mit Essen wegwerfen.

    ich auch - ich versuche alles zu verwerten, bei mir natürlich kein "Kriegstraumata" sondern eine Einstellungssache, die ich von meinen Eltern sicher vorgelebt bekommen habe.


    Man unterschätzt sicher, dass auch die Generation nach dem Krieg noch von den Ereignissen bzw. den Menschen die ihn erlebt haben, geprägt wurde.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

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  • So, nun habe ich das Buch ausgelesen und was mich ärgert ist, dass ich immer noch nicht weiß, was Jago weggetrieben hat. Es ist schön, dass Christa ihn wiedertrifft und dass bei beiden die Gefühle noch da sind. Christa hat auch ein Stück Glück verdient.


    Im Letzten Abschnitt hatte ich ja den Eindruck, als wollte Martin Christa empfehlen, Werner zu heiraten. Doch nun ist er zurück und wird mit der Situation nicht fertig. Es ist für alle belastend, selbst für Heinz. Aber Martin ist vollkommen neben der Spur und in seiner Verzweiflung erwägt er wirklich Radikales. Martin hat Hilfe gesucht vom Pfarrer und beim Arzt, aber weder der eine noch der andere hatten Empathie und wollten auch nicht helfen. Besonders ein Mann der Kirche sollte Nächstenliebe üben, aber was kann man schon erwarten. In dem Verein ändert sich nie etwas.


    Ich finde es gut, dass Christa sich Hilfe gesucht hat. Auch wenn es ihr nicht leichtgefallen ist und sie lange überlegen musste, so hat sie Gundas Vorschlag doch akzeptiert. Eine mutige Entscheidung, aber auch eine, bei der Christa die Leidtragende ist.


    Marlies sitzt nun mit ihrem Baby alleine da, da Joe bereits verheiratet war und nur ein bisschen Spaß gesucht hat.

    Heinz kommt mit seiner ungewöhnlichen Familienkonstellation gut zurecht. Er hat seinen Gedenkbaum gefunden und endlich die Tränen rausgelassen. Es war schön, wie Christa ihn dabei unterstützt hat.


    Mir hat das Buch gefallen und ich hoffe, dass die Familie Schwertfeger/Hauff im zweiten Band ihre Probleme, die bestimmt noch auftauchen, aus der Welt schaffen können, damit alle nach den schweren Zeiten auch ihr kleines oder auch großes Glück finden

  • War schon hart, wie sie Martin angegangen ist und wie der dann in Verzweiflung gestürzt wurde. Eigentlich taten mir dann alle drei leid.

    Aber ihr Frust muss ja auch mal raus. Sie hat sich ja oft genug zurückgenommen.

    Für die Literatur wurde die Gruppe 47 immer wichtiger. Darauf gehe ich im 2. Band näher ein.

    Da bin ich schon sehr gespannt.

    Ich fand auch schade, dass beide Amis solche Knalltüten waren.

    Aber es gab ja auch den positiven Part, nämlich Chitto. Über den hätte ich gerne nochmal etwas gehört.

    Mit dieser Alternative kann ich mich nicht so recht anfreunden. Rebellion ist ja nicht alles. Und Heinz hätte es ganz sicher nicht genützt. SIe entscheidet ja auch aus Liebe und Verantwortung zu Heinz.

    Man lebt nie für sich alleine und muss immer abwägen, ob man wirklich seinen eigenen Interessen den Vorrang einräumt. Aber gerade nach den schweren Zeiten, die die Familie zusammen erlebt hat, ist die Bindung doch bestimmt noch stärker und dann denkt man vielleicht noch eher an die anderen.

  • Ja, "Draußen vor der Tür" hatte für so viel Aufsehen gesorgt, dass es bei uns Pflichtlektüre im Deutschunterricht war.

    Ich habe das Buch bisher noch nie gelesen, aber das Theaterstück schon mehrfach gesehen.

    Christa wünsche ich ein wenig Liebe im Leben. Ob das mit Jago wirklich funktionieren kann? Das Thema Scheidung war ja damals noch recht schwierig.

    Aber die jetzige Familienkonstellation ist ja schon etwas gewagt, da werden sie auch alles andere hinbekommen.

    Mir sind die Motive Christas klar (vor allen Dingen die Verantwortung und Liebe zu Heinz), aber dafür das eigene Leben so in Ketten zu legen und den Traum auf die große Liebe zu begraben ist sehr hart.

    Wenn Jago nicht verschwunden wäre, dann wäre sicher auch alles anders gekommen. Christa liebt Jago immer noch und war für eine neue große Liebe noch gar nicht offen.

    Die Charaktere - vor allem der von Christa - sind wohl dass, was Totenleserin sehr stört. Ich weiß, was sie meint, denn ich hätte oft ganz anders wie Christa gehandelt und habe ihr das auch immer gewünscht, dass sie sich mehr gegen das zur Wehr setzt, was ihr das Glück streitig machen möchte.

    Es wäre aber auch langweilig, über eine person zu lesen, die genauso wäre wie ich. Dann gäbe es keine Überraschungen mehr und nichts, woran man sich reiben kann.

  • Meiner ja auch. Er hat sogar die bereits eingespeichelten und wieder getrockneten Brezen meiner Kinder noch gegessen, Essen wegwerfen kann er gar nicht.

    An seinem 10. Geburtstag waren sie bei Mauthausen und er hat da von einem gerade befreiten KZ-Insassen einen Kanten Brot zum Geburtstag bekommen, das hat nicht nur ihn geprägt, ich tu mir auch schwer mit Essen wegwerfen.

    Ja, das hat sich in der Erziehung niedergeschlagen. Meine Eltern haben nichts weggeworfen, weil sie die Not erlebt haben, und auch ich kann Nahrungsmittel nicht wegwerfen. Dadurch gibt es manchmal gelungene Kreationen, die ich dann später einfach nicht wieder nachkochen kann.

  • Ich habe eine Frage an euch: soll Frau Klein im zweiten Teil mitspielen? Bislang habe ich sie ausgelassen, aber vielleicht ist sie als Gegenmeinung nützlich?

    Ich fände es gut, wenn sie sich aus der Geschichte ausschleicht - oder zumindest erwähnt wird, wo sie abbleibt. Ich hänge wirklich nicht an ihr. Allerdings gab es ja viele solche wie sie (siehe die Proffessoren), also so als "Das Schlechte" war sie irgendwie realistisch. :gruebel

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

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    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe eine Frage an euch: soll Frau Klein im zweiten Teil mitspielen? Bislang habe ich sie ausgelassen, aber vielleicht ist sie als Gegenmeinung nützlich?

    Ich fände es eigentlich ganz interessant, wenn sie noch mal vorkommen würde. Ich mochte sie zwar als Person auch gar nicht, aber ich mag es schon, wenn in Fortsetzungen die Personen aus dem ersten Band wieder auftauchen. Also wegen mir darf sie ruhig noch weiter mitspielen.

  • Ich habe das Buch nun auch fertig und kann noch gar nicht so recht loslassen. So viele Gedanken gehen mir durch den Kopf, was auch an euren interessanten Denkanstöße hier im Forum lag.

    Christas Situation und auch Handeln ist für mich beklemmend und nachvollziehbar zugleich. Ich denke sie hat getan, was sie aus ihrem Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl heraus tun musste. Dass sie ihre eigenen Bedürfnisse immer hinten anstellt, brodelt in ihr und immer mal wieder wird dieses Gefühl übermächtig (wie zum Beispiel im Gespräch mit Martin). Für mich ist es absolut stimmig, dass sie sich einerseits ihren eigenen und selbst bestimmten Weg mit Studium etc. wünscht, andererseits ist sie eben als Tochter von Helene aufgewachsen und das prägt doch zumindest die innere Stimme.

    Ich frage mich, ob es Martin und Werner wirklich gelingt eine glückliche Beziehung zu führen. Martin ist so vorbelastet, seine Schuldgefühle zerfressen ihn und das Glück/Unglück seiner Nichte, den unerfüllten Kinderwunsch (der bestimmt noch größer wird) wird er niemals ausblenden können.

    Danke an alle Büchereulen und Ines für die intensive Leserunde! War meine erste und mein Hirn lief beim Lesen im Buch und im Forum auf Hochtouren, so dass ich teilweise noch etwas überfordert war, aktiver an der Diskussion teilzunehmen. Eine tolle Erfahrung!

  • Ich habe eine Frage an euch: soll Frau Klein im zweiten Teil mitspielen? Bislang habe ich sie ausgelassen, aber vielleicht ist sie als Gegenmeinung nützlich?

    Eine Gegenmeinung ist ganz bestimmt gut. Ob es unbedingt Frau Klein sein muss, kann eigentlich dahin gestellt bleiben. Mir persönlich wäre es egal, ob sie im nächsten Band wieder auftaucht oder nicht.


    Christas Gegenspielerin kann ja auch jünger sein, vielleicht eine Person in Christas Alter, die ein anderes Leben lebt (vielleicht eines, wie Christa es sich wünschen würde). Hier würden sich sicher auch genügend Konflikte finden.


    Frau Klein hat für mich so ein bisschen Else-Kling-Charakter. Und sie wird von den anderen Bewohnern ja nicht richtig ernst genommen bisher, stellt also nicht wirklich "eine Gefahr" für diese Gemeinschaft dar. Insofern ist sie anstrengend, ja, aber wenn niemand etwas für ihre Meinung gibt, bleibt sie eben auch einfach nur anstrengend und wirkt etwas aus ihrer Zeit gefallen.

  • Ines , ich habe auch noch eine Frage an dich: Du hast erzählt, dass das Buch erst während deiner Arbeit an diesem Band zu einem Mehrteiler wurde. Hättest du, wenn es bei einem Band geblieben wäre, Jagos Geheimnis gelüftet oder hast du dieses Detail erst aufgenommen, nachdem klar war, dass es einen weiteren Teil gibt?

  • Ich frage mich, ob es Martin und Werner wirklich gelingt eine glückliche Beziehung zu führen. Martin ist so vorbelastet, seine Schuldgefühle zerfressen ihn und das Glück/Unglück seiner Nichte, den unerfüllten Kinderwunsch (der bestimmt noch größer wird) wird er niemals ausblenden können.

    Ich wünsche es ihnen und ich glaube, dass die beiden das schaffen können. Ihre Lebenssituation schweißt sie sicher noch mehr zusammen als das bei anderen Paaren der Fall ist. Die beiden müssen ja in ständiger Angst leben, doch entdeckt zu werden (oder sind vom Wohlwollen ihrer Mitmenschen abhängig, die sie nicht denunzieren) - zumindest, was Werner in Deutschland anbelangt.


    Danke an alle Büchereulen und Ines für die intensive Leserunde! War meine erste und mein Hirn lief beim Lesen im Buch und im Forum auf Hochtouren, so dass ich teilweise noch etwas überfordert war, aktiver an der Diskussion teilzunehmen. Eine tolle Erfahrung!

    Dann hoff ich mal, dass wir uns auch bei einer weiteren Leserunde wieder lesen. :wave


    Diese Leserunde hat wirklich großen Spaß gemacht.

    Aktuelle Lektüre: Fräulein vom Amt - Der Tote im Kurhaus -- Charlotte Blum
    SUB: 90

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  • Ich fände es eigentlich ganz interessant, wenn sie noch mal vorkommen würde. Ich mochte sie zwar als Person auch gar nicht, aber ich mag es schon, wenn in Fortsetzungen die Personen aus dem ersten Band wieder auftauchen. Also wegen mir darf sie ruhig noch weiter mitspielen.

    Einfach nicht mehr das sein, gefällt mir nicht. Zumindest eine Erklärung, was mit ihr geschehen ist, finde ich notwendig.

    Dann hoff ich mal, dass wir uns auch bei einer weiteren Leserunde wieder lesen.

    Ich wäre dabei!

  • Christas Gegenspielerin kann ja auch jünger sein, vielleicht eine Person in Christas Alter, die ein anderes Leben lebt (vielleicht eines, wie Christa es sich wünschen würde). Hier würden sich sicher auch genügend Konflikte finden.

    Oh ja, das fände ich auch interessant! Dennoch würde ich mich aber für den weiteren Verbleib von Frau Klein in der Fortsetzung interessieren.