Abbitte - von Ian McEwan

  • Hallo zusammen,


    ich konnte nicht glauben, daß Ihr DIESES Buch noch nicht besprochen habt...!
    Es ist ja nicht mehr das Aktuellste...ich stell es trotzdem vor:


    Zum Umschlagtext:
    Am heißesten Tag im Sommer 1935 wird die dreizehnjährige Briony Tallis im Landhaus ihrer Familie Zeuge eines eigenartigen Geschehens. In der Schwüle des Tages sind alle wie verwandelt. Was treibt die ältere Schwester mit Robbie Turner am Brunnen, was in einer dunklen Ecke der Bibliothek? Und wie ist jenes Wort in dem Brief zu verstehen, den sie nicht öffnen sollte? Mit Briony geht die Phantasie durch...
    Noch am selben Abend ist das Leben aller Beteiligten für immer verändert....
    Abbitte ist ein Buch über Leidenschaft und die Macht des Unbewußten, über Reue und die Schwierigkeiten der Vergebung. Ein Meisterwerk, einfach hinreißend in seiner Beschreibung von Kindheit, Krieg und Liebe. In leuchtenden Bildern entsteht ein ganzes Universum: Weltliteratur.


    Über den Autor:
    Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot, lebt in Oxford. 1998 erhielt er den Booker Prize für AMSTERDAM und im folgenden Jahr den Shakespeare-Preis der Alfred-Töpfer-Stiftung für sein Gesamtwerk.


    Meine Meinung:
    Ich kann mich dem euphorischen Lob der internationalen Kritik nur anschließen. Im Prinzip sehr vorsichtig mit jedem Überschwan muß ich hier sagen: das ist wirklich Weltliteratur! Ich bin begeistert...und möchte eigentlich das kleine Wörtchen <genial> gelten lassen!! Ein absolutes MUSS.


    Viele Grüße an Euch


    Mephisto :wave

  • ... hab mal die ISBN ergänzt...


    Hm, ich hätte schwören können, ich hätte das hier besprochen ... tja, so kann man sich täuschen ! :grin


    Ich habs 2002 gelesen und war schwer beeindruckt. Allerdings ist mir die Protagonistin so manches Mal echt auf die Nerven gefallen in ihrer Naivität ...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Mir hat das Buch auch sehr gut gefallen, insbesondere der erste Teil im Landhaus. Die Beschreibung der Kriegswirrnisse war mir stellenweise zu langatmig, aber insgesamt fand ich das Buch sehr, sehr empfehlenswert!

  • Ich hab das Buch letztes Jahr gelesen und war auch hin und weg. Der Romanaufbau mit seinen Wendungen gerade gegen Ende hin hat mich sehr beeindruckt. Ian ist schon ein Genius :-)

  • Großes Buch. Das schrub ich seinerseit dazu:


    "Der Zementgarten", das war ein Film, der mich in meiner späteren Jugend ziemlich verstört hat. Der 1948 geborene Ian McEwan hatte das Buch geschrieben.


    "Abbitte" beginnt wie ein Sittenbild, wie einer dieser viktorianischen Romane: Sommer-Landleben, flirrende Hitze, Herrenhaus, die Töchter, die Köchin, der Gärtner - im britischen Surrey, im Jahr 1935. Familie Tallis hat zum Essen geladen, der Bruder Leon kommt aus Cambridge, bringt einen Freund mit, Paul Marshall, den Schokoriegel-Millionär, der bereits eine Army-Version seiner Süßigkeit plant, weil alle davon ausgehen, daß es wieder Krieg geben wird. Lola, Jackson und Pierrot sind zugegen, die Kinder der Mutterschwester, weil die und ihr Mann sich gerade hoffnungslos entzweit haben. Cecilia Tallis ist dreiundzwanzig, Leon zwei Jahre älter und Briony, das etwas introvertierte Nesthäkchen, dreizehn. Robbie Turner, der Sohn des Gärtners, Zögling des Tallis-Familienoberhauptes und ausgezeichneter Cambridge-Absolvent, blickt erwartungsfroh dem Medizinstudium entgegen, das, so steht zu hoffen, ebenfalls von Jack Tallis finanziert werden wird. Er und die drei Kinder des Hauses sind seit jeher Freunde, doch mit Cecilia verbindet ihn inzwischen mehr, wie beide merken - der Beginn einer zärtlichen, anfangs noch unbeholfen tastenden, nichtsdestotrotz sehr leidenschaftlichen Liebe steht bevor. Wenn da nicht Briony wäre.


    Briony schreibt, früher Märchen, jetzt Theaterstücke, kleine, kinderweltliche Romanzen mit Helden und Antihelden; vor dem Abendessen soll "Die Heimsuchungen der Arabella" aufgeführt werden, zu Leons Ehren, mit den jetzt elternlosen Zwillingen Jack und Pierrot in Neben-, Briony und Lola in Hauptrollen.
    Doch die kurzfristigen Proben scheitern, die Hitze macht allen zu schaffen, der elterliche Bruch liegt nur Tage zurück, und Briony hat ganz andere Sorgen, weil sie vom Fenster aus eine Szene zwischen Cecilia und Robbie beobachtet hat, die nach ihrer schriftstellerischen Deutung gewalttätig, zwanghaft war. Ein Brief, den sie in Robbies Auftrag der Schwester übergeben soll, und der fälschlicherweise in einer etwas obszönen Fassung im Umschlag steckt, nährt ihre Befürchtungen, und eine Begegnung in der düsteren Bibliothek, in der Cecilia und Robbie halbentkleidet zu kämpfen scheinen, verfestigt ihre Meinung, daß sich der Freund zum Triebtäter, zum Psychopathen entwickelt hat. Nach dem Essen verschwinden die Zwillinge, hinterlassen einen herzergreifenden Abschiedsbrief - Suchtrupps machen sich auf den Weg, Briony alleine, findet statt der Zwillinge aber die verstörte Lola, die im dunklen Park vergewaltigt wurde - Briony sah den Täter fliehen, und ist sich sicher, daß es sich um Robbie handelte. Das kindliche Gemüt in seinem frühschriftstellerischen Schwarzweißdenken wird zum Ankläger, vernichtet im Antagonistenglauben Robbies Existenz und die Liebe zur Schwester. Die Familie zerbricht, der Krieg bricht aus.


    Anfangs wußte ich nicht, ob ich je über Seite zwanzig, dreißig hinauskommen würde, zu possierlich, hausbacken schienen die Schilderungen, bis ich spürte, wie unglaublich dicht und zwingend, wahrhaftig achtsam McEwan seine Figuren und ihre Entwicklung komponiert. Die Erzählung hat etwas von der Fahrt auf einer alten Holzachterbahn: Anfangs lächelt man, inzwischen Zehnfachloopings gewöhnt, senkrechte Abstürze aus hundert Metern Höhe, aber dann zeigt das alte Ding seine Zähne, seinen leicht anachronistischen Reiz, die ganz eigene, sehr unhölzerne Wucht, gegen die moderne Superlative nie anstinken können. In einer sanften, fast "hohen" Sprache, mit großem Feingefühl und in einer fantastischen Diktion folgen die Kriegserlebnisse Robbies, Brionys und Cecilias, die Wiederannäherung, der Sühneversuch der kleinen Schwester. McEwan erzählt innerhalb der Erzählung, modelliert aus drei Perspektiven dann doch ein Sittenbild, aber eines um Wahrheit und Schuld, um Fiktion und Schicksal. Eine Art Manifest gegen den Augenschein, aber gleichzeitig weit mehr als das.


    Leider ist das Buch zeitweise ein bißchen langweilig und nebensächlich, und der Autor ist sehr auf seine drei Hauptfiguren fixiert, plaziert alle Nebendarsteller so weit hinten im Achterbahnzug, daß sie nichts mehr von der Fahrt haben, vor allem im zweiten und dritten Teil des Romans. Dessen ungeachtet bleibt es eine sehr ansprechende, hochklassige Lektüre, die ihren Reiz beileibe nicht nur aus der zeitgeschichtlichen Bedeutung, sondern insbesondere aus der einzigartigen literarischen Umsetzung bezieht. Die Botschaft ist vielleicht ein bißchen fad und zu früh allzu leicht erkennbar - der einzige wirkliche Makel des ansonsten sehr empfehlenswerten Buches.

  • Hallo,


    ich hab das Buch gestern zu Ende bekommen und bin gegen Ende nochmals angenehm überrascht worden.
    Das Buch kann man wirklich jedem nur ans Herz legen, denn auch wenn der Rückentext zwar in all seiner Kürze beschreibt, worum es in diesem Buch geht, steckt doch noch soviel mehr darin...


    Mir haben besonders die drei Teile und die darin enthaltenen unterschiedlichen Blickwinkel gefallen. Der Schluß ist auch prima gelungen, ich muß gestehen, ich habe von der Wendung nichts geahnt, bis ich von ihr gelesen habe :wow Da hat einen der gute McEwan nochmals geschickt aufs Glatteis geführt... Auch wenn die Kriegsbeschreibungen für manch einen vielleicht etwas langatmig scheinen mögen, hat mir hieran gut gefallen, dass sich die Handlung hierbei gerade nur auf diesen "Rettungs-Pilgerweg" ans Meer beschränkt hat und man trotzdem einen beklemmenden Eindruck von den Schrecken des Krieges erhält (der später im Krankenhaus ja nochmals verstärkt bestätigt wird).


    Also, Fazit: Sollte man auf jeden Fall gelesen haben, da es leicht zu lesende und trotzdem anspruchsvolle Literatur ist. Ganz bestimmt war das nicht mein letztes Buch von Ian McEwans... :-)

    Viele Grüße,Eure SUB-Priesterin :wave


    "Der Kopf ist rund, damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können" (Picabia)


    Zur Zeit lese ich gerade: Jane Bowles - Zwei sehr ernsthafte Damen

  • Mir ist das Buch auch erst vor einigen Monaten in die Hände gefallen und ich habe es erst gestern angefangen und bis heute im Garten liegend in einem Rutsch durchgelesen.
    Anfangs hatte ich auch so meine Bedenken, ob es mir gefallen wird, aber schon bald hatte mich die Sprache und auch die Geschichte überzeugt.
    Auch ich fand es zwischendurch ein ganz klein wenig langatmig, was mich aber im Gesamten nicht sonderlich gestört hat. Lieber hätte ich eigentlich etwas mehr über die anderen Familienmitglieder erfahren, die nach dem ersten Drittel fast gänzlich von der Bildfläche verschwanden. Das hätte es für mich perfekt gemacht.


    Trotzdem ist es ein absoluter Lesegenuß gewesen und auf meiem SUB wird sich demnächst noch einiges von McEwan einfinden.


    Viele Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Zitat

    Original von Shirat
    Lieber hätte ich eigentlich etwas mehr über die anderen Familienmitglieder erfahren, die nach dem ersten Drittel fast gänzlich von der Bildfläche verschwanden.


    So ging es mir auch, Shirat. Zwischen der Geschichte im Landhaus und der Kriegsgeschichte gab es einen Bruch. Die einen fanden den ersten Teil toll, die anderen den zweiten - nur wenige sind von beiden Teilen begeistert. Insgesamt aber fand ich das Buch auch sehr lesenswert.

    Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Waldfee ()

  • Das Buch habe ich auf Empfehlung kürzlich gelesen. Hat mich sehr beeindruckt. McEwan gelingt es hier sehr gut, die Charaktere und Verhaltensweisen, speziell der jungen Briony, darzustellen. Und die Konstruktion des Verhängnisses, sehr gut aufgebaut.
    Wie leicht es ist, für ein behütet aufgewachsenes Mädchen Leidenschaft mit sexueller Gewalt zu verwechseln, dazu der fehlgeleitete Brief.



    Wirft die interessante Frage auf, ob "einfache" Fiktion, also eine geradlinige Romanhandlung "wahrer" ist, als doppelte, eine Geschichte in einer Geschichte.


    Und natürlich die moralische Frage. Kann man Briony verzeihen? Könnte man es? Ist es allein ihre Schuld?


    Gutes Buch, sehr gutes Buch.

  • Ich entstaube mal den Thread hier...


    Ich habe das Buch letzte Woche gelesen und war begeistert, so dass ich denke, dass es wohl nicht mein letztes Buch von Ian McEwan gewesen ist.


    Am besten gefiel mir der erste Teil, im Landhaus. Da war einfach jeder Satz ausgefeilt und saß. Klasse.


    Den zweiten Teil habe ich mit ein bisschen weniger Interesse gelesen, da es so einen krassen Bruch zum ersten Teil darstellte. Dennoch gut. Kriegserlebnisse wecken in mir immer ein besonderes Gefühl.


    Aber mit dem dritten Teil konnte ich nicht allzu viel anfangen, da war ich ein wenig enttäuscht. Ich hätte mir eher ein Resumée von Brionys Leben aus ihrer Sicht gewünscht und nicht so ein Dahinplätschern.


    Alles in allem aber ein faszinierendes Buch, hat mir echt imponiert.


    Liebe Grüße,
    Aimée

  • "Abbitte" war vor fünf Jahren auch mein erstes Buch von Ian McEwan. Er ist einfach ein toller Erzähler.


    Mir hat das Ende von Teil 3 (London, 1999) sehr gut gefallen.


  • Hallo,
    hab das Buch vor zwei Jahren gelesen und es hat mir super gefallen.
    Gut, den Anfang im Landhaus fand ich zwar schön geschrieben, aber doch etwas langatmig.


    Richtig interessant wurde es bei Ausbruch des Krieges und die Zeit als Briony im Krankenhaus gearbeitet hat.


    Am Besten war jedoch der Schluss. Grandios und versöhnlich.


    Seither hab ich von Ian McEwan "Amsterdam" gelesen.


    Gruß, Paul

  • Wie alt muss jemand sein, um Richtig und Falsch zu unterscheiden?
    Die jüngste Tochter der angesehenen Familie Tallis ist 13 Jahre alt, ihre ausufernde Fantasie und das eigene pubertäre Gefühlsdurcheinander lassen sie aus einer Beobachtung falsche Schlüsse ziehen und auf diese Weise zerstört sie das Leben von drei Personen nachhaltig.


    Wer McEwans Stil kennt weiß, dass solche Geschichten vermeintlich beiläufig und harmlos beginnen. Unterschwellig allerdings erreicht den Leser die Botschaft des Tückischen, der subtilen Spannung die sich stetig steigert. Ist der erste Teil des Buches auf die Innenperspektive der Beteiligten gerichtet, so wird in den beiden anderen Teilen der Krieg mit all seinen Konsequenzen sehr realistisch, bedrückend und eindringlich geschildert.
    Sehr berührend – und überraschend - ist für mich das Nachwort der mittlerweile 77-jährigen Briony, ihr Rückblick auf das gescheiterte Leben, die Erklärung ihres Versuches der Wiedergutmachung.


    Ein absolut lesenswertes Buch! Ein genialer 1. Teil, hervorragender 2. und 3. Teil!


    Etwas skeptisch stehe ich dem Film gegenüber, der nun seit Kurzem in den Kinos läuft. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich - wie so oft - die Geschichte auf die Love-Story beschränkt. Es ist für mich schwer vorstellbar, die Botschaft dieses Buches filmisch halbwegs zu transportieren. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren .....

  • Ich lese momentan auch "Abbitte" von Ian McEwan. Hab erst 300 Seiten gelesen und bin begeistert, schockiert usw. Ich kann es einfach nicht beschreiben.


    Briony regt mich die ganze Zeit auf. Ja, sie ist noch 13 und versteht nicht was sie macht, aber manchmal wollte ich sie wachrütteln...


    Ich bin wirklich gespannt, was noch passieren wird. Na ja, ich gehe jetzt mal weiter lesen. :-]


    LG
    Ketisa :wave

  • @ *schnegge*


    Na dann, viel Spaß beim Lesen. :knuddel1


    Inzwischen habe ich das Buch fertig gelesen und es hat mir sehr gut gefallen. Vor allem war das Ende nicht vorhersehbar. Und ich, "Heulsuse" habe natürlich geheult...


    LG
    ketisa :wave

  • Ich hab das Buch auch vor ein paar Tagen beendet.
    Der Anfang gefiel mir sehr gut, allerdings hab ich am Ende des ersten Teils das Buch niedergelegt.
    Ich hätte Briony ohrfeigen können! :lache :wow
    Ich war mir nicht ganz sicher ob ich überhaupt weiterlesen sollte, hab mich dann aber "beruhigt" *gg*, und hab den Rest des Buches fast in einem Rutsch durchgelesen. Wunderschön war das, und ich hab es kein bisschen bereut die Lektüre wieder aufgenommen zu haben.


    Ich kann das Buch definitiv weiterempfehlen. :anbet


    Edith: Rächtschreipfähler.

  • ...ich habe Abbitte heute beendet - und jetzt am Ende bin ich begeistert. Am Anfang habe ich mich schwer getan - die ausschweifende Erläuterungen im 1. Teil haben mich gelangweilt - dafür waren Teil 2 + 3 richtig toll - dies ist mein erster McEwan (nachdem ich Saturday abgebrochen habe).


    Ich glaube man braucht etwas Geduld - aber es lohnt sich ...!!


    :wave