'Ich bin Circe' - Seiten 179 - 266

  • Circe wächst mir immer mehr ans Herz mit ihrer ganzen Art. Unter den Göttern und Halbgöttinnen ist sie schon etwas besonderes. Eine die ihr eigenes Tun reflektiert und nicht immer nur an sich denkt. Und wenn sie es tut, dann kann man es verstehen.


    Mit der Einsamkeit ist es auf ihrer Insel vorbei. Schade, dass die Nymphen wirklich nur dumme Nymphchen sind und sie keine Freundin findet. Und schlimmer noch, die Männer machen allesamt keine gute Figur (bis auf den Einen natürlich). Dass sie nach ihrer Vergewaltigung erst mal in maßlosem Zorn tötet und herzlos alle Männer in Schweine verwandelt kann man irgendwie nachvollziehen. Da sie eine Göttin ist, ist auch ihr Zorn göttlich. Umso schöner, dass ein Mann sie dann überzeugen kann, dass es Gründe für das Verhalten der Seefahrer und Krieger gibt (keines was man ganz akzeptieren muss aber zumindest erklärt es einiges.)

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Mir gefällt das Buch mittlerweile auch richtig gut und Circe finde ich toll.


    Sie verwandelt ja auch gar nicht alle Männer in Schweine, in einem Nebensatz sagt sie, dass ein paar Wenige wirklich nur Essen und Trinken nehmen und dann dankbar weiter reisen.

  • Circe ist ja nicht herzlos. Sie setzt eben die Mittel zur Verteidigung ein, die sie hat. Außerdem darf man nicht vergessen, dass das Gastrecht in beiden Richtungen heilig war. Der Gastgeber durfte die Gäste nicht angreifen und die Gäste dem Gastgeber und seinem Hausstand nichts antun.


    Wie geschickt die Handlung rund um Ariadne eingebaut wurde - insgesamt gefällt mir das sehr, wie alles ineinander verwoben wird, auch wenn es nach der ursprünglichen Geschichte gar nichts miteinander zu tun hatte.

  • Ich bin mit sehr wenig Vorwissen ins Buch gestartet, Circe sagte mir gar nichts. Teile habe ich natürlich schon mal gehört, den Ariadnefaden, Odysseus und die Schweine, Deadalus und Icarus. Miller schafft es aber wirklich gut, diese Puzzkestücke zur Geschichte von Circe zu verweben.


    Dass sie nach ihrer Vergewaltigung erst mal in maßlosem Zorn tötet und herzlos alle Männer in Schweine verwandelt kann man irgendwie nachvollziehen. Da sie eine Göttin ist, ist auch ihr Zorn göttlich. Umso schöner, dass ein Mann sie dann überzeugen kann, dass es Gründe für das Verhalten der Seefahrer und Krieger gibt (keines was man ganz akzeptieren muss aber zumindest erklärt es einiges.)

    Wie Zwergin schon schrieb, sie verwandelt ja nicht alle Männer in Schweine, die, die in Not sind und wirklich nur Essen und Trinken benötigen und dann wieder fahren, bewirtet und damit rettet sie ja auch sehr gerne. Leider benehmen sich die meisten Männer nur wie Schweine,sobald sie denken Circe ist allein. Geschickt finde ich, dass Circe noch einfließen lässt, dass die Männer eigentlich schlechte Schweine sind, da Schweine viel intelligenter sind. Da wird die Verachtung und Beleidigung, die das Wort Schwein in Bezug auf Menschen hat,nochmal verstärkt.

    Ich habe nicht den Eindruck, dass Odysseus Circe überzeugt hat. Er erklärt, und die beiden haben einen Waffenstillstand, aber mehr bisher nicht.


    Insgesamt ist es die Geschichte einer starken, selbstbewussten Frau in einer Männerdominierten Welt, die zeigt, dass Machtmissbrauch, Gier, Neid mit Macht einhergeht. Und auch wenn es eine von Männern geprägte Welt ist (es kommen nur weibliche Nymphen, Söhne werden nicht bestraft, starkes Statement in einem Nebensatz), gibt es diese schlechten Eigenschaften auch bei Frauen. Dadurch wird Circe noch sympathischer.

  • Huhu! :wave

    Eigentlich wollte ich in dieser Leserunde nicht mitmachen, aber ich höre gerade das Hörbuch dazu. Nebenbei bemerkt: Ich kann das nicht empfehlen. Es gefällt mir nicht, wie es gelesen wird. Die Satzmelodie fast jeden Satzes endet in einem Flüstern, so dass man sich den Rest oft aus dem Zusammenhang erschließen muss.


    Doch zum Inhalt:

    Ich fand es eigenartig, dass Circe als Göttin kein Mittel hatte, sich gegen die Vergewaltigung zu wehren.


    Dann stellt sich mir noch eine andere Frage: Was ist mit den Schiffen der Seeleute, die sie in Schweine verwandelt hat? Verrotten die am Ufer?

  • Über die Schiffe habe ich gar nicht nachgedacht. Guter Punkt, aber das war der Autorin wohl im großen und ganzen zu unwichtig. Ich denke mal, Circe hat irgendwie dafür gesorgt, dass die Schiffe im Meer untergehen, da sie ihre Insel ja einladend haben möchte. Sie kann ja extra Zauber wirken, dass die Insel gar nicht angesteuert wird.


    Circe versucht sich ja zu wehren, aber sie hat an übermenschlicher Kraft nur ihre Sprüche. Und sprechen konnte sie ja nicht. Das war ja das Problem.

  • Eine "richtige" Göttin ist Circe ja nicht, mehr ein Mischwesen aus einem Titan und einer Nymphe. Zwar unsterblich, aber viele Fähigkeiten, die Götter haben, hat sie nicht. Hexe entspricht ihren Fähigkeiten genauer.

    Wobei sich da überhaupt die Frage stellt, welche besonderen Fähigkeiten eine Göttin zu einer Göttin machen? Unsterblichkeit auf alle Fälle. Und unendliche Selbstheilungskräfte. Aber dann wird das Ganze schon schwierig. Hat ja jeder Gott andere Fähigkeiten.

    Hermes z.B. kann Fliegen - waren das die Schuhe? :gruebel

    Circes Vater kann Feuer machen.

    Zeus kann Blitze schleudern, sich in andere Gestalten verwandeln etc.

    Circe kann das Meiste nur durch Tränke und dazu passende Sprüche. Ein wenig in die Zukunft schauen aber ansonsten...

    Es ist ja nicht so, dass die Götter einfach mit den Fingern schnippten und dann konnten sie alles. Und es gab für alle Götter irgend eine Art von Beschränkung. Sie waren nicht allmächtig und durch ihre nur allzu menschlichen Schwächen unterliefen ihnen auch ständig Fehler. :lache

    Über die Schiffe habe ich gar nicht nachgedacht. Guter Punkt, aber das war der Autorin wohl im großen und ganzen zu unwichtig.

    Zu realistisch sehe ich das Ganze nicht. :grin Die Schiffe sind tatsächlich unwichtig. Sie könnte sie ja in Brand stecken, der Rest versinkt dann im Meer.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Wobei sich da überhaupt die Frage stellt, welche besonderen Fähigkeiten eine Göttin zu einer Göttin machen? Unsterblichkeit auf alle Fälle. Und unendliche Selbstheilungskräfte. Aber dann wird das Ganze schon schwierig.

    Bei dem Kaiserschnitt bei der Geburt des Minotauros war ich schon etwas verwundert, dass die Heilung danach überhaupt nicht der Rede wert war. Auch wenn die Selbstheilungskräfte vorher bereits erwähnt worden waren.

    Hat ja jeder Gott andere Fähigkeiten.

    Was der Autorin sicher entgegenkommt.;)

  • Ein sehr vielseitiger Abschnitt, in dem sich etliches ereignet. Zunächst noch Circes Aufenthalt auf Kreta. Schön, dass sie und Daidalos doch noch zueinander gefunden haben, wenn ihr Glück auch von sehr kurzer Dauer war. :love: Mir war schon klar, warum ihre Schwester Circe gerufen hat und nicht ihre Brüder - keiner der beiden hätte ihr wohl in ihrem Sinne geholfen bzw. vielleicht noch mit der Geburt, aber sicher hätten die beiden versucht, den Minotaurus umzubringen um ihre eigene Macht zu stärken. Und das war ja nicht in Pasiphaes Sinn. Umso trauriger, dass sie Circe ihre Arbeit und Mühen mit so viel Geringschätzung vergilt. :bonk


    Die Geschichten mit Daidalos, Ikaros, Adriane und Minotaurus wurde erstaunlich schnell zu Ende gebracht. Aber es sind halt nicht Circes Geschichten und nachdem sie keine Rolle mehr darin spielt passt dieses abrupte Ende wahrscheinlich ganz gut.


    Ähnlich schäbig wie von ihrer Schwester wird Circe von ihrer Nichte behandelt. Sehr schade, dass Circes Hilfsbereitschaft nie gewürdigt wird. Kein Wunder, dass sie das frustriert. Und leider wird ihr auch jetzt die Begrenztheit der Insel und vor allem ihre Einsamkeit bewusst, was auch noch in die Vergewaltigung führt. Herzlos finde ich sie in keinster Weise, schließlich nutzt sie ihre Fähigkeiten nur zur Verteidigung - wie schon angesprochen lässt sie die Seeleute, die nichts Böses im Sinn haben ja gestärkt ihrer Wege ziehen. Nach großer Liebe klingt es mit Odysseus zumindest momentan wirklich nicht - mal sehen wie sich die Geschichte entwickelt.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Es gibt wieder große Veränderungen in Circes Leben: Während es zunächst so schien, als fühle sie sich in der ihr auferlegten Einsamkeit ganz wohl, führt ihr Medea vor Augen, dass sie sich da wohl selbst etwas vorgemacht hat. In der Folge wird ihr die Einsamkeit mehr und mehr bewusst, und sie beginnt darunter zu leiden.


    Das fand ich eine interessante Entwicklung und ich habe mich gefragt, inwieweit man sich selbst täuschen kann. Ich denke, dass das sehr weit geht, insbesondere, weil man ja keine andere Wahl hat als sich mit der Situation zu arrangieren. Das ist wohl sehr menschlich (auch wenn unsere Protagonistin hier eine Göttin ist).


    Medea fand ich sehr unsympathisch und berechnend, ich hoffe, sie hat keine weitere Rolle mehr in der Geschichte.

    Die Geschichten mit Daidalos, Ikaros, Adriane und Minotaurus wurde erstaunlich schnell zu Ende gebracht. Aber es sind halt nicht Circes Geschichten und nachdem sie keine Rolle mehr darin spielt passt dieses abrupte Ende wahrscheinlich ganz gut.

    Das war wahrscheinlich einfach notwendig, denn es würde den Rahmen sprengen und uns als Leser unnötig verwirren, wenn man zu ausführlich auf das Schicksal der Nebenfiguren einginge.


    Herzlos finde ich sie in keinster Weise, schließlich nutzt sie ihre Fähigkeiten nur zur Verteidigung - wie schon angesprochen lässt sie die Seeleute, die nichts Böses im Sinn haben ja gestärkt ihrer Wege ziehen.

    Sie verteidigt sich, wenn es notwendig ist, und unterscheidet genau, wer sich tatsächlich nur stärken will und wer die Tatsache ausnutzt, dass sie als Frau allein auf der Insel lebt. (OK, die Gesellschaft der Nymphen zähle ich mal nicht, denn offensichtlich waren die ihr ja keine Hilfe)


    Ich bin auch gespannt, wie ihre Liaison mit Odysseus weitergeht. Nach Liebe sieht das bisher nicht aus.

  • Hier ist wirklich sehr viel Mythologie enthalten, herrlich ...


    Medea und Iason kommen auf die Insel, und dann endlich auch Odysseus.


    Außerdem werden nun dauernd Nymphen zu ihr geschickt, die ihr zur Strafe dienen sollen, viel hat Circe aber nicht davon, sie scheint sich aber daran zu gewöhnen. Immer noch ist sie ein Spielball der Götter ...


    Wir erfahren auch, warum sie begann Männer in Schweine zu verwandeln - man kann sie verstehen ...

  • Das habe ich genauso empfunden und fand es toll, wie es erzählt wird. Ich finde, die Autorin trifft diese Zwischen- und Grautöne sehr prägnant, ohne zu viel zu schreiben. Das ist mir gerade auch bei Circes Einsamkeit aufgefallen.


    Und ja, Selbsttäuschung kann sehr weit gehen. Auf der einen Seite hat Circe diese Abgeschiedenheit sicher gebraucht, um zu sich selbst zu finden, aber irgendwann ist dann auch gut. Nur konnte sie das gut verdrängen, bis es ihr Medea so unverblümt ins Gesicht sagt.


    Nein, Liebe sehe ich bei der Liaison mit Odysseus auch nicht.


    Zumindest das erste Schiff verbrennt sie zusammen mit den Leichen der Männer/Schweine

    Danke für diesen Hinweis, den ich überlesen/verdrängt habe. Es ist gut vorstellbar, dass sie so auch mit den nächsten Schiffen und ihrer Besatzung verfahren ist.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021