'Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe' - Seiten 322 – 403

  • Ich bin noch nicht durch, aber eines muss ich schon los werden. Richard ist für mich immernoch nicht richtig greifbar. Ich kann mir schon vorstellen, dass er Paula liebt und sie auch ihn. Aber er macht es ihr auch nicht leicht, wenn er bei jedem Zweifel, den sie äussert, gleich halb stirbt vor lauter Unsicherheit.

    Sie fragt sich ja, ob sie sich entscheiden muss zwischen Familie und Richard. Ich habe nicht den Eindruck, dass ihre Familie das von ihr verlangt, bei Richard bin ich mir nicht so sicher. Er nennt ihre Familie die Kleingeistigen, weil sie sich darum sorgen, ob er sie ernähren kann. Damit macht er doch ihre Familie auch ihr gegenüber herunter... Ja auch ihre Eltern lassen sie ihre Zweifel spüren lassen, das hat es sicher nicht einfacher gemacht. Trotzdem spürt man da auch immer die Sorge um die Tochter um um ihre Zukunft. Bei Richard spüre ich nur die Sorge um sich und seine Muse.



    Ich frage mich die ganze Zeit, hat sich Richard eigentlich mal darum bemüht etwas zu veröffentlichen? Mit seinen Texten auch Geld zu verdienen? Mir geht dieses "aber er ist doch Künstler!" ein bisschen auf den Keks. Wenn das seine Passion ist und er das machen möchte, dann muss er sich doch auch darum kümmern. Es ist ja toll, wie begeistert immer alle von ihm sind, dann müsste sich doch auch was draus machen lassen.

    Dass er Künstler ist enthebt ihn doch nicht der Verantwortung um sein Leben und das seiner Familie, die er ja mit Paula gründen will. Es kann doch nicht sein, dass er Künstler ist und sie ist seine Muse und der Rest wird sich schon irgendwie fügen.

    Gut er hat jetzt Arbeit und verdient Geld, aber scheinbar hinterlässt er nicht den EIndruck, als wäre das von Dauer....

  • Bei der Hochzeit habe ich mich wirklich über Richard geärgert. Erst stimmt er zu, eine jüdische Hochzeit mitzumachen und dann reisst er die Trauung an sich und verwandelt das Ganze in einen Soloauftritt. Auch die Rede selbst fand ich ein wenig schräg. Ist die überliefert? Hat er das wirklich so durchgezogen?


    Ja, es ist seine Hochzeit, aber er weiss doch um Paulas Schwierigkeiten mit ihren Eltern. Damit tut er doch auch ihr keinen Gefallen. Ist ja nicht so, dass ihre Eltern nicht so ihre Schwierigkeiten mit ihm hatten und über ihren Schatten springen mussten. Sie so vor den Kopf zu stoßen war doch echt nicht nötig....


    Die erste Zeit in der Wohnung erinnert mich ein wenig an meine Zeit mit meinem ersten Freund in unserer Wohnung, als wir neben Studium, Arbeit oder Ausbildung viel gefeiert haben. Nur das wir kein Mädchen und keine Zugehfrau hatten :lache


    Ich geh mal davon aus, dass Paula schwanger ist und daher die Übelkeit kommt. Jetzt wird sich zeigen, wieviel Paula Richard wirklich bedeutet. Ein Kind stellt ja doch vieles auf den Kopf.

    Vor allem scheint er ja mit seiner Arbeit sehr unzufrieden zu sein, wer weiss, wie lange das noch gut geht.

  • Ich frage mich die ganze Zeit, hat sich Richard eigentlich mal darum bemüht etwas zu veröffentlichen? Mit seinen Texten auch Geld zu verdienen?

    Ja, hat er. Er hat auch einzelne Gedichte veröffentlicht - was aber nicht viel Geld einbrachte.
    Was er aber auch gemacht hat, waren Lesungen. Das war damals ein wenig anders als heute. Man traf sich in literarischen Salons - ein gesellschaftliches Ereignis. Manche Salons hatten feste Zeiten - immer Donnerstags von 14 bis 18 Uhr zum Beispiel.
    Bei solchen Anlässen hat er Texte rezitiert - seine eigenen, aber auch andere. Und er war sehr charismatisch, konnte sehr gut vortragen. Die Leute lagen ihm buchstäblich zu Füßen.
    Damit hat er auch ein wenig Geld verdient. Um eine Familie zu ernähren, reicht das aber nicht.

  • Bei der Hochzeit habe ich mich wirklich über Richard geärgert. Erst stimmt er zu, eine jüdische Hochzeit mitzumachen und dann reisst er die Trauung an sich und verwandelt das Ganze in einen Soloauftritt. Auch die Rede selbst fand ich ein wenig schräg. Ist die überliefert? Hat er das wirklich so durchgezogen?

    Ja, seine Rede ist tatsächlich überliefert.

  • Bei der Hochzeit habe ich mich wirklich über Richard geärgert. Erst stimmt er zu, eine jüdische Hochzeit mitzumachen und dann reisst er die Trauung an sich und verwandelt das Ganze in einen Soloauftritt. Auch die Rede selbst fand ich ein wenig schräg. Ist die überliefert? Hat er das wirklich so durchgezogen?

    Ja, seine Rede ist tatsächlich überliefert.


    Dies war für mich auch die Szene, wo ich keinen Zugang mehr zu ihm hatte. Er hat nach meinem Empfinden keinen Respekt vor dem Glauben anderer Menschen. Sicherlich ist es seine Hochzeit, aber er hätte dies absprechen müssen, er kann dies seinem Schwiegervater doch nicht antun...


    Ich kann Paulas Neid auf Elise nicht so ganz nachvollziehen. Sie hat es sich doch genau so ausgesucht? Und wer A sagt muss auch B sagen, oder?


    Ich bin gespannt wie dies nun zu Ende geht... :wave

  • Dieser Leseabschnitt war wieder sehr spannend und Aufschlussreich. Hier hat Richard endgültig bei mir verspielt, wäre ich Paula gewesen hätte ich mit me Vater die Synagoge verlassen.

    Die Traurede war sehr anmaßend, hier kommt sein wahrer Charakter zum tragen, er spielt sich als Gott und Herr über Paula auf, ich war sehr entsetzt.

    Anstatt traute Gemeinsamkeit, reist er angeblich beruflich durch die Welt, und überlässt Paula alles.

    Ein Drückerberger und Faulenzer, der die Arbeit Paula überlässt.

    Gut Künstler mögen anders ticken, aber Richard, ist ein Macho ohnegleichen, anmaßend, egoistisch und selbstverdient. Er hat ja endlich das gekriegt was er wollte. Arme Paula…

  • Drückeberger und Faulenzer finde ich echt hart. Meiner Meinung nach kann er nicht anders. Er selbst möchte ja gar nicht beruflich verreisen. Warum drückt er sich da vor etwas? So ganz verstehe ich die Aussage nicht.


    Die Szene bei der Trauung fand ich ziemlich skurril und wäre ich dabei gewesen, wäre ich auch sehr verwundert gewesen. Allerdings habe ich noch nicht entschlüsselt, ob er tatsächlich meint, dass er Paulas Gott sein soll. Ich sehe es eher wie Auguste: Sie können (zu diesem Zeitpunkt) nicht ohne einander. Allerdings verstehe ich auch Paulas Eltern sehr gut. Sie wollen, dass es ihr gut geht und dass sie auf nichts verzichten muss. Aber sie weiß ja, auf was sie sich eingelassen hat und ist nicht auf den Kopf gefallen.


    Ihren Neid auf Elise kann ich schon ein wenig verstehen. Die Eltern waren damals einfach am längeren Hebel. Obwohl ich schon denke, dass sie ihrer Tochter hier absprechen selber denken zu können.

  • Weiterhin komme ich mit Richard nicht klar. Aber er hat es auch nicht leicht. Alle setzen sie ihn unter Druck, seine Eltern, Paulas Eltern und auch Paula.


    Ich verstehe ja, dass Paulas Eltern sich ein sicheres leben für ihre Tochter wünschen und das ist nun mal mit dem Freigeist Richard schwierig. Doch er schafft tatsächlich einen Abschluss und bekommt eine Stelle. Aber er ist nicht mit Überzeugung dabei, das kann man deutlich merken. Daher denke ich, dass es nicht lange gutgeht.


    Er liebt Paula und kämpft um sie, aber geht es ihm letztendlich um diesen Kampf, das inspiriert ihn. Was ist, wenn Kinder dieses Leben durcheinanderbringen? Ich glaube nicht, dass Richard für Familienleben geschaffen ist. Alles muss sich doch ständig um ich drehen. Selbst auf der Hochzeit hat er aus der Trauung einen Auftritt vor Publikum gemacht. Kein Wunder, dass die Gesellschaft pikiert war.

    Das gemeinsame Leben ist am Anfang noch pure Glückseligkeit, aber Paulas Übelkeit ist eindeutig und alles wird sich ändern.


    Aber diese Zeit bis zur Hochzeit war auch für Paula nicht leicht, denn immer wieder spürt sie den innerlichen Zwiespalt - auf der einen Seite die große Liebe, aber auch die Unbeständigkeit von Richard.

  • Dieser Abschnitt hat mir etwas besser gefallen, wie die beiden vorhergehenden. Aber so richtig greifbar ist für mich nur Auguste. Alle anderen Protas sind mir zu flüchtig und zu ängstlich (wenn man das so sagen kann, ein anderes Wort fällt mir nicht ein).

    Mir sind die Zeitabschnitte zu lang und ich habe immer das Gefühl, es passiert dazwischen nichts und das Leben plätschert vor sich hin. Dabei möchte ich als Leserin doch gerne mehr über Paula wissen, aber mir fehlen so ihre Gefühle. Immer nur Richard... hm... Ich weiß nicht. Irgendwas fehlt mir. In dem Moment, als Paula neidisch auf ihre Schwester war, habe ich das erste Mal ein Gefühl von ihr übermittelt bekommen. So langsam habe ich das Gefühl, dass hier zu viel reingeschrieben wird, aber der Charakter, die Gefühle und Werte fehlen mir teilweise.

    Auch ich denke, dass Paula schwanger ist. Wir werden sehen, was zwischen ihr und Richard passiert.

  • Dieser Abschnitt hat mir etwas besser gefallen, wie die beiden vorhergehenden. Aber so richtig greifbar ist für mich nur Auguste. Alle anderen Protas sind mir zu flüchtig und zu ängstlich (wenn man das so sagen kann, ein anderes Wort fällt mir nicht ein).

    Mir sind die Zeitabschnitte zu lang und ich habe immer das Gefühl, es passiert dazwischen nichts und das Leben plätschert vor sich hin.

    Tja, aber genauso war das. Ich hätte jetzt natürlich dramaturgisch irgendwelche Dinge erfinden können - hab ich aber nicht.
    Ich weiß, dieses Buch spaltet. Und es ist auch anders, als meine bisherigen Bücher.

    Aber ... obwohl mich jetzt ein paar fiese kleine Zweifelteufelchen plagen, bin ich immer noch davon überzeugt, dass es so richtig ist. Für dieses Buch, für Paula. Ihr Leben hatte seine eigene Dramatik und Entwicklung, es hatte Poesie und eine besondere (vielleicht aber auch nur für mich) Tiefe.
    Es tut mir leid, dass ich hier wohl eine ganze Reihe von LeserInnen enttäusche, aber ich steh dazu.

  • Naja. Was will man denn auch groß erzählen, wenn da einfach nicht viel passiert ist?
    Manchmal ist der Weg das Ziel (eigentlich meistens), in dem Fall einfach das als zu langweilig erachtete Leben von Paula. Ich gehe mal schwer davon aus, dass Paula es nicht so langweilig fand. Ich konnte mich jedenfalls gut in ihre Sorgen, Nöte etc. rein denken und fand gar nicht, dass es so vor sich hin plätscherte.

  • Tja, aber genauso war das. Ich hätte jetzt natürlich dramaturgisch irgendwelche Dinge erfinden können - hab ich aber nicht.
    Ich weiß, dieses Buch spaltet. Und es ist auch anders, als meine bisherigen Bücher.

    Aber ... obwohl mich jetzt ein paar fiese kleine Zweifelteufelchen plagen, bin ich immer noch davon überzeugt, dass es so richtig ist. Für dieses Buch, für Paula. Ihr Leben hatte seine eigene Dramatik und Entwicklung, es hatte Poesie und eine besondere (vielleicht aber auch nur für mich) Tiefe.
    Es tut mir leid, dass ich hier wohl eine ganze Reihe von LeserInnen enttäusche, aber ich steh dazu.

    Dass du nicht was dazu erfindest und nicht künstlich Spannung einbaust, ist doch das, was deine Bücher ausmacht. Das ist auch da was mir gefällt. Das Leben an sich ist doch spannend genug. Ich hatte durchaus das Gefühl, dass Paulas Zweifel und Wünsche gut rübergekommen sind. Bei mir war das auf jeden Fall so.

  • Dass du nicht was dazu erfindest und nicht künstlich Spannung einbaust, ist doch das, was deine Bücher ausmacht. Das ist auch da was mir gefällt. Das Leben an sich ist doch spannend genug. Ich hatte durchaus das Gefühl, dass Paulas Zweifel und Wünsche gut rübergekommen sind. Bei mir war das auf jeden Fall so.

    Danke schön.
    Ich weiß noch, wie das war, als ich "Die Australierin" schreiben wollte. Ich hatte meinem damaligen Agenten Leseprobe und ein ausführliches Expose geschickt. Er sagte: Nette Geschichte, aber Minnie darf nicht sterben. das müssen Sie umschreiben, Frau Renk. Und überhaupt - hier und hier und hier fehlt der Spannungsbogen.
    Und ich so ... X(
    Ich kann das nicht umschreiben, habe ich ihm gesagt. Sie hat gelebt und ist nun mal gestorben. das kann ich doch nicht ändern. To make a long story short - ich habe mich von dem Agenten getrennt, einen neuen gefunden, der mich immer unterstützt und mich nie dazu bringen würde, eine Geschichte zu ändern.
    Und ich habe ja mit Aufbau auch den Verlag gefunden, der das mitmacht und auch ein "langweiliges" Buch ohne großen Spannungsbogen ins Programm nimmt - einfach, weil sie die Geschichte so toll finden.
    So, jetzt habe ich aber mein Herz ziemlich ausgeschüttet. Sorry. :/:winkt

  • Naja. Was will man denn auch groß erzählen, wenn da einfach nicht viel passiert ist?
    Manchmal ist der Weg das Ziel (eigentlich meistens), in dem Fall einfach das als zu langweilig erachtete Leben von Paula. Ich gehe mal schwer davon aus, dass Paula es nicht so langweilig fand. Ich konnte mich jedenfalls gut in ihre Sorgen, Nöte etc. rein denken und fand gar nicht, dass es so vor sich hin plätscherte.

    Es gibt ja nun zu Genüge KollegInnen, die dann Spannung reinbringen, die etwas passieren lassen ... die die Geschichte umschreiben. Manchmal mache ich das auch, bei kleinen Dingen. Ich finde den Weg auch meistens spannender als das Ziel ... :knuddel

  • Gut, dass du dir einen anderen Agenten gesucht hast. Wir als Leser hätten das wahrscheinlich nicht gemerkt, aber ich finde trotzdem, dass man sowas nicht macht nur um ein Happy End zu haben oder was auch immer.

    Doch, doch - es kamen Rezis, Leserbriefe ... "WARUM hast du Minnie sterben lassen? WARUM ist diese Geschichte so ....?" - weil sie eben so war. Weil sie auf Realität, auf Fakten beruht.
    Wäre es ein rein fiktiver Roman, dann wäre Minnie nicht gestorben.
    Wäre es ein fiktiver Roman, hätten mir aber auch die Hälfte der LeserInnen die Geschichte überhaupt nicht abgenommen. Eine Frau auf See? In der Zeit? Das war schon sehr außergewöhnlich.
    (Die andere Hälfte der LeserInnen hätte es ohne Kommentar geschluckt - die lesen alles - aber solche LeserInnen sind nicht bei den Eulen 8o)

  • Die Australierin war mein erstes Buch von dir. Und genau das, das da nicht künstlich twists eingebaut wurden, fand ich damals so wohltuend. Gerade bei den Seereisen hätte sich das ja durchaus angeboten.