'Schloss Liebenberg - Hinter dem hellen Schein' - Seiten 001 - 100

  • Ok, kein Wunder in der Zeit, bei dem Zuhause und den Kollegen - aber ich kann mir vorstellen, daß sie sich doch noch selbstbewußter entwickeln wird.

    Also Adelheids Familienverhältnisse sind schlimmer als der Arbeitsplatz. Ganz fürchterlich diese Eltern.

    Und ähnliches kann ich auch für Viktors Vater sagen. So ein Idiot. Der soll sich gefälligst einen neuen Job suchen und von seinem hohen Ross runterkommen.

    Das die Kinder die ganze Familie versorgen müssen, das ist schon krass. Das gibt es so heute wohl kaum noch.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Hm, also ich empfinde es gar nicht als so negativ wie ihr. Das kann zum einen daran liegen, dass es vielleicht besser wird, aber ich zum anderen Adelheids Lerneifer bewunder, Heddas kleine Diebstähle und die kleine Romanze, die sich andeutet toll finde.


    Und es gibt zwar auch einige sehr gemeine Charaktere, aber Adelheid und Hedda empfinde ich als sehr angenehm und auch Viktor scheint nicht ganz verkehrt zu sein (und im zweiten Abschnitt kommen noch mehr hinzu).

  • Also Adelheids Familienverhältnisse sind schlimmer als der Arbeitsplatz. Ganz fürchterlich diese Eltern.

    Und ähnliches kann ich auch für Viktors Vater sagen. So ein Idiot. Der soll sich gefälligst einen neuen Job suchen und von seinem hohen Ross runterkommen.

    Das die Kinder die ganze Familie versorgen müssen, das ist schon krass. Das gibt es so heute wohl kaum noch.

    Puh, Viktors Vater ist so ein Mensch, über den ich kaum urteilen kann. Was soll er denn anderes machen? Er hat ja durchaus versucht. Gut, er könnte Berlin verlassen und neuanfangen. Aber das sagt sich auch immer so leicht. Damals noch mehr als heute.

  • Puh, Viktors Vater ist so ein Mensch, über den ich kaum urteilen kann. Was soll er denn anderes machen? Er hat ja durchaus versucht. Gut, er könnte Berlin verlassen und neuanfangen. Aber das sagt sich auch immer so leicht. Damals noch mehr als heute.

    Für mich ist der in seinem Kosmos gefangen und er versucht nicht ernsthaft, für seine Familie zu sorgen. Dass ihm gekündigt wurde ist blöd. Aber das kann man jetzt nicht mehr ändern. Er könnte ja versuchen als Privatlehrer zu arbeiten oder wie sein Sohn irgendwo in eine Anstellung zu gehen. Mir scheint, er ist sich zu gut dafür.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Hallo zusammen, habe schon die ersten paar Seiten gelesen und freue mich, auf das weitere Buch.


    Eine Frage habe ich direkt, die ich eben stellen will, bevor ich es vergesse: Die Fotos im Pappumschlag: welches Schloss stellen sie dar? Ich denke mal, Schloss Liebenberg ist nicht historisch verankert, oder? Hattest du dir das Schloss auf dem Bild als Vorbild genommen?

    Es ist Schloss Liebenberg, dass es ja tatsächlich gab und gibt. Siehe hier:
    https://www.schloss-liebenberg.de/
    Die Dienstboten sind Fiktion, aber der Fürst, also der Schlossherr, und der Skandal sind historische Begebenheiten.

  • Den Abschnitt habe ich fast durch, aber schon mal hier hereingelinst. Die beiden zitierten Sätze sind genau mein Problem mit dem Buch. Ganz ehrlich: hätte ich das Buch selbst gekauft, würde ich abbrechen. Mag sein, daß es in diesen Häusern unter der Dienerschaft so zuging. Aber in der heutigen Situation,

    - in der man schon in Panik geraten kann, wenn man die Heizung anstellen muß (weil 15 Grad im Wohnzimmer denn doch ein paar zu wenige sind),

    - in der ein durchgeknallter Potentat mit Zugriff auf Atombomben mobil machen und zwischenzeitlich schon mal Kernkraftwerke beschießen läßt,

    - und das vorletzte durchgelesene Buch auch eher ... suboptimal war,

    ist mir das hier bisher fast schon zu depressiv und "herunterziehend", und möchte ich solche massiv negativen und (ich wiederhole mich) herunterziehenden Geschichten eigentlich nicht lesen. (Das vorletzte, allerdings selbst gekaufte Buch, habe ich übrigens aus gleichem Grunde tatsächlich abgebrochen.)


    Das kann ich einerseits nachvollziehen. Ich gucke im Moment genau aus diesen Gründen eigenlich nur noch Komödien oder Liebesgeschichten. Oder mal Fantasie und ähnliches.

    Andererseits hätte ich diese Geschichte nun nicht anders schreiben können, weil ich endlich mal über den schweren und harten und wenig lustigen Arbeitsalltag der Dienstboten berichten wolllte. Sie hatte kaum Freizeit, und waren eben extrem abhängig, konnten aber jederzeit wegen Kleinigkeiten vor die Tür gesetzt werden. Und liest man Zeitungen von damals, gab es reihenweise solche Vorkommnisse. Ich kann dir nun leider auch nicht versprechen, dass es besser wird. Hinter dem hellen Schein - ist eben eine Geschichte derer, die im Schatten leben.

    Das richtige Buch, aber zur falschen Zeit? Tut mir echt leid. Was soll ich sagen? Es würde mich freuen, wenn du trotzdem dabei beliebst.

  • Für mich ist der in seinem Kosmos gefangen und er versucht nicht ernsthaft, für seine Familie zu sorgen. Dass ihm gekündigt wurde ist blöd. Aber das kann man jetzt nicht mehr ändern. Er könnte ja versuchen als Privatlehrer zu arbeiten oder wie sein Sohn irgendwo in eine Anstellung zu gehen. Mir scheint, er ist sich zu gut dafür.

    In diesen Kaisertreuen Zeiten ist es mit einem, der so ganz anders denkt vielleicht nicht so einfach unterzukommen. Sogar Viktor hütet sich, davon zu erzählen aus Angst, dass er deshalb seine Stellung verliert. Verständlich in einem Haus, in dem der Kaiser quasi ein - und ausgeht.


    Anders verhält es sich mit Adelheids Vater. Gut, Tagelöhner sind eben unsere heutigen Saisonarbeiter, im Winter gibt es wenig bis nichts zu tun. Aber dass er dann noch rum meckert, Adelheid bekäme zu wenig Geld, das geht gar nicht. Soll er doch schauen, dass er auf irgendwelchen Höfen als Pferdeknecht unterkommt oder so. Das hätte man zumindest das Gefühl er bemüht sich.

  • Hm, also ich empfinde es gar nicht als so negativ wie ihr.

    Das geht mir auch so.


    So richtig "böse" finde ich eigentlich nur Lydia (und Gerda als ihre Mitläuferin, bei ihr denke ich noch nicht mal, dass sie ohne Lydias Einfluss so wäre) und natürlich Opitz, der seine Stellung ausnutzen will und die Mädchen bedrängt. Bei den anderen denke ich einfach, dass sie in erster Linie ihre Arbeit verrichten und da für Freundschaftpflege nicht unbedingt Zeit und Muße bleibt.


    Freundschaftlich muss es im Job ja auch gar nicht zugehen, kollegial schon eher. Und Hand in Hand arbeiten sie schon, sonst würde der ganze Haushalt dort zusammenbrechen. Wenn es auch Leute gibt (Martha Petzold z.B.), die sich die Rosinen rauspicken und andere die anstrengendere Arbeit machen lassen. Aber auch hier würde ich sagen, dass es das schon immer gab und immer geben wird. ;)


    Für mich ist der in seinem Kosmos gefangen und er versucht nicht ernsthaft, für seine Familie zu sorgen. Dass ihm gekündigt wurde ist blöd. Aber das kann man jetzt nicht mehr ändern. Er könnte ja versuchen als Privatlehrer zu arbeiten oder wie sein Sohn irgendwo in eine Anstellung zu gehen. Mir scheint, er ist sich zu gut dafür.

    Die Situation ist reichlich schwierig. Ich glaube nicht, dass er überhaupt irgendwo Anstellung finden könnte, auch nicht als Privatlehrer. Er wird, ähnlich wie die Angestellten im Schloss ein Gesindebuch haben, sicher einen tadellosen Lebenslauf vorweisen müssen. Den kann er nicht beibringen aufgrund seines Gefängnisaufenthalts, noch dazu wegen Majestätsbeleidung! Wer im obrigkeitshörigen Preußen würde ihn wohl einstellen? Ziemlich vertrackt. Und für harte Arbeit, handwerkliche Tätigkeiten oder solcherlei Dinge wird er vielleicht auch nicht taugen, dazu ist er womöglich zu schöngeistig.

  • Die Situation ist reichlich schwierig. Ich glaube nicht, dass er überhaupt irgendwo Anstellung finden könnte, auch nicht als Privatlehrer. Er wird, ähnlich wie die Angestellten im Schloss ein Gesindebuch haben, sicher einen tadellosen Lebenslauf vorweisen müssen. Den kann er nicht beibringen aufgrund seines Gefängnisaufenthalts, noch dazu wegen Majestätsbeleidung! Wer im obrigkeitshörigen Preußen würde ihn wohl einstellen? Ziemlich vertrackt. Und für harte Arbeit, handwerkliche Tätigkeiten oder solcherlei Dinge wird er vielleicht auch nicht taugen, dazu ist er womöglich zu schöngeistig.

    Er soll also tatenlos in seinem Bett sitzen - für den Rest seines Lebens. Und die Söhne sollen für ihn schuften? Und die Töchter und die Frau in Hunger und Armut weiterleben? Irgend einen Job, sei er noch so unter seiner Würde, wird es doch wohl geben.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Den Abschnitt habe ich nun durch, und meine Meinung hat sich nicht sehr geändert.


    Sehr gut ist das Personenverzeichnis gleich am Anfang, ich habe es sehr häufig benutzt.


    Adelheid wird es wohl noch sehr schwer haben, wie aus dem U4-Text zu schließen ist. Im Moment vermute ich, daß Lydia Keller es schaffen wird, die dort erwähnte Falle zu stellen.


    Die Dienerschaft macht mir den Eindruck „jeder gegen jeden“. Und wenn welche zusammenhalten, dann überwiegend nur zeitweise gegen jemand anderen. Echte Freundschaften scheint es nicht zu geben. Vielleicht kommt das noch, oder ich habe es überlesen.


    Es wundert mich, daß Opitz noch in Amt und Würden ist. Sein Verhalten (und wohl auch Alkoholsucht) muß doch eigentlich irgendwann auffallen? Denn ich vermute, daß Hedda nicht die einzige mit solchen Erfahrungen ist. Nach ihrer Flucht vor Opitz Zudringlichkeiten begegnet ihr Wolfram Neumann. Ob sich da doch noch etwas anbahnt? Zumindest von seiner Seite her scheint Interesse zu bestehen.


    Heddas Diebereien sind ganz schön gewagt. Irgendwann geht das mal schief. Genauso, fürchte ich, mit ihren Geldverstecken. Sie will nach Amerika auswandern. Zumindest geht sie dies nicht mit rosaroter Brille vor den Augen an, sondern halbwegs realistisch. Wie viel Geld man damals für was benötigte, weiß ich nicht. Aber ich habe den Eindruck, daß sie recht gut gerechnet hat.


    Jetzt wird es diffizil und möglicherweise kontrovers. Ich habe lange überlegt, ob ich es überhaupt schreiben soll - andererseits sind Leserunden dazu da, Gedanken offen zu äußern. Das ist mir beim Lesen unwillkürlich durch den Kopf gegangen:

    Wenn ich das so sagen (bzw. schreiben) darf: spätestens ab Seite 82 wird das Buch dann sehr deutsch. „Seitdem waren alle besoffen vor Stolz.“ Ich weiß nicht, wie das um 1906 so war und ob die Menschen wirklich „besoffen vor stolz“ waren, oder ob das nur bestimmte Kreise waren. Wie auch heute nicht alle gleich empfinden, sondern es verschiedene Kreise gibt, die jeweils eine ähnliche Meinung haben. Wobei heute diejenigen mit der meisten Aufmerksamkeit und dem lautesten „Schreien“ nicht unbedingt diejenigen sind, die die Mehrheit haben bzw. sind. Aber das ist ein anderes Thema.




    Das kann ich einerseits nachvollziehen. Ich gucke im Moment genau aus diesen Gründen eigenlich nur noch Komödien oder Liebesgeschichten. Oder mal Fantasie und ähnliches.

    Da haben wir etwas gemeinsam. Ich habe mir dann gestern Abend, quasi zur Erholung und zur Eröffnung der Weihnachtsfilmsaison (immerhin gibt es schon seit ein paar Wochen Lebkuchen zu kaufen) den Film "One Royal Holiday", der wohl auch ganz gut in diese "royal-geprägte" Woche paßt (auch wenn er nicht zum Weinen, sondern oft zum Lachen ist). ( Findus : ist ein Hallmark-Film). Danach sah die Welt dann schon wieder anders aus. ;-)


    Das richtige Buch, aber zur falschen Zeit? Tut mir echt leid. Was soll ich sagen? Es würde mich freuen, wenn du trotzdem dabei beliebst.

    Ich habe auf jeden Fall vor, dieses Buch zu Ende zu lesen. Die Greifenau-Bücher haben mir sehr gefallen, drum habe ich mich hier auch angemeldet. Möglicherweise hatte ich etwas falsche Vorstellungen. Von dem zugrundeliegenden Skandal habe ich übrigens noch nie gehört (jedenfalls kann ich mich nicht erinnern).


    ASIN/ISBN: B09C2XHTGS

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das fehlt mir hier, jemand, der ein Herz hat und die Bediensteten zusammen hält.

    Ja, das geht mir auch so. Schon im letzten LR-Buch hat mir eine "positive Identifikationsfigur", um es mal so auszudrücken, gefehlt. Hier ist es ähnlich. Adelheid ist wohl die Hauptfigur - und dennoch berührt mich ihr Schicksal nicht in der Weise, wie es das für eine Hauptfigur vielleicht sollte. Im Moment kommt mir die Situation eigentlich für so ziemlich alle mehr oder weniger hoffnungslos (wobei das wohl etwas übertrieben ist) vor.




    Wer im obrigkeitshörigen Preußen würde ihn wohl einstellen? Ziemlich vertrackt. Und für harte Arbeit, handwerkliche Tätigkeiten oder solcherlei Dinge wird er vielleicht auch nicht taugen, dazu ist er womöglich zu schöngeistig.

    In Preußen wird er wohl kaum eine Chance haben, er müßte vermutlich ins "Ausland" gehen (Sachsen, Bayern, Württemberg...).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Nun muss ich doch mal nachfragen, weil der Roman ja doch einigen zu "duster" erscheint. Einige kennen Gut Greifenau ja auch.
    War es wirklich so viel besser, ich meine, das damalige Leben? Zugegeben, die paar Jahre später machen etwas aus, es gab schon wieder mehr Rechte. Aber der 1. Weltkrieg war ja auch nicht ohne. Und die Zeit der Revolution, der Hyperinflation, und dann der Weg zur Nazizeit - alles kein Zuckerschlecken. Oder fehlt euch die etwas glücklichere Perspektive der Herrschaften, der Reichen, die sich ja wenigstens noch etwas leisten konnten?


    Als, wie die Verlage es nennen, Wohlfühlbuch (Reihe), war HINTER DEM HELLEN SCHEIN ja nie geplant. Und jeder gute Roman zeichnet sich durch seine Konflikte aus. Hier gibt es natürlich reichlich Konflikte, aber ich denke, ich bin relativ realisitisch in der Beschreibung des damaligen Lebensumstände für die unteren Schichten. Und gute historische Romane zeichnen sich ja dadurch aus, dass man tiefen und realistischen Eindruck von damals bekommt.

    Wie war hier eure Erwartungshaltung?

  • Leider konnte ich erst heute anfangen zu lesen, habe dafür aber die ersten gut 40 Seiten direkt verschlungen. Adelheid, ihr neuer Arbeitsplatz und ihre neuen KollegInnen sind so schön beschrieben, da war ich direkt von der ersten Seite an der Geschichte drin.

    In meinem Kopfkino ähnelt der Schauplatz Downton Abbey. :)

    Ich mag es, dass wir die Geschichte aus Sicht des Dienstpersonals erleben.


    Ich freue mich über das Personenregister gleich zu Anfang! Ich habe es noch nicht gebraucht (bin ja auch noch nicht weit), aber ich mag das sehr, wenn es eins gibt und ich das nicht erst zufällig ganz am Ende finde.


    Ich hoffe, es kommt nicht allzu viel sexuelle Belästigung auf uns zu, mit dem obersten Diener und dem Körperkontakt ist da ja irgendwas nicht ganz korrekt. Und was der Fürst bezweckt mit dem ansehnlichen Stubenmädchen?


    Auf Seite 30 ist mir ein Tippfehler aufgefallen. "Die jungen Damen hätten gerne schon jetzt ihren Nachmittagstee." Da fehlt ein n.


    Freue mich aufs Weiterlesen!

  • Nun muss ich doch mal nachfragen, weil der Roman ja doch einigen zu "duster" erscheint. Einige kennen Gut Greifenau ja auch.
    War es wirklich so viel besser, ich meine, das damalige Leben? ...



    Wie war hier eure Erwartungshaltung?

    So genaue Erwartungen hatte ich gar nicht. Mir war aber nicht bewusst, dass es nur aus Sicht der Angestellten erzählt wird. Ich glaube, ich störe mich nicht unbedingt daran, dass das Leben für die härter war. Aber wenn ich es mit Gut Greifenau vergleiche, dann waren die Angestellten da doch weitaus harmonischer und freundlicher untereinander unterwegs. Da hatte ich das Gefühl von zwei Gemeinschaften. Die Oben und die Unten. Aber hier ist es "Jeder für sich" und "beim Kleinsten Vergehen droht Schlimmes". Das ist so eine unterschwellige Anspannung.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Nun muss ich doch mal nachfragen, weil der Roman ja doch einigen zu "duster" erscheint. Einige kennen Gut Greifenau ja auch.
    War es wirklich so viel besser, ich meine, das damalige Leben? Zugegeben, die paar Jahre später

    Ich empfinde es gar nicht als düster, muß ich gestehen.

    Ich finde es eher spannend zu sehen, wie extrem streng damals die Hausangestellten behandelt wurden.

    Auch wie wenig Rechte sie hatten.

    Aber da ich ja meist Bücher aus noch vergangeneren Zeiten lesen, sehe ich das vielleicht anders.

    Im Gegensatz zu anderen Zeiten war es hier ja doch zumindest etwas sicherer.

    Bei Heinrich VIII wären sie ja gleich einen Kopf kürzer gemacht worden, anstatt "nur" entlassen zu werden. :grin


    Und, wie ich schon schrieb, gerade die Sicht der Agestellten finde ich spannender.

    Die "Reichen" sitzen ja eh nur rum und sticken oder langweilen sich und wissen nix mit sich anzufangen außer ihren Standesdünkel zu pflegen.

  • Wie war hier eure Erwartungshaltung?

    Etwas ähnlich wie die von hollyhollunder ; in der Greifenau-Reihe gab es ja auch „die oben“ und „die unten“ mit genügend Konflikten. Aber dort war immer wieder „Licht“ zu sehen, hier sehe ich nur Dunkelheit allerorten, anders kann ich es nicht ausdrücken.


    Von „denen da oben“ habe ich bisher noch nicht viel gelesen, und das was ich gelesen habe (bin in den ersten Seiten des nächsten Abschnitts), war auch nicht unbedingt erfreulich bzw. schmeichelhaft. Bei „denen da unten“ gab es bisher so gut wie nur Negatives mit schlechten Aussichten, um das mal so zu formulieren.


    Sicher ist es für Adelheid wohl eine Art Aufstieg, im Schloß zu arbeiten. Aber von ihren Mitangestellten kommen praktisch nur Neid und Mißgunst. Wenn sie nach Hause kommt, bringt sie zwar einiges mit und trägt so zum Wohlergehen ihrer Familie bei - aber der Vater ist auch nicht gerade dankbar - also wieder eins auf den Deckel.


    Ich habe schon viele Bücher gelesen, in denen die Verhältnisse für die Figuren teils noch schlimmer als hier waren, die zumindest nicht in Lebensgefahr schweben, will sagen, bin in der Hinsicht durchaus einiges gewöhnt. Und dennoch empfinde ich das Gesamtbild hier als eher - um bei dem Begriff zu bleiben - düster. Möglicherweise liegt das daran, daß ich das Gefühl habe (vielleicht übersehe ich objektiv gesehen entsprechende Stellen), daß es (so gut wie) keine Lichtblicke (von den Pralinen für Hedda mal abgesehen ;-) ) und zumindest derzeit keine Hoffnung auf Besserung gibt.


    Es mag auch mit meinem persönlichen derzeitigen Empfinden zu tun haben, das nicht nur durch die aktuelle weltpolitische Lage ziemlich gedrückt ist. Wo ich hingucke, praktisch nur negative Meldungen. Inzwischen mache ich teilweise gegenüber Nachrichten „dicht“, weil es einfach zu viel des Schlechten wird. Wenn es dann in Büchern auch nicht viel besser aussieht, bin ich inzwischen so dünnhäutig geworden, daß meine Schmerzgrenze ziemlich weit nach unten gesunken ist. Will sagen: zu anderen Zeiten würde ich das vielleicht etwas anders empfinden.




    Hier gibt es natürlich reichlich Konflikte, aber ich denke, ich bin relativ realisitisch in der Beschreibung des damaligen Lebensumstände für die unteren Schichten. Und gute historische Romane zeichnen sich ja dadurch aus, dass man tiefen und realistischen Eindruck von damals bekommt.

    Vielleicht ist es zu realistisch? Elizabeth Gaskell hat in „North And South“ (dt. „Norden und Süden“) ziemlich realistisch über die Situation der Arbeiter in den Tuchfabriken Manchesters um die Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben (die sie aus eigener Anschauung kannte) - das war auch nicht ohne, mit Krankheit und Tod, nicht nur im Nebensatz, an der Tagesordnung. Und dennoch habe ich das nicht als „hinunterziehend“ erlebt. Vielleicht, weil es zwischendurch immer wieder „lichte Momente“, „lichte Gestalten“ gab? Die vermisse ich hier.


    Zwar weiß ich verstandesmäßig, daß die Stelle für Adelheid eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation bedeutet, aber emotional kommt das so gut wie nicht bei mir an. Woran das genau liegt - das weiß ich nicht.


    Tut mir leid, genauer kann ich es momentan nicht definieren.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")