Die Erbin - Claire Winter

  • Dunkle Familiengeheimnisse

    Die Erbin

    Inhaltsangabe: Quelle Heyne


    Eine Geschichte über Liebe, Macht und einen Mord, der in die dunkle Vergangenheit einer großen deutschen Industriellenfamilie führt.

    Köln, 50er Jahre: Cosima ist Erbin der einflussreichen Industriellenfamilie Liefenstein. Doch mit der Gründung einer Stiftung für bedürftige Frauen und Mütter geht sie ihren eigenen Weg. Da tritt der Journalist Leo Marktgraf in ihr Leben, der Nachforschungen über den Tod eines Freundes anstellt. Die Leiche des Anwalts wurde am Ufer des Rheins gefunden, nur kurz nachdem er öffentlich schwere Anschuldigungen gegen die Liefensteins erhoben hatte. Cosima will Licht in die dunkle Vergangenheit ihrer Familie bringen und muss schon bald erkennen, dass nichts so ist wie es scheint. Aber in der jungen Bundesrepublik, in der niemand mehr an die Zeit des Dritten Reiches erinnert werden will, gibt es ein Netzwerk von Menschen, die noch immer mächtig sind. Sie sind bereit, alles dafür zu tun, dass Cosima und Leo der Wahrheit nicht auf die Spur kommen …


    Meine Meinung zur Autorin und Buch

    Claire Winter ist es wieder gelungen mich mit ihrem neusten Werk zu begeistern. Die Geschichte ist sehr berührend, ergreifend und fesselt einem, das man am liebsten nicht möchte aufzuhören zu lesen. Auch wenn er traurige Hintergründe hat, ist er so aktuell wie schon lange nicht mehr. Ich habe gelacht, geweint , gebangt und gelitten mit Clarissa dem Kindermädchen von Cosima, und Leo dem Reporter. Die Figuren wirken sehr Authentisch auch wenn sie nur Angelehnt sind , erinnern sie an die Unternehmer Dynastien und Verwicklungen mit dem NS Regime . Eine Geschichte voller Lug und Betrug, eine Familie die an ihren eigenen Lügen zu zerbrechen droht. Alles ist sehr klar, kraftvoll , Bildhaft und spannend erzählt, von 1929 bis 1957 . Ob Zwangsarbeiter , Arisierung, der Raub Jüdischen Besitzes, KZ und viele Dinge mehr.


    Wir begleiten Cosima auf ihren eigenen Wegen, sie ist eine Junge Frau in den 50er Jahren in Köln, oft sehr eigenwillig und durchsetzungsfähig. Keine leichte Zeit für Frauen damals, zudem sie auch noch eine Erbin eines reichen Familienunternehmens ist. Durch einen kleinen Unfall spät Abends lernt sie den Journalisten Leo Markgraf kennen. Irgendwie kommen sie ins Gespräch, sie ist die Gründerin einer Stiftung die sich besonders um Frauen und Mütter kümmert die auf Hilfe angewiesen sind.

    Ich mochte Cosima von Anfang an, sie besticht durch ihre Gradlinigkeit, an denen es vielen Familienmitglieder fehlt. Auch ihr damaliges Kindermädchen Elisa, trägt die gleichen Charakterzüge. Durch den Journalisten Leo , der neugierig ist über die Stiftung für die Cosima verantwortlich ist, tauchen wir ungewollt in die Familiengeschichte ein, und graben nach und nach alte und schreckliche Familiengeheimnisse aus. Die beiden zum Verhängnis werden können, die Familie ist verstrickt in Lügen die nicht ans Tageslicht dürfen kommen. Ob Zwangsarbeit, die Zusammenarbeit mit den Nazis es kommen grausame Wahrheiten ans Tageslicht, es war unglaublich, ich hoffte nur das Cosima es irgendwie verkraften wird.


    ASIN/ISBN: 3453292588

    Natürlich volle Punkte

    „Lesen heißt durch fremde Hand träumen.“ (Fernando Pessoa)

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  • Hier passt alles ... Fakt und Fiktion verwoben zu einer spannenden Geschichte ... absolute Empfehlung!

    Auf das neue Buch einer meiner Lieblingsautorinnen Claire Winter habe ich regelrecht hin gefiebert und was soll ich sagen, ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Sie greift mit der schrecklichen Zwangsarbeit in Deutschland während des Zweiten Weltkrieg mal wieder ein brisantes Thema auf, das noch viel mehr Beachtung finden sollte.

    Der Roman schildert die Geschichte rund um die sehr vermögende Unternehmerfamilie Liefenstein, die an sich zwar fiktiv ist, jedoch genau so hätte passieren können. Cosima Liefenstein, die Tochter einem der Söhne der Familie, hat es sich auf die Fahne geschrieben, durch den Krieg bedürftig gewordene Frauen zu unterstützen. Sie gründet eine Stiftung und kann es kaum glauben, was durch und mit ihrer Arbeit langsam, aber sicher über ihre Familie zu Tage tritt. Immer mehr steigert sie sich in die Aufdeckung der schrecklichen Taten, die in der Fabrik ihres Großvaters aber auch in ihrer eigenen Familie geschahen …

    Immer wieder schafft es die sympathische Autorin Claire Winter mich in eine Art Leserausch zu katapultieren. Die Geschichte, die nicht nur historischen Charakter trägt, sondern auch durchaus Krimielemente aufweist, liest sich so spannend, dass man das Buch schwer aus der Hand legen kann. Geschickt mischt sie Wahrheit und Fiktion und wieder einmal war ich zudem schwer begeistert von der extensiven Recherche, die diesem Roman zugrunde liegt.

    Von mir gibt es hierfür die volle Punktzahl und natürlich eine Leseempfehlung. Zudem wünsche ich dir, liebe Claire, ein Riesenerfolg und dem Buch viel Anerkennung und Wertschätzung. Der Roman an sich aber auch das sprachlos machende Thema haben es verdient!

  • Über die Autorin (Amazon)

    Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen, historische Fakten genau zu recherchieren, um sie mit ihren Geschichten zu verweben, und ihrer Fantasie dann freien Lauf zu lassen. Claire Winters Romane finden sich regelmäßig auf den SPIEGEL-Bestsellerlisten. Die Autorin lebt in Berlin. -


    Produktinformation (Amazon)

    Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag (16. April 2025)

    Sprache ‏ : ‎ Deutsch

    Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 592 Seiten

    ISBN-10 ‏ : ‎ 3453292588

    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453292581



    Schlimme Vergangenheit

    Köln in den 50er Jahren. Cosima, Erbin der Liefensteins, gründet eine Stiftung für bedürftige Frauen und geht damit ihren eigenen Weg. Der Journalist Leo Marktgraf tritt in ihr Leben. Er stellt Nachforschungen über den Tod eines Freundes an. Dessen Leiche war, kurz nach dem er schwere Anschuldigungen gegen die Liefensteins erhoben hatte, am Ufer des Rheins gefunden worden. Cosima will Licht in die Vergangenheit ihrer Familie bringen und stellt bald fest, dass nichts so ist wie es scheint. Doch in der jungen Bundesrepublik will niemand mehr an die Zeit des dritten Reiches erinnert werden und es gibt ein Netzwerk von Menschen, die immer noch mächtig sind. Sie wollen unbedingt verhindern, dass Cosima und Leo der Wahrheit auf die Spur kommen.



    Meine Meinung

    Das Buch lie0 sich leicht und flüssig lesen, denn keine Unklarheiten im tEst störten meinen Lesefluss. Ich war auch schnell in der Geschichte drinnen. Die beiden weiblichen Hauptprotagonistinnen waren mir gleich sympathisch. Es fing mit der Gründungsfeier für Cosimas Stiftung an, bei welcher sie cich bemühte, Spenden dafür zu sammeln. Die Stiftung imponiert mir. Ihrem Onkel war sie wohl nicht ganz so recht, auch wenn er das nicht sagte. Dann gab es da das Dienstmädchen Elisa, das 193,3 bei Lauensteins eine Anstellung gefunden hatte. Der Auslöser für Cosimas Nachforschungen war der Fund der Leiche eines Anwalts, eines Freundes von Leo Marktgraf. Diesen hatte Cosima auf eine etwas unerfreuliche Art kennengelernt. Und je tiefer Cosima in die Vergnügtheit eintauchte, desto mehr wollte sie wissen. In Elisas Zeit gab es drei Liefensteinsöhne nämlich Theodor, Albert und Edmund, der der jüngste war. Es gab Reibereien wegen des Regimes und nicht alle waren mit diesem einverstanden. Sogar noch nach <krieg hatten manche noch viel Macht und konnten dafür sorgen, dass z B keine Anklage erhoben wurde, wobei es um die Zwangsarbeiter und deren Entlohnung im Krieg ging. Ich finde das Buch sehr gut geschrieben und auch sehr gut recherchiert. . Es gefiel mir gut ist spannend und hat mich gefesselt, so dass ich es am liebsten in einem Rutsch gelesen hätte. Von mir eine Leseempfehlung sowie fünf Sterne.

    ASIN/ISBN: 3453292588

  • Ich hatte das Glück dieses Buch in einer Leserunde mit der Autorin lesen zu dürfen. Ich bin Jahrgang 1957, das Jahr, in dem ein wesentlicher Teil der Geschichte spielt, das Jahr, in dem sich die Knäuel aus Lügengespinst auflösen. Das Buch führt uns über zwei Zeitebenen, von der Vorkriegs, über die Kriegszeit bis zur Nachkriegszeit und eben in das Jahr 1957. Erzählt wird die Verstrickung einer Industriellenfamilie in die Zeitläufte des Nationalsozialismus. Ich habe selbst noch viele solche Menschen kennen gelernt und mit ihnen lang und hart über diese Zeit diskutiert. Deswegen stehe ich nicht so eindeutig wie die Autorin zu den damaligen Geschehnissen. Viele Mitläufer waren genau das, zu feige um den Bösen zu widerstehen, zu feige das was sie als richtig angesehen haben, auch umzusetzen. Viele haben dies später bereut, wenige davon aufrichtig Reue gezeigt, indem sie Wiedergutmachung auf ihre Fahnen schrieben. Die persönliche Betroffenheit, so wird es auch in der Leserunde erwähnt, stellte sich bei vielen erst durch die amerikanische Serie über das Schicksal der Familie Weiß ein. Diese Serie wurde erst 1978 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt und hat viele betroffen gemacht und vielen Zuschauern aus abstrakten Zahlen lebendig dargestellte Personen gemacht. Ansonsten waren nach dem Krieg alle froh überlebt zu haben und wollten von nichts etwas wissen. Niemand sprach ungefragt darüber und erst die sogenannten Achtundsechziger stellten ihren Eltern dann die Fragen und gingen auf die Barrikaden, weil sie keine zufriedenstellenden Antworten bekamen. Umso wichtiger ist solch ein Buch wie „die Erbin“, das Claire Winter hervorragend recherchiert hat und spannungsreich und informativ geschrieben hat für die Leser heute. Leider gibt es heute viel zu viele Menschen, die sich für die Geschichte die Vergangenheit nicht interessieren und die deshalb nicht merken welche Gefahren sich durch ihr eigenes Verhalten entwickeln können. Wegschauen und sich auf sich selbst konzentrieren und die Politik den anderen überlassen, hat schon einmal in den Abgrund geführt. Dies zeigt uns Claire Winter eindringlich, und sie zeigt uns, dass individueller Mut und Selbstvertrauen, wie es ihre Hauptfigur, Cosima entwickelt, weiterhilft und Lösungen entstehen können. Ein Buch, das man als Lehrer auf der Empfehlungsliste für seine Schüler setzen sollte. Ein Buch, den man nur wünschen kann dass der Aufkleber Spiegel Bestseller Autorin möglichst schnell um das Wort Autorin gekürzt wird.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übrsihd

    :lesendLou Lingyuan Sehnsucht nach Shanghai :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Cosima Liefenstein ist Teil einer einflussreichen und vermögenden Familie. Als sie für ihre Stiftung für alleinstehende Mütter den Dachboden sichtet, stößt sie auf alte Fotoalben und einen Brief ihres viel zu früh verstorbenen Vaters. Als sie daraufhin beginnt ihrem Onkel Fragen zu stellen, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens.


    Leo ist Journalist und ein Freund von ihm wurde wohl ermordet. Mehrere Einbrüche lassen darauf schließen, dass er wohl einer heißen Sache auf der Spur war. So macht sich Leo auf die Suche nach den Hintergründen und findet Anhaltspunkte, die auf Cosimas Familie hindeuten. Gemeinsam mit ihr findet er heraus, was wirklich zum Tod des Freundes geführt hat.


    Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen, einmal vor und während des Krieges und einmal 1957, als Cosima ihre Stiftung gründet und so alles ins Rollen bringt. Nach und nach erfährt der Leser so, was in der Familie Liefenstein während des Nationalsozialismus passiert ist. Es geht um die klassischen Themen, die die Industrie vor und nach dem Krieg beschäftigt haben. Gewinn durch Arisierung von jüdischen Unternehmen, Zwangsarbeit und die Verflechtung von Industrie und damaligem Regime. Der Teil der 1957 spielt zeigt, wie sehr es die damaligen Täter geschafft haben sich ihre eigene Beteiligung und Schuld vor dem eigenen Gewissen schönzureden und die Verantwortung auf andere zu schieben.


    Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Es zeigt eindrücklich den Opportunismus der deutschen Industrie im dritten Reich auf und auch, wie wenig Schuldbewusstsein auch nach dem Krieg vorherrschte. Hauptsache der Gewinn stimmte, egal wann. Zugleich schafft es die Autorin gesellschaftliche Zwänge und Moralvorstellungen zu schildern. Geheiratet wird aus wirtschaftlichen Interessen und nicht aus Liebe, egal was es den Menschen abverlangt. Genau diese Art zu leben führt die Familie Liefenstein dann auch in einen Abgrund, der nur schwer zu überwinden ist.


    Ich kann das Buch nur empfehlen, auch wenn die Teile, die im Nationalsozialismus spielen deutlich unbehaglich zu lesen waren. Vieles was da geschildert wird, erinnert leider an heutige Zeiten. So ist es auch eine Mahnung die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Heute wissen wir im Gegensatz zu damals, was Menschen Menschen antun können.


    10 von 10 Punkte

  • Cosima Liefenstein ist die Tochter eines reichen Industriellen, die im 2. Weltkrieg Kind war und gar nicht so wirklich die Zusammenhänge verstanden hat. Als erwachsenen Frau gründet sie im Namen des Großvaters eine Stiftung für alleinstehende Frauen, denen es in den Nachkriegsjahren finanziell oft sehr schlecht geht.


    Als sie dann auf dem Dachboden einige Funde macht, ihre Familie betreffend, stellen sich für sie einige Fragen was denn im 2. Weltkrieg wirklich geschehen ist. Zum Beispiel was Zwangsarbeit, der Profit durch die Arisierung aber auch den Tod ihres Vaters. Dieser wurde immer als Jagdunfall geschildert, aber stimmt das wirklich. Auf alle Nachfragen reagiert ihr Onkel Theodor und ihre Mutter nur ausweichend.


    Zeitgleich versucht der Journalist Leo Marktgraf über Cosima Kontakt zur Familie Liefenstein aufzunehmen um mehr über den Tod seines Freundes und Anwalts herauszufinden. Stecken die Liefensteins da mit drin und wenn ja, warum?


    Je mehr die Beiden nachforschen umso merkwürdiger und gefährliche Dinge geschehen um sie herum. Sie werden verfolgt und bespitzelt und sogar bedroht. Was ist das für ein Geheimnis das Onkel Theodor und sein Bruder so vehement hüten und wer sind die mächtigen Drahtzieher im Hintergrund?


    Die Geschichte der Liefensteins steht symbolisch für all die deutschen Großindustriellen, die mit dem Naziregime gemeinsame Sache gemacht haben, Hitler unterstützt haben und dabei großen Profit herausgeschlagen haben. Was da zum Teil bis heute unter den Teppich gekehrt wird lässt einem die Haare zu berge stehen und zeugt von großer Ungerechtigkeit. Auch die alten Seilschaften bestehen da noch lange und zum Teil bis in nächste Generationen.


    Die Autorin versteht es in flüssigem Schreibstil und einer sehr sympathischen Protagonistin eine Geschichte zu erstellen, die einen mitreißt, einen schockiert und zugleich gut informiert. Denn Claire Winter hat hier wirklich gut recherchiert. Und auch wenn die Liefensteins nur erfunden sind, so ist es so oder sehr ähnlich bestimmt passiert und wir können nur hoffen, daß es nie mehr soweit kommt. Das Buch hat mehrere Zeitebenen was aber gut gekennzeichnet ist, so daß man immer weiß um wen und wann es geht. Zudem haben mir die kurzen Kapitel sehr gut gefallen.


    Ich empfehle dieses Buch uneingeschränkt weiter!

  • „Die Erbin“, das ist Cosima Liefenstein, im Jahr 1957 gerade einmal 22 Jahre alt, die Enkelin von Wilhelm Liefenstein, der ein Unternehmensimperium aufgebaut hat. Cosima möchte alleinstehende Frauen, die ihre Männer durch den gerade überstandenen Krieg verloren haben, unterstützen und gründet dazu eine Stiftung. Ein Journalist versucht an sie heranzutreten, indem er vorgibt eine Reportage über eben jene Stiftung schreiben zu wollen. Durch diesen Kontakt kommt jedoch so Einiges ins Rollen, was nicht nur Cosimas Leben auf den Kopf stellen wird.


    Cosima stößt durch die Begegnung mit dem Journalisten Leo Marktgraf auf Informationen über ihre Familie, über die diese eigentlich lieber den Mantel des Schweigens breiten möchte. Sie recherchiert weiter und deckt so manches dunkle Geheimnis auf, was die Vergangenheit des Unternehmens in einem neuen und wenig freundlichen Licht erscheinen lässt.


    Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Die „Gegenwart“, das ist das Jahr 1957, welche die Geschehnisse rund um Cosima und ihre Entdeckungen zur Familiengeschichte zum Thema hat. Die noch nicht allzu ferne „Vergangenheit“ handelt von den Ereignissen vor und während der Kriegsjahre in der Familie Liefenstein, wobei Cosimas Kindermädchen Elisa hier als Hauptfigur hervorsticht.


    Der Autorin ist es wirklich gelungen, Geschichte lebendig werden zu lassen. Auch wenn die angesprochenen Themen und die ein oder andere Szene sicherlich keine einfache Kost sind, ist dieses Buch dennoch ein reiner Lesegenuss: Die handelnden Figuren haben Tiefe, die einzelnen Charaktere sind facettenreich dargestellt und der stete Zeiten- und Perspektivwechsel lässt einen regelrechten Lesesog entstehen, dem sich zu entziehen mehr als schwerfällt.


    Die Sujets sind vielfältig – private Verwicklungen haben genauso ihren Platz wie die schrecklichen Verbrechen im Nationalsozialismus. Trotzdem ist diese Geschichte nicht überladen, sondern baut sich Szene für Szene elegant auf bis man das Buch zufrieden zuklappt. Und das tut man. Einfach weil man ein gutes Buch gelesen hat, in dem die deutsche Vergangenheit schonungslos offenbart wird und zugleich eine tragische Familiengeschichte einen interessanten Rahmen bildet.


    Ein sehr lesenswertes Buch, das einfach rundum gelungen ist. 10 Eulenpunkte.

  • Köln in den fünfziger Jahren: Cosima Liefenstein stammt aus einer angesehenen Industriellenfamilie. Der Zufall brachte sie mit einer jungen Mutter zusammen, die es in jener Zeit sehr schwer hatte. Daher will Cosima ihr und anderen bedürftigen Frauen helfen und gründet eine Stiftung. Cosima möchte mehr über ihre Familie erfahren, trifft aber nur auf Schweigen. Leo Marktgraf, ein junger Journalist, will wissen, warum sein Freund gestorben ist, der Vorwürfe gegen die Familie Liefenstein erhoben hatte. Als Cosima und Leo recherchieren, stechen sie damit in ein Wespennest und bringen sich und andere in Gefahr, denn die Netzwerke aus der NS-Zeit funktionieren immer noch perfekt und wollen, dass das auch so bleibt.


    Dieser Roman von Claire Winter ist spannend und erschreckend. Von Anfang an hat mich diese Geschichte gepackt, die so viel mehr ist als eine Familiengeschichte. Wir erfahren, wie sich Industriellenfamilien mit den Nazis gemein gemacht haben und deren Gräueltaten nicht nur toleriert, sondern auch aktiv mitgestaltet haben. Nur dank der Zwangsarbeiter konnten sie ihre Geschäfte weiterführen, wobei Kontakte zur Regierung äußerst hilfreich waren. Die fiktive Familie Liefenstein steht für viele andere Industrie-Dynastien, die ihre Historie gerne im Dunkeln gelassen hätten, um auch in der jungen Bundesrepublik weiterführen zu können.


    Immer wieder gibt es zwischendurch Rückblicke, die das Leben der Familie, der Freunde und der Angestellten in der schrecklichen Zeit des Nationalsozialismus zeigen. Für die einen gab es gute Geschäfte, für andere Not und Tod.


    Nachdem ihr Vater Edmund durch einen Unfall ums Leben kam, ist Cosima bei ihrem Onkel Theodor aufgewachsen. Die beiden haben eine enge Beziehung, aber Fragen nach der Vergangenheit bleiben unbeantwortet. Cosima ist eine starke mitfühlende Person. Als sie mehr über ihre Familie wissen will, bringt sie nicht nur Unruhe in die Familie, sie schreckt auch andere auf. Leo hat andere Gründe für seine Nachforschungen, doch auch die hängen mit der Familie Liefenstein zusammen. Cosimas Onkel Theodor ist ein Mann mit vielen Gesichtern. Er verhält sich ganz im Sinne seines Vaters Wilhelm, für den Geschäft und Ansehen das Wichtigste ist. Doch dann passiert etwas, das in ihm etwas auslöst, was zu einer Weiterentwicklung seiner Persönlichkeit führt.


    Elisa Kopper kommt siebzehnjährig als Hausmädchen in die Familie Liefenstein und wird später dann Kindermädchen für Cosima. Wie ungeschützt Angestellte waren, zeigt sich, als sie Hals über Kopf die Villa verlassen muss. Aber auch das Schicksal von David, Edmunds Freund, hat mich sehr berührt.


    Dieser grandiose Roman erzählt eine Geschichte, die berührt und einen lange nicht loslässt. Meine absolute Empfehlung!


    10/10

  • Was für ein Buch - für mich jetzt schon eines der Jahreshighlights.

    Hochspannend, sehr interessante Hintergründe der deutschen Geschichte des Krieges & der Nachkriegszeit mit tollen Figuren.


    Cosima, eine der Familienangehörigen der Liefensteins, einer Industriellenfamilie in den 50 ger Jahren, gründet eine Stiftung für bedürftige Frauen und lernt auf der Rückfahrt ihrer Spendengala zufällig den Reporter Leo Markgraf kennen.


    Durch einige Wendungen und Begebenheiten ergibt es sich, daß Leo und Cosima versuchen, die Geschehnisse der Vergangenheit in der Nazizeit zu ermitteln und aufzuarbeiten.

    Dabei kommen sie Dingen auf die Spur, die nicht leicht zu verarbeiten sind...


    Eine weitere Zeitebene führt zurück in die 20ger Jahre bis in die Nazizeit herein, in der die junge Elisa als Angestellte in das Haus der Liefensteins kommt.


    Anhand Elisas Geschichte, die in Rückblenden abwechselnd mit der aktuellen Zeit erzählt wird, den Nachforschungen Cosimas und Leos, ergibt sich langsam ein Gesamtbild der Geschichte.

    Nicht nur über die Nazizeit allein, insbesondere auch über die Geschichte der Familie Liefenstein, die bis in die aktuelle Zeit hinein reicht.


    Berührend, erschreckend, fesselnd und hoffnungsvoll sind nur einige der Ausdrücke, die die mitreißende Geschichte beschreiben, die peu à peu ans Licht kommt.

    Ein Kapitel der Nachkriegszeit, das heute noch nicht richtig bekannt und aufgearbeitet ist.


    Dazu ein wunderbar flüssiger Schreibstil, der das unterbrechen schwerfallen läßt - Figuren, die so authentisch wirken, seien sie einem sympathisch oder auch nicht, die teilweise so vielschichtig sind, daß man das Gefühl bekommt, selber mitten in der Geschichte zu sein.


    Ich kann das Buch nur sehr empfehlen


    Fazit

    Eine fesselnde und spannende Familiengeschichte über eine Industriellenfamilie in der Zeit der Naziherrschaft und danach, anhand wunderbar dargestellter Figuren.

    Zudem ein mitreißend flüssiger Schreibstil.


    Sehr empfehlenswert.

  • Im Köln der 50 er Jahre bricht die Industriellentochter Cosima aus dem engen Korsett der gesellschaftlichen Vorstellungen dieser Zeit und ihrer Gesellschaftsschicht aus, sie will mehr sein als nur Ehefrau und später Mutter und gründet eine Stiftung um bedürftigen Frauen, vor allem Witwen zu helfen.

    Dabei begegnet sie dem Journalisten Leo Markgraf und beginnt sich mit der Geschichte ihrer Familie in Nazi-Deutschland zu beschäftigen.
    In einer zweiten Zeitebene wir die Geschichte von Elisa, die als Hausmädchen für die Liefensteins arbeitet erzählt udn so erfährt der Leser nach und nach die Ereignisse in den 20er, 30er und 40er Jahren.


    Auf beiden Zeitebenen hat mich die Geschichte von der ersten Seite an gefesselt, die Figuren sind toll dargestellt, manche sehr sympathisch, andere überhaupt nicht, aber auch die "Bösewichte" sind vielschichtig beschrieben., der Schreibstil ist von Anfang bis Ende fesselnd und auch der Abschluss war für mich absolut stimmig.


    10/10 Punkte

  • Vor drei Wochen machte ich mir Notizen zum Bucheindruck, dann kam wieder "Mutter noch mehr helfen" dazwischen und vor zwei Wochen musste ich vorübergehend bei ihr einziehen, so dass ich mich jetzt etwas schwerer tue mit meinen Notizen und was ich vielleicht zum Buch aussagen wollte. Das Leben grätscht manchmal dazwischen, der offene Bucheindruck belastet mich aber auch. Ein Versuch:



    Der neue Roman handelt auf den Zeitebenen vor und während des zweiten Weltkriegs und 1957. Die fiktive Industriellenfamilie Liefenstein hat in Berlin und Bonn Unternehmensstandorte. Drei Söhne heiraten vor dem Krieg, gründen ihre Familien und versuchen ihren Platz im Unternehmen zu finden.


    „Die Erbin“ Cosima ist die Enkelin vom Unternehmensgründer Wilhelm und Tochter des jüngsten Sohnes Edmund, der nach einem Unfall verstorben ist. Sie hat ein gutes Verhältnis zu Onkel Theodor, dem Firmenchef, da ältester Sohn. Dieser unterstützt ihre Initiative der Gründung einer Stiftung für bedürftige Frauen und Mütter. Sie rufen zu Spenden auf und Cosima ist erstaunt, als ihr Onkel die Großspende eines freundschaftlich mit der Familie verbundenen Herrn zurückweist. Parallel findet sie auf dem Dachboden der Familienvilla Dokumente. Sie versucht von ihrem Onkel Erklärungen zu erhalten und weil ihr die Sache keine Ruhe lässt, begibt sie sich allein auf die Suche. Nach und nach findet sie für manches Erklärungen, doch erschüttern sie ihre heimlichen Entdeckungen. Erinnerungsfetzen aus der Kindheit lassen sich nun besser zuordnen. Schnell stellt sie fest, dass vieles anders sein muss, als es scheint und man Dinge vor ihr verheimlicht. Will man sie schonen, weil es nicht so wichtig für sie ist oder verheimlicht man Wichtiges vor ihr?


    In der Zeit vor und während des Krieges war ein erfolgreicher Unternehmer- und Industriellersein weitgehend verbunden mit einer Zustimmung zur Politik. Das braune Erbe. So geht es auch der Familie Liefenstein. Die Verstrickungen der Wirtschaft im Nationalsozialismus, über den Profit, der mit der Zwangsarbeit und den Arisierungen gemacht wurde, aber auch über den späteren Umgang mit dieser Vergangenheit nach dem Krieg, hiermit beschäftigt sich der Roman. Der Umgang gerade mit Zwangsarbeitern, die der ersten Hölle in einem KZ umgebracht zu werden, erst einmal entkommen, doch dann als Zwangsarbeitskräfte jeden Tag um ihr Überleben kämpfen müssen, sehr schlecht behandelt wurden, ist unendlich grausam.


    Nach dem Krieg gab es Prozesse, viele wurden angeklagt und mit ihrer Schuld konfrontiert. Gab es aber noch viel mehr Menschen im großen Netzwerk der Bösewichte, die nicht vor Gericht standen. Das Erschütternde ist, sie schützen, verdecken und vertuschen ihr Mitwirken. Schert einer aus, erkennt er der falschen Idee gefolgt zu sein, ist Existenz, Familie und das Leben bedroht.


    Cosima trifft auf Leo, der auch auf der gefährlichen Suche nach Wahrheiten ist. Können sie sich gegenseitig vertrauen? Sie, die Erbin und er, der Journalist. Schwierig! Ihr folgen die angestellten Leibwächter der Liefenstein, daher ist es eigentlich unmöglich/ da unerwünscht, dass die junge Anfang Zwanzigjährige mal allein unterwegs ist und sehr schwer, dass nicht alles an den Unternehmenspatriarchen, ihren Onkel, weiterberichtet wird.


    Dies war der vierte Roman, den ich von Claire Winter gelesen habe. Es hat dieses Mal bald 200 Seiten gebraucht, bis ich mit dem Buch warm wurde. Ich las es über ein verlängertes Wochenende, die Sonne schien und vermutlich hätte ich auf leichtere Lektüre besser reagiert. Fröhlich stimmen kann das Buch schon thematisch nicht und so war es gut, die tolle Gelegenheit zu haben, es in einer durch die Autorin begleiteten Leserunde zu lesen. Gemeinsam haben wir das Buch reflektiert.


    Ja, ich kann das Buch empfehlen, aber es ist nicht zu meinem Claire-Winter-Lieblingsbuch geworden. Das musste auch nicht erreicht werden. Es ist doch nicht schlimm, wenn ich andere Titel der Autorin, lieber mag.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)