Tannöd - Andrea Maria Schenkel

  • Zuerst hatte ich etwas Probleme mit dem Schreibstil der Autorin und den kurzen, fast abgehackten Sätzen. Doch dann entwickelt die Geschichte einen gewissen Sog, da die Geschichte, die nach und nach aufgedeckt wird, sehr beklemmend und düster ist.
    Nach und nach kommen Menschen zu Wort, welche die Familie Danner kannten und sie erzählen was sie wissen oder zu wissen glauben. Doch da viele Leute das Gleiche erzählen, oft nur um ein paar Details ergänzt, war ich stellenweise auch etwas gelangweilt. Aber nicht sehr lange, denn dafür ist das Buch zu kurz.
    Sehr gut gefallen hat mir allerdings, wie die Scheinheiligkeit immer deutlicher wird. Zitat: "Man soll ja nichts Schlechtes über Tote sagen und deshalb spreche ich auch nicht gerne über die Toten. Wissen Sie, wir leben hier auf einem kleinen Dorf. Ein jeder Tratsch und Ratsch geht rum, da sage ich lieber nicht viel. Ich sag nur soviel ....." Solche Sätze sind direkt aus dem Leben gegriffen und ließen das Ganze sehr authentisch wirken.


    Insgesamt fand ich das Buch nicht schlecht, aber auch nicht so gut, dass ich noch ein weiteres Buch der Autorin lesen werde.

  • Mir hat es gar nicht gefallen.
    Lag es am furchtbaren Stil? An den langweiligen Dorfbewohnern? An der ungemütlichen Stimmung? Daran, dass ich den Mörder entlarvt hatte? Oder einfach an meinen zu hohen Erwartungen?
    Schreckliches Buch...

  • Mir hat Tannöd sehr gut gefallen! Die Sprache, der Stil, der Plot. Ich habe viele der Szenen so deutlich vor Augen gehabt, wie es selten der Fall ist. Ich habe es sehr genossen diesen eigenwilligen Krimi zu lesen.
    Allerdings muss man schon eine deutliche Affinität zu diesem Thema haben. Wahrscheinlich hätte ich diesen Krimi nicht so genossen, wenn mir ähne sehr änliche Sprache nicht so vertraut wäre. Die gleiche Geschichte in einer sprachlich völlig anderen Gegend Deutschlands, vielleicht mit einem Dia- und Soziolekt, den ich nicht mag, hätte mir mit Sicherheit nicht so gut gefallen.


    Der Schluss hat mich allerdings doch etwas überrascht. Ich hätte ihn eher offen erwartet.


    Wie hier schon geschrieben wurde - bei Tannöd handelt es sich wohl um einen Krimi, den man entweder ganz oder gar nicht mag.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Ich komme eben von einer Theateraufführung von Tannöd in Backnang. Die Inszenierung des Stadttheaters Fürth kann ich nur empfehlen. Eine sehr beeindruckende Vorstellung.



    Wird Tannöd in Fürth noch gespielt? Ich finde leider nichts im aktuellen Spielplan.

  • Ich habe nicht besonders viel erwartet, weil ich bereits einiges Negatives über Tannöd gelesen hatte. Entsprechend lange hat das Buch auch auf meinem SuB verbracht - zu Unrecht.


    Die Autorin beschäftigt sich mit dem mehrfachen Mord an einer Bauersfamilie und deren Magd. Das Interessante ist, dass die Geschichte aus der Sicht der Leute im Dorf, der Nachbarn, des Bürgermeisters erzählt wird. Jeder weiß was zu erzählen und dabei kommt der Leser nicht nur dem Mörder immer näher und näher bis sich am Ende eine spannende Wendung ergibt, sondern es wird auch eine interessante Milieustudie erstellt.


    Die Geschichte wirkte auf mich düster und spannend. Die Autorin hat in meinen Augen gekonnt zahlreiche Puzzleteilchen in genau der richtigen, spannungsbringenden Reihenfolge aneinander gefügt - und ich so dazu gebracht, das Buch in einem Rutsch durchzulesen, lang ist es ja nicht. Tannöd wirkt auf mich fast ein bisschen künstlerisch, die Gebete, die die Zeugenaussagen immer wieder unterbrechen, treiben zwar die Handlung nicht voran, wie oft bemängelt wurde, aber sie erzeugen eine bestimmte Stimmung, werden immer dringlicher, tragen dazu bei, dem Leser ein Gefühl für diese Familie zu geben, die da ermordert wurde - in der so viel schief läuft, die so anders ist.


    Mir hat das Buch gut gefallen, es war wirklich mal etwas anderes und ich finde, es hat den Krimipreis durchaus verdient. Ich muss allerdings gestehen, dass ich lieber etwas längere Bücher lese, auch wenn die Eindrücke hier trotz des kurzen Texts wirklich sehr dicht und gelungen sind. Meine Wertung in Punkten: 8 von 10.

  • Angaben zu Autor und Inhalt hat es ja schon genug gegeben, das spare ich mir.


    Wie bin ich überhaupt auf die Idee gekommen, dieses Buch zu lesen? Auslöser war ein Zeitungsbericht über die Morde von Hinterkaifeck, der mich neugierig machte. Eher nebenbei erfuhr ich, daß diese Mordgeschichte wohl Pate gestanden hatte für den Roman "Tannöd". - Super, dachte ich mir, ist ja ein ganz namhaftes Buch, sollte man vielleicht sowieso gelesen haben - hat das nicht sogar irgendeinen Preis gekriegt? Das holste dir.


    Und saß dann in der S-Bahn, mit dem Buch auf dem Schoß, und habe spätestens auf Seite 30 gedacht: Hä? Was soll das denn? - Wenn ich zynisch wäre, würde ich sagen, das Buch setzt die Vorlage großartig um. Es ist genauso grausam wie die Morde.


    Die Sprache ist monoton, gekünstelt, simplifiziert. Kaum ein ganzer Satz. Wortbrocken hingekotzt, Komma, nächster Wortbrocken. War was?
    Nun bin ich ja nicht ganz blöd. Ich habe schon verstanden, daß das hier als Stilmittel eingesetzt werden soll. Davon wirkt es aber nicht weniger hirnzellenabtötend. Und die Sprache der erzählenden Passagen ist ja kaum besser. Es gibt ein paar zaghafte Versuche, die Personen über ihre Sprechweise lebendig werden zu lassen und von den anderen abzugrenzen (Pfarrer, Bürgermeister), aber, Entschuldigung, die fand ich wirklich stümperhaft.
    Was mich besonders genervt hat, waren die vielen Wiederholungen. Ich bin durchaus in der Lage, mir etwas über zwei Seiten hinweg zu merken, vielen Dank.
    Den Ansatz, eine Geschichte rein durch Zeugenaussagen zu erzählen, finde ich so innovativ nun auch wieder nicht. Zumal es nicht mal konsequent durchgehalten wird. Es sind ja durchaus erzählende Passagen eingestreut. Und die Sache mit der "Authentizität" hatte sich für mich schon auf Seite eins erledigt. Ein Dorf redet mit einer Fremden, einer "Zuagroasten", über eine solche Schande? Ganz sicher.


    Für mich konnte das Buch weder die Rauheit noch die Intimität dörflichen Lebens einfangen. Es wurde gegen Ende etwas besser, weil ich mich a) in die Sprache eingelesen hatte und ich b) wissen wollte, ob meine Ahnung, wer der Mörder war, bestätigt werden würde. Wurde sie. - Außerdem gab es dann doch so etwas wie den Ansatz von Spannung.


    Bis dahin wollte ich fünf Punkte vergeben - nette Idee, ungewöhnlicher Aufbau, miserable Sprache, schlecht erzählt. Es werden jetzt doch nur vier, weil der Verlag es auf den letzten Seiten geschafft hat, mich noch schnell mit einigen Rechtschreibfehlern zu ärgern. Bei einem derart kurzen Text doppelt schlimm. Was mir außerdem negativ aufgestoßen ist: das fast völlige Fehlen von graphischer Gestaltung. Ich meine, wenn ich schon eine Story veröffentliche, die nur aus ein- bis zweiseitigen Abschnitten besteht, dann kann ich es doch ein wenig aufhübschen? Die Interview-Texte kursiv setzen, mit verschiedenen Schriftarten arbeiten? Nichts. Außer die Heiligenlitanei (waren die Fürbitten evtl. für die Leser - bitte für sie, sie haben noch x Seiten vor sich?), die war kursiv.


    Ich bin wirklich verblüfft, daß dieses Buch Preise gewonnen hat. Und eigentlich juckt es mich in den Fingern, die ketzerische Frage zu stellen: Was wäre die Meinung zu diesem Text gewesen, wäre er bei BoD erschienen?

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Ein Bekannter hat mir das Buch mitgebracht und gemeint, soll ich mal lesen.
    Hab ich gemacht -
    Kurze Lektüre - 3 Stunden hab ich gebraucht - aber in dieser Zeit war ich auch total gefesselt! Zugegeben, hätte ich nicht erwartet, da mir die Autorin aufgrund ihrer Interwievs irgendwie unsympatisch war - und noch immer ist.
    Aber ihr Buch kann man empfehlen - echt mal was anderes - weniger des Inhaltes wegen - die Geschichten von Missbrauch in der Familie kennt man ja - vor allem aus Erzählungen aus abgelegenen Gebieten - sondern der Form wegen.
    Es gibt eigentlich keinen direkten Erzähler, sondern die Geschichte wird von den Einwohnern des Dorfes Stück für Stück zusammengetragen.
    Ich hätte mir das Buch zwar nie gekauft, weil ich meist die Finger von diesen "Bestseller-Listen-Empfehlungen" lasse - aber so habe ich es doch gelesen :lesend

  • Ich bin über die DVD zu Buch und Hörbuch gekommen. Die DVD stand bei uns in der Bücherei und das düstere Cover sowie der Titel" Tannöd" haben mich neugierig gemacht - ich muss gestehen, ich hatte bis dahin weder was von Frau Schenkel noch von irgendwelchen Preisen, Plagiatsvorwürfen etc. gehört.


    Den Film fand ich schon mal klasse, richtig düster und auch spannend. Aufgrund der Info, dass die Autorin der Romanvorlage aus meiner Heimatstadt stammt, habe ich mir dann gleich Buch und Hörbuch ausgeliehen und ich muss sagen - mir hat's gefallen! Ich fand den Stil nicht schlimm, sondern irgendwie passend zu den wortkargen Dorfbewohnern. Nur manche Dialektformulierungen fand ich doch etwas ab vom Sprachgebrauch.
    Über den Spannungsaufbau kann ich wenig sagen, da ich durch den Film ja schon wusste, wie's ausgeht - für mich war es einfach interessant, nochmal die Buchvorlage zu lesen.
    Ob man mehr hätte draus machen können? Vielleicht, aber wenn man als Grundlage einfach gestrickte, wortkarge Dörfler nimmt und dem auch treu bleiben will, stößt man irgendwo auch an seine Grenzen


    Das Hörbuch mit Monica Bleibtreu (die ja auch im Film mitspielt) fand ich übrigens auch sehr gut - durch ihre Stimme und Lesart erzeugt sie eine ganz tolle, düstere Stimmung. Ich kann dieses Hörbuch jedem, der mit dem Buch selber nicht so ganz warm wird, nur ans Herz legen!


    Punktemäßig würde ich sagen: 8 von 10 Punkte!


    LG, Bella

  • Tannöd von Andrea Maria Schenkel


    Ich habe dieses Buch ganz günstig gebraucht erworben, quasi auf dem Flohmarkt. Ich habe keine Empfehlung dazu bekommen, aber der Titel und das Cover haben mich irgendwie angesprochen. Tannöd... ich habe mir gleich eine richtige Einöde vorgestellt und dass der Schauplatz bedrückend sein würde. Und tatsächlich, der Name war Programm. Ich habe selten ein Buch gelesen, welches die Atmosphäre einer Einöde so stark vermittelt wie in diesem Buch. Für mich persönlich eine Meisterleitung. Das Schöne an diesem Thriller bzw. Krimi ist, dass man sich die verschiedenen Personen "anhört", quasi als Sicht des Ermittlers und man kann ab einer bestimmten Situation sehr gut selbst auf den Täter kommen. Eine ganz andere und vor allem interessante Schreibweise - ideal für ein Krimi. Ich habe das Buch nicht weglegen können. Es ist nicht unbedingt eine lange Story, viele Seiten hat es nicht, aber die wenigen Seiten können einen ganz schön in den Bann ziehen. Faszinierend bedrückend - eine absolute Kaufempfehlung!


    Beschreibung:
    Es sind die unsicheren Jahre nach dem Zweiten großen Krieg, als sämtliche Bewohner eines bayerischen Einödhofs tot aufgefunden werden - brutal erschlagen, niedergemacht mit der Spitzhacke. Die Familie Danner war als verschlagen und habsüchtig verrufen, und jeder Dorfbewohner weiß die Untat aus seiner eigenen Sicht zu deuten. Minutiös wird dieser authentische Fall rekonstruiert und der Leser so zum Eingeweihten des Mörders, ohne jedoch dessen Motiv oder gar seine Identität je zu erfahren.


    Edit: Oh nein, das gibt es doch bereits im Verzeichnis. Ist alphabetisch angeordnet, aber erst spät gemerkt, dass es mit den Umlauten beginnt - Sorry! Erst im Check, ob es nun drin ist, habe ich es durch die Suchfunktion gefunden.


    Edit: Ich habe deinen Beitrag umgehängt. LG JaneDoe