Tatort - Das Sonntag-Abend-TV-Programm?

  • Ulmen und Tschirner gestern - "Der letzte Schrey" - waren einfach drüber, finde ich. Ja, das war oft sehr komisch, und das vollkommen depperte Entführerpärchen war nachgerade lustig, aber irgendwie verwilsbergt dieses "Tatort"-Team langsam. Es war viel Slapstick, der Fall selbst war an Haaren herbeigezogen, die man an Haare gebunden hatte, die weitere Haare, die an andere Haare gebunden waren, herbeigezogen haben. Der kotzende Versicherungsmensch und die Ibizareise, dazu das zu heftig getoastete Au-Pair-Mädchen und all das ... überdosiert. Dazu fetzenartige Dialoge, die man meinte, schon mal gehört zu haben. Der schwächste aus dieser Reihe bisher.

  • Stimmt, das fand ich auch, mir haben die spritzigen Dialoge gefehlt und überhaupt ein Hauch von Spannung. Eigentlich hab ich gerade den Tatort aus Weimar bisher gemocht. Naja und Bibi aus Wien.

  • aber irgendwie verwilsbergt dieses "Tatort"-Team langsam.

    Ich finde, damit tust Du Wilsberg unrecht. Das schau ich manchmal zum abschalten ganz gern und find es ganz witzig.


    Aber dieser Tatort... Ich hab ihn mir in der Mediathek angetan. Das war nicht mehr witzig, sondern peinlich und zum Fremdschämen. Ganz schlimm.


    Die Münchner heute werden hoffentlich wieder besser. Die mausern sich allmählich neben den Wienern zu meinem Lieblingsteam.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Ich war auch schwer begeistert - vor allem hätte ich einen völlig anderen Plot erwartet... Die Täter-Eltern haben extrem gut gespielt !

  • Der war wirklich großartig. In jeder Hinsicht.

    Stimmt absolut. Ein ungeheuer dichter, tief verstörender Kriminalfilm, der beweist, wie gut man so etwas machen kann - Mut und Können aller Beteiligten vorausgesetzt. Ein Gedanke allerdings ging mir am Ende nicht aus dem Kopf: Ist es glaubhaft, dass ein 13jähriger Junge seinem Freund ohne jeglichen erkennbaren Grund plötzlich den Schädel einschlägt und anschließend äußerlich unberührt zur Tagesordnung übergeht? Das ist nur denkbar, wenn eine pathologische Persönlichkeitsstörung wie Psychopathie vorliegt, und das wäre bereits früher irgendwie aufgefallen. Wie man das an diesem Jungen hätte thematisieren können (z. B. Tierquälerei als Kind o. ä.), ohne ihn zu früh als Täter einzubringen, weiß ich allerdings auch nicht.

  • Ja, Didi. Ich gehe davon aus, dass man Bastian als jemanden mit sog. Alexithymie und/oder (pathologisch) extrem geringer emotionaler Kompetenz skizzieren wollte, und es gibt da durchaus sehr krasse Fälle, die dokumentiert sind. Also, ja. So etwas gibt es.

  • Ja, Didi. Ich gehe davon aus, dass man Bastian als jemanden mit sog. Alexithymie und/oder (pathologisch) extrem geringer emotionaler Kompetenz skizzieren wollte, und es gibt da durchaus sehr krasse Fälle, die dokumentiert sind. Also, ja. So etwas gibt es.

    Klar gibt´s das. Aber mein Punkt ist: Ein solcher Mensch wäre mit seinem soziopathischen Verhalten bereits früher aufgefallen, im Kindergarten, im täglichen Leben, in der Schule sowieso. Aber nichts dergleichen wurde auch nur vorsichtig angedeutet. DAS hat mich gestört.

    Nur, wie gesagt, fiele mir auch nicht ein, wie man das in den Plot hätte einbringen können, ohne zu früh den Täter zu entlarven.

  • Dafür sind die 90 Minuten wohl auch zu kurz. Aber im Vorspann sah man ja durchs Fenster die Szene mit den beiden Jungs vor dem Fernseher, wo ich mir schon dachte, dass das bestimmt nochmal wichtig wird. Dann wirkte der Junge die ganze Zeit so merkwürdig unbeteiligt, obwohl er ja angeblich der einzige Freund des Mordopfers war, und hat sich als einziges Erinnerungsstück auch noch ausgerechnet den Fernseher ausgesucht. Krass fand ich auch, als er zu seiner Schwester dann gesagt hat: "Jetzt bin ich das brave Kind hier!" :wow


    LG, Bella

  • @Didi: Das gesamte Familienkonstrukt und auch die Reaktion auf die Tat stützen die Vermutung, dass hier eine Situation skizziert werden sollte, die innerhalb der Zelle - also der Familie - längst zur Tagesordnung gehörte und hier vielleicht nicht zum ersten Mal, aber zum ersten Mal in dieser Weise zum Problem (hüstel) wurde. Es gab durchaus sehr viele Andeutungen, dazu die Zurückgezogenheit des Boxenbauers, die Gefühlskälte der Mutter, und ständig Mimik und Reaktionen des Jungen selbst - toll gespielt übrigens. Und, ja, nur etwas mehr hätte zu viel zu früh verraten, wobei ich, und dafür gibt es Zeugen, den Jungen bereits bei seinem ersten Auftritt im Verdacht hatte.

  • Ich fand den Tatort auch herausragend. Darum guck ich mir das fast jede Woche an, weil neben viel Mist manchmal auch echte Perlen dabei sind.


    Ich hatte den Jungen, ehrlich gesagt, von Anfang an in Verdacht, nur in der "Kaltherzigkeit" hatte ich das dann doch nicht erwartet. Ich fand das aber absolut glaubhaft. Die Mutter war derart gefühlskalt, der Vater schien schon lange resigniert zu haben. Und nicht alle "Psychopathen" quälen vom Kindergarten an Tiere, legen Feuer etc. Ich kann mir schon vorstellen, dass dieser "coole", ja durchaus bei den Mitschülern nicht unbeliebte Junge vorher nie auffällig war. Außerdem glaube ich, dass er sich in der Öffentlichkeit - Schule, wo Konsequenzen folgen bei Fehlverhalten - zusammenreißen kann. Er hat Emil getötet, weil der ihn genervt hat, UND weil er wusste, dass er es konnte, weil diese Horroreltern nichts sagen würden und alles tun, um den Schein zu wahren.


    Das Verhalten der Eltern fand ich noch schrecklicher und schockierender als das des Jungen.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Und nicht alle "Psychopathen" quälen vom Kindergarten an Tiere, legen Feuer etc.

    Eben. Es gibt bei allen Krankheits- und Störungsbildern nicht "den ...", sondern unglaublich viele Ausprägungen, Symptombilder, Erscheinungsformen. Es gibt vermeintlich typische und weniger typische Erscheinungsformen, aber der "klassische", etwas überzeichnete Psychopath, den man aus vielen Filmen kennt, ist tatsächlich eher die Ausnahme. Und es gibt immer und in allen Bereichen diejenigen, die sehr früh lernen, mit der eigenen Andersartigkeit in einer Weise zurechtzukommen, die sie für alle anderen nahezu unsichtbar macht.

  • Yep, tut einen tiefen Blick in die Abgründe von Frauenromanautorinnen ;) ,

    Satire auf den Literaturbetrieb und last not least Hommage an Agatha Christie ((wiewohl ich infolge eines Glases Doppelkorn-Tee zwischenzeitlich nicht folgen konnte (mache ich nie wieder!!)).

    Ein paar starke Dialoge - und die die Watsche für den Kommissar war göttlich :lache

    Ich habe mich amüsiert.

    8/10