Schriftsteller als Brotberuf

  • Eher was nicht? Eher nicht schlauer geworden? :lache Möglich.


    Habe mir über Nach sogar eine Magisterarbeit aus Bochum zum Thema meiner Fragestellung eingepfiffen. Gut, Antworten bekommt man keine. Aber einen Überblick.
    Klar ist, das hypotaktische linguistische Satzstrukturen von geringer Präsenz ....
    Vor allem: Vom Verfassen von "Salon-Literatur" lebt kaum eine/r und das ist auch gut so. Selbstbefindlichkeits- und Betroffenheitsliteratur ist nicht der ultimative Kracher.
    Brot verdient dann erher der Klassiker:
    Vielleicht verfasse ich erstmal ein "Kochbuch für Eilige":


    Zitat

    Altes Hausrezept derer von Humpenflug: Dose auf, alles in'n Topf schütten, EINMAL umrühren, fättich

    .


    Was Religiöses, voll die Erweckungsnummer samt Pilgerung und löchrigen Stinkesocken, hätte ich auch zu bieten (jetzt aber ohne hypotaktische Strukturen):

    Zitat

    Titel: Die Apostelgeschichte aus Sicht der Jesuslatschen

  • Eine kleine Anmerkung zu den Zahlen: Häufig wird das so interpretiert, als ginge es um Wahrscheinlichkeiten, um etwas wie die Chancen bei einer Lotterie, also verkürzt gesagt: Die Chance, es zu schaffen, ist 1 : 1000 oder so. Das ist aber nicht richtig, weil keine Lose gezogen werden, sondern für eine wirtschaftlich interessante Veröffentlichung geeignete Manuskripte ausgewählt werden. Die 99 oder 999 oder meinethalten 9999 nicht akzeptierten Manuskripte haben kein Pech beim Losverfahren, sondern sie sind ungeeignet. Wenn man ein wirklich gutes Ms einreicht, ist die Chance sehr viel höher als eins zu tausend. ;-)

  • Es ist zwar kein Lotteriespiel, aber Massel brauchste neben Qualität dennoch. Das Manuskript kann so gut sein, wie es wll - es hat noch ein paar Hürden zu nehmen:


    * Wird das auch wirklich gelesen? Oder einfach retourniert, weil die dort schon in Material ersaufen? (Oder weil der Autor es an einen ungeeigneten Verlag geschickt hat ...)


    * Und wenn es gelesen wird, wird es auch als Heuler erkannt? Die Geschichte muss voll sein von Verlegern/Verlagsangestellten mit Bissnarben am Gesäß, weil sie ein MS abgelehnt hatten, das hinterher bei der Konkurrenz das Geschäft das Jahrhunderts wurde.


    * Passt das Buch auch ins Programm? Oder haben die zufällig schon ein ganz ähnliches Werk in Vorbereitung?

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Humpenflug
    Ich überlege mir als Endvierziger und verzagter , allzeit abstiegsbedrohter Mittelschichtler, usw.
    meinen Job zu schmeißen, und endlich ein paar Buchprojekte , Plots, in lesbare Fassung zu bringen. Ziel wäre es, irgendwann und irgendwie davon leben zu können.
    Reicht es für die Schriftstellerei, sonntags 5 Stunden an den Manuskripten zu werkeln?


    Wieviel brauchst du zum Leben? Hast du einfach mal ganz blöd mit dem Taschenrechner durchkalkuliert, wie deine Kosten aussehen und was (monatlich, jährlich) reinkommen muss, damit du Miete, Versicherung, Steuern und das tägliche Brötchen :-) bezahlen kannst?
    Dann kannst du ja ungefähr abschätzen, was du verkaufen musst, damit's zum Leben reicht - bzw. was noch dazukommen sollte, damit auch die Butter zum Brötchen noch drin ist.
    Über das Garantiehonorar kommst du übrigens in der Regel bei den ersten Veröffentlichungen nicht raus - und bis dahin musst du ja erstmal kommen.
    Ehrlich - ich würde auch erst mal sehen, dass ich ein Manuskript zur Veröffentlichung bringe, und dann erst über weitere Schritte nachdenken. Vielleicht findest du ja neben dem Sonntag noch einen zweiten Tag in der Woche, wo du eine oder zwei Stunden abzwacken kannst ...

  • Mein Buch habe ich auch während eines normalen Jobs geschrieben - das schafft man schon (... irgendwie). Abends noch eine Seite schreiben, im Urlaub zusätzlich 1-3 Stunden Extraarbeit und hier und da mal ein Wochenende mehrere Stunden am Text arbeiten - das geht langsam, aber es klappt. Ein leichtes Jahr war das nicht, aber es hat sich gelohnt.


    Mittlerweile bin ich freie Texterin - aber auch erst, NACHDEM ich einen Verlag gefunden hatte und NACHDEM ich mehrere Angebote für freie Arbeit bekam. Natürlich lebe ich nicht nur vom Bücherschreiben, sondern in erster Linie von journalistischen Aufgaben. Selbst davon wird man nicht reich. Ein Haus mit Garten und Sportwagen (oder überhaupt Auto) wird es für mich ersteinmal nicht geben. Aber dafür habe ich mir meinen Traum erfüllt. Da muss man Prioritäten setzen.


    Generell würde ich aber immer erstmal ausprobieren, ob einem die berufsmäßige Schriftstelerei überhaupt gefällt. Man kann sich sein Hobby auch kaputt machen, wenn man damit plötzlich Strom, Wasser und Brot bezahlen muss.


  • Oft scheitert es auch an der falschen Form. Wenn Leute etwas komplett einreichen, das der Bringer ist, aber leider kein Exposee geschrieben haben, dann setzt sich kein Lektor hin und liest 300 Seiten MS. Kommt erstaunlich oft vor, auch wenn man denken sollte, das jeder die Vorgaben der Verlage erst mal 100mal liest.


    Oder neulich hatten wir einen Fall, wo einfach das Ende fehlte, nach dem Motto: Wer das lesen will, muss das Buch kaufen. Sowas kann man doch nicht bei einem Verlag machen :fetch

  • Yess ... erstaunlich viel Unbedarftheit. Oder man macht's wie bei den Bewerbungen: Text x-Mal ausdrucken und einmal mit der großen Gießkanne quer über die Republik verteilen. Ohne sich darum zu kümmern, wie die einzelnen Ansprechpartner es gern hätten.


    Ich nehme an, dass auch meine Kollegen mit Roman-Manuskripten zugeballert werden, obwohl wir gar keine Romane herausbringen. Ich hab sie das in all den Jahren noch nie gefragt. Aber wo Verlag dransteht, gehen sicher auch Manuskripte ein.


    +++


    Den Brotjob hinzuschmeißen und es mit der Schriftstellerei zu versuchen, das würde ich nur jemandem empfehlen, der geerbt oder im Lotto gewonnen hat. Es ist definitiv mühsam, sich als Autor sein Geld zu verdienen, wenn man nicht grad zu den paar amerikanischen Überfliegern gehört. Selbst Autoren, die schon mehrere Bücher auf dem Markt haben - in "richtigen" Verlagen - haben vielfach noch ihren Brotberuf.


    Und es ist auch wahr, dass es nicht ohne ist, sein Hobby zum Beruf zu machen.Ich habe es vor vielen Jahren getan. Irgendwie werden die Grenzen zwischen Job und Privatem dadurch verwischt. Befreundete Autoren sind für meinen Arbeitgeber zugange, meine privaten Internetseiten wursteln sich auch irgendwie in den Job rein. ich hab das Gefühl, ich bin selbst in meiner Freizeit durch und durch ein Verlagswesen. Gottseidank ist wenigstens mein Mann meilenweit von der Branche weg. Dafür zieht die jüngere Verwandtschaft nach. Ein Nest von Medien- und Verlagsleuten ist da entstanden. Und was machen wir auf Familienfeiern? Wir reden übers Geschäft.


    Manch einem ist auch schon die Lust am Schreiben vergangen, wenn er es nicht mehr entspannt als Hobby ansehen konnte sondern auf einmal unter Erfolgsdruck stand.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Vandam ()

  • Ich glaub, diesen Hirnfurz ... äh, diese gewagte Idee ... hatten die Leut, seit es Romane gibt. Dass der Erfolg von Ms Rowling zusätzlich zum Mythos "von der armen Socke zum Erfolgsautor" beigetragen hat, das liegt natürlich drin.


    Tät mich jetzt ja schon interessieren, ob jemand von den Autoren hier an Board ausschließlich vom Romanschreiben lebt. (Schriftsteller mit gut verdienenden Partnern, die für den Broterwerb sorgen, lass ich dabei außen vor. Das güldet nicht.)


    Ich kenn' nur solche, die entweder nebenerwerbsmäßig schreiben, oder sich als freies Universalgenie (Autor, Übersetzer, Werbetexter, Journalist, Lektor ...) durchwurschteln. Wie gesagt, von ein paar Überfliegern abgesehen.

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    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    Tät mich jetzt ja schon interessieren, ob jemand von den Autoren hier an Board ausschließlich vom Romanschreiben lebt. (Schriftsteller mit gut verdienenden Partnern, die für den Broterwerb sorgen, lass ich dabei außen vor. Das güldet nicht.)


    :grin Also, ich hab jetzt mein fünftes Buch draußen - und wenn ich nicht noch Reden, Bewerbungen und so'n Zeug schreiben würde, sähe ich ganz schön alt aus. Allein von den Garantiehonoraren kann man sich nicht halten. (Die Kosten, die man als Selbstständige hat, sind ja auch nicht von Pappe - selbst mit Unterstützung der KSK!)


    Und darauf zu hoffen, dass man irgendwann in der Spiegel-Bestsellerliste wohnt - na. Das tun alle, aber das schafft kaum einer. Vor allem nicht, wenn das Genre nicht "Heidenreich-kompatibel" ist *g*

  • Ich lebe derzeit hauptberuflich von der Schreiberei. Zwar ist meine Frau als Selbstständige erfolgreich, aber wir könnten auch beide unabhängig voneinander auskommen, deshalb zähle ich das mal nicht als (meinen) Broterwerb. Obwohl es durchaus beruhigend ist zu wissen, dass man füreinander sorgen könnte, wenn es nötig würde.


    Ich habe bis letztes Jahr noch als Texter in der Werbung gearbeitet, auch wenn das schon freiberuflich war. Das kam allerdings immer mehr dem Romanschreiben in die Quere, weshalb ich es dann schweren Herzens aufgegeben habe. Derzeit klappt das ganz gut, und diese Situation möchte ich so lange wie möglich erhalten, aber natürlich kann niemand sagen, wie es in 5 oder gar 10 Jahren aussehen mag. Mir ist bewusst, dass es eine Ausnahme ist, vom Schreiben leben zu können, deswegen bin ich entsprechend vorsichtig. Ich sehe das weniger als planbare Karriere denn als Glücksfall, wenn ich ehrlich bin.


    Man kann übrigens auch von Garantiehonoraren leben. Das hängt immer von den Umständen ab.


    Im Forum sollte es noch mehr hauptberufliche Schriftsteller geben, wie zum Beispiel Iny und Gheron (Sysai).


    Zu dem Thema "überzogene Erwartungen" habe ich vor einiger Zeit mal einen Eintrag in meinem Journal verfasst.


    Lieben Gruß,


    Christoph

  • Mein Mann Jörg (Kastner) lebt hauptberuflich vom Schreiben - und das schon seit einigen Jahren - und er braucht auch keine Unterstützung von seiner im öffentlichen Dienst arbeitenden Göttergattin, die nebenher nach Feierabend, am Wochenende und im Urlaub ebenfalls noch Romane schreibt! :-]


    Aber wie hier schon mehrfach erwähnt wurde: Wirklich "üblich" ist das nicht, dass sich jemand ausschließlich vom Schreiben seine Brötchen kaufen kann. Ich höre sie auch immer wieder - egal, ob man mich oder Jörg damit meint - die berühmte Frage: Und kann man davon leben? Oder alternativ: Und was machen Sie, um Geld zu verdienen? :grin

  • Is'n das auszuhalten, zwei Autoren in einem Haushalt? :grin


    Ich war in jungen Jahren mit einem Schriftsteller (und Nebenher-Journalist-Texter-Übersetzer-Herausgeber) zusammen, das ging nicht gut. So rein konkurrenztechnisch. Wir trieben uns im selben Genre rum, das ist vermutlich kritisch.


    Sieh an, hier hat's also doch ein paar hauptberufliche Autoren! Aber so, wie die Eingangsfrage gestellt war, lief das ja sicher bei keinem von euch: Den Job aufgeben und sagen, so jetzt probiere ich es mal als Schriftsteller.


    Meist hat man ja schon einige Jährchen vor sich hingeschrieben und -veröffentlicht, ehe man wirklich den Bettel hinschmeißen und nur noch Autor sein kann.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Nein, ich kann es niemandem empfehlen, erst den Job zu kündigen. Der Erfolg ist kaum planbar, es fehlen zu Beginn die nötigen Kontakte und Referenzen, und selbst wenn man den Einstieg schafft, fließt in den meisten Fällen nicht besonders viel Geld.


    Typische Buchverträge findet man online, und auch Auflagenzahlen lassen sich bis zu einem gewissen Grad recherchieren. Dann braucht man noch einen Taschenrechner und kann dann sehen, was ein durchschnittlich erfolgreiches Buch an Einnahmen beschert. Auf meinem Journal habe ich mal ganz grobe Anhaltspunkte geliefert. EDIT: Und Tom sagt hier auch etwas dazu.


    Und das sind diejenigen, die erfolgreich veröffentlichen. Es gibt genügend andere, denen das gar nicht gelingt. Wer es probieren will, sollte zumindest finanziell abgesichert sein.


    Lieben Gruß,


    Christoph

  • Ich denke, wir sollten da Iny Lorentz als gutes Beispiel nehmen, die trotz ihres großen Erfolgs erst seit diesem Jahr ihre Jobs aufgegeben haben - und eben nicht, bevor sie überhaupt ein Buch veröffentlicht hatten.



    Viele Grüße,


    Michelle

  • Sysai und Gheron hätten ihre Jobs schon viel früher aufgeben können, schließlich haben sie in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Bücher verkauft, aber sie wollten das nicht, weil ihnen ihre Arbeit einfach Spaß machte. So habe ich die beiden jedenfalls verstanden, als wir zuletzt darüber gesprochen haben. Aber Sysai und Gheron sind ohnehin Ausnahmen. Unter den zwei Dutzend Büchern zu sein, die man sogar an Supermarktkassen findet, und zwar an allen, das weist schon ziemlich stark auf eine exorbitante Resonanz beim Publikum hin.


  • Wir sind seit 1995 verheiratet und haben uns noch nicht zerfleischt! :lache


    Bei Jörg war das so, dass er keinen Job aufgeben brauchte. Er hatte neben seines Jurastudiums und Referendariats schon geschrieben und zwei Sachbücher veröffentlicht (nix mit Jura, sondern eins um Karl May und eins um die TV Serie "Orion"). Nach dem 2. Staatsexamen hat er dann gesagt, er versucht's jetzt ganz mit Schreiben - und es hat geklappt :-). Sicher auch, weil es eben durch die zwei Bücher schon Verlagskontakte gab und er so einen Fuß in der Tür hatte.

  • Zitat

    Original von Corinna


    Er hatte neben seines Jurastudiums und Referendariats schon geschrieben und zwei Sachbücher veröffentlicht (nix mit Jura, sondern eins um Karl May und eins um die TV Serie "Orion").


    Orion! Ich war ein gnadenloser "Orion"-Fan! Hab jetzt noch eine ganze Regalreihe der schönen silbernen Bücher im Schrank (ewig nicht mehr gelesen, zugegeben! *g*)
    Jörgs Buch (die Goldmann-Ausgabe des Fan-Buchs) hab ich selbstverständlich auch ... :grin


    Edit: Sorry fürs OT!