'Anna Karenina' - Teil 1, Kap. 17 - 34

  • In diesem Abschnitt erfahren wir ja so einiges über die einzelnen Figuren und mit der Begegnung zwischen Anna und Wronskij wird hier der Grundstein für die folgende Geschichte gelegt.


    Wronskij selbst wird mir auch hier nicht sympathischer, durch sein kalkuliertes Verhalten Kitty gegenüber und dem Dackelblick bei Anna (so stelle ich mir das zumindest vor :grin) sinkt er zunehmend in meiner Achtung. Tja Kitty, da wäre Lewin vielleicht doch die bessere Wahl gewesen... Zumindest ist er bodenständig und ehrlich und scheint sie wirklich zu lieben anstatt nur das schnelle Vergnügen zu suchen.


    Die Szenen mit Dolly finde ich dagegen etwas skurril - da ist die Rede von "war von ihrem Schmerz ganz zerschmettert" (diogenes S. 105) oder "empfinde ich nur noch Hass gegen ihn" (S. 110). Und einige Kapitel und ein Gespräch mit der guten Anna und ihrem Ehemann später, ist sie wieder versöhnt. Nun, kein Wunder, dass man den Eindruck bekommt, die Gute sei ein wenig hysterisch und melodramatisch in ihren Empfindungen/Äußerungen.


    Interessant sind die gegensätzlichen Beschreibungen des prunkvollen Balls, auf den Kitty und Anna gehen und parallel Konstantin Lewins Besuch bei seinem Bruder, der ja wohl ziemlich heruntergekommen ist.


    Annas Begegnung mit ihrem Mann in St. Petersburg und ihre Gefühle und Gedanken sind sehr gut herausgearbeitet - ihr fallen Dinge an ihm auf, die sie vorher nie wahrgenommen (oder als nicht so wichtig erachtet?) hat. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie sich oder etwas in ihr geändert hat. Dass sie ähnliche Empfindungen allerdings auch gegenüber ihrem Sohn hat finde ich merkwürdig - nun ja, wohl, weil er der Sohn seines Vaters ist. Die eigene moralischen Einstellung gegenüber Ehebruch macht ihr Mann ja ziemlich klar, als es um Annas Bruder geht.


    Ich bin gespannt wie es weitergeht!

  • Bin auch durch. ^^


    Anna hat also endlich ihren Auftritt und wirkt wie eine fröhliche und sehr freundliche Person. Kein Wunder, dass alle sie so bewundern. Auch die kleine Kitty, da ahnte sie ja noch nicht, was ihr diese nette Frau für Kummer bereiten wird. Sie merkt gleich was da zwischen Wronskij und Anna vor sich geht und ist furchtbar niedergeschmettert.


    Was die Versöhnung der Oblonskijs betrifft: ich glaube sie hat nur nach einem Grund gesucht, um ihm verzeihen und vergessen zu können. Sie liebt ihn ja weiterhin, es scheint eher so, als ob sie sich furchtbar geschämt hat, bezüglich der Außenwirkung, frei nach dem Motto: Was werden die Nachbarn nur sagen, wie steh ich denn jetzt da?! :wow


    Wronskij ist mir auch unsympathisch. Er wirkt wie ein flatterhafter ungestümer junger Gockel. Er ist so von sich selbst eingenommen, dass er die Tatsache, dass Anna verheiratet ist, auch einen Ehemann nach sich zieht, völlig verwundert registriert. Und selbst das scheint ihn nicht groß zu bekümmern. Was ist so ein Kerl schon gegen hin? Jung muss man sein, gutaussehend und dreist! Heissa! (*uargh* :uebel). Ne, also mit dem Knilch werd ich nich warm. Die Hoffnung, dass Anna bezüglich dem Kerl die Augen aufgehen, kann ich ja getrost begraben... *seufz* Vielleicht ändert er sich ja noch.


    Warum Anna plötzlich auch an ihrem Kind etwas auszusetzen hat begreif ich auch nicht so ganz... aber so geht es ihr ja auch mit der Freundin des Hauses. Vermutlich hat sie ihr ganzes Leben in St. Petersburg etwas glorifiziert in Erinnerung und nun, wo Amors Pfeile sie gespickt haben, fällt sie plötzlich auf den Boden der Tatsachen und sieht, dass ihr Dasein in der arrangierten Ehe doch nicht das höchste Glück ist (aber über ihre Bemerkungen zu den Ohren ihres Mannes musste ich schon schmunzeln).


    Ich bin auch gespannt, wie es mit Lewin weitergeht. Er scheint ja schwer entschlossen, eine Frau zu finden und jetzt ist ihm offenbar auch egal wer (einen Augenblick dachte ich schon, er will ernsthaft seine Kinderfrau ehelichen :lache). Ob er seinen Bruder zu sich holt? Die ersten Anzeichen des Kommunismus schleichen sich in die Szene...

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    (aber über ihre Bemerkungen zu den Ohren ihres Mannes musste ich schon schmunzeln).


    Stimmt. :grin Überhaupt gab es schon einige Stellen, an denen ich grinsen musste. Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet.

  • Hat Wronski als Offizier eigentlich nie Dienst? Abends spät ausgehen, ständig Schampus saufen, um die militärische Sicherheit des Zarenreiches kann es so doll nicht bestellt gewesen sein..


    Die Szene mit dem Papiermesser- hatten die damals noch Bücher, bei denen man die Seiten einzeln aufschneiden musste, oder warum hat Anna ein Messer in der Hand beim Lesen ?

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • [quote]Original von beowulf
    Hat Wronski als Offizier eigentlich nie Dienst? Abends spät ausgehen, ständig Schampus saufen, um die militärische Sicherheit des Zarenreiches kann es so doll nicht bestellt gewesen sein..


    [quote]




    Das wundert mich auch - bin im zweiten Teil und auch dort spielt sein Dienst kaum eine Rolle.


    Ich habe mir mal Gedanken zu den einzelnen Personen gemacht, habt ihr irgendwas zu ergänzen / kritisieren?


    Die Oblonskijs


    Fürst Stepan Arkadjewitsch Oblonskij (genannt Stiwa), höherer Beamter


    Er kommt mir ein wenig trottelig vor. Hat er wirklich geglaubt, seine Frau würde seine Affaire stillschweigend tolerieren. Ich hoffe, er ist Anna im weiteren Verlauf dankbar, dass sie seine Ehe rettet.


    Fürstin Darja Alexandrowna Oblonskaja (geb. Schtscherbazkaja, genannt Dolly), seine Frau


    Warum eigentlich englische Namen für Russinen, wie Dolly oder Kitty?
    Die Arme ist zerissen zwischen Selbstachtung (Mann verlassen) und Pflichtbewusstsein den Kindern gegenüber (bleiben), Sie ist wohl leicht beeinflußbar, wenn Anna es recht schnell schafft, die Ehe zu kitten. Vielleicht hat sie sie auch auf die Außenwirkung (Was werden nur die Nachbarn sagen?) hingewiesen.


    # Tanja Stepanowna Oblonskaja, seine Tochter
    # Grischa Stepanowitsch Oblonskij, sein Sohn
    # Lilli Stepanowna Oblonskaja, seine Tochter
    # Nikolaj Stepanowitsch Oblonskij, sein Sohn
    # Mascha Stepanowna Oblonskaja, seine Tochter


    Mir ist keiner hervorgestochen, ausser, dass eine der Töchter das Lieblingskind ist.


    Die Karenins


    Alexej Alexandrowitsch Karenin, hoher Beamter


    Ehemann von Anna Karenina, zu welchem sie sich nicht sonderlich hingezogen fühlt - und zwar wegen Attribute, die sie vorher nicht störten. Zumindest bemerkt sie bei Einfahrt des Zuges als allererstes seine großen Ohren :-) .


    Anna Arkadjewna Karenina, seine Frau und (geb. Oblonskaja, Schwester des Stepan A. Oblonskij)


    Meiner Ansicht nach erfährt man über sie recht wenig, solange sie bei ihrem Bruder zu Besuch ist. Auf der Zugfahrt nach Hause erfährt man, dass sie keine Träumerin ist. Zumindest zieht sie es vor zu leben, anstatt über das Leben von Romanfiguren zu lesen. Ich hatte in der Szene den Eindruck, dass sie unausgefüllt und nicht zufrieden mit ihrem Leben ist. Sie ist sparsam (lässt Kleider umarbeiten) und idealisiert ihren Sohn, Sergej Alexejewitsch Karenin, (genannt Serjoscha). Bezeichnend ist, das sie, zu Hause angekommen, sich an den realen Sohn wieder gewöhnen muß.


    Die Wronskijs


    Graf Alexej Kirillowitsch Wronskij, (genannt Aljoscha), der Geliebte Anna A. Kareninas, Oberst a. D. und Großgrundbesitzer


    Vorgesehen ist er für Kitty, jedenfalls von deren Mutter. Bei der Ankunft Annas verliebt er sich sofort in ihr Aussehen. Flirts bedeuten ihm gar nichts, so sagt er auf einem Ball zu jedem Mädchen, sie würde traumhaft tanzen. Folgt Anna mit dem Zug (Begegnung dort) und lässt sich von ihr ihren Ehemann vorstellen. Der Mann hat Mut.


    Die Ljewins


    Konstantin Dmitrijewitsch Ljewin, (genannt Kostja), Gutsbesitzer und Jugendfreund Stepan A. Oblonskijs


    Verliebt in Kitty, aber ein wenig seltsam. Nachdem er bei beiden anderen Töchtern des Hauses abgeblitzt ist, versucht er es bei der dritten Tochter und verliebt sich in sie. Bei seiner Person schleichen sich erste Anzeichen des Kommunismus ein: Kooperative, schlechtes Gewissen gegenüber den Bauern wegen seiner Annehmlichkeiten als Landadeliger. Allerdings ist er dabei sehr inkosequent, er lässt sein ganzes Haus heizen, obwohl er es alleine bewohnt. Er begeistert sich für sein Kühe und glaubt tatsächlich, auf zukünftigen Gesellschaften den Gästen seine (ebenfalls zukünftige) Kuhherde vorstellen zu können.


    Nikolaj Dmitrijewitsch Ljewin, sein Bruder


    Ein Trinker,lsehr heruntergekommen. Lebt mit einer zweifelhaften Frau zusammen, die Kostja bittet, ihn zu sich zu holen.


    Die Schtscherbazkijs


    Fürst Alexander Schtscherbazkij


    Fürstin Schtscherbazkaja, seine Frau


    Darja Alexandrowna Schtscherbazkaja, seine Tochter (verh. Oblonskaja, gen. Dolly)


    Der Fürst selber ist mir nicht aufgefallen. Seine Frau begegnet Kostja mit äussester Kühle, da sie ihn nicht als Schwiegersohn wünscht. Sie will Graf Alexej Kirillowitsch Wronskij.



    Jekatarina Alexandrowna Schtscherbazkaja, seine Tochter ( gen. Kitty)


    Bei dem Namen Kitty muß ich immer an eine Saloonhure im Wilden Westen denken :-( .
    Sie ist sich unsicher, ob sie Kostja liebt oder nicht. Dennoch gibt sie ihm endgültig einen Korb, um ihrer Mutter zu gehorchen. Ein junges Mädchen, welches seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat.


    Was mich stört, ist meine Ausgabe aus der Franklin - Bibilothek: Sie liegt sehr schlecht in der Hand, der Goldschnitt ist an einer Stelle schon ein wenig abgegangen. Aber dieses zarte Geräusch, mit welchen die Seiten auseinander gehen, ist unbezahlbar :-)

  • Nomadenseelchen
    Das ist zwar gut gemeint, aber ich wollte eigentlich noch nicht wissen, wen Kitty mal heiratet. :cry Kannst Du das bitte spoilern?


    Was die englischen Spitznamen angeht: Man bekommt durch die Erwähnung der Kindermädchen mit, dass damals eben sowohl englisch als auch französisch sehr in Mode waren, dort wohl speziell englisch, was dann natürlich auch bei den Spitznamen Ausdruck findet.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Was die englischen Spitznamen angeht: Man bekommt durch die Erwähnung der Kindermädchen mit, dass damals eben sowohl englisch als auch französisch sehr in Mode waren, dort wohl speziell englisch, was dann natürlich auch bei den Spitznamen Ausdruck findet.


    Ja, ich glaube damals haben Kinder sehr gut französisch und englisch gesprochen. Im Buch steht ja auch, dass Stiwas Tochter ihren Bruder auf englisch angeschrien hat...


    Ich möchte mehr über Wronskij erfahren. Ich hab ihn mir gutaussehend, groß, klug usw. vorgestellt. Aber jetzt bin ich mir nicht sicher, ob er wirklich so gut aussieht...


    Zitat

    Paradise Lost
    (einen Augenblick dachte ich schon, er will ernsthaft seine Kinderfrau ehelichen ).


    :rofl Na, mit ihr würde er sich gut verstehen.

  • ich musste auch ziemlich schmunzeln als Lewin sein schlechtes Gewissen bekam und darüber nachdachte ob er ein besserer Mensch werde nwürde wenn er sein Hab und Gut weggibt. Obwohl es mit seinem schlechten Gewissen den Bauern gegenüber auch nicht so weit hergeholt sein kann, da er sein ganzes heizen lässt obwohl er es allein bewohnt


    und was mich ziemlich überrascht hat war, dass es im Russland des 19. Jh schon sowas wie Bodybuilding bzw Kraftsport gab ( Kap 26 Lewin stemmt seine zenterschweren Hanteln um sich zu erfrischen)


    mir drängt sich beim Lesen dieses Abschnittes eine Frage förmlich auf: Hat Lewin eigentlich auch noch was anderes im Kopf außer seiner Kühe??


    Annas überstürzte Abreise aus Moskau wirkt auf mich wie eine Flucht. Sie hofft so wronskij und ihre Gefühle für ihn hinter sich zu lassen und nun wieder in ihr geregeltes Leben zurückzukehren...welches sie offenbar nicht glücklich macht, da sie im Zug davon träumt endlch zu leben.
    Als dann plötzlich Wronskij im Zug auftaucht ist Anna wieder völlig durcheinander und steht nun wieder vor der Entscheidung zwischen Herz und Verstand...


    weiter bin ich zur ZEit noch nicht, aber bin schon sehr darauf gespannt wie das jetzt mit anna und wrinskij bzw Anna und ihrem Mann weitergeht.

  • Bin nun auch mit dem Abschnitt fertig. Der Nachteil ist das das meiste was mir dann dazu einfällt schon hier steht :lache


    Nomadenseelchen : Das nenn ich mal eine Zusammenfassung :anbet


    Ich find es noch immer erstaunlich wie leicht es zu lesen ist und wie gut verständlich es ist und vor allem das man nicht dazu gezwungen wird die und die Person so oder so zu sehen sondern sich selbst ein Urteil drüber machen kann. Das find ich äußerst positiv!


    So ich schmeiß mich jetzt in den Garten und mach heute bis 3 einen Anna Karenina Tag :wave

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur! :-]


    :lesend Sophie Kinsella - Kein Kuss unter dieser Nummer

  • Meines Erachtens kommt Lewin in den bisherigen Beiträgen schlechter weg, als er es verdient hat. Die Kapitel 26 und 27, die seine Ankunft auf dem Land schildern, stehen ja in starkem Kontrast zu Lewins kurzem Aufenthalt in Moskau. Einer Welt, die sich in weiten Teilen um so existenzielle Fragen wie „Austern oder Steinbutt?“ dreht und wo alle Beteiligten sicher sein dürfen, dass selbst im privatesten Bereich kein offenes Wort gesprochen, sondern viel lieber eine kleine Tragödie aufgeführt wird. Wenn Lewin nun an seine Kühe denkt, zeigt das nur, welchen Stellenwert ein solches Tier für einen Gutsverwalter selbstredend hat. Auch das Beheizen seines Hauses kann ich gut verstehen – Lewin zeigt damit, dass in seinem Haus genug Platz für die (Groß)Familie ist, nach der er sich sehnt. Er setzt einfach ein optimistisches Zeichen für eine bessere Zukunft.

  • Das das mit Wronskij und Anna noch ein schlechtes Ende nehmen wird war klar, aber dass das alles so schnell geschieht ...
    Lewin tut mir einfach nur leid, wie er versucht seinen Kummer geheim zu halten und abzulenken.
    Er ist ein richter Landsmann (Btonung liegt auf Land).


    Und Kitty .. tja die merkt langsam dass manches mehr SChein ist als Sein.

  • Wiederaufnahme der LR ab 5.12.2011


    Wir nähern uns dem zentralen Thema, denn zu Beginn dieses Abschnittes begegnen sich Anna und Wronskij. Schon auf dem Bahnsteig, beim ersten Blickkontakt, spürt man das besondere dieser Begegnung, und mir drängt sich "ein magischer Augenblick" als Gedanke auf.
    Sie sehen sich wieder und wieder. Wronskij verfällt Anna schnell, bei ihr dauert es etwas länger. Zulassen will und kann sie nicht mal den Gedanken, dass er sie anzieht, und sie flieht fast zurück nach Petersburg zu ihrem Mann und ihrem Sohn. Wronskij reist ihr nach, lässt Moskau und auch Kitty ohne Bedauern und ohne Schulterblick hinter sich.


    Kitty stürzt aus ihrer Höhe, ihrer Beliebtheit, ihrer gewissen Eitelkeit. Ihr Traum platzte wie eine Seifenblase. Trotzdem bleibe ich dabei: sie ist ein verwöhntes Gör, das alles hat und alles bekam, was sie sich wünschte, und nun hat sich ihr Lieblingsspielzeug einfach aus dem Staub gemacht...


    Besonders interessant finde ich die Szene, in der Karenin seine Frau vom Bahnhof abholt, ihre Wiederbegegnung. Fast ist es, als flüchte sich Anna an die Seite ihres Mannes, um Wronskij endlich loszuwerden, denn langsam begreift sie, welche Gefahr W. für sie darstellt, für ihre stabile heile Welt, ihr kleines Glück der Alltäglichkeiten. Schon beginnt sie, ihren Mann mit anderen Augen zu sehen. Dafür hat dieser kurze Blick auf mögliche Unmöglichkeiten ausgereicht.

  • Ich finde, man erkennt nun auch ganz deutlich die Kälte, die in der Ehe von Anna herrscht. Ihr Mann scheint sie nicht ernst zu nehmen. Auch wundere ich mich, dass sie nur ein Kind haben. Getrennte Schlafzimmer scheinen sie ja nicht zu haben, oder?


    Die Zugfahrt nach Hause (die wirklich wie eine Flucht wirkte) wird für Anna wie ein Fiebertraum. Ich fand das unglaublich gut beschrieben.


    Das einzige, das ich nicht gut nachvollziehen kann, ist dass Anna sich so schnell in Wronski verliebt hat. Bloß weil er gut aussieht? Oder hat sich seine Großzügigkeit der Witwe auf dem Bahnhof gegenüber derart positiv ausgewirkt?


    Irgendwie scheinen es schon die optischen Reize von Wronski zu sein, denen Anna verfallen ist. Denn bei ihrer Rückkehr fallen ihr plötzlich die Ohren ihres Mannes so unangenehm auf. Was wiederum aber einen Schatten auf die bisher so hell strahlende Anna wirft, denn es lässt sie für mich oberflächlich wirken.

  • Zitat

    Original von Rosha
    Ich finde, man erkennt nun auch ganz deutlich die Kälte, die in der Ehe von Anna herrscht. Ihr Mann scheint sie nicht ernst zu nehmen. Auch wundere ich mich, dass sie nur ein Kind haben. Getrennte Schlafzimmer scheinen sie ja nicht zu haben, oder?


    So habe ich das auch gelesen: sie haben ein gemeinsames Bett. Wenn man bedenkt, dass Dolly 8 Kinder geboren hat, scheint das damals auch in diesen Kreisen durchaus üblich gewesen zu sein. und Anna hat nur ein Kind :gruebel


    Zitat

    Das einzige, das ich nicht gut nachvollziehen kann, ist dass Anna sich so schnell in Wronski verliebt hat. Bloß weil er gut aussieht? Oder hat sich seine Großzügigkeit der Witwe auf dem Bahnhof gegenüber derart positiv ausgewirkt?


    Vielleicht war es auch diese Geste der Frau des Verunglückten gegenüber, die Anna hat einen weiteren Blick auf ihn werfen lassen. Aber schon beim ersten Blick dreht sie sich nochmal nach ihm um. Entweder er ist wirklich bemerkenswert schön oder es ist eine dieser magischen Begegnungen...


    Zitat

    Irgendwie scheinen es schon die optischen Reize von Wronski zu sein, denen Anna verfallen ist. Denn bei ihrer Rückkehr fallen ihr plötzlich die Ohren ihres Mannes so unangenehm auf. Was wiederum aber einen Schatten auf die bisher so hell strahlende Anna wirft, denn es lässt sie für mich oberflächlich wirken.


    Die Ohren fallen ihr sogar 3x auf, glaube ich. Sie sollte doch wissen, dass sie keinen Adonis geheiratet hat, sondern einen wesentlich älteren Mann.

  • Ich glaube schon, Rosha, dass eine junge Frau, die ihren Mann nicht liebt, auf das Werben eines gutaussehenden Mannes hereinfallen kann. Die Ehe ist da sicher kein großes Hindernis mehr, wobei man der Anna zugute halten muss, dass sie sich ihre Gefühle für Wronskij selber nicht gleich eingestehen wollte und sich einigermaßen dagegen gewehrt hat.

  • War mir bei dem Abschnitt besonders aufgefallen ist, ist die Beschreibung der Ankunft von Anna und Wronskijs Mutter auf dem Bahnhof am Anfang des Abschnittes.


    Es wirkt so beschaulich, im Gegensatz zur heutigen Zeit auf einem Bahnhof. Da wird beschrieben, man merkt das der Zug kommt weil der Bahnsteig sich füllt, Reisende und Angehörige bevölkern den Bahnsteig, Gepäckträger wuseln umher. Oder die Frauen werden von den Männern aus dem Abteil abgeholt, man unterhält sich erst und wartet ab ehe man aussteigt usw.
    Meine Güte, gerade in Großstädten ( und Moskau dürfte man ja auch als Großstadt zählen ) ist immer Betrieb auf dem Bahnsteig und man muss heute froh sein, wenn man schnell und rechtzeitig den Zug verläßt. Von wegen noch warten bis man aus dem Abteil abgeholt wird. :lache


    Ansonsten scheint Anna auch nicht unbedingt eine glückliche Ehe zu führen. Interessant ist auch das plötzliche Bewußtwerden der körperlichen Makel ihres Mannes, seit dem sie ja verliebt in den Wronskij ist. Was ich nicht verstehe, warum beachtet sie den Sohn kritisch? In Moskau ist er noch ihr ein und alles und sie vermißt ihn und dann so etwas? :gruebel

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Mir sind in diesem Abschnitt vor allem die Ohren von Annas Mann aufgefallen :lache Sie scheint sich ihren Gatten vorher noch nicht allzu genau betrachtet zu haben.
    Merkwürdig finde ich allerdings auch, dass sie diese Abneigung auch direkt auf ihren Sohn überträgt, auch wenn sich diese Gefühle wohl schnell wieder gelegt haben, immerhin verbringt sie nach ihrer Rückkehr viel Zeit mit ihm, oder ist das nur das schlechte Gewissen?


    Der Ball war für Kitty auf jeden Fall ein Reinfall, wirklich leid tut sie mir allerdings nicht, für mich ist sie auch ein verwöhntes Gör, das ausnahmsweise mal nicht bekommen hat, was es will.
    Nachdem der erste Heiratskanidat fluchtartig einer anderen hinterher gereist ist, fällt ihr auf einmal wieder ein, dass Lewin vielleicht doch gar nicht so übel ist.
    Ich finde allerdings, dass er zu schade für dieses oberflächliche Gör ist.

  • So, endlich hab ich auch den zweiten Abschnitt fertig. Das Buch liest sich immer noch gut, trotzdem komm ich merkwürdigerweise nicht so schnell voran, wie ich es mir erhofft hatte :gruebel
    Vielleicht liegt das an der Geschichte, manche Stellen klingen so schön, dass ich sie zweimal lesen muss, manche muss ich nochmal lesen, um sie erst zu verstehen :grin


    Obwohl ich total gespannt auf Anna gewartet habe, bin ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht. Sie ist zu perfekt, von allen geliebt, die Friedensstifterin der Ehe ihres Bruders und eine strahlende Schönheit. Demnach passt sie meiner Meinung nach gut zu Wronski...
    Ich hoffe, mein Eindruck von Anna erweist sich als falsch, sonst wird's wohl nicht so leicht, weitere 1000 Seiten über sie zu lesen ?(


    Lewin ist immer noch mein Liebling, ich mag seine Veränderung als er endlich wieder zu Hause ankommt. Und seine gedanklicken Vorwürfe sich selbst gegenüber, als er mal vergisst an seinen Bruder zu denken. Irgendwie süß - zeugt von einem guten Herzen :-)


    Kitty tut mir Leid, ich kann verstehen, warum sie Wronski vorgezogen hat, als gute Tochter ist die Meinung der Mutter natürlich wichtig. Und auch beim lesen der Szene hatte ich den Eindruck, es täte ihr Leid, Lewin abweisen zu müssen. Jetzt weiß sie, dass sie einen Fehler begangen hat und bereut es. Ich hoffe, für sie wendet sich noch alles zum Guten!


    Die Ohren-Bemerkungen waren echt super, mein Highlight in den Kapiteln über Anna :rofl Ihren Mann finde ich aber ehrlich gesagt, etwas merkwürdig. Mal sehen, wie sich das weiter entwickelt, ich bin gespannt!