Zamonien = Scheibenwelten ???

  • Ich lese gerade Walter Moers "Die 13 1/2 Leben des Kaept'n Blaubaer". Hatte mich lange drauf gefreut und fand auch die ersten 100 Seiten total gut, unterhaltsam und kreativ. Und seitdem geht es bergab. Ich kann einfach mit dieser absurden Welt nicht viel anfangen. Sie ist zu weit entfernt von meiner eigenen Erlebniswelt. Ja, es sind immer wieder geniale Anspielungen auf die Realitaet versteckt, aber oftmals so gut, dass ich sie nur zufaellig oder meist gar nicht finde oder verstehe.


    In gewisser Weise erinnert es mich an die Erfahrung, die beim Lesen von Terry Pratchetts "Scheibenwelten" hatte. Ebenfalls viel zu absurd fuer meinen Geschmack. Seht ihr da nicht auch Parallelen?


    Fuer mich funktioniert Fantasy, wenn es als ein Element benutzt wird, das Realitaet aus neuer Perspektive beschreibt. Guy Gavriel Kay macht das gerade mit seinen neueren Titeln sehr gut und betont auch in Interviews immer wieder, dass er Fantasy schreibt, weil er damit seiner Meinung nach der Wahrheit naeher kommen kann als wenn es z.B. ganz geradeaus ein historischer Roman waere.


    Was ist dann der Sinn einer total absurden Geschichte? Pure Unterhaltung?


    Jetzt hab ich 500 Seiten geschafft, mehr als bei den Scheibenwelten. Aber bis zum Ende werd ich wohl doch nicht mehr durchhalten.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Aus den von dir genannten Gründen habe ich mich bisher noch nicht an die "Scheibenwelten" herangewagt. Mit diesen völlig absurden Fantasy-Geschichten kann ich nichts anfangen und finde sie auch nicht unterhaltsam. Das muss man wohl einfach mögen und einen Sinn dafür haben. Es scheint ja genug Fans zu geben, sonst wären sie nicht so erfolgreich.


    Auch bei mir darf es nicht zu weit von der Realität entfernt sein. Deshalb mag ich wohl die Dystopien so gern. Und die Bücher von Andreas Eschbach.


    Walter Moers habe ich auch noch nicht gelesen, irgendwie fand ich die Inhaltsangaben nicht wirklich verlockend und dann sind seine Bücher auch noch sooo dick ;-).

  • Terry Pratchett setzt sich in seinen Scheibenwelt-Romanen meist mit Erscheinungen der modernen Welt auseinander und spielt zudem ganz meisterhaft mit den üblichen Versatzstücken von Fantasy-Romanen. Der barbarische Held, der leider ziemlich in die Jahre gekommen ist (ich komm gerade nicht auf den Namen, aber er ist eine Art Conan-Verschnitt), kommt mir da in den Sinn. Oder seine Zwerge, einfach großartig!
    Aktuelle Bezüge, wie z.B. Political Correctness und dessen z.T. absurden Auswüchse, Umgang mit Minderheiten, der Zwiespalt zwischen (religiöser) Tradition und "moderner" Gesellschaft oder auch die Probleme von Zuwanderern der zweiten Generation finden sich oft in seinen Romanen. Unter all den verspielten und verrückten Einfällen steckt viel Ernsthaftigkeit, deswegen liebe ich seine Discworld Romane so sehr.


    Moers Zamonien geht in eine andere Richtung, ist noch einen Schritt verspielter und absurder, überspitzt die Skurilität seiner Einfälle noch mehr als Pratchett. Ich sehe da weniger Parallelen zu Pratchett als mehr zu Douglas Adams oder Lyon Sprague de Camp.

  • Hallole!


    Ich schwelge gerne in den Absurditäten von Moers :-]


    Aber ich bin großer Fan von Pratchett!
    Wie Tilia bereits geschrieben hat, hat die Scheibenwelt sehr viel mit der hiesigen Welt zu tun, ein verdrehen der gewohnten Zustände, ein aus anderer Sicht sehen. Oder ein auf-die-Schippe-nehmen von hoher Literatur...


    (McBeth - Shakespeare: When shall we three meet again, in thunder lightning and in rain...)
    (MacBest: Wann solln wir drei uns wiedersehn? Ich glaube, ich hätte nächsten Dienstag Zeit :lache)


    Es ist aber auch sehr viel reine Fantasie dabei. Oder wer denkt sich eine Welt aus, die auf dem Rücken von Elefanten ruht, die wiederum auf einer Schildkröte stehen. Und die Schildkröte schwimmt durch den Raum... Und TOD weiß sogar, wie lange die Schildkröte lebt :lache


    Wenn Ihr aber an der reinen Fabulierkunst, der Freude am Absurden keinen Spaß habt, dann sind die Bücher wohl nix für Euch. :unverstanden


    :wave


    edit: Rechtschreibung

    Wenn mein Kopf auf ein Buch trifft, klingt es hohl. Das muß nicht immer am Buch liegen...
    (Georg Christoph Lichtenberg)

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  • Ich mag das Buch um Kaept´n Blaubär, gerade weil er für mich nicht nur Fantasie ist, sondern ich ihn aus der Sendung mit der Maus kenne. Da erzählt er auch die absurdesten Dinge, die man dann ja auch sehen kann. Von daher hatte ich mit dem Buch nicht so die Probleme.


    Allerdings kenne ich Scheibenwelten überhaupt nicht.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Pratchett's Romane finde ich einfach genial. Absurd - ja natürlich. Aber der Autor ist sehr gesellschaftskritisch in seinen Werken. Merkt man vor allem in Going Postal (Ab die Post) - in den Englischen Titeln findet man nämlich das ein oder andere mal eine nette Doppeldeutigkeit. Und der Inhalt ist natürlich nicht ohne.


    Moers ist natürlich auch ein wunderbarer Autor, auch wenn ich mit seinem letzten Buch nicht wirklich zufrieden war. Besonders gut hat mir ja die Stadt der träumenden Bücher und Der Schrecksenmeister gefallen (eine andere Erzählung Gottfried Kellers "Spiegel das Kätzchen").


    Ich glaube, man muss sich einfach darauf einlassen. Wenn man mit dem humorvollen Fantasy wie Pratchett wenig anfangen kann, dann lohnt sich meistens auch nicht, etwas ähnliches zu probieren. Ist einfach geschmackssache - aber zum Glück gibt es ja eine ziemlich große Auswahl auf dem Markt! :lesend

  • Zitat

    Original von Beatrix
    Was ist dann der Sinn einer total absurden Geschichte? Pure Unterhaltung?


    Bei Moers steht die Unterhaltung meines Erachtens schon im Vordergrund, aber wäre das denn so schlimm? Ich jedenfalls lese, weil ich unterhalten werde möchte. Wenn mir das Buch auch noch etwas zum Nachdenken mitgibt, habe ich natürlich nichts dagegen, aber das ist nicht der Hauptgrund für mich, zum Buch zu greifen.


    Ich liebe Moers' Schreibstil, seinen grandiosen Humor und seine unglaubliche Fantasie und finde, dass er sehr fesselnd schreibt. All das ist natürlich Geschmackssache. Wenn du nach 500 Seiten von "durchhalten" sprichst, ist Moers wohl wirklich nichts für dich.


    Prattchet ist für mich ein anderes Thema. Ich mag seine Scheibenwelt, konnte aber mit seinem Schreibstil nicht so viel anfangen. Wobei ich diesen sehr schwankend fand, vielleicht lag es daran, dass es verschiedene Übersetzer waren. Irgendwann werde ich wohl ein Buch im Original lesen, um mir ein besseres Bild machen zu können. Generell mag ich es, dass er uns in total absurde Welten entführt. Ich kann dabei gut abschalten und entspannen.

  • Zitat

    Original von Nikana


    Bei Moers steht die Unterhaltung meines Erachtens schon im Vordergrund, aber wäre das denn so schlimm?


    Oh nein, ganz sicherlich nicht. Ein Buch, das mich nicht unterhaelt, hat keine grosse Chancen bei mir - egal aus welchem Genre (einige Sachbuecher mal ausgenommen).


    Es ist wohl eher, dass ich bei einem total absurden, abgedrehten Schreibstil Muehe hab den Unterhaltungswert zu entdecken.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Ah. Ich hatte das erst so verstanden, dass ein Buch bei dir auch zusätzlich zur Unterhaltung etwas bringen soll, also nachdenklich stimmen soll, oder der Weiterbildung dienen soll. Irgendwas in diese Richtung eben.


    Moers' Schreibstil finde ich jetzt gar nicht absurd, aber das ist natürlich Geschmackssache.


    Meine Mutter konnte übrigens auch rein gar nichts mit reinen Fantasy-Welten anfangen, mit Pratchett, Tolkien und auch Douglas konnte man sie jagen. Den Blaubär hat sie allerdings sogar öfter gelesen als ich, und das will was heißen. :grin

  • Zitat

    Original von Nikana
    Ah. Ich hatte das erst so verstanden, dass ein Buch bei dir auch zusätzlich zur Unterhaltung etwas bringen soll, also nachdenklich stimmen soll, oder der Weiterbildung dienen soll. Irgendwas in diese Richtung eben.


    Ja meistens schon. Unterhaltung "pur", das kann ich nur ganz gelegentlich lesen. Dann macht es mir Spass. Zu viel davon find ich einfach langweilig. Vielleicht ist es das ja auch, denn die ersten 100 Seiten mit Moers fand ich sehr unterhaltsam, und dann wurd es mir langweilig.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Solche extrem absurden Geschichten wie die Romane von Terry Pratchett oder Walter Moers sind wohl einfach nicht jedermanns Sache... Die einen mögen es, die anderen eben nicht. ;-)


    Mir persönlich sind die Geschichten von Terry Pratchett auch zu abgedreht... Hab mal ein paar Scheibenwelt-Romane geschenkt bekommen, hab aber nur kurz reingelesen und sie wieder weggelegt... Bei diesen Büchern hat man wirklich das Gefühl, dass sie unter Drogeneinfluss geschrieben wurden! :lache Wie kommt man denn sonst auf solche irren Sachen?! :lache
    Hab letztens eine Verfilmung geguckt, das war "The Color Of Magic"... Auch total abgedreht, aber irgendwie witzig... Aber die Bücher sind absolut nichts für mich.


    Die Zamonien-Romane von Walter Moers widerum mag ich sehr gerne.. Ich hab sowohl "Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär" als auch "Die Stadt der Träumenden Bücher" + Fortsetzung "Das Labyrinth der Träumenden Bücher" und "Ensel & Krete" und den Anfang von "Rumo & Die Wunder im Dunkeln" gelesen.. Letzteres war ehrlich gesagt auch nicht ganz so mein Fall (weswegen ich auch nur den Anfang gelesen habe :lache ), aber alle anderen fand ich super!
    Besonders "Die Stadt der Träumenden Bücher" gehört bis heute zu meinen Lieblingsbüchern.. Ist zwar auch irgendwie absurd, aber auf eine charmantere Weise wie die Scheibenwelt-Romane - ist zumindest mein persönlicher Eindruck.

  • Was die Scheibenwelt angeht, kann ich voll und ganz nachvollziehen, wenn sie zu abgedreht daherkommen und man keinen Zugang zu ihnen findet. Damals in der Schule waren zwei Freunde von mir vollkommen begeistert von den Büchern und ich habe einfach nicht nachvollziehen können, was sie daran finden, die waren mir einfach zu weit hergeholt, ich konnte damit nichts anfangen.
    Ein paar Jahre später dann -- ich weiß gar nicht, was mich geritten hat :lache -- nahm ich dann noch mal eines zur Hand (ich glaube es war Gevatter Tod) und es hat einfach KLICK! gemacht und ich habe mich so gut amüsiert wie schon lange nicht mehr. Vielleicht kam es mit dem Alter, aber da wurde mir zuerst Pratchetts Wortwitz, die amüsant-absurd-witzige Situationskomik und natürlich die Feinheiten der durchaus vorhandenen Gesellschaftskritik und die Persiflagen von traditioneller Fantasy zum ersten Mal richtig bewusst.
    Vielleicht ist also einfach jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, Pratchett zu lesen -- dann einfach irgendwann in der Zukunft noch einmal probieren. Wenn es dann auch nicht Klick! macht, ist es auch keine Schande, einfach zu passen und sich lieber Büchern zuzuwenden, die einem wirklich zusagen. Jeder Geschmack ist halt anders -- und das ist auch gut so! :)


    Zu Moers kann ich nur sagen, dass ich die Zamonien-Romane allesamt intus habe und sie einfach nur phänomenal fand. Mich stören Geschichten nicht, die keinen offensichtlichen hochintellektuellen Anspruch haben, solange wie bei Moers der Sprachwitz einfach nur genial ist und sich eine unglaubliche fantasievolle Episode an die nächste reiht.
    Dazu ein ganz fettes ABER: ich glaube, wenn ich die Bücher selbst gelesen hätte, wären sie vielleicht nicht ganz so gut davongekommen. Ich habe alle als Hörbuch gehört und kann sie nur JEDEM ausnahmslos ans Herz legen. Andreas Fröhlich liest sehr gut und Dirk Bach einfach nur grenzgenial (und das sage ich als Nicht-Dirk Bach-Fan). Vielleicht eignen sich diese Geschichten auch besser in vorgelesener Form. Einfach mal ausprobieren! :)

  • Zitat

    Original von Beatrix
    In gewisser Weise erinnert es mich an die Erfahrung, die beim Lesen von Terry Pratchetts "Scheibenwelten" hatte. Ebenfalls viel zu absurd fuer meinen Geschmack. Seht ihr da nicht auch Parallelen?


    Mir geht es genauso. Ich habe mich sowohl an Pratchett als auch an Moers mehrmals versucht und jedesmal genervt abgebrochen. Ich empfinde es auch so, daß beide Autoren ähnlich schreiben. Der Inhalt ist zwar unterschiedlich, aber die Art und Weise oder die Art Humor mit dem sie ihre Geschichten vermitteln, gleicht sich in meinen Augen doch sehr. Für mich ist das einfach zu absurd und micht nervt das nach einer Weile beim Lesen.

  • Zitat

    Original von byeol
    Zu Moers kann ich nur sagen, dass ich die Zamonien-Romane allesamt intus habe und sie einfach nur phänomenal fand. Mich stören Geschichten nicht, die keinen offensichtlichen hochintellektuellen Anspruch haben, solange wie bei Moers der Sprachwitz einfach nur genial ist und sich eine unglaubliche fantasievolle Episode an die nächste reiht.


    Sonst kann ich mit Fantasy wenig anfangen, aber die Zamonien-Romane sind einfach genial und haben bei mir einen Ehrenplatz.
    Vielleicht sollte ich es mal mit den Scheibenwelt-Romanen probieren, wenn der Stil so ähnlich sein soll. :gruebel

  • Hm, ich finde gar nicht, dass sich Pratchett und Moers so ähneln. Und gerade Pratchett finde ich auch gar nicht absurd. Es ist vielmehr eben doch eine Parodie auf vieles aus der klassischen Fantasy - aber eben auch auf Zustände in der realen Welt.


    Moers hingegen ist schon etwas absurder und abgedrehter, da gebe ich Recht, das muss man mögen. Ich finde es nett, mit Pratchett kann er mmn nicht mithalten...

  • Ich schließe mich da mal amoeba an; ich finde, Moers' und Pratchetts ähneln sich stilistisch und inhaltlich kaum.


    Moers zelebriert ja jedes Wort, ergeht sich in witzigen Wortneuschöpfungen und -spielen, da grenzt ja schon seine Sprache allein an ein kleines Kunstwerk.


    Pratchett wiederum liest sich größtenteils einfach wie staubtrockene Satire wie aus einem absurden Film, m.M.n. :grin



    EDIT: hups, da wurde aus Pratchett Prachtchett... na, prächtig ist er allemal! ;D

  • Ich mag beide Autoren. Allerdings finde ich auch, dass Terry Pratchett dann doch eine etwas andere Liga ist. Bei Terry Pratchett findet man eigentlich immer Parallelen zur Realität. Mal eher versteckt, mal ganz offensichtlich ("Moving Pictures", "Going Postal", "Rolling Stones", "Small Gods"...).
    Allerdings gibt es durchaus den ein oder anderen Scheibenwelt-Roman, der nicht so gelungen ist.
    Vielleicht haben diejenigen, die Pratchett nicht mögen, einfach ausgerechnet einen der (wenigen) nicht so guten erwischt?

  • Was bei Pratchett noch hinzu kommt, ist, dass sein Wortwitz die Übersetzung oft nur sehr lädiert übersteht. Das fängt schon bei den Titeln an, die im deutschen oft recht platt daher kommen.


    Bei Moers steht der Spaß am Fabulieren von Aberwitzigem im Vordergrund, bei Pratchett steckt immer eine für sich genommen ernsthafte Geschichte in den Büchern, die sehr humorvoll erzählt wird. Ich mag beide, halte Pratchett aber für deutlich niveauvoller.